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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Die Raubthiere. Hunde. -- Erdwolf. -- Schleichkatzen.
wir regelmäßig von den Hunden blos noch den Schädel und die Lunte, alles Uebrige, auch die Läufe mit,
waren gefressen worden, wie Haare und Haut, Fleisch und Knochen. Sie fraßen alle Fleischsorten mit
Ausnahme des Geierfleisches. Dieses verschmähten sie hartnäckig, selbst wenn sie sehr hungrig waren,
während die Geier selbst es mit größter Seelenruhe verzehrten. Ob sie, wie behauptet wird, auch das
Fleisch ihrer eignen Brüder fressen, konnte ich nicht beobachten; ich bezweifle es aber, aus dem eben
angeführten Beispiele folgernd. Fleisch blieb immer ihre Lieblingsspeise, und Brod schien ihnen nur
als Leckerbissen zu gelten.

Unter sich hielten meine Gefangenen gute Freundschaft. Manchmal spielten sie lange Zeit nach
Hundeart miteinander, knurrten, kläfften, grunzten, sprangen übereinander weg, warfen sich abwechselnd
nieder, balgten und bissen sich u. s. w. War eine von der andern längere Zeit entfernt gewesen, so
entstand jedesmal großer Jnbel, wenn sie wieder zusammenkamen; kurz, sie bewiesen deutlich genug,
daß auch Hiänen heiß und innig lieben können.

Der Erdwolf oder die Zibethiäne (Proteles Lalandii) stellt sich als ein echtes Bindeglied
zwischen den Hiänen und den Schleichkatzen dar und gilt deshalb mit Recht als Vertreter einer eignen
Sippe. Jn seiner äußern Erscheinung ähnelt das im Ganzen noch wenig beobachtete Thier auffallend
der gestreiften Hiäne; denn es hat dieselben hohen Vorderbeine, denselben abschüssigen Rücken, dieselbe
Rückenmähne und denselben buschigen Schwanz; nur die Schnauze ist etwas gestreckter und spitziger,
die Ohren sind größer, und die Vorderpfoten tragen einen kurzen Daumen nach Art der Afterzehen bei
manchen Hunden. Das Geripp zeigt im Ganzen das entschiedenste Hiänengepräge, doch weicht der
Bau des Schädels hiervon ab und noch mehr das Gebiß, welches geradezu einzig dasteht in der ganzen
Reihe der Raubthiere. Jn jeder Backzahnreihe sind nämlich blos vier Zähne vorhanden, welche so
klein sind, daß immer einige im Zahnfleische stecken bleiben. Es fehlt dem Thiere deshalb nicht blos
der ächte Reißzahn, sondern auch der Mahlzahn, und es kann eigentlich dem Gebiß nach gar nicht
kauen. Die übrigen Merkmale erinnern lebhaft an die der Schleichkatzen, und wie diese, hat der Erd-
wolf
eine Zibetspalte am After.

Bis jetzt ist die Zibethiäne die einzige bekannt Art ihrer Sippe. Jhre Länge beträgt 21/2 Fuß
und die des Schwanzes einen Fuß. Der Pelz, welcher aus weichem Wollhaar und langen, starken
Grannen besteht, ist blaßgelblich gefärbt mit schwarzen Seitenstreifen. Der Kopf ist schwarz mit gelb-
licher Mischung; die Schnauze, das Kinn und der Augenring sind dunkelbraun, die Ohren innen
gelblichweiß, außen braun, die Unterseite weißlichgelb und die Endhälfte des Schwanzes schwarz.
Vom Hinterkopfe an längs des ganzen Rückens bis zur Schwanzwurzel verlängern sich die Grannen
zu einer Mähne, welche in dem buschigen Schwanze ihre Fortsetzung findet. Diese Mähne ist schwarz
und ebenfalls gelblich gemischt. Die Seiten der Schnauze sind sehr kurz behaart, die Schnurren aber
lang und stark, die Nasenkuppe und der Nasenrücken sind nackt.

Der Erdwolf ist ein Bewohner des Kaplandes. Er wurde schon von früheren Reisenden mehr-
fach erwähnt, doch erst von Jsidor Geoffroy genauer beschrieben. Den lateinischen Artnamen
erhielt er zu Ehren seines Entdeckers, wenn auch dessen Begleiter, Verreaux, das Meiste von dem
Wenigen mittheilt, was wir über die Lebensweise des Thieres wissen. Sparrmann meint unter
seinem grauen Schakal, mit welchem die holländischen Ansiedler am Vorgebirge der guten Hoffnung
das Thier zu bezeichnen pflegen, wahrscheinlich die Zibethiäne. Levaillaut fand im Lande der
Namaken nur die Felle zu Mänteln verarbeitet, ohne das Thier selbst erlangen zu können. Seine
Begleiter nannten ihm den Erdwolf aber später als einen der nächtlichen Besucher seines Lagers,
da sie dessen Stimme von der der gefleckten Hiänen und der Schakale unterschieden.

Aus allen Angaben, welche sich auf unser Thier beziehen lassen, geht hervor, daß es nächtlich
lebt und sich bei Tage in Bauen verbirgt, welche mit denen unserer Füchse Aehnlichkeit haben, aber
ausgedehnter sind und von mehreren Erdwölfen zugleich bewohnt werden. Verreaux trieb die
drei, welche von der Gesellschaft erlegt wurden, mit Hilfe seines Hundes aus einem Baue heraus,

Die Raubthiere. Hunde. — Erdwolf. — Schleichkatzen.
wir regelmäßig von den Hunden blos noch den Schädel und die Lunte, alles Uebrige, auch die Läufe mit,
waren gefreſſen worden, wie Haare und Haut, Fleiſch und Knochen. Sie fraßen alle Fleiſchſorten mit
Ausnahme des Geierfleiſches. Dieſes verſchmähten ſie hartnäckig, ſelbſt wenn ſie ſehr hungrig waren,
während die Geier ſelbſt es mit größter Seelenruhe verzehrten. Ob ſie, wie behauptet wird, auch das
Fleiſch ihrer eignen Brüder freſſen, konnte ich nicht beobachten; ich bezweifle es aber, aus dem eben
angeführten Beiſpiele folgernd. Fleiſch blieb immer ihre Lieblingsſpeiſe, und Brod ſchien ihnen nur
als Leckerbiſſen zu gelten.

Unter ſich hielten meine Gefangenen gute Freundſchaft. Manchmal ſpielten ſie lange Zeit nach
Hundeart miteinander, knurrten, kläfften, grunzten, ſprangen übereinander weg, warfen ſich abwechſelnd
nieder, balgten und biſſen ſich u. ſ. w. War eine von der andern längere Zeit entfernt geweſen, ſo
entſtand jedesmal großer Jnbel, wenn ſie wieder zuſammenkamen; kurz, ſie bewieſen deutlich genug,
daß auch Hiänen heiß und innig lieben können.

Der Erdwolf oder die Zibethiäne (Proteles Lalandii) ſtellt ſich als ein echtes Bindeglied
zwiſchen den Hiänen und den Schleichkatzen dar und gilt deshalb mit Recht als Vertreter einer eignen
Sippe. Jn ſeiner äußern Erſcheinung ähnelt das im Ganzen noch wenig beobachtete Thier auffallend
der geſtreiften Hiäne; denn es hat dieſelben hohen Vorderbeine, denſelben abſchüſſigen Rücken, dieſelbe
Rückenmähne und denſelben buſchigen Schwanz; nur die Schnauze iſt etwas geſtreckter und ſpitziger,
die Ohren ſind größer, und die Vorderpfoten tragen einen kurzen Daumen nach Art der Afterzehen bei
manchen Hunden. Das Geripp zeigt im Ganzen das entſchiedenſte Hiänengepräge, doch weicht der
Bau des Schädels hiervon ab und noch mehr das Gebiß, welches geradezu einzig daſteht in der ganzen
Reihe der Raubthiere. Jn jeder Backzahnreihe ſind nämlich blos vier Zähne vorhanden, welche ſo
klein ſind, daß immer einige im Zahnfleiſche ſtecken bleiben. Es fehlt dem Thiere deshalb nicht blos
der ächte Reißzahn, ſondern auch der Mahlzahn, und es kann eigentlich dem Gebiß nach gar nicht
kauen. Die übrigen Merkmale erinnern lebhaft an die der Schleichkatzen, und wie dieſe, hat der Erd-
wolf
eine Zibetſpalte am After.

Bis jetzt iſt die Zibethiäne die einzige bekannt Art ihrer Sippe. Jhre Länge beträgt 2½ Fuß
und die des Schwanzes einen Fuß. Der Pelz, welcher aus weichem Wollhaar und langen, ſtarken
Grannen beſteht, iſt blaßgelblich gefärbt mit ſchwarzen Seitenſtreifen. Der Kopf iſt ſchwarz mit gelb-
licher Miſchung; die Schnauze, das Kinn und der Augenring ſind dunkelbraun, die Ohren innen
gelblichweiß, außen braun, die Unterſeite weißlichgelb und die Endhälfte des Schwanzes ſchwarz.
Vom Hinterkopfe an längs des ganzen Rückens bis zur Schwanzwurzel verlängern ſich die Grannen
zu einer Mähne, welche in dem buſchigen Schwanze ihre Fortſetzung findet. Dieſe Mähne iſt ſchwarz
und ebenfalls gelblich gemiſcht. Die Seiten der Schnauze ſind ſehr kurz behaart, die Schnurren aber
lang und ſtark, die Naſenkuppe und der Naſenrücken ſind nackt.

Der Erdwolf iſt ein Bewohner des Kaplandes. Er wurde ſchon von früheren Reiſenden mehr-
fach erwähnt, doch erſt von Jſidor Geoffroy genauer beſchrieben. Den lateiniſchen Artnamen
erhielt er zu Ehren ſeines Entdeckers, wenn auch deſſen Begleiter, Verreaux, das Meiſte von dem
Wenigen mittheilt, was wir über die Lebensweiſe des Thieres wiſſen. Sparrmann meint unter
ſeinem grauen Schakal, mit welchem die holländiſchen Anſiedler am Vorgebirge der guten Hoffnung
das Thier zu bezeichnen pflegen, wahrſcheinlich die Zibethiäne. Levaillaut fand im Lande der
Namaken nur die Felle zu Mänteln verarbeitet, ohne das Thier ſelbſt erlangen zu können. Seine
Begleiter nannten ihm den Erdwolf aber ſpäter als einen der nächtlichen Beſucher ſeines Lagers,
da ſie deſſen Stimme von der der gefleckten Hiänen und der Schakale unterſchieden.

Aus allen Angaben, welche ſich auf unſer Thier beziehen laſſen, geht hervor, daß es nächtlich
lebt und ſich bei Tage in Bauen verbirgt, welche mit denen unſerer Füchſe Aehnlichkeit haben, aber
ausgedehnter ſind und von mehreren Erdwölfen zugleich bewohnt werden. Verreaux trieb die
drei, welche von der Geſellſchaft erlegt wurden, mit Hilfe ſeines Hundes aus einem Baue heraus,

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[460/0532] Die Raubthiere. Hunde. — Erdwolf. — Schleichkatzen. wir regelmäßig von den Hunden blos noch den Schädel und die Lunte, alles Uebrige, auch die Läufe mit, waren gefreſſen worden, wie Haare und Haut, Fleiſch und Knochen. Sie fraßen alle Fleiſchſorten mit Ausnahme des Geierfleiſches. Dieſes verſchmähten ſie hartnäckig, ſelbſt wenn ſie ſehr hungrig waren, während die Geier ſelbſt es mit größter Seelenruhe verzehrten. Ob ſie, wie behauptet wird, auch das Fleiſch ihrer eignen Brüder freſſen, konnte ich nicht beobachten; ich bezweifle es aber, aus dem eben angeführten Beiſpiele folgernd. Fleiſch blieb immer ihre Lieblingsſpeiſe, und Brod ſchien ihnen nur als Leckerbiſſen zu gelten. Unter ſich hielten meine Gefangenen gute Freundſchaft. Manchmal ſpielten ſie lange Zeit nach Hundeart miteinander, knurrten, kläfften, grunzten, ſprangen übereinander weg, warfen ſich abwechſelnd nieder, balgten und biſſen ſich u. ſ. w. War eine von der andern längere Zeit entfernt geweſen, ſo entſtand jedesmal großer Jnbel, wenn ſie wieder zuſammenkamen; kurz, ſie bewieſen deutlich genug, daß auch Hiänen heiß und innig lieben können. Der Erdwolf oder die Zibethiäne (Proteles Lalandii) ſtellt ſich als ein echtes Bindeglied zwiſchen den Hiänen und den Schleichkatzen dar und gilt deshalb mit Recht als Vertreter einer eignen Sippe. Jn ſeiner äußern Erſcheinung ähnelt das im Ganzen noch wenig beobachtete Thier auffallend der geſtreiften Hiäne; denn es hat dieſelben hohen Vorderbeine, denſelben abſchüſſigen Rücken, dieſelbe Rückenmähne und denſelben buſchigen Schwanz; nur die Schnauze iſt etwas geſtreckter und ſpitziger, die Ohren ſind größer, und die Vorderpfoten tragen einen kurzen Daumen nach Art der Afterzehen bei manchen Hunden. Das Geripp zeigt im Ganzen das entſchiedenſte Hiänengepräge, doch weicht der Bau des Schädels hiervon ab und noch mehr das Gebiß, welches geradezu einzig daſteht in der ganzen Reihe der Raubthiere. Jn jeder Backzahnreihe ſind nämlich blos vier Zähne vorhanden, welche ſo klein ſind, daß immer einige im Zahnfleiſche ſtecken bleiben. Es fehlt dem Thiere deshalb nicht blos der ächte Reißzahn, ſondern auch der Mahlzahn, und es kann eigentlich dem Gebiß nach gar nicht kauen. Die übrigen Merkmale erinnern lebhaft an die der Schleichkatzen, und wie dieſe, hat der Erd- wolf eine Zibetſpalte am After. Bis jetzt iſt die Zibethiäne die einzige bekannt Art ihrer Sippe. Jhre Länge beträgt 2½ Fuß und die des Schwanzes einen Fuß. Der Pelz, welcher aus weichem Wollhaar und langen, ſtarken Grannen beſteht, iſt blaßgelblich gefärbt mit ſchwarzen Seitenſtreifen. Der Kopf iſt ſchwarz mit gelb- licher Miſchung; die Schnauze, das Kinn und der Augenring ſind dunkelbraun, die Ohren innen gelblichweiß, außen braun, die Unterſeite weißlichgelb und die Endhälfte des Schwanzes ſchwarz. Vom Hinterkopfe an längs des ganzen Rückens bis zur Schwanzwurzel verlängern ſich die Grannen zu einer Mähne, welche in dem buſchigen Schwanze ihre Fortſetzung findet. Dieſe Mähne iſt ſchwarz und ebenfalls gelblich gemiſcht. Die Seiten der Schnauze ſind ſehr kurz behaart, die Schnurren aber lang und ſtark, die Naſenkuppe und der Naſenrücken ſind nackt. Der Erdwolf iſt ein Bewohner des Kaplandes. Er wurde ſchon von früheren Reiſenden mehr- fach erwähnt, doch erſt von Jſidor Geoffroy genauer beſchrieben. Den lateiniſchen Artnamen erhielt er zu Ehren ſeines Entdeckers, wenn auch deſſen Begleiter, Verreaux, das Meiſte von dem Wenigen mittheilt, was wir über die Lebensweiſe des Thieres wiſſen. Sparrmann meint unter ſeinem grauen Schakal, mit welchem die holländiſchen Anſiedler am Vorgebirge der guten Hoffnung das Thier zu bezeichnen pflegen, wahrſcheinlich die Zibethiäne. Levaillaut fand im Lande der Namaken nur die Felle zu Mänteln verarbeitet, ohne das Thier ſelbſt erlangen zu können. Seine Begleiter nannten ihm den Erdwolf aber ſpäter als einen der nächtlichen Beſucher ſeines Lagers, da ſie deſſen Stimme von der der gefleckten Hiänen und der Schakale unterſchieden. Aus allen Angaben, welche ſich auf unſer Thier beziehen laſſen, geht hervor, daß es nächtlich lebt und ſich bei Tage in Bauen verbirgt, welche mit denen unſerer Füchſe Aehnlichkeit haben, aber ausgedehnter ſind und von mehreren Erdwölfen zugleich bewohnt werden. Verreaux trieb die drei, welche von der Geſellſchaft erlegt wurden, mit Hilfe ſeines Hundes aus einem Baue heraus,

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 460. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/532>, abgerufen am 26.11.2024.