Die Raubthiere. Schleichkatzen. Rollmarder. -- Musang. Larvenroller. Mampalon.
mit einem andern Gegenstande, der ihm gerade in den Weg kam, ganz in der Weise, wie wir es an jungen Kätzchen beobachten. Oft sprang er auch nach verschiedenen Dingen: zuweilen stieß er, wenn er sich langweilte, laute, gellende Schreie aus, sodaß man ihn über das ganze Schiff hören konnte, und an Tagen, wo er sich selbst versteckt hatte, fand man ihn gewöhnlich hierdurch auf."
"Bei Nacht war der Lärm noch ärger. Er lief dann herum und quiekte und schrie ohne Ende, so daß es unmöglich war, dabei einzuschlafen. Um Diesem vorzubeugen, gab ich ihm später immer einige Flügelknochen zu fressen, und dabei unterhielt er sich denn auch die ganze Nacht. Er fraß alles Vogelfleisch sehr gern, noch lieber manche Früchte. Sobald er Etwas erhalten hatte, trug er es augenblicklich in eine Ecke und knurrte und schnaufte Jeden an, welcher sich ihm näherte. Eine Störung beim Fressen konnte er durchaus nicht vertragen und suchte sie in jeder Weise abzuwenden. Dabei focht er mit seinen Vorderfüßen geschickt und heftig, zog sich schnell zurück und kam rasch wieder zum Vorschein, nach der Hand schnappend, und wenn er sie erreichen konnte, tüchtig beißend. Jm ungeheuersten Zorn blies er seine Backen auf und erschien als das wildeste Thier, welches man sich denken kann. Er sprang nicht nach Katzenart auf den Gegenstand seiner Mordlust los, sondern humpelte vorwärts; beim Kampfe gebrauchte er immer die Klauen der Vorderfüße mehr, als die der Hinterfüße, weil jene weit länger und schärfer sind, als diese. Auf kleine Beute blickte er erst lange hin, plötzlich aber stürzte er mit aufgesperrtem Maule nach ihr und packte sie kräftig an."
"Eines Morgens erhielt er einen Fisch. Er wälzte ihn lange hin und her, beäugte und beroch ihn von allen Seiten, wollte ihn jedoch nicht fressen, vielleicht, weil er nicht hungrig war."
"Nach der Mahlzeit hatte er gewöhnlich die beste Laune und ließ sich einigermaßen auf Lieb- kosungen ein, ohne jedoch durch dieselben besonders beglückt zu werden. Bei Tage schlief er fast beständig und suchte sich dazu den wärmsten und bequemsten Platz aus, welchen er finden konnte. Des Nachts wurde er munter, zeigte aber weder große Behendigkeit noch Lebendigkeit. Auf dem Schiff war er bald eingewöhnt. Er lief überall umher und bediente sich dabei seines Schwanzes, wenn auch in beschränkter Weise, weil derselbe nur ein untergeordnetes Greifwerkzeug ist. Wenn er sich selbst überlassen war, fand man ihn am Morgen gewöhnlich auf dem weichsten und wärmsten Pfühl in sich selbst zusammengerollt liegen. An seinen Pfleger konnte er eigentlich nie gewöhnt werden und jede Berührung, Liebkosung, ja selbst das den meisten Säugethieren so angenehme Kranen der Haare war ihm höchst lästig."
Jch habe Bennetts Schilderung hinzuzufügen, daß einzelne Rollmarder sich mit gleichartigen wohl vertragen, während andere nicht einmal geschlechtliche Rücksichten nehmen, sondern über jeden Zukömmling wüthend herfallen und auf Leben und Tod mit ihm kämpfen. Letzteres scheint die Regel zu sein, Ersteres die Ausnahme. Wir besitzen gegenwärtig in unserm Thiergarten eine ziem- liche Anzahl dieser Thiere und unter ihnen ein Paar, welches sich ausgezeichnet verträgt und sich nicht einmal während des Fressens entzweit. Es hat sich schon wiederholt begattet und läßt Nach- kommenschaft erwarten.
Unsere Rollmarder kommen bei Tage nur selten zum Vorschein, freiwillig niemals in den Mit- tagsstunden; erst gegen Abend zeigen sie sich. Anfänglich thun sie verschlafen, nach und nach werden sie munter, und mit Einbruch der Dämmerung sind sie gewöhnlich sehr rege. Sie laufen dann in ihrem Käfig auf und nieder, jedoch selten mit der Behendigkeit verwandter Raubthiere, sondern mehr gemächlich, gleichsam überlegend. Sie klettern auch geschickt auf den für sie hergerichteten Zweigen umher. Gewöhnlich sind sie ruhig und still; an schönen Abenden dagegen lassen sie gern ihre Stimme, ein wohllautendes "Kuk, kuk" vernehmen. Bei ihren Angriffen auf lebende Thiere, welche wir in ihren Käfig bringen, gehen sie höchst vorsichtig zu Werke. Sie schleichen sich langsam an das sich bewegende Thier herbei, beriechen es längere Zeit und fahren endlich, dann aber blitzschnell, auf dasselbe los, beißen mehrmals nach einander heftig zu, werfen es nach dem Erwürgen vor sich hin, beriechen es nochmals und beginnen erst dann mit dem Fressen. Früchte aller Art verzehren sie ebenso gern, wie Fleisch.
Die Raubthiere. Schleichkatzen. Rollmarder. — Muſang. Larvenroller. Mampalon.
mit einem andern Gegenſtande, der ihm gerade in den Weg kam, ganz in der Weiſe, wie wir es an jungen Kätzchen beobachten. Oft ſprang er auch nach verſchiedenen Dingen: zuweilen ſtieß er, wenn er ſich langweilte, laute, gellende Schreie aus, ſodaß man ihn über das ganze Schiff hören konnte, und an Tagen, wo er ſich ſelbſt verſteckt hatte, fand man ihn gewöhnlich hierdurch auf.‟
„Bei Nacht war der Lärm noch ärger. Er lief dann herum und quiekte und ſchrie ohne Ende, ſo daß es unmöglich war, dabei einzuſchlafen. Um Dieſem vorzubeugen, gab ich ihm ſpäter immer einige Flügelknochen zu freſſen, und dabei unterhielt er ſich denn auch die ganze Nacht. Er fraß alles Vogelfleiſch ſehr gern, noch lieber manche Früchte. Sobald er Etwas erhalten hatte, trug er es augenblicklich in eine Ecke und knurrte und ſchnaufte Jeden an, welcher ſich ihm näherte. Eine Störung beim Freſſen konnte er durchaus nicht vertragen und ſuchte ſie in jeder Weiſe abzuwenden. Dabei focht er mit ſeinen Vorderfüßen geſchickt und heftig, zog ſich ſchnell zurück und kam raſch wieder zum Vorſchein, nach der Hand ſchnappend, und wenn er ſie erreichen konnte, tüchtig beißend. Jm ungeheuerſten Zorn blies er ſeine Backen auf und erſchien als das wildeſte Thier, welches man ſich denken kann. Er ſprang nicht nach Katzenart auf den Gegenſtand ſeiner Mordluſt los, ſondern humpelte vorwärts; beim Kampfe gebrauchte er immer die Klauen der Vorderfüße mehr, als die der Hinterfüße, weil jene weit länger und ſchärfer ſind, als dieſe. Auf kleine Beute blickte er erſt lange hin, plötzlich aber ſtürzte er mit aufgeſperrtem Maule nach ihr und packte ſie kräftig an.‟
„Eines Morgens erhielt er einen Fiſch. Er wälzte ihn lange hin und her, beäugte und beroch ihn von allen Seiten, wollte ihn jedoch nicht freſſen, vielleicht, weil er nicht hungrig war.‟
„Nach der Mahlzeit hatte er gewöhnlich die beſte Laune und ließ ſich einigermaßen auf Lieb- koſungen ein, ohne jedoch durch dieſelben beſonders beglückt zu werden. Bei Tage ſchlief er faſt beſtändig und ſuchte ſich dazu den wärmſten und bequemſten Platz aus, welchen er finden konnte. Des Nachts wurde er munter, zeigte aber weder große Behendigkeit noch Lebendigkeit. Auf dem Schiff war er bald eingewöhnt. Er lief überall umher und bediente ſich dabei ſeines Schwanzes, wenn auch in beſchränkter Weiſe, weil derſelbe nur ein untergeordnetes Greifwerkzeug iſt. Wenn er ſich ſelbſt überlaſſen war, fand man ihn am Morgen gewöhnlich auf dem weichſten und wärmſten Pfühl in ſich ſelbſt zuſammengerollt liegen. An ſeinen Pfleger konnte er eigentlich nie gewöhnt werden und jede Berührung, Liebkoſung, ja ſelbſt das den meiſten Säugethieren ſo angenehme Kranen der Haare war ihm höchſt läſtig.‟
Jch habe Bennetts Schilderung hinzuzufügen, daß einzelne Rollmarder ſich mit gleichartigen wohl vertragen, während andere nicht einmal geſchlechtliche Rückſichten nehmen, ſondern über jeden Zukömmling wüthend herfallen und auf Leben und Tod mit ihm kämpfen. Letzteres ſcheint die Regel zu ſein, Erſteres die Ausnahme. Wir beſitzen gegenwärtig in unſerm Thiergarten eine ziem- liche Anzahl dieſer Thiere und unter ihnen ein Paar, welches ſich ausgezeichnet verträgt und ſich nicht einmal während des Freſſens entzweit. Es hat ſich ſchon wiederholt begattet und läßt Nach- kommenſchaft erwarten.
Unſere Rollmarder kommen bei Tage nur ſelten zum Vorſchein, freiwillig niemals in den Mit- tagsſtunden; erſt gegen Abend zeigen ſie ſich. Anfänglich thun ſie verſchlafen, nach und nach werden ſie munter, und mit Einbruch der Dämmerung ſind ſie gewöhnlich ſehr rege. Sie laufen dann in ihrem Käfig auf und nieder, jedoch ſelten mit der Behendigkeit verwandter Raubthiere, ſondern mehr gemächlich, gleichſam überlegend. Sie klettern auch geſchickt auf den für ſie hergerichteten Zweigen umher. Gewöhnlich ſind ſie ruhig und ſtill; an ſchönen Abenden dagegen laſſen ſie gern ihre Stimme, ein wohllautendes „Kuk, kuk‟ vernehmen. Bei ihren Angriffen auf lebende Thiere, welche wir in ihren Käfig bringen, gehen ſie höchſt vorſichtig zu Werke. Sie ſchleichen ſich langſam an das ſich bewegende Thier herbei, beriechen es längere Zeit und fahren endlich, dann aber blitzſchnell, auf daſſelbe los, beißen mehrmals nach einander heftig zu, werfen es nach dem Erwürgen vor ſich hin, beriechen es nochmals und beginnen erſt dann mit dem Freſſen. Früchte aller Art verzehren ſie ebenſo gern, wie Fleiſch.
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Die Raubthiere. Schleichkatzen. Rollmarder. — Muſang. Larvenroller. Mampalon.
mit einem andern Gegenſtande, der ihm gerade in den Weg kam, ganz in der Weiſe, wie wir es an
jungen Kätzchen beobachten. Oft ſprang er auch nach verſchiedenen Dingen: zuweilen ſtieß er, wenn
er ſich langweilte, laute, gellende Schreie aus, ſodaß man ihn über das ganze Schiff hören konnte,
und an Tagen, wo er ſich ſelbſt verſteckt hatte, fand man ihn gewöhnlich hierdurch auf.‟
„Bei Nacht war der Lärm noch ärger. Er lief dann herum und quiekte und ſchrie ohne Ende,
ſo daß es unmöglich war, dabei einzuſchlafen. Um Dieſem vorzubeugen, gab ich ihm ſpäter immer
einige Flügelknochen zu freſſen, und dabei unterhielt er ſich denn auch die ganze Nacht. Er fraß alles
Vogelfleiſch ſehr gern, noch lieber manche Früchte. Sobald er Etwas erhalten hatte, trug er es
augenblicklich in eine Ecke und knurrte und ſchnaufte Jeden an, welcher ſich ihm näherte. Eine
Störung beim Freſſen konnte er durchaus nicht vertragen und ſuchte ſie in jeder Weiſe abzuwenden.
Dabei focht er mit ſeinen Vorderfüßen geſchickt und heftig, zog ſich ſchnell zurück und kam raſch wieder
zum Vorſchein, nach der Hand ſchnappend, und wenn er ſie erreichen konnte, tüchtig beißend. Jm
ungeheuerſten Zorn blies er ſeine Backen auf und erſchien als das wildeſte Thier, welches man ſich
denken kann. Er ſprang nicht nach Katzenart auf den Gegenſtand ſeiner Mordluſt los, ſondern
humpelte vorwärts; beim Kampfe gebrauchte er immer die Klauen der Vorderfüße mehr, als die der
Hinterfüße, weil jene weit länger und ſchärfer ſind, als dieſe. Auf kleine Beute blickte er erſt lange
hin, plötzlich aber ſtürzte er mit aufgeſperrtem Maule nach ihr und packte ſie kräftig an.‟
„Eines Morgens erhielt er einen Fiſch. Er wälzte ihn lange hin und her, beäugte und beroch
ihn von allen Seiten, wollte ihn jedoch nicht freſſen, vielleicht, weil er nicht hungrig war.‟
„Nach der Mahlzeit hatte er gewöhnlich die beſte Laune und ließ ſich einigermaßen auf Lieb-
koſungen ein, ohne jedoch durch dieſelben beſonders beglückt zu werden. Bei Tage ſchlief er faſt
beſtändig und ſuchte ſich dazu den wärmſten und bequemſten Platz aus, welchen er finden konnte.
Des Nachts wurde er munter, zeigte aber weder große Behendigkeit noch Lebendigkeit. Auf dem
Schiff war er bald eingewöhnt. Er lief überall umher und bediente ſich dabei ſeines Schwanzes,
wenn auch in beſchränkter Weiſe, weil derſelbe nur ein untergeordnetes Greifwerkzeug iſt. Wenn er
ſich ſelbſt überlaſſen war, fand man ihn am Morgen gewöhnlich auf dem weichſten und wärmſten
Pfühl in ſich ſelbſt zuſammengerollt liegen. An ſeinen Pfleger konnte er eigentlich nie gewöhnt
werden und jede Berührung, Liebkoſung, ja ſelbſt das den meiſten Säugethieren ſo angenehme
Kranen der Haare war ihm höchſt läſtig.‟
Jch habe Bennetts Schilderung hinzuzufügen, daß einzelne Rollmarder ſich mit gleichartigen
wohl vertragen, während andere nicht einmal geſchlechtliche Rückſichten nehmen, ſondern über jeden
Zukömmling wüthend herfallen und auf Leben und Tod mit ihm kämpfen. Letzteres ſcheint die
Regel zu ſein, Erſteres die Ausnahme. Wir beſitzen gegenwärtig in unſerm Thiergarten eine ziem-
liche Anzahl dieſer Thiere und unter ihnen ein Paar, welches ſich ausgezeichnet verträgt und ſich nicht
einmal während des Freſſens entzweit. Es hat ſich ſchon wiederholt begattet und läßt Nach-
kommenſchaft erwarten.
Unſere Rollmarder kommen bei Tage nur ſelten zum Vorſchein, freiwillig niemals in den Mit-
tagsſtunden; erſt gegen Abend zeigen ſie ſich. Anfänglich thun ſie verſchlafen, nach und nach werden
ſie munter, und mit Einbruch der Dämmerung ſind ſie gewöhnlich ſehr rege. Sie laufen dann in
ihrem Käfig auf und nieder, jedoch ſelten mit der Behendigkeit verwandter Raubthiere, ſondern mehr
gemächlich, gleichſam überlegend. Sie klettern auch geſchickt auf den für ſie hergerichteten Zweigen
umher. Gewöhnlich ſind ſie ruhig und ſtill; an ſchönen Abenden dagegen laſſen ſie gern ihre Stimme,
ein wohllautendes „Kuk, kuk‟ vernehmen. Bei ihren Angriffen auf lebende Thiere, welche wir in
ihren Käfig bringen, gehen ſie höchſt vorſichtig zu Werke. Sie ſchleichen ſich langſam an das ſich
bewegende Thier herbei, beriechen es längere Zeit und fahren endlich, dann aber blitzſchnell, auf
daſſelbe los, beißen mehrmals nach einander heftig zu, werfen es nach dem Erwürgen vor ſich hin,
beriechen es nochmals und beginnen erſt dann mit dem Freſſen. Früchte aller Art verzehren ſie
ebenſo gern, wie Fleiſch.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 490. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/564>, abgerufen am 28.11.2024.
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