Die Raubthiere. Schleichkatzen. Mangusten. -- Jchneumon.
egyptischen Hühnern ganz nach freier Vögel Art angelegt werden, wird er sehr gefährlich. Wirklichen Nutzen bringt er jetzt soviel, als nicht; man müßte ihm denn die Vertilgung der Schlangen besonders hoch anrechnen. Gegenwärtig hat er mit den Krokodilen gar nichts mehr zu schaffen, weil diese in Unteregypten, wo er sich hauptsächlich findet, gänzlich ausgerottet sind; und somit kann er die rühmlichen Thaten seiner Ahnen weder bekräftigen noch widerlegen. Doch will es allen Denen, welche ihn kennen, scheinen, daß auch seine Ahnen nicht so dumm gewesen seien, in den zähnestarrenden Rachen eines Krokodiles zu kriechen, und jedenfalls haben allen Jchneumonen die Hühnereier von jeher besser geschmeckt, als die Eier der Krokodile, welche, wie bekannt, von der Mutter sorgsam bewacht werden. Dann ist der Raub solcher Eier eben keine Kleinigkeit: -- eine alte Krokodilmutter kann, zumal einem Jchneumon gegenüber, unter Umständen sehr ungemüthlich werden.
Wenn man unsern Aufspürer, ohne von ihm bemerkt zu werden, beobachtet, sieht man ihn sehr langsam und bedächtig durch die Felder oder Rohrdickichte schleichen. Sein Gang ist höchst eigenthümlich. Es sieht aus, als ob das Thier auf der Erde dahinkröche, ohne ein Glied zu bewegen. Denn die kurzen Beine werden von den langen Haaren seines Balges vollkommen bedeckt, und ihre Bewegung ist deshalb kaum sichtbar. Zudem sucht er auch immer Deckung und verläßt deshalb das ihn zum größten Theil verbergende Gras, das Getreide oder das ihn ganz versteckende Rohr niemals.
Jn den Sommermonaten sieht man ihn höchst selten allein, sondern stets in Gesellschaft seiner Familie. Das Männchen geht voran, das Weibchen folgt, und hinter der Mutter kommen die Jungen. Jmmer geht ein Mitglied dicht hinter dem andern, und so sieht es aus, als ob die ganze Kette von Thieren nur ein einziges Wesen sei, einer merkwürdig langen Schlange etwa vergleichbar. Bisweilen bleibt der Vater stehen, hebt den Kopf und sichert; dabei bewegt er die Nasenlöcher nach allen Seiten hin und schnauft wie ein keuchendes Thier. Hat er sich vergewissert, daß er Nichts zu fürchten hat, so geht es weiter; hat er eine Beute erspäht, so windet er sich wie eine Schlange geräuschlos zwischen den Halmen hindurch, um an jene heranzukommen, und plötzlich sieht man ihn ein oder zwei Sätze machen, selbst noch nach einem bereits aufgeflogenen Vogel. Die ganze Familie thut ihm jede Bewegung nach, wendet den Kopf, schnüffelt nach derselben Richtung hin, untersucht witternd und scharrend dasselbe Mauseloch wie er, oder sieht ihm wenigstens achtsam zu und bemüht sich jedenfalls nach Kräften, ihm so viel als möglich von seinen Kunstgriffen abzulernen. Er übt seine Sprößlinge aber auch besonders im Fange und bringt ihnen z. B., wie unsere Hauskatzen es ebenfalls thun, junge, lebendige Mäuse, welche er dann vor den hoffnungsvollen Kindern frei läßt, um ihnen das Vergnügen einer Jagd zu bereiten. Wenn er an das Wasser geht, um zu saufen, schreitet er erst sehr furchtsam aus dem Graben, in welchem er sich ungesehen hingeschlichen hat, kriecht langsam auf dem Bauche weiter fort und schreckt bei jedem Schritte etwas zurück, beriecht alle Gegenstände und macht dann einen plötz- lichen Sprung nach dem Wasser zu, gerade so, wie wenn er sich auf seine Beute stürzt. Bei seinen Jagden ist seine Vorsicht außerordentlich groß und für den Beobachter höchst ergötzlich. Er lauert vor einem Mauseloche regungslos wohl eine Stunde lang und schleicht einer Ratte, einem jungen Vogel mit einer Bedachtsamkeit nach, welche geradezu ohne Gleichen ist.
Es ist höchst wahrscheinlich, daß er ebenso vortrefflich spürt, wie der beste Hund; soviel ist sicher, daß ihn hauptsächlich der Geruch bei seinen Jagden leitet. Trifft er auf Eier, so trinkt er sie alle aus; von Säugethieren und Vögeln saugt er in der Regel nur das Blut und frißt das Gehirn aus. Er mordet weit mehr, als er bewältigen kann und wird hierdurch dem zahmen Hausgeflügel viel verderblicher, als jedes andere Raubthier seiner Heimat.
Seine Stimme hört man blos dann, wenn er mit einer Kugel angeschossen worden ist, sonst schweigt er, selbst bei der schmerzhaftesten Verwundung. Doch behaupten die Egypter, daß er auch zur Paarungszeit sein ziemlich scharfes, eintöniges Pfeifen vernehmen lasse.
Man hat, wie von ihm überhaupt, Vieles von seinen Feindschaften mit anderen Thieren gefabelt und namentlich hervorgehoben, daß er in dem ihm ähnlichen Fuchs, dem Schakal und noch mehr
Die Raubthiere. Schleichkatzen. Manguſten. — Jchneumon.
egyptiſchen Hühnern ganz nach freier Vögel Art angelegt werden, wird er ſehr gefährlich. Wirklichen Nutzen bringt er jetzt ſoviel, als nicht; man müßte ihm denn die Vertilgung der Schlangen beſonders hoch anrechnen. Gegenwärtig hat er mit den Krokodilen gar nichts mehr zu ſchaffen, weil dieſe in Unteregypten, wo er ſich hauptſächlich findet, gänzlich ausgerottet ſind; und ſomit kann er die rühmlichen Thaten ſeiner Ahnen weder bekräftigen noch widerlegen. Doch will es allen Denen, welche ihn kennen, ſcheinen, daß auch ſeine Ahnen nicht ſo dumm geweſen ſeien, in den zähneſtarrenden Rachen eines Krokodiles zu kriechen, und jedenfalls haben allen Jchneumonen die Hühnereier von jeher beſſer geſchmeckt, als die Eier der Krokodile, welche, wie bekannt, von der Mutter ſorgſam bewacht werden. Dann iſt der Raub ſolcher Eier eben keine Kleinigkeit: — eine alte Krokodilmutter kann, zumal einem Jchneumon gegenüber, unter Umſtänden ſehr ungemüthlich werden.
Wenn man unſern Aufſpürer, ohne von ihm bemerkt zu werden, beobachtet, ſieht man ihn ſehr langſam und bedächtig durch die Felder oder Rohrdickichte ſchleichen. Sein Gang iſt höchſt eigenthümlich. Es ſieht aus, als ob das Thier auf der Erde dahinkröche, ohne ein Glied zu bewegen. Denn die kurzen Beine werden von den langen Haaren ſeines Balges vollkommen bedeckt, und ihre Bewegung iſt deshalb kaum ſichtbar. Zudem ſucht er auch immer Deckung und verläßt deshalb das ihn zum größten Theil verbergende Gras, das Getreide oder das ihn ganz verſteckende Rohr niemals.
Jn den Sommermonaten ſieht man ihn höchſt ſelten allein, ſondern ſtets in Geſellſchaft ſeiner Familie. Das Männchen geht voran, das Weibchen folgt, und hinter der Mutter kommen die Jungen. Jmmer geht ein Mitglied dicht hinter dem andern, und ſo ſieht es aus, als ob die ganze Kette von Thieren nur ein einziges Weſen ſei, einer merkwürdig langen Schlange etwa vergleichbar. Bisweilen bleibt der Vater ſtehen, hebt den Kopf und ſichert; dabei bewegt er die Naſenlöcher nach allen Seiten hin und ſchnauft wie ein keuchendes Thier. Hat er ſich vergewiſſert, daß er Nichts zu fürchten hat, ſo geht es weiter; hat er eine Beute erſpäht, ſo windet er ſich wie eine Schlange geräuſchlos zwiſchen den Halmen hindurch, um an jene heranzukommen, und plötzlich ſieht man ihn ein oder zwei Sätze machen, ſelbſt noch nach einem bereits aufgeflogenen Vogel. Die ganze Familie thut ihm jede Bewegung nach, wendet den Kopf, ſchnüffelt nach derſelben Richtung hin, unterſucht witternd und ſcharrend daſſelbe Mauſeloch wie er, oder ſieht ihm wenigſtens achtſam zu und bemüht ſich jedenfalls nach Kräften, ihm ſo viel als möglich von ſeinen Kunſtgriffen abzulernen. Er übt ſeine Sprößlinge aber auch beſonders im Fange und bringt ihnen z. B., wie unſere Hauskatzen es ebenfalls thun, junge, lebendige Mäuſe, welche er dann vor den hoffnungsvollen Kindern frei läßt, um ihnen das Vergnügen einer Jagd zu bereiten. Wenn er an das Waſſer geht, um zu ſaufen, ſchreitet er erſt ſehr furchtſam aus dem Graben, in welchem er ſich ungeſehen hingeſchlichen hat, kriecht langſam auf dem Bauche weiter fort und ſchreckt bei jedem Schritte etwas zurück, beriecht alle Gegenſtände und macht dann einen plötz- lichen Sprung nach dem Waſſer zu, gerade ſo, wie wenn er ſich auf ſeine Beute ſtürzt. Bei ſeinen Jagden iſt ſeine Vorſicht außerordentlich groß und für den Beobachter höchſt ergötzlich. Er lauert vor einem Mauſeloche regungslos wohl eine Stunde lang und ſchleicht einer Ratte, einem jungen Vogel mit einer Bedachtſamkeit nach, welche geradezu ohne Gleichen iſt.
Es iſt höchſt wahrſcheinlich, daß er ebenſo vortrefflich ſpürt, wie der beſte Hund; ſoviel iſt ſicher, daß ihn hauptſächlich der Geruch bei ſeinen Jagden leitet. Trifft er auf Eier, ſo trinkt er ſie alle aus; von Säugethieren und Vögeln ſaugt er in der Regel nur das Blut und frißt das Gehirn aus. Er mordet weit mehr, als er bewältigen kann und wird hierdurch dem zahmen Hausgeflügel viel verderblicher, als jedes andere Raubthier ſeiner Heimat.
Seine Stimme hört man blos dann, wenn er mit einer Kugel angeſchoſſen worden iſt, ſonſt ſchweigt er, ſelbſt bei der ſchmerzhafteſten Verwundung. Doch behaupten die Egypter, daß er auch zur Paarungszeit ſein ziemlich ſcharfes, eintöniges Pfeifen vernehmen laſſe.
Man hat, wie von ihm überhaupt, Vieles von ſeinen Feindſchaften mit anderen Thieren gefabelt und namentlich hervorgehoben, daß er in dem ihm ähnlichen Fuchs, dem Schakal und noch mehr
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[476/0550]
Die Raubthiere. Schleichkatzen. Manguſten. — Jchneumon.
egyptiſchen Hühnern ganz nach freier Vögel Art angelegt werden, wird er ſehr gefährlich. Wirklichen
Nutzen bringt er jetzt ſoviel, als nicht; man müßte ihm denn die Vertilgung der Schlangen
beſonders hoch anrechnen. Gegenwärtig hat er mit den Krokodilen gar nichts mehr zu ſchaffen, weil
dieſe in Unteregypten, wo er ſich hauptſächlich findet, gänzlich ausgerottet ſind; und ſomit kann er die
rühmlichen Thaten ſeiner Ahnen weder bekräftigen noch widerlegen. Doch will es allen Denen,
welche ihn kennen, ſcheinen, daß auch ſeine Ahnen nicht ſo dumm geweſen ſeien, in den zähneſtarrenden
Rachen eines Krokodiles zu kriechen, und jedenfalls haben allen Jchneumonen die Hühnereier von
jeher beſſer geſchmeckt, als die Eier der Krokodile, welche, wie bekannt, von der Mutter ſorgſam
bewacht werden. Dann iſt der Raub ſolcher Eier eben keine Kleinigkeit: — eine alte Krokodilmutter
kann, zumal einem Jchneumon gegenüber, unter Umſtänden ſehr ungemüthlich werden.
Wenn man unſern Aufſpürer, ohne von ihm bemerkt zu werden, beobachtet, ſieht man ihn
ſehr langſam und bedächtig durch die Felder oder Rohrdickichte ſchleichen. Sein Gang iſt höchſt
eigenthümlich. Es ſieht aus, als ob das Thier auf der Erde dahinkröche, ohne ein Glied zu
bewegen. Denn die kurzen Beine werden von den langen Haaren ſeines Balges vollkommen bedeckt,
und ihre Bewegung iſt deshalb kaum ſichtbar. Zudem ſucht er auch immer Deckung und verläßt
deshalb das ihn zum größten Theil verbergende Gras, das Getreide oder das ihn ganz verſteckende
Rohr niemals.
Jn den Sommermonaten ſieht man ihn höchſt ſelten allein, ſondern ſtets in Geſellſchaft ſeiner
Familie. Das Männchen geht voran, das Weibchen folgt, und hinter der Mutter kommen die Jungen.
Jmmer geht ein Mitglied dicht hinter dem andern, und ſo ſieht es aus, als ob die ganze Kette von
Thieren nur ein einziges Weſen ſei, einer merkwürdig langen Schlange etwa vergleichbar. Bisweilen
bleibt der Vater ſtehen, hebt den Kopf und ſichert; dabei bewegt er die Naſenlöcher nach allen Seiten
hin und ſchnauft wie ein keuchendes Thier. Hat er ſich vergewiſſert, daß er Nichts zu fürchten hat, ſo
geht es weiter; hat er eine Beute erſpäht, ſo windet er ſich wie eine Schlange geräuſchlos zwiſchen
den Halmen hindurch, um an jene heranzukommen, und plötzlich ſieht man ihn ein oder zwei Sätze
machen, ſelbſt noch nach einem bereits aufgeflogenen Vogel. Die ganze Familie thut ihm jede
Bewegung nach, wendet den Kopf, ſchnüffelt nach derſelben Richtung hin, unterſucht witternd und
ſcharrend daſſelbe Mauſeloch wie er, oder ſieht ihm wenigſtens achtſam zu und bemüht ſich jedenfalls
nach Kräften, ihm ſo viel als möglich von ſeinen Kunſtgriffen abzulernen. Er übt ſeine Sprößlinge
aber auch beſonders im Fange und bringt ihnen z. B., wie unſere Hauskatzen es ebenfalls thun, junge,
lebendige Mäuſe, welche er dann vor den hoffnungsvollen Kindern frei läßt, um ihnen das Vergnügen
einer Jagd zu bereiten. Wenn er an das Waſſer geht, um zu ſaufen, ſchreitet er erſt ſehr furchtſam
aus dem Graben, in welchem er ſich ungeſehen hingeſchlichen hat, kriecht langſam auf dem Bauche weiter
fort und ſchreckt bei jedem Schritte etwas zurück, beriecht alle Gegenſtände und macht dann einen plötz-
lichen Sprung nach dem Waſſer zu, gerade ſo, wie wenn er ſich auf ſeine Beute ſtürzt. Bei ſeinen
Jagden iſt ſeine Vorſicht außerordentlich groß und für den Beobachter höchſt ergötzlich. Er lauert vor
einem Mauſeloche regungslos wohl eine Stunde lang und ſchleicht einer Ratte, einem jungen Vogel
mit einer Bedachtſamkeit nach, welche geradezu ohne Gleichen iſt.
Es iſt höchſt wahrſcheinlich, daß er ebenſo vortrefflich ſpürt, wie der beſte Hund; ſoviel iſt
ſicher, daß ihn hauptſächlich der Geruch bei ſeinen Jagden leitet. Trifft er auf Eier, ſo trinkt er ſie
alle aus; von Säugethieren und Vögeln ſaugt er in der Regel nur das Blut und frißt das Gehirn
aus. Er mordet weit mehr, als er bewältigen kann und wird hierdurch dem zahmen Hausgeflügel
viel verderblicher, als jedes andere Raubthier ſeiner Heimat.
Seine Stimme hört man blos dann, wenn er mit einer Kugel angeſchoſſen worden iſt, ſonſt
ſchweigt er, ſelbſt bei der ſchmerzhafteſten Verwundung. Doch behaupten die Egypter, daß er auch
zur Paarungszeit ſein ziemlich ſcharfes, eintöniges Pfeifen vernehmen laſſe.
Man hat, wie von ihm überhaupt, Vieles von ſeinen Feindſchaften mit anderen Thieren gefabelt
und namentlich hervorgehoben, daß er in dem ihm ähnlichen Fuchs, dem Schakal und noch mehr
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 476. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/550>, abgerufen am 26.06.2024.
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