Wir hatten nämlich eine dritte Hiäne gekauft, und diese mochte ihre schon gezähmten Kameraden wieder verdorben haben; indessen bewiesen sie sich nach dem Bade, und nachdem sie von einander getrennt worden waren, wieder ganz freundlich und liebenswürdig.
Nach Verlauf eines Vierteljahres, vom Tage der Erwerbung an, konnte ich mit ihnen spielen, wie mit einem Hunde, ohne befürchten zu müssen, irgend welche Mißhandlung von ihnen zu erleiden. Sie gewannen mich mit jedem Tage lieber und freuten sich ungemein, wenn ich zu ihnen kam. Dabei benahmen sie sich, nachdem sie mehr, als halberwachsen waren, höchst sonderbar. Sobald ich in den Raum trat, fuhren sie unter fröhlichem Geheul auf, sprangen an mir in die Höhe, legten mir ihre Vorderpranken auf beide Schultern, schnüffelten mir im ganzen Gesicht herum, hoben endlich ihre Standarte steif und senkrecht empor und schoben dabei den umgestülpten Mastdarm gegen 11/2 bis 2 Zoll weit aus dem After heraus. Diese Begrüßung wurde mir stets zu Theil, und ich konnte bemerken, daß der sonderbarste Theil derselben jedesmal ein Zeichen ihrer freudigsten Erregung war.
Wenn ich sie mit mir auf das Zimmer nehmen wollte, öffnete ich den Stall und beide folgten mir; die dritte hatte ich in Folge eines Anfalles ihrer Raserei todtgeschlagen. Wie etwas zudring- liche Hunde sprangen sie wohl hundert Mal an mir empor, drängten sich zwischen meinen Beinen hindurch und beschnüffelten mir Hände und Gesicht. Jn unserm Gehöft konnte ich so mit ihnen überall herumgehen, ohne nur befürchten zu müssen, daß eine oder die andere ihr Heil in der Flucht suchen würde. Später habe ich sie in Kairo an leichten Stricken durch die Straßen geführt zum Entsetzen aller gerechten Bewohner derselben. Sie zeigten sich so anhänglich, daß sie ohne Aufforderung mich zuweilen besuchten, wenn einer meiner Diener es vergessen hatte, die Stallthüre hinter sich zu ver- schließen. Jch bewohnte den zweiten Stock des Gebäudes, der Stall befand sich im Erdgeschoß. Dies hinderte die Hiänen aber gar nicht; sie kannten die Treppen ausgezeichnet und kamen regelmäßig auch ohne mich in das Zimmer, welches ich bewohnte. Für Fremde war es ein ebenso überraschender, als spaßhafter Anblick, uns beim Theetisch sitzen zu sehen. Jeder von uns hatte nämlich eine Hiäne zu seiner Seite, und diese saß so verständig, ruhig auf ihrem Hintern, wie ein wohlerzogener Hund bei Tische zu sitzen pflegt, wenn er um Nahrung bettelt. Letzteres thaten die Hiänen auch und zwar be- standen ihre zarten Bitten in einem höchst leisen, aber ganz heiserklingenden Kreischen und ihr Dank, wenn sie sich aufrichten konnten, in der vorhin erwähnten Begrüßung oder wenigstens in einem Beschnüffeln der Hände.
Sie verzehrten Zucker leidenschaftlich gern, fraßen aber auch Brod und zumal solches, welches wir mit Thee getränkt hatten, mit vielem Behagen. Jhre gewöhnliche Nahrung bildeten Hunde, welche wir für sie erlegten. Die große Menge der im Morgenlande herrenlos herumschweifenden Hunde machte es uns ziemlich leicht, das nöthige Futter für sie aufzutreiben; doch durften wir niemals lange an einem Orte verweilen, weil wir sehr bald von den Thieren bemerkt und von ihnen gemieden wurden. Auch während der dreihundert Meilen langen Reise von Charthum nach Kairo, welche wir allen Strom- schnellen des Nils zum Trotze in einem Boote zurücklegten, wurden unsere Hiänen mit herrenlosen Hunden gefüttert. Gewöhnlich bekamen sie blos den dritten oder vierten Tag zu fressen; einmal aber mußten sie freilich auch acht Tage lang fasten, weil es uns ganz unmöglich war, ihnen Nahrung zu schaffen. Da hätte man nun sehen sollen, mit welcher Gier sie über einen ihrer getödteten Familien- verwandten herfielen. Es ging wahrhaft lustig zu: sie jauchzten und lachten laut auf und stürzten sich dann wie rasend auf ihre Beute. Wenige Bisse rissen die Bauch- und Brusthöhle auf, und mit wahrer Wollust wühlten die schwarzen Schnauzen in den Eingeweiden herum. Eine Minnte später erkannte man keinen Hiänenkopf mehr, man sah blos zwei dunkle, unregelmäßiggestaltete und über und über mit Blut und Schleim bekleisterte Klumpen, welche sich immer von neuem wieder in das Jnnere der Leibeshöhle versenkten und frisch mit Blut getränkt auf Augenblicke zum Vorschein kamen. Niemals hat mir die Aehnlichkeit der Hiänen mit den Geieru größer scheinen wollen, als während solcher Mahl- zeiten. Sie standen dann in keiner Hinsicht hinter den Geiern zurück, sondern übertrafen sie wo- möglich noch in ihrer entsetzlichen Freßgier. Eine halbe Stunde nach Beginn ihrer Mahlzeiten fanden
Gefangenleben und Zähmung.
Wir hatten nämlich eine dritte Hiäne gekauft, und dieſe mochte ihre ſchon gezähmten Kameraden wieder verdorben haben; indeſſen bewieſen ſie ſich nach dem Bade, und nachdem ſie von einander getrennt worden waren, wieder ganz freundlich und liebenswürdig.
Nach Verlauf eines Vierteljahres, vom Tage der Erwerbung an, konnte ich mit ihnen ſpielen, wie mit einem Hunde, ohne befürchten zu müſſen, irgend welche Mißhandlung von ihnen zu erleiden. Sie gewannen mich mit jedem Tage lieber und freuten ſich ungemein, wenn ich zu ihnen kam. Dabei benahmen ſie ſich, nachdem ſie mehr, als halberwachſen waren, höchſt ſonderbar. Sobald ich in den Raum trat, fuhren ſie unter fröhlichem Geheul auf, ſprangen an mir in die Höhe, legten mir ihre Vorderpranken auf beide Schultern, ſchnüffelten mir im ganzen Geſicht herum, hoben endlich ihre Standarte ſteif und ſenkrecht empor und ſchoben dabei den umgeſtülpten Maſtdarm gegen 1½ bis 2 Zoll weit aus dem After heraus. Dieſe Begrüßung wurde mir ſtets zu Theil, und ich konnte bemerken, daß der ſonderbarſte Theil derſelben jedesmal ein Zeichen ihrer freudigſten Erregung war.
Wenn ich ſie mit mir auf das Zimmer nehmen wollte, öffnete ich den Stall und beide folgten mir; die dritte hatte ich in Folge eines Anfalles ihrer Raſerei todtgeſchlagen. Wie etwas zudring- liche Hunde ſprangen ſie wohl hundert Mal an mir empor, drängten ſich zwiſchen meinen Beinen hindurch und beſchnüffelten mir Hände und Geſicht. Jn unſerm Gehöft konnte ich ſo mit ihnen überall herumgehen, ohne nur befürchten zu müſſen, daß eine oder die andere ihr Heil in der Flucht ſuchen würde. Später habe ich ſie in Kairo an leichten Stricken durch die Straßen geführt zum Entſetzen aller gerechten Bewohner derſelben. Sie zeigten ſich ſo anhänglich, daß ſie ohne Aufforderung mich zuweilen beſuchten, wenn einer meiner Diener es vergeſſen hatte, die Stallthüre hinter ſich zu ver- ſchließen. Jch bewohnte den zweiten Stock des Gebäudes, der Stall befand ſich im Erdgeſchoß. Dies hinderte die Hiänen aber gar nicht; ſie kannten die Treppen ausgezeichnet und kamen regelmäßig auch ohne mich in das Zimmer, welches ich bewohnte. Für Fremde war es ein ebenſo überraſchender, als ſpaßhafter Anblick, uns beim Theetiſch ſitzen zu ſehen. Jeder von uns hatte nämlich eine Hiäne zu ſeiner Seite, und dieſe ſaß ſo verſtändig, ruhig auf ihrem Hintern, wie ein wohlerzogener Hund bei Tiſche zu ſitzen pflegt, wenn er um Nahrung bettelt. Letzteres thaten die Hiänen auch und zwar be- ſtanden ihre zarten Bitten in einem höchſt leiſen, aber ganz heiſerklingenden Kreiſchen und ihr Dank, wenn ſie ſich aufrichten konnten, in der vorhin erwähnten Begrüßung oder wenigſtens in einem Beſchnüffeln der Hände.
Sie verzehrten Zucker leidenſchaftlich gern, fraßen aber auch Brod und zumal ſolches, welches wir mit Thee getränkt hatten, mit vielem Behagen. Jhre gewöhnliche Nahrung bildeten Hunde, welche wir für ſie erlegten. Die große Menge der im Morgenlande herrenlos herumſchweifenden Hunde machte es uns ziemlich leicht, das nöthige Futter für ſie aufzutreiben; doch durften wir niemals lange an einem Orte verweilen, weil wir ſehr bald von den Thieren bemerkt und von ihnen gemieden wurden. Auch während der dreihundert Meilen langen Reiſe von Charthum nach Kairo, welche wir allen Strom- ſchnellen des Nils zum Trotze in einem Boote zurücklegten, wurden unſere Hiänen mit herrenloſen Hunden gefüttert. Gewöhnlich bekamen ſie blos den dritten oder vierten Tag zu freſſen; einmal aber mußten ſie freilich auch acht Tage lang faſten, weil es uns ganz unmöglich war, ihnen Nahrung zu ſchaffen. Da hätte man nun ſehen ſollen, mit welcher Gier ſie über einen ihrer getödteten Familien- verwandten herfielen. Es ging wahrhaft luſtig zu: ſie jauchzten und lachten laut auf und ſtürzten ſich dann wie raſend auf ihre Beute. Wenige Biſſe riſſen die Bauch- und Bruſthöhle auf, und mit wahrer Wolluſt wühlten die ſchwarzen Schnauzen in den Eingeweiden herum. Eine Minnte ſpäter erkannte man keinen Hiänenkopf mehr, man ſah blos zwei dunkle, unregelmäßiggeſtaltete und über und über mit Blut und Schleim bekleiſterte Klumpen, welche ſich immer von neuem wieder in das Jnnere der Leibeshöhle verſenkten und friſch mit Blut getränkt auf Augenblicke zum Vorſchein kamen. Niemals hat mir die Aehnlichkeit der Hiänen mit den Geieru größer ſcheinen wollen, als während ſolcher Mahl- zeiten. Sie ſtanden dann in keiner Hinſicht hinter den Geiern zurück, ſondern übertrafen ſie wo- möglich noch in ihrer entſetzlichen Freßgier. Eine halbe Stunde nach Beginn ihrer Mahlzeiten fanden
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[459/0531]
Gefangenleben und Zähmung.
Wir hatten nämlich eine dritte Hiäne gekauft, und dieſe mochte ihre ſchon gezähmten Kameraden wieder
verdorben haben; indeſſen bewieſen ſie ſich nach dem Bade, und nachdem ſie von einander getrennt
worden waren, wieder ganz freundlich und liebenswürdig.
Nach Verlauf eines Vierteljahres, vom Tage der Erwerbung an, konnte ich mit ihnen ſpielen,
wie mit einem Hunde, ohne befürchten zu müſſen, irgend welche Mißhandlung von ihnen zu erleiden.
Sie gewannen mich mit jedem Tage lieber und freuten ſich ungemein, wenn ich zu ihnen kam. Dabei
benahmen ſie ſich, nachdem ſie mehr, als halberwachſen waren, höchſt ſonderbar. Sobald ich in den
Raum trat, fuhren ſie unter fröhlichem Geheul auf, ſprangen an mir in die Höhe, legten mir ihre
Vorderpranken auf beide Schultern, ſchnüffelten mir im ganzen Geſicht herum, hoben endlich ihre
Standarte ſteif und ſenkrecht empor und ſchoben dabei den umgeſtülpten Maſtdarm gegen 1½ bis 2
Zoll weit aus dem After heraus. Dieſe Begrüßung wurde mir ſtets zu Theil, und ich konnte bemerken,
daß der ſonderbarſte Theil derſelben jedesmal ein Zeichen ihrer freudigſten Erregung war.
Wenn ich ſie mit mir auf das Zimmer nehmen wollte, öffnete ich den Stall und beide folgten
mir; die dritte hatte ich in Folge eines Anfalles ihrer Raſerei todtgeſchlagen. Wie etwas zudring-
liche Hunde ſprangen ſie wohl hundert Mal an mir empor, drängten ſich zwiſchen meinen Beinen
hindurch und beſchnüffelten mir Hände und Geſicht. Jn unſerm Gehöft konnte ich ſo mit ihnen überall
herumgehen, ohne nur befürchten zu müſſen, daß eine oder die andere ihr Heil in der Flucht ſuchen
würde. Später habe ich ſie in Kairo an leichten Stricken durch die Straßen geführt zum Entſetzen
aller gerechten Bewohner derſelben. Sie zeigten ſich ſo anhänglich, daß ſie ohne Aufforderung mich
zuweilen beſuchten, wenn einer meiner Diener es vergeſſen hatte, die Stallthüre hinter ſich zu ver-
ſchließen. Jch bewohnte den zweiten Stock des Gebäudes, der Stall befand ſich im Erdgeſchoß. Dies
hinderte die Hiänen aber gar nicht; ſie kannten die Treppen ausgezeichnet und kamen regelmäßig auch
ohne mich in das Zimmer, welches ich bewohnte. Für Fremde war es ein ebenſo überraſchender, als
ſpaßhafter Anblick, uns beim Theetiſch ſitzen zu ſehen. Jeder von uns hatte nämlich eine Hiäne zu
ſeiner Seite, und dieſe ſaß ſo verſtändig, ruhig auf ihrem Hintern, wie ein wohlerzogener Hund bei
Tiſche zu ſitzen pflegt, wenn er um Nahrung bettelt. Letzteres thaten die Hiänen auch und zwar be-
ſtanden ihre zarten Bitten in einem höchſt leiſen, aber ganz heiſerklingenden Kreiſchen und ihr
Dank, wenn ſie ſich aufrichten konnten, in der vorhin erwähnten Begrüßung oder wenigſtens in einem
Beſchnüffeln der Hände.
Sie verzehrten Zucker leidenſchaftlich gern, fraßen aber auch Brod und zumal ſolches, welches wir
mit Thee getränkt hatten, mit vielem Behagen. Jhre gewöhnliche Nahrung bildeten Hunde, welche wir
für ſie erlegten. Die große Menge der im Morgenlande herrenlos herumſchweifenden Hunde machte
es uns ziemlich leicht, das nöthige Futter für ſie aufzutreiben; doch durften wir niemals lange an
einem Orte verweilen, weil wir ſehr bald von den Thieren bemerkt und von ihnen gemieden wurden.
Auch während der dreihundert Meilen langen Reiſe von Charthum nach Kairo, welche wir allen Strom-
ſchnellen des Nils zum Trotze in einem Boote zurücklegten, wurden unſere Hiänen mit herrenloſen
Hunden gefüttert. Gewöhnlich bekamen ſie blos den dritten oder vierten Tag zu freſſen; einmal aber
mußten ſie freilich auch acht Tage lang faſten, weil es uns ganz unmöglich war, ihnen Nahrung zu
ſchaffen. Da hätte man nun ſehen ſollen, mit welcher Gier ſie über einen ihrer getödteten Familien-
verwandten herfielen. Es ging wahrhaft luſtig zu: ſie jauchzten und lachten laut auf und ſtürzten ſich
dann wie raſend auf ihre Beute. Wenige Biſſe riſſen die Bauch- und Bruſthöhle auf, und mit wahrer
Wolluſt wühlten die ſchwarzen Schnauzen in den Eingeweiden herum. Eine Minnte ſpäter erkannte
man keinen Hiänenkopf mehr, man ſah blos zwei dunkle, unregelmäßiggeſtaltete und über und über
mit Blut und Schleim bekleiſterte Klumpen, welche ſich immer von neuem wieder in das Jnnere der
Leibeshöhle verſenkten und friſch mit Blut getränkt auf Augenblicke zum Vorſchein kamen. Niemals
hat mir die Aehnlichkeit der Hiänen mit den Geieru größer ſcheinen wollen, als während ſolcher Mahl-
zeiten. Sie ſtanden dann in keiner Hinſicht hinter den Geiern zurück, ſondern übertrafen ſie wo-
möglich noch in ihrer entſetzlichen Freßgier. Eine halbe Stunde nach Beginn ihrer Mahlzeiten fanden
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 459. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/531>, abgerufen am 26.11.2024.
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