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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Die Raubthiere. Marder. -- Dachs. Amerikanischer und Stinkdachs.
handen. Doch nun wurde alle mögliche Mühe angewendet, um sich einen Ausgang außerhalb des
Häuschens zu graben. Als sie Dieses bezweckt hatten, waren sie vollkommen frei und konnten, obgleich
die Thüre des Häuschens zugemacht worden war, aus- und eingehen und, wenn sie einmal im Graben
waren, auch in den Garten durch Zaunlöcher gelangen."

"Sehr schön war es anzusehen, wie sie hier in hellen und milden Nächten zusammen spielten. Sie
bellten wie junge Hunde, murmelten wie Murmelthiere, umarmten einander zärtlich, wie Affen,
und trieben tausenderlei Possen. Wenn ein Schaf oder Kalb in der Gegend zu Grunde ging, waren
die Dachse immer die ersten bei seinem Aase. Es erregte Aller Bewunderung, zu sehen, was für große
Stücken Fleisch sie bis auf eine Viertelmeile weit zu ihrer Wohnung trugen. Das Männchen ent-
fernte sich selten von dem Baue, außer wenn es der Hunger trieb; das Weibchen aber folgte mir auf
allen meinen Spaziergängen nach."

"Die Monate Dezember und Januar verschliefen meine Dachse in der Höhle. Jm Februar
wurden sie lebendig. Zu Ende dieses Monats begatteten sie sich. Aber leider sollte ich nicht das Ver-
gnügen haben, Junge von meinem Pärchen zu erhalten, denn das trächtige Weibchen wurde am 1. April
in einem benachbarten Walde in einem Fuchseisen gefangen und von dem unkundigen Jäger erschlagen."

Aus ferneren Beobachtungen von Lenz geht hervor, daß der Dachs am gierigsten nach Mäusen
ist, Schlangen und Eidechsen aber auch verzehrt. Man darf ihn daher zu den nützlichsten Thieren
zählen; denn an den Obstbäumen kann er keinen beträchtlichen Schaden thun, weil er nicht zu klettern
vermag, und nur das abgefallene Obst anfliest. Durch Vertilgung von sehr vielen schädlichen Thieren
gewährt er aber großen Nutzen, und deshalb sollte man ihn wenigstens da schonen, wo die tückischen
und gefährlichen Kreuzottern noch immer in Menge hausen.

Der Nutzen, welchen der getödtete Dachs bringt, ist ziemlich beträchtlich. Sein Fleisch ist genießbar;
es schmeckt noch süßer, als Schweinefleisch, erscheint aber manchen Menschen als ein wahrer Lecker-
bissen. Das wasserdichte, feste und dauerhafte Fell wird zu Ueberzügen von Koffern und dergleichen
verwendet. Aus den langen Haaren, namentlich aus denen des Schwanzes, werden Bürsten und Pinsel
verfertigt. Das Fett wird als Arzeneimittel gebraucht und auch zum Brennen benutzt. --

Der Sandbär oder amerikanische Dachs (Meles labradorica), ist mit dem unsrigen innig
verwandt. Er erreicht nicht ganz die Größe des europäischen, besitzt einen dicken Schwanz und kurze
Schnauze und trägt ein weiches Haarkleid von grauer Färbung. Der Rücken ist grau, die einzelnen
Haare sind an der Wurzel braun: auf dem Kopfe befindet sich nur ein schmaler Streifen mit dunkler
Einfassung, welcher von der Nase gegen den Rücken verläuft. Derselbe bildet um das Auge einen
Ring, geht aber nicht über die Ohren weg. Auf den Wangen liegt ein brauner Flecken. Die Backen,
die Kehle und der Unterleib sind weiß, die Beine dunkelbraun.

Das Thier bewohnt die Prairien um die Felsengebirge, namentlich die Ebenen um den Missouri,
und ähnelt in seiner Lebensweise und in seinen Sitten dem europäischen Dachse vollständig.



Man kann nicht eben sagen, daß irgend ein Mitglied aus der Familie der Marder Wohl-
gerüche verbreite; wir finden im Gegentheil schon unter den bei uns hausenden Arten solche, welche
von dem Volke mit dem Namen "Stänker" bezeichnet werden und diesen Namen auch mit Fug und
Recht tragen. Was aber ist unser Jltis gegen einige seiner Verwandten, welche in Ostindien
und Amerika leben! Sie sind die wahren Stänker! Wenn man liest, was für ein Entsetzen sie
verbreiten können, sobald sie sich nur zeigen, begreift man erst, was eine echte Stinkdrüse besagen will.
Die meisten Leser werden irgend Etwas über die amerikanischen Stinkthiere erfahren haben, während
wohl nur wenige zwei andere Thiere kennen, welche ebenfalls einen geradezu sinnbetäubenden und
Ohnmacht erregenden Geruch verbreiten. Es sind Dies die ostindischen Stinkdachse, welche einer
eigenen Sippe (Midaus) zugehören. Die Thiere haben die plumpe Dachsgestalt mit echter Schweins-

Die Raubthiere. Marder. — Dachs. Amerikaniſcher und Stinkdachs.
handen. Doch nun wurde alle mögliche Mühe angewendet, um ſich einen Ausgang außerhalb des
Häuschens zu graben. Als ſie Dieſes bezweckt hatten, waren ſie vollkommen frei und konnten, obgleich
die Thüre des Häuschens zugemacht worden war, aus- und eingehen und, wenn ſie einmal im Graben
waren, auch in den Garten durch Zaunlöcher gelangen.‟

„Sehr ſchön war es anzuſehen, wie ſie hier in hellen und milden Nächten zuſammen ſpielten. Sie
bellten wie junge Hunde, murmelten wie Murmelthiere, umarmten einander zärtlich, wie Affen,
und trieben tauſenderlei Poſſen. Wenn ein Schaf oder Kalb in der Gegend zu Grunde ging, waren
die Dachſe immer die erſten bei ſeinem Aaſe. Es erregte Aller Bewunderung, zu ſehen, was für große
Stücken Fleiſch ſie bis auf eine Viertelmeile weit zu ihrer Wohnung trugen. Das Männchen ent-
fernte ſich ſelten von dem Baue, außer wenn es der Hunger trieb; das Weibchen aber folgte mir auf
allen meinen Spaziergängen nach.‟

„Die Monate Dezember und Januar verſchliefen meine Dachſe in der Höhle. Jm Februar
wurden ſie lebendig. Zu Ende dieſes Monats begatteten ſie ſich. Aber leider ſollte ich nicht das Ver-
gnügen haben, Junge von meinem Pärchen zu erhalten, denn das trächtige Weibchen wurde am 1. April
in einem benachbarten Walde in einem Fuchseiſen gefangen und von dem unkundigen Jäger erſchlagen.‟

Aus ferneren Beobachtungen von Lenz geht hervor, daß der Dachs am gierigſten nach Mäuſen
iſt, Schlangen und Eidechſen aber auch verzehrt. Man darf ihn daher zu den nützlichſten Thieren
zählen; denn an den Obſtbäumen kann er keinen beträchtlichen Schaden thun, weil er nicht zu klettern
vermag, und nur das abgefallene Obſt anflieſt. Durch Vertilgung von ſehr vielen ſchädlichen Thieren
gewährt er aber großen Nutzen, und deshalb ſollte man ihn wenigſtens da ſchonen, wo die tückiſchen
und gefährlichen Kreuzottern noch immer in Menge hauſen.

Der Nutzen, welchen der getödtete Dachs bringt, iſt ziemlich beträchtlich. Sein Fleiſch iſt genießbar;
es ſchmeckt noch ſüßer, als Schweinefleiſch, erſcheint aber manchen Menſchen als ein wahrer Lecker-
biſſen. Das waſſerdichte, feſte und dauerhafte Fell wird zu Ueberzügen von Koffern und dergleichen
verwendet. Aus den langen Haaren, namentlich aus denen des Schwanzes, werden Bürſten und Pinſel
verfertigt. Das Fett wird als Arzeneimittel gebraucht und auch zum Brennen benutzt. —

Der Sandbär oder amerikaniſche Dachs (Meles labradorica), iſt mit dem unſrigen innig
verwandt. Er erreicht nicht ganz die Größe des europäiſchen, beſitzt einen dicken Schwanz und kurze
Schnauze und trägt ein weiches Haarkleid von grauer Färbung. Der Rücken iſt grau, die einzelnen
Haare ſind an der Wurzel braun: auf dem Kopfe befindet ſich nur ein ſchmaler Streifen mit dunkler
Einfaſſung, welcher von der Naſe gegen den Rücken verläuft. Derſelbe bildet um das Auge einen
Ring, geht aber nicht über die Ohren weg. Auf den Wangen liegt ein brauner Flecken. Die Backen,
die Kehle und der Unterleib ſind weiß, die Beine dunkelbraun.

Das Thier bewohnt die Prairien um die Felſengebirge, namentlich die Ebenen um den Miſſouri,
und ähnelt in ſeiner Lebensweiſe und in ſeinen Sitten dem europäiſchen Dachſe vollſtändig.



Man kann nicht eben ſagen, daß irgend ein Mitglied aus der Familie der Marder Wohl-
gerüche verbreite; wir finden im Gegentheil ſchon unter den bei uns hauſenden Arten ſolche, welche
von dem Volke mit dem Namen „Stänker‟ bezeichnet werden und dieſen Namen auch mit Fug und
Recht tragen. Was aber iſt unſer Jltis gegen einige ſeiner Verwandten, welche in Oſtindien
und Amerika leben! Sie ſind die wahren Stänker! Wenn man lieſt, was für ein Entſetzen ſie
verbreiten können, ſobald ſie ſich nur zeigen, begreift man erſt, was eine echte Stinkdrüſe beſagen will.
Die meiſten Leſer werden irgend Etwas über die amerikaniſchen Stinkthiere erfahren haben, während
wohl nur wenige zwei andere Thiere kennen, welche ebenfalls einen geradezu ſinnbetäubenden und
Ohnmacht erregenden Geruch verbreiten. Es ſind Dies die oſtindiſchen Stinkdachſe, welche einer
eigenen Sippe (Midaus) zugehören. Die Thiere haben die plumpe Dachsgeſtalt mit echter Schweins-

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[502/0576] Die Raubthiere. Marder. — Dachs. Amerikaniſcher und Stinkdachs. handen. Doch nun wurde alle mögliche Mühe angewendet, um ſich einen Ausgang außerhalb des Häuschens zu graben. Als ſie Dieſes bezweckt hatten, waren ſie vollkommen frei und konnten, obgleich die Thüre des Häuschens zugemacht worden war, aus- und eingehen und, wenn ſie einmal im Graben waren, auch in den Garten durch Zaunlöcher gelangen.‟ „Sehr ſchön war es anzuſehen, wie ſie hier in hellen und milden Nächten zuſammen ſpielten. Sie bellten wie junge Hunde, murmelten wie Murmelthiere, umarmten einander zärtlich, wie Affen, und trieben tauſenderlei Poſſen. Wenn ein Schaf oder Kalb in der Gegend zu Grunde ging, waren die Dachſe immer die erſten bei ſeinem Aaſe. Es erregte Aller Bewunderung, zu ſehen, was für große Stücken Fleiſch ſie bis auf eine Viertelmeile weit zu ihrer Wohnung trugen. Das Männchen ent- fernte ſich ſelten von dem Baue, außer wenn es der Hunger trieb; das Weibchen aber folgte mir auf allen meinen Spaziergängen nach.‟ „Die Monate Dezember und Januar verſchliefen meine Dachſe in der Höhle. Jm Februar wurden ſie lebendig. Zu Ende dieſes Monats begatteten ſie ſich. Aber leider ſollte ich nicht das Ver- gnügen haben, Junge von meinem Pärchen zu erhalten, denn das trächtige Weibchen wurde am 1. April in einem benachbarten Walde in einem Fuchseiſen gefangen und von dem unkundigen Jäger erſchlagen.‟ Aus ferneren Beobachtungen von Lenz geht hervor, daß der Dachs am gierigſten nach Mäuſen iſt, Schlangen und Eidechſen aber auch verzehrt. Man darf ihn daher zu den nützlichſten Thieren zählen; denn an den Obſtbäumen kann er keinen beträchtlichen Schaden thun, weil er nicht zu klettern vermag, und nur das abgefallene Obſt anflieſt. Durch Vertilgung von ſehr vielen ſchädlichen Thieren gewährt er aber großen Nutzen, und deshalb ſollte man ihn wenigſtens da ſchonen, wo die tückiſchen und gefährlichen Kreuzottern noch immer in Menge hauſen. Der Nutzen, welchen der getödtete Dachs bringt, iſt ziemlich beträchtlich. Sein Fleiſch iſt genießbar; es ſchmeckt noch ſüßer, als Schweinefleiſch, erſcheint aber manchen Menſchen als ein wahrer Lecker- biſſen. Das waſſerdichte, feſte und dauerhafte Fell wird zu Ueberzügen von Koffern und dergleichen verwendet. Aus den langen Haaren, namentlich aus denen des Schwanzes, werden Bürſten und Pinſel verfertigt. Das Fett wird als Arzeneimittel gebraucht und auch zum Brennen benutzt. — Der Sandbär oder amerikaniſche Dachs (Meles labradorica), iſt mit dem unſrigen innig verwandt. Er erreicht nicht ganz die Größe des europäiſchen, beſitzt einen dicken Schwanz und kurze Schnauze und trägt ein weiches Haarkleid von grauer Färbung. Der Rücken iſt grau, die einzelnen Haare ſind an der Wurzel braun: auf dem Kopfe befindet ſich nur ein ſchmaler Streifen mit dunkler Einfaſſung, welcher von der Naſe gegen den Rücken verläuft. Derſelbe bildet um das Auge einen Ring, geht aber nicht über die Ohren weg. Auf den Wangen liegt ein brauner Flecken. Die Backen, die Kehle und der Unterleib ſind weiß, die Beine dunkelbraun. Das Thier bewohnt die Prairien um die Felſengebirge, namentlich die Ebenen um den Miſſouri, und ähnelt in ſeiner Lebensweiſe und in ſeinen Sitten dem europäiſchen Dachſe vollſtändig. Man kann nicht eben ſagen, daß irgend ein Mitglied aus der Familie der Marder Wohl- gerüche verbreite; wir finden im Gegentheil ſchon unter den bei uns hauſenden Arten ſolche, welche von dem Volke mit dem Namen „Stänker‟ bezeichnet werden und dieſen Namen auch mit Fug und Recht tragen. Was aber iſt unſer Jltis gegen einige ſeiner Verwandten, welche in Oſtindien und Amerika leben! Sie ſind die wahren Stänker! Wenn man lieſt, was für ein Entſetzen ſie verbreiten können, ſobald ſie ſich nur zeigen, begreift man erſt, was eine echte Stinkdrüſe beſagen will. Die meiſten Leſer werden irgend Etwas über die amerikaniſchen Stinkthiere erfahren haben, während wohl nur wenige zwei andere Thiere kennen, welche ebenfalls einen geradezu ſinnbetäubenden und Ohnmacht erregenden Geruch verbreiten. Es ſind Dies die oſtindiſchen Stinkdachſe, welche einer eigenen Sippe (Midaus) zugehören. Die Thiere haben die plumpe Dachsgeſtalt mit echter Schweins-

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 502. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/576>, abgerufen am 27.11.2024.