Die Raubthiere. Hunde. -- Gemeiner Fuchs. Aguarachay.
das höchste Ziel ihres Alters, zwölf bis funfzehn Jahre, erreichen; denn der Mensch ist ihnen doch gar zu aufsässig.
Jn früheren Zeiten vergnügten sich die hohen Herrschaften noch ganz besonders mit dem Prellen der gefangenen Füchse. Man brachte die Thiere in einen rings umschlossenen Hof und trieb sie über schmale und lange Netze hinweg, welche an dem einen Ende von einem Herrn, an dem andern von einer Dame gehalten wurden. Die Mitte des Netzes lag am Boden auf, und über sie mußten die Füchse weglaufen. Sobald sich nun einer gerade auf dem Netze befand, wurde dieses schnell straff ge- zogen, das Thier flog in die Höhe und fiel derb auf den Boden nieder, oder unter Umständen auch auf einen Herrn, auf eine Dame, auf andere Netze etc., bis es endlich doch sich auf einem harten Gegen- stande zerschmetterte. Wenn im Freien geprellt wurde, umhegte man den Platz mit hohen Tüchern und bildete innerhalb derselben mehrere Gassen, durch welche die Füchse getrieben wurden, um auf die Netze zu kommen. "Die gnädigsten Herrschaften sehen," wie Flemming erzählt, "dem Prellen mit Vergnügen zu und delectiren sich an den vielfältigen Luftsprüngen und Capriolen der Füchse und Hasen, und dem Umfallen und Stolpern der Cavalliers und Dames, welche sämmtlich in grüner, mit Gold und Silber verchamarirter Kleidung erschienen sind. Sie schicken mit vielfältigem Prellen die Füchse und Hasen nach mancherley wunderlichen Figuren in die Luft, daß die Herrschaft ihr Vergnügen haben kann. Soll es nun bald zu Ende gehen, so werden junge Sauen herausgelassen, und die machen denn bey den Dames unter den Reifröcken einen solchen Rumor, daß nicht zu beschreiben. ..."
Es ist immer anziehend, die Lebensweise ähnlicher Thiere vergleichend zu betrachten: deshalb glaube ich, der langen Beschreibung des Lebens unsers Fuchses noch die Lebensschilderung anderer, engerer oder weiterer Verwandten hinzufügen zu dürfen, gleichsam zur Ergänzung des Fuchsbildes überhaupt. Ein solcher Verwandter Reineckes ist der Aguarachay der Guaraner oder der brasilia- nische Fuchs (Vulpes Azarae). Das Thier ähnelt im Ganzen seinem nordamerikanischen Vertreter und auch unserm gemeinen Fuchs, ist aber kleiner, als Beide, dabei verhältnißmäßig kräftiger gebaut und besitzt einen runden Augenstern. Seine Länge beträgt 2 bis 21/2 Fuß, die der Lunte 14 Zoll. Die Färbung wechselt. Gewöhnlich sind Nacken und Rücken schwarz, Scheitel und Kopfseiten grau, die Seiten dunkelgrau, weil aus schwarzen und weißen Haaren gemischt, Brust und Bauch schmuzig, isabellgelb, die Läufe vorn braun, hinten schwarz, die Pfoten braun. Eine weiße Bläße im Gesicht, ein hellgelber Augenring, ein ockergelber Ohrfleck und die gleichgefärbte Gurgel stechen von jener Färbung ab. Die langen Borsten im Gesicht, eine Augenbinde und alle nackten Theile sind schwarz. Der Pelz besteht aus weichem Wollhaar und etwas gekräuselten, ziemlich rauhen Grannen, welche ver- schieden geringelt sind und an den verschiedenen Körpertheilen die betreffende Färbung durch ihre helleren oder dunkleren Spitzen hervorbringen. Manchfaltige Abänderungen in der Färbung und Zeichnung erschweren es, diese Art immer zu erkennen; auch sind die Forscher noch verschiedner An- sicht: die Einen vereinigen, die Anderen trennen die Abweichungen.
Das Vaterland des Aguarachay (sprich Agaratschai) ist ganz Südamerika, vom stillen bis zum atlantischen Weltmeer, vom Gleicher bis zur Südspitze Patagoniens. Er findet sich in der Höhe, wie in der Tiefe, scheint aber gemäßigte Landstriche den heißen Gegenden vorzuziehen. Jn den Andes steigt er bis zu 16,000 Fuß über die Meeresfläche empor. Jn Paragnay bewohnt er das offene Gestrüpp und meidet ebensowohl die großen Waldungen, wie die offenen Stellen, obgleich er beide auf seinen Jagdzügen besucht. Er ist überall häufig, hält sich in einem bestimmten Gebiete auf, im Sommer und Herbst allein, im Winter und Frühling paarweise, verschläft den Tag und zieht abends aus, um Agutis, Pakas, Kaninchen, junge Rehkälber, wildes und zahmes Geflügel zu berücken, soll auch dem Jaguar als Bettler und Schmarotzer folgen, verschmäht selbst Frösche und Eidechsen nicht, fängt Krebse und Krabben und wird seiner Häufigkeit, Raubgier und Dieberei wegen zur Landplage.
Wir verdanken Azara, Rengger und Tschudi treffliche Lebensbeschreibungen des Thieres, die beste hat Rengger gegeben:
Die Raubthiere. Hunde. — Gemeiner Fuchs. Aguarachay.
das höchſte Ziel ihres Alters, zwölf bis funfzehn Jahre, erreichen; denn der Menſch iſt ihnen doch gar zu aufſäſſig.
Jn früheren Zeiten vergnügten ſich die hohen Herrſchaften noch ganz beſonders mit dem Prellen der gefangenen Füchſe. Man brachte die Thiere in einen rings umſchloſſenen Hof und trieb ſie über ſchmale und lange Netze hinweg, welche an dem einen Ende von einem Herrn, an dem andern von einer Dame gehalten wurden. Die Mitte des Netzes lag am Boden auf, und über ſie mußten die Füchſe weglaufen. Sobald ſich nun einer gerade auf dem Netze befand, wurde dieſes ſchnell ſtraff ge- zogen, das Thier flog in die Höhe und fiel derb auf den Boden nieder, oder unter Umſtänden auch auf einen Herrn, auf eine Dame, auf andere Netze ꝛc., bis es endlich doch ſich auf einem harten Gegen- ſtande zerſchmetterte. Wenn im Freien geprellt wurde, umhegte man den Platz mit hohen Tüchern und bildete innerhalb derſelben mehrere Gaſſen, durch welche die Füchſe getrieben wurden, um auf die Netze zu kommen. „Die gnädigſten Herrſchaften ſehen,‟ wie Flemming erzählt, „dem Prellen mit Vergnügen zu und delectiren ſich an den vielfältigen Luftſprüngen und Capriolen der Füchſe und Haſen, und dem Umfallen und Stolpern der Cavalliers und Dames, welche ſämmtlich in grüner, mit Gold und Silber verchamarirter Kleidung erſchienen ſind. Sie ſchicken mit vielfältigem Prellen die Füchſe und Haſen nach mancherley wunderlichen Figuren in die Luft, daß die Herrſchaft ihr Vergnügen haben kann. Soll es nun bald zu Ende gehen, ſo werden junge Sauen herausgelaſſen, und die machen denn bey den Dames unter den Reifröcken einen ſolchen Rumor, daß nicht zu beſchreiben. …‟
Es iſt immer anziehend, die Lebensweiſe ähnlicher Thiere vergleichend zu betrachten: deshalb glaube ich, der langen Beſchreibung des Lebens unſers Fuchſes noch die Lebensſchilderung anderer, engerer oder weiterer Verwandten hinzufügen zu dürfen, gleichſam zur Ergänzung des Fuchsbildes überhaupt. Ein ſolcher Verwandter Reineckes iſt der Aguarachay der Guaraner oder der braſilia- niſche Fuchs (Vulpes Azarae). Das Thier ähnelt im Ganzen ſeinem nordamerikaniſchen Vertreter und auch unſerm gemeinen Fuchs, iſt aber kleiner, als Beide, dabei verhältnißmäßig kräftiger gebaut und beſitzt einen runden Augenſtern. Seine Länge beträgt 2 bis 2½ Fuß, die der Lunte 14 Zoll. Die Färbung wechſelt. Gewöhnlich ſind Nacken und Rücken ſchwarz, Scheitel und Kopfſeiten grau, die Seiten dunkelgrau, weil aus ſchwarzen und weißen Haaren gemiſcht, Bruſt und Bauch ſchmuzig, iſabellgelb, die Läufe vorn braun, hinten ſchwarz, die Pfoten braun. Eine weiße Bläße im Geſicht, ein hellgelber Augenring, ein ockergelber Ohrfleck und die gleichgefärbte Gurgel ſtechen von jener Färbung ab. Die langen Borſten im Geſicht, eine Augenbinde und alle nackten Theile ſind ſchwarz. Der Pelz beſteht aus weichem Wollhaar und etwas gekräuſelten, ziemlich rauhen Grannen, welche ver- ſchieden geringelt ſind und an den verſchiedenen Körpertheilen die betreffende Färbung durch ihre helleren oder dunkleren Spitzen hervorbringen. Manchfaltige Abänderungen in der Färbung und Zeichnung erſchweren es, dieſe Art immer zu erkennen; auch ſind die Forſcher noch verſchiedner An- ſicht: die Einen vereinigen, die Anderen trennen die Abweichungen.
Das Vaterland des Aguarachay (ſprich Agaratſchai) iſt ganz Südamerika, vom ſtillen bis zum atlantiſchen Weltmeer, vom Gleicher bis zur Südſpitze Patagoniens. Er findet ſich in der Höhe, wie in der Tiefe, ſcheint aber gemäßigte Landſtriche den heißen Gegenden vorzuziehen. Jn den Andes ſteigt er bis zu 16,000 Fuß über die Meeresfläche empor. Jn Paragnay bewohnt er das offene Geſtrüpp und meidet ebenſowohl die großen Waldungen, wie die offenen Stellen, obgleich er beide auf ſeinen Jagdzügen beſucht. Er iſt überall häufig, hält ſich in einem beſtimmten Gebiete auf, im Sommer und Herbſt allein, im Winter und Frühling paarweiſe, verſchläft den Tag und zieht abends aus, um Agutis, Pakas, Kaninchen, junge Rehkälber, wildes und zahmes Geflügel zu berücken, ſoll auch dem Jaguar als Bettler und Schmarotzer folgen, verſchmäht ſelbſt Fröſche und Eidechſen nicht, fängt Krebſe und Krabben und wird ſeiner Häufigkeit, Raubgier und Dieberei wegen zur Landplage.
Wir verdanken Azara, Rengger und Tſchudi treffliche Lebensbeſchreibungen des Thieres, die beſte hat Rengger gegeben:
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[430/0498]
Die Raubthiere. Hunde. — Gemeiner Fuchs. Aguarachay.
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gar zu aufſäſſig.
Jn früheren Zeiten vergnügten ſich die hohen Herrſchaften noch ganz beſonders mit dem Prellen
der gefangenen Füchſe. Man brachte die Thiere in einen rings umſchloſſenen Hof und trieb ſie über
ſchmale und lange Netze hinweg, welche an dem einen Ende von einem Herrn, an dem andern von
einer Dame gehalten wurden. Die Mitte des Netzes lag am Boden auf, und über ſie mußten die
Füchſe weglaufen. Sobald ſich nun einer gerade auf dem Netze befand, wurde dieſes ſchnell ſtraff ge-
zogen, das Thier flog in die Höhe und fiel derb auf den Boden nieder, oder unter Umſtänden auch
auf einen Herrn, auf eine Dame, auf andere Netze ꝛc., bis es endlich doch ſich auf einem harten Gegen-
ſtande zerſchmetterte. Wenn im Freien geprellt wurde, umhegte man den Platz mit hohen Tüchern und
bildete innerhalb derſelben mehrere Gaſſen, durch welche die Füchſe getrieben wurden, um auf die
Netze zu kommen. „Die gnädigſten Herrſchaften ſehen,‟ wie Flemming erzählt, „dem Prellen mit
Vergnügen zu und delectiren ſich an den vielfältigen Luftſprüngen und Capriolen der Füchſe und
Haſen, und dem Umfallen und Stolpern der Cavalliers und Dames, welche ſämmtlich in grüner, mit
Gold und Silber verchamarirter Kleidung erſchienen ſind. Sie ſchicken mit vielfältigem Prellen die
Füchſe und Haſen nach mancherley wunderlichen Figuren in die Luft, daß die Herrſchaft ihr Vergnügen
haben kann. Soll es nun bald zu Ende gehen, ſo werden junge Sauen herausgelaſſen, und die machen
denn bey den Dames unter den Reifröcken einen ſolchen Rumor, daß nicht zu beſchreiben. …‟
Es iſt immer anziehend, die Lebensweiſe ähnlicher Thiere vergleichend zu betrachten: deshalb
glaube ich, der langen Beſchreibung des Lebens unſers Fuchſes noch die Lebensſchilderung anderer,
engerer oder weiterer Verwandten hinzufügen zu dürfen, gleichſam zur Ergänzung des Fuchsbildes
überhaupt. Ein ſolcher Verwandter Reineckes iſt der Aguarachay der Guaraner oder der braſilia-
niſche Fuchs (Vulpes Azarae). Das Thier ähnelt im Ganzen ſeinem nordamerikaniſchen Vertreter
und auch unſerm gemeinen Fuchs, iſt aber kleiner, als Beide, dabei verhältnißmäßig kräftiger gebaut
und beſitzt einen runden Augenſtern. Seine Länge beträgt 2 bis 2½ Fuß, die der Lunte 14 Zoll.
Die Färbung wechſelt. Gewöhnlich ſind Nacken und Rücken ſchwarz, Scheitel und Kopfſeiten grau,
die Seiten dunkelgrau, weil aus ſchwarzen und weißen Haaren gemiſcht, Bruſt und Bauch ſchmuzig,
iſabellgelb, die Läufe vorn braun, hinten ſchwarz, die Pfoten braun. Eine weiße Bläße im Geſicht,
ein hellgelber Augenring, ein ockergelber Ohrfleck und die gleichgefärbte Gurgel ſtechen von jener
Färbung ab. Die langen Borſten im Geſicht, eine Augenbinde und alle nackten Theile ſind ſchwarz.
Der Pelz beſteht aus weichem Wollhaar und etwas gekräuſelten, ziemlich rauhen Grannen, welche ver-
ſchieden geringelt ſind und an den verſchiedenen Körpertheilen die betreffende Färbung durch ihre
helleren oder dunkleren Spitzen hervorbringen. Manchfaltige Abänderungen in der Färbung und
Zeichnung erſchweren es, dieſe Art immer zu erkennen; auch ſind die Forſcher noch verſchiedner An-
ſicht: die Einen vereinigen, die Anderen trennen die Abweichungen.
Das Vaterland des Aguarachay (ſprich Agaratſchai) iſt ganz Südamerika, vom ſtillen bis zum
atlantiſchen Weltmeer, vom Gleicher bis zur Südſpitze Patagoniens. Er findet ſich in der Höhe, wie
in der Tiefe, ſcheint aber gemäßigte Landſtriche den heißen Gegenden vorzuziehen. Jn den Andes
ſteigt er bis zu 16,000 Fuß über die Meeresfläche empor. Jn Paragnay bewohnt er das offene Geſtrüpp
und meidet ebenſowohl die großen Waldungen, wie die offenen Stellen, obgleich er beide auf ſeinen
Jagdzügen beſucht. Er iſt überall häufig, hält ſich in einem beſtimmten Gebiete auf, im Sommer
und Herbſt allein, im Winter und Frühling paarweiſe, verſchläft den Tag und zieht abends aus, um
Agutis, Pakas, Kaninchen, junge Rehkälber, wildes und zahmes Geflügel zu berücken, ſoll auch
dem Jaguar als Bettler und Schmarotzer folgen, verſchmäht ſelbſt Fröſche und Eidechſen nicht,
fängt Krebſe und Krabben und wird ſeiner Häufigkeit, Raubgier und Dieberei wegen zur Landplage.
Wir verdanken Azara, Rengger und Tſchudi treffliche Lebensbeſchreibungen des Thieres,
die beſte hat Rengger gegeben:
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 430. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/498>, abgerufen am 22.11.2024.
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