Einhelligkeit: in der Affengestalt giebt sich meist nur widerliche Fratzenhaftigkeit kund. Ein einziger Blick auf das Knochengerüst des Menschen und das des Affen zeigt den schon in der ganzen Anlage begründeten Unterschied; noch greller aber tritt die Unähnlichkeit beider so nah verwandter Säuger hervor, wenn wir vergleichend das vollendete Bild des Menschen und das eines Orang-Utang betrachten.
Kaum eine einzige andere Säugethierordnung zeigt eine solche Mißbildung, wie die Affen; Nichts ist hier regelrecht, Nichts ebenmäßig; überall bemerkt man nur Verzerrung und Unregelmäßig-
[Abbildung]
Geripp des Menschen und des Gorilla.
keit. "Jeder Körpertheil," sagt Giebel, "kennzeichnet die Affengestalt. Sie verräth bisweilen einige Aehnlichkeit mit andern Thieren, z. B. in den Pavianen mit den Hunden: aber es verhält sich dabei nicht anders, als mit der vielbewunderten Menschenähnlichkeit des Orangaffen. Es ist eben nur eine ganz allgemeine und oberflächliche, welche bei näherer Vergleichung mehr und mehr verschwindet. Bei der Unregelmäßigkeit, welche den ganzen Körperbau beherrscht, dürfen wir selbstverständlich keine Uebereinstimmung in der äußern Erscheinung der Affengestalten erwarten. Schon die Körpergröße spielt in ziemlich weiten Grenzen: die Orangaffen erreichen Mannesgröße, die Seidenaffen und
Die Affen.
Einhelligkeit: in der Affengeſtalt giebt ſich meiſt nur widerliche Fratzenhaftigkeit kund. Ein einziger Blick auf das Knochengerüſt des Menſchen und das des Affen zeigt den ſchon in der ganzen Anlage begründeten Unterſchied; noch greller aber tritt die Unähnlichkeit beider ſo nah verwandter Säuger hervor, wenn wir vergleichend das vollendete Bild des Menſchen und das eines Orang-Utang betrachten.
Kaum eine einzige andere Säugethierordnung zeigt eine ſolche Mißbildung, wie die Affen; Nichts iſt hier regelrecht, Nichts ebenmäßig; überall bemerkt man nur Verzerrung und Unregelmäßig-
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Geripp des Menſchen und des Gorilla.
keit. „Jeder Körpertheil,‟ ſagt Giebel, „kennzeichnet die Affengeſtalt. Sie verräth bisweilen einige Aehnlichkeit mit andern Thieren, z. B. in den Pavianen mit den Hunden: aber es verhält ſich dabei nicht anders, als mit der vielbewunderten Menſchenähnlichkeit des Orangaffen. Es iſt eben nur eine ganz allgemeine und oberflächliche, welche bei näherer Vergleichung mehr und mehr verſchwindet. Bei der Unregelmäßigkeit, welche den ganzen Körperbau beherrſcht, dürfen wir ſelbſtverſtändlich keine Uebereinſtimmung in der äußern Erſcheinung der Affengeſtalten erwarten. Schon die Körpergröße ſpielt in ziemlich weiten Grenzen: die Orangaffen erreichen Mannesgröße, die Seidenaffen und
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Die Affen.
Einhelligkeit: in der Affengeſtalt giebt ſich meiſt nur widerliche Fratzenhaftigkeit kund. Ein einziger
Blick auf das Knochengerüſt des Menſchen und das des Affen zeigt den ſchon in der ganzen Anlage
begründeten Unterſchied; noch greller aber tritt die Unähnlichkeit beider ſo nah verwandter Säuger
hervor, wenn wir vergleichend das vollendete Bild des Menſchen und das eines Orang-Utang
betrachten.
Kaum eine einzige andere Säugethierordnung zeigt eine ſolche Mißbildung, wie die Affen;
Nichts iſt hier regelrecht, Nichts ebenmäßig; überall bemerkt man nur Verzerrung und Unregelmäßig-
[Abbildung Geripp des Menſchen und des Gorilla.]
keit. „Jeder Körpertheil,‟ ſagt Giebel, „kennzeichnet die Affengeſtalt. Sie verräth bisweilen einige
Aehnlichkeit mit andern Thieren, z. B. in den Pavianen mit den Hunden: aber es verhält ſich dabei
nicht anders, als mit der vielbewunderten Menſchenähnlichkeit des Orangaffen. Es iſt eben nur
eine ganz allgemeine und oberflächliche, welche bei näherer Vergleichung mehr und mehr verſchwindet.
Bei der Unregelmäßigkeit, welche den ganzen Körperbau beherrſcht, dürfen wir ſelbſtverſtändlich keine
Uebereinſtimmung in der äußern Erſcheinung der Affengeſtalten erwarten. Schon die Körpergröße
ſpielt in ziemlich weiten Grenzen: die Orangaffen erreichen Mannesgröße, die Seidenaffen und
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/52>, abgerufen am 22.11.2024.
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