Die Raubthiere. Schleichkatzen. Mangusten. -- Zebra- und Krabbenmanguste.
auf sich beruhen, weil mir die Abissinier nicht eben das beste Vertrauen hinsichtlich ihrer Glaubwürdig- keit eingeflößt haben.
Vor dem Menschen nimmt die Zebramanguste gewöhnlich eiligen Laufes Reißaus, nicht aber ohne dabei ein unwilliges Knurren hören zu lassen, welches ganz unzweifelhaft ihren Aerger über die Störung ausdrückt. Den Hunden wagt sie nicht selten Widerstand zu leisten oder kläfft sie wenigstens zornig an, ehe sie flüchtet. Selbst der beste und eingeübteste Jagdhund würde sich vergeblich bemühen, ihr zu folgen. Sie ist so geschickt und so behend, daß sie längst einen sichern Zufluchtsort in dem Geklüft gefunden hat, ehe der Hund noch recht weiß, wie er es anstellen soll, ihrer habhaft zu werden.
Man meint es der zierlichen Schleicherin an den funkelnden Augen anzusehen, daß sie ebenso blutgierig ist, wie ihre Verwandten. Jhre Nahrung besteht aus sämmtlichen kleinen Säugethieren, Vögeln, Lurchen und Kerbthieren, welche sie bewältigen kann, aus Eiern und vielleicht auch aus Früchten. Heuglin glaubt, daß sie sogar ganz besondere List anwende, um ihr Lieblingswild, einen der in ihrer Heimat so häufigen Frankoline, zu bethören. "Unser Räuber," sagt dieser tüchtige Forscher, "hält sich mehr an Geflügel, als an Säugethiere. Jch habe beobachten können, wie zwei Zebra- mangusten eine Familie von Frankolinhühnern, welche im niedern Gebüsch sich aufhielt, berücken wollten. Das Locken der Kette hatte mich aufmerksam gemacht, und ich schlich mich möglichst vorsichtig hinzu, die Hunde hinter mir haltend. Auf etwa zehn Schritte von dem Schauplatze angelangt, hörte ich ein Huhn hart vor mir locken. Jhm antwortete ein Hahn, und denselben Ton ahmte eine Zebramanguste, welche sich auf einem durch Buschwerk gedeckten Steine aufgepflanzt hatte, täuschend nach. Eine zweite, in einiger Entfernung im hohen Grase verborgene lockte ebenso. Wohl einige Minuten mochte dieses Spiel gedauert haben, als der Hahn, welcher den vermeintlichen Eindringling in sein Harem wüthend aufsuchte, den Hunden zu nahe kam. Er ging schreiend auf, gefolgt von den Hühnern, aber auch die schlauen Räuber fanden sich bewogen, unverrichteter Abendmahlzeit eiligst abzuziehen."
Daß Heuglin richtig gehört hat, unterliegt keinem Zweifel. Jch habe unsere zahmen Zebra- mangusten Töne ausstoßen hören, welche dem schmetternden Geschrei des gedachten Frankolins täuschend ähnlich waren. Ob jedoch der von unserm Gewährsmann gezogene Schluß richtig ist, daß die Manguste mit Absicht Thiere durch Nachahmen ihrer Stimme zu täuschen suche, bleibt doch noch fraglich.
Man kann die Zebramanguste ebenso leicht zähmen, als die anderen Arten. Sie schmiegt sich bald an ihren Pfleger an und nimmt Liebkosungen mit einem beifälligen Knurren entgegen. Erzürnt läßt sie abgebrochene Laute oder ein gleichtöniges Pfeifen vernehmen, bei großer Wuth schreit sie laut auf. Gegen ihres Gleichen zeigt sie sich manchmal sehr verträglich, oft aber auch höchst unleidig, gegen andere Thiere übermüthig; den sich ihr nahenden Menschen greift sie mit Muth und Geschick an. Bei Spielereien mit anderen ihrer Art, welche sie gern stundenlang fortsetzt, geht sie nicht selten zu Thätlichkeiten über: im Londoner Thiergarten bissen sich einige, welche zusammenwohnten und spielten, in aller Gemüthlichkeit gegenseitig die Schwänze ab. Jhre nahe Verwandtschaft mit "dem Aufspürer" zeigt sie bei jeder Gelegenheit. Sie ist überaus neugierig und muß jedes Ding, auf das sie stößt, so genau als möglich untersuchen. Dazu benutzt sie hauptsächlich ihre Vorderpfoten, welche sie mit wahrhaft belustigender Geschicklichkeit und Gewandtheit wie Hände zu gebrauchen weiß. Das glänzende, rothbraune Auge funkelt und rollt umher, jedes Ding wird wahrgenommen; blitzschnell geht's an dem Eisengitter oder an den Aesten im Käfig hinauf und hernieder, überall und nirgends ist das geschäftige Thier, und wehe dem kleinen Wesen, das sich solchem Auge, solcher Gewandtheit preisgiebt: es ist ein Kind des Todes; es ist gepackt mit dem ersten Satze, getödtet mit dem ersten Bisse.
Während ich diese Zeilen überlese, besitzen wir in unserm Thiergarten vier Zebramangusten lebend. Zwei von ihnen, welche ziemlich klein zu uns kamen, vertragen sich mit einem Mungo und einer javanischen Manguste ganz vortrefflich, obgleich der Futterneid zuweilen sich bemerklich macht. Die anderen beiden dagegen sind unverträgliche, zänkische Geschöpfe, welche nur unter sich in ziem- lichem Frieden leben. Aber sie sind im höchsten Grade anziehende Thiere. Wir beherbergen sie in
Die Raubthiere. Schleichkatzen. Manguſten. — Zebra- und Krabbenmanguſte.
auf ſich beruhen, weil mir die Abiſſinier nicht eben das beſte Vertrauen hinſichtlich ihrer Glaubwürdig- keit eingeflößt haben.
Vor dem Menſchen nimmt die Zebramanguſte gewöhnlich eiligen Laufes Reißaus, nicht aber ohne dabei ein unwilliges Knurren hören zu laſſen, welches ganz unzweifelhaft ihren Aerger über die Störung ausdrückt. Den Hunden wagt ſie nicht ſelten Widerſtand zu leiſten oder kläfft ſie wenigſtens zornig an, ehe ſie flüchtet. Selbſt der beſte und eingeübteſte Jagdhund würde ſich vergeblich bemühen, ihr zu folgen. Sie iſt ſo geſchickt und ſo behend, daß ſie längſt einen ſichern Zufluchtsort in dem Geklüft gefunden hat, ehe der Hund noch recht weiß, wie er es anſtellen ſoll, ihrer habhaft zu werden.
Man meint es der zierlichen Schleicherin an den funkelnden Augen anzuſehen, daß ſie ebenſo blutgierig iſt, wie ihre Verwandten. Jhre Nahrung beſteht aus ſämmtlichen kleinen Säugethieren, Vögeln, Lurchen und Kerbthieren, welche ſie bewältigen kann, aus Eiern und vielleicht auch aus Früchten. Heuglin glaubt, daß ſie ſogar ganz beſondere Liſt anwende, um ihr Lieblingswild, einen der in ihrer Heimat ſo häufigen Frankoline, zu bethören. „Unſer Räuber,‟ ſagt dieſer tüchtige Forſcher, „hält ſich mehr an Geflügel, als an Säugethiere. Jch habe beobachten können, wie zwei Zebra- manguſten eine Familie von Frankolinhühnern, welche im niedern Gebüſch ſich aufhielt, berücken wollten. Das Locken der Kette hatte mich aufmerkſam gemacht, und ich ſchlich mich möglichſt vorſichtig hinzu, die Hunde hinter mir haltend. Auf etwa zehn Schritte von dem Schauplatze angelangt, hörte ich ein Huhn hart vor mir locken. Jhm antwortete ein Hahn, und denſelben Ton ahmte eine Zebramanguſte, welche ſich auf einem durch Buſchwerk gedeckten Steine aufgepflanzt hatte, täuſchend nach. Eine zweite, in einiger Entfernung im hohen Graſe verborgene lockte ebenſo. Wohl einige Minuten mochte dieſes Spiel gedauert haben, als der Hahn, welcher den vermeintlichen Eindringling in ſein Harem wüthend aufſuchte, den Hunden zu nahe kam. Er ging ſchreiend auf, gefolgt von den Hühnern, aber auch die ſchlauen Räuber fanden ſich bewogen, unverrichteter Abendmahlzeit eiligſt abzuziehen.‟
Daß Heuglin richtig gehört hat, unterliegt keinem Zweifel. Jch habe unſere zahmen Zebra- manguſten Töne ausſtoßen hören, welche dem ſchmetternden Geſchrei des gedachten Frankolins täuſchend ähnlich waren. Ob jedoch der von unſerm Gewährsmann gezogene Schluß richtig iſt, daß die Manguſte mit Abſicht Thiere durch Nachahmen ihrer Stimme zu täuſchen ſuche, bleibt doch noch fraglich.
Man kann die Zebramanguſte ebenſo leicht zähmen, als die anderen Arten. Sie ſchmiegt ſich bald an ihren Pfleger an und nimmt Liebkoſungen mit einem beifälligen Knurren entgegen. Erzürnt läßt ſie abgebrochene Laute oder ein gleichtöniges Pfeifen vernehmen, bei großer Wuth ſchreit ſie laut auf. Gegen ihres Gleichen zeigt ſie ſich manchmal ſehr verträglich, oft aber auch höchſt unleidig, gegen andere Thiere übermüthig; den ſich ihr nahenden Menſchen greift ſie mit Muth und Geſchick an. Bei Spielereien mit anderen ihrer Art, welche ſie gern ſtundenlang fortſetzt, geht ſie nicht ſelten zu Thätlichkeiten über: im Londoner Thiergarten biſſen ſich einige, welche zuſammenwohnten und ſpielten, in aller Gemüthlichkeit gegenſeitig die Schwänze ab. Jhre nahe Verwandtſchaft mit „dem Aufſpürer‟ zeigt ſie bei jeder Gelegenheit. Sie iſt überaus neugierig und muß jedes Ding, auf das ſie ſtößt, ſo genau als möglich unterſuchen. Dazu benutzt ſie hauptſächlich ihre Vorderpfoten, welche ſie mit wahrhaft beluſtigender Geſchicklichkeit und Gewandtheit wie Hände zu gebrauchen weiß. Das glänzende, rothbraune Auge funkelt und rollt umher, jedes Ding wird wahrgenommen; blitzſchnell geht’s an dem Eiſengitter oder an den Aeſten im Käfig hinauf und hernieder, überall und nirgends iſt das geſchäftige Thier, und wehe dem kleinen Weſen, das ſich ſolchem Auge, ſolcher Gewandtheit preisgiebt: es iſt ein Kind des Todes; es iſt gepackt mit dem erſten Satze, getödtet mit dem erſten Biſſe.
Während ich dieſe Zeilen überleſe, beſitzen wir in unſerm Thiergarten vier Zebramanguſten lebend. Zwei von ihnen, welche ziemlich klein zu uns kamen, vertragen ſich mit einem Mungo und einer javaniſchen Manguſte ganz vortrefflich, obgleich der Futterneid zuweilen ſich bemerklich macht. Die anderen beiden dagegen ſind unverträgliche, zänkiſche Geſchöpfe, welche nur unter ſich in ziem- lichem Frieden leben. Aber ſie ſind im höchſten Grade anziehende Thiere. Wir beherbergen ſie in
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Die Raubthiere. Schleichkatzen. Manguſten. — Zebra- und Krabbenmanguſte.
auf ſich beruhen, weil mir die Abiſſinier nicht eben das beſte Vertrauen hinſichtlich ihrer Glaubwürdig-
keit eingeflößt haben.
Vor dem Menſchen nimmt die Zebramanguſte gewöhnlich eiligen Laufes Reißaus, nicht aber ohne
dabei ein unwilliges Knurren hören zu laſſen, welches ganz unzweifelhaft ihren Aerger über die Störung
ausdrückt. Den Hunden wagt ſie nicht ſelten Widerſtand zu leiſten oder kläfft ſie wenigſtens zornig
an, ehe ſie flüchtet. Selbſt der beſte und eingeübteſte Jagdhund würde ſich vergeblich bemühen, ihr
zu folgen. Sie iſt ſo geſchickt und ſo behend, daß ſie längſt einen ſichern Zufluchtsort in dem Geklüft
gefunden hat, ehe der Hund noch recht weiß, wie er es anſtellen ſoll, ihrer habhaft zu werden.
Man meint es der zierlichen Schleicherin an den funkelnden Augen anzuſehen, daß ſie ebenſo
blutgierig iſt, wie ihre Verwandten. Jhre Nahrung beſteht aus ſämmtlichen kleinen Säugethieren,
Vögeln, Lurchen und Kerbthieren, welche ſie bewältigen kann, aus Eiern und vielleicht auch aus
Früchten. Heuglin glaubt, daß ſie ſogar ganz beſondere Liſt anwende, um ihr Lieblingswild, einen der
in ihrer Heimat ſo häufigen Frankoline, zu bethören. „Unſer Räuber,‟ ſagt dieſer tüchtige Forſcher,
„hält ſich mehr an Geflügel, als an Säugethiere. Jch habe beobachten können, wie zwei Zebra-
manguſten eine Familie von Frankolinhühnern, welche im niedern Gebüſch ſich aufhielt, berücken wollten.
Das Locken der Kette hatte mich aufmerkſam gemacht, und ich ſchlich mich möglichſt vorſichtig hinzu,
die Hunde hinter mir haltend. Auf etwa zehn Schritte von dem Schauplatze angelangt, hörte ich ein
Huhn hart vor mir locken. Jhm antwortete ein Hahn, und denſelben Ton ahmte eine Zebramanguſte,
welche ſich auf einem durch Buſchwerk gedeckten Steine aufgepflanzt hatte, täuſchend nach. Eine zweite,
in einiger Entfernung im hohen Graſe verborgene lockte ebenſo. Wohl einige Minuten mochte dieſes
Spiel gedauert haben, als der Hahn, welcher den vermeintlichen Eindringling in ſein Harem wüthend
aufſuchte, den Hunden zu nahe kam. Er ging ſchreiend auf, gefolgt von den Hühnern, aber auch die
ſchlauen Räuber fanden ſich bewogen, unverrichteter Abendmahlzeit eiligſt abzuziehen.‟
Daß Heuglin richtig gehört hat, unterliegt keinem Zweifel. Jch habe unſere zahmen Zebra-
manguſten Töne ausſtoßen hören, welche dem ſchmetternden Geſchrei des gedachten Frankolins
täuſchend ähnlich waren. Ob jedoch der von unſerm Gewährsmann gezogene Schluß richtig iſt,
daß die Manguſte mit Abſicht Thiere durch Nachahmen ihrer Stimme zu täuſchen ſuche, bleibt doch
noch fraglich.
Man kann die Zebramanguſte ebenſo leicht zähmen, als die anderen Arten. Sie ſchmiegt ſich
bald an ihren Pfleger an und nimmt Liebkoſungen mit einem beifälligen Knurren entgegen. Erzürnt
läßt ſie abgebrochene Laute oder ein gleichtöniges Pfeifen vernehmen, bei großer Wuth ſchreit ſie laut
auf. Gegen ihres Gleichen zeigt ſie ſich manchmal ſehr verträglich, oft aber auch höchſt unleidig,
gegen andere Thiere übermüthig; den ſich ihr nahenden Menſchen greift ſie mit Muth und Geſchick
an. Bei Spielereien mit anderen ihrer Art, welche ſie gern ſtundenlang fortſetzt, geht ſie nicht ſelten
zu Thätlichkeiten über: im Londoner Thiergarten biſſen ſich einige, welche zuſammenwohnten und
ſpielten, in aller Gemüthlichkeit gegenſeitig die Schwänze ab. Jhre nahe Verwandtſchaft mit „dem
Aufſpürer‟ zeigt ſie bei jeder Gelegenheit. Sie iſt überaus neugierig und muß jedes Ding, auf das
ſie ſtößt, ſo genau als möglich unterſuchen. Dazu benutzt ſie hauptſächlich ihre Vorderpfoten, welche
ſie mit wahrhaft beluſtigender Geſchicklichkeit und Gewandtheit wie Hände zu gebrauchen weiß. Das
glänzende, rothbraune Auge funkelt und rollt umher, jedes Ding wird wahrgenommen; blitzſchnell
geht’s an dem Eiſengitter oder an den Aeſten im Käfig hinauf und hernieder, überall und nirgends
iſt das geſchäftige Thier, und wehe dem kleinen Weſen, das ſich ſolchem Auge, ſolcher Gewandtheit
preisgiebt: es iſt ein Kind des Todes; es iſt gepackt mit dem erſten Satze, getödtet mit dem erſten Biſſe.
Während ich dieſe Zeilen überleſe, beſitzen wir in unſerm Thiergarten vier Zebramanguſten
lebend. Zwei von ihnen, welche ziemlich klein zu uns kamen, vertragen ſich mit einem Mungo und
einer javaniſchen Manguſte ganz vortrefflich, obgleich der Futterneid zuweilen ſich bemerklich macht.
Die anderen beiden dagegen ſind unverträgliche, zänkiſche Geſchöpfe, welche nur unter ſich in ziem-
lichem Frieden leben. Aber ſie ſind im höchſten Grade anziehende Thiere. Wir beherbergen ſie in
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 482. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/556>, abgerufen am 28.11.2024.
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