Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Raubthiere. Hunde. -- Gemeiner Fuchs.
Bienen, Fliegen etc. So kommt es, daß seine Tafel fast immer wohl bestellt ist und er nur dann
in einige Noth geräth, wenn sehr tiefer Schnee ihm seine Jagd besonders erschwert.

Es würde selbst den Raum unsers Buches überschreiten, wollte ich alle die Listen und Ver-
stellungskünste hier anführen, deren er sich bedient, um sein Wild zu beschleichen. Dagegen muß ich
wohl erwähnen, daß er, falls er sich ungestört glaubt, mit den gefangenen Thieren, und namentlich mit
den Mäusen, erst lange spielt, bevor er sie tödtet, und daß, wenn er Junge hat, er die Thiere diesen wo
möglich lebendig zuträgt, um die junge Räuberbrut im Fangen zu unterrichten.

Bei allen seinen Jagdzügen, gilt ihm die eigene Sicherheit als erstes Gesetz; ihr ordnet er alle
seine Lüste und Begierden unter, und eben deshalb entgeht er so vielfachen Nachstellungen. Niemals
greift er eine Herde an: er weicht den Schafen fast ebenso ängstlich aus, wie den Hunden; niemals
raubt er in der Nähe seines Aufenthaltsortes oder gar in der Umgebung seines Baues. Verdächtige
Beute untersucht er vorher genau, und läßt sie weit lieber im Stiche, ehe er sich der Gefahr aussetzt;
deshalb schleppt er nimmermehr todte Körper weg. Aus demselben Grunde geht er so schwer die Köder
an, welche man ihm stellt, um ihn zu berücken. Erst nachdem er Alles sorgfältig geprüft hat, wendet
er sich rascher, doch auch jetzt noch auf Umwegen, seinem Ziele zu.

Ganz anders benimmt er sich, wenn er sich vollkommen sicher weiß. Dann verwandelt sich seine
Furcht in eine wirklich unverschämte Frechheit. Er kommt bei hellem Tage in den Hof, holt sich an-
gesichts der Bewohner ein Huhn, eine Gans, macht sich mit seiner Beute ganz offen davon und trägt
sie ruhig seines Weges, selbst wenn ihm die Hunde auf den Balg kommen. Nur im äußersten Noth-
falle läßt er so schwer Errungenes im Stiche, und regelmäßig kommt er dann zurück, um zu sehen, ob
er es nicht noch wegbringen könne. Dieselbe Frechheit bemerkt man bei ihm auch unter Umständen,
welche ihm die schleunigste Flucht zur Nothwendigkeit machen. So packte ein Fuchs, welcher in einem
Treiben von Hunden gejagt wurde und schon zweimal die Schrote um sich herum hatte pfeifen hören,
in vollster Flucht einen kranken Hasen und trug ihn eine Strecke weit fort. Ein anderer hob sich
bei einem Kesseltreiben aus dem von den Jägern umstellten Felde, packte einen verwundeten Hafen,
erwürgte ihn vor den Augen der Jagdgesellschaft, verscharrte ihn rasch noch im Schnee und entfloh
dann mitten durch die Linie der Treiber und Schützen. Ein dritter, welcher in einer Scheune gefangen
war und dort mit Knitteln und Heugabeln erschlagen werden sollte, entwischte der drohenden Gefahr
glücklich, rannte lustig davon, bemerkte auf der nächsten Wiese Gänse, würgte schnell zwei von ihnen
und nahm eine mit sich hinweg, gleichsam zum Hohne Derer, welche ihm den Hals brechen wollten.
Forstrath Liebig erzählt, daß ein Fuchs in Mähren auf den Hof eines Bauern kam, um Hühner zu
würgen, mit dem Stocke verjagt wurde, wiederkehrte, nochmals vertrieben wurde und zum dritten
Male einrückte, dabei aber sein Leben lassen mußte. Aehnliche Beispiele ließen sich wohl noch mehrere
auffinden. Solche Züge aus dem Leben des Thieres, solche Beweise von Geistesgegenwart können
dem Unbetheiligten nur Vergnügen gewähren und eine gewisse Hochachtung für den schlauen Burschen
abnöthigen. Die Achtung verliert sich aber bald, wenn man daran denkt, daß der vortrefflichste aller
Raubritter bei seinen Zügen mehr umbringt, als er wirklich auffressen kann, und daß er, wenn er es
vermag, ein entsetzliches Blutbad unter der wehrlosen Herde anrichtet.

Der Lauf des Fuchses ist schnell, ausdauernd, behend und im höchsten Grade gewandt. Er versteht
zu schleichen, unhörbar auf dem Boden dahinzugleiten, aber auch zu laufen, zu rennen und außer-
ordentlich weite Sätze zu machen. Selbst gute Jagdhunde sind selten im Stande, ihn einzuholen.
Bei rascherem Laufe trägt er die Lunte gerade nach rückwärts gestreckt, während er sie beim Gehen
auf der Erde schleppt. Wenn er lauert, liegt er fest auf dem Bauche, wenn er ruht, legt er sich nicht
selten, wie der Hund, zusammengerollt auf die Seite, oder auch selbst auf den Rücken; sehr häufig sitzt
er auch ganz nach Hundeart auf dem Hintern und schlägt dabei die buschige Standarte zierlich um seine
Vorderläufe. Sein Schlaf ist ziemlich fest; wenigstens ist es möglich, sich dem schlafenden Fuchs
einigermaßen zu nähern. Freilich ist er bei Treibjagden immer noch der Erste, welcher an der
Schützenreihe erscheint und spähend umherschaut, wo ein Ausweg zu gewinnen. Seine Stimme ist ein

Die Raubthiere. Hunde. — Gemeiner Fuchs.
Bienen, Fliegen ꝛc. So kommt es, daß ſeine Tafel faſt immer wohl beſtellt iſt und er nur dann
in einige Noth geräth, wenn ſehr tiefer Schnee ihm ſeine Jagd beſonders erſchwert.

Es würde ſelbſt den Raum unſers Buches überſchreiten, wollte ich alle die Liſten und Ver-
ſtellungskünſte hier anführen, deren er ſich bedient, um ſein Wild zu beſchleichen. Dagegen muß ich
wohl erwähnen, daß er, falls er ſich ungeſtört glaubt, mit den gefangenen Thieren, und namentlich mit
den Mäuſen, erſt lange ſpielt, bevor er ſie tödtet, und daß, wenn er Junge hat, er die Thiere dieſen wo
möglich lebendig zuträgt, um die junge Räuberbrut im Fangen zu unterrichten.

Bei allen ſeinen Jagdzügen, gilt ihm die eigene Sicherheit als erſtes Geſetz; ihr ordnet er alle
ſeine Lüſte und Begierden unter, und eben deshalb entgeht er ſo vielfachen Nachſtellungen. Niemals
greift er eine Herde an: er weicht den Schafen faſt ebenſo ängſtlich aus, wie den Hunden; niemals
raubt er in der Nähe ſeines Aufenthaltsortes oder gar in der Umgebung ſeines Baues. Verdächtige
Beute unterſucht er vorher genau, und läßt ſie weit lieber im Stiche, ehe er ſich der Gefahr ausſetzt;
deshalb ſchleppt er nimmermehr todte Körper weg. Aus demſelben Grunde geht er ſo ſchwer die Köder
an, welche man ihm ſtellt, um ihn zu berücken. Erſt nachdem er Alles ſorgfältig geprüft hat, wendet
er ſich raſcher, doch auch jetzt noch auf Umwegen, ſeinem Ziele zu.

Ganz anders benimmt er ſich, wenn er ſich vollkommen ſicher weiß. Dann verwandelt ſich ſeine
Furcht in eine wirklich unverſchämte Frechheit. Er kommt bei hellem Tage in den Hof, holt ſich an-
geſichts der Bewohner ein Huhn, eine Gans, macht ſich mit ſeiner Beute ganz offen davon und trägt
ſie ruhig ſeines Weges, ſelbſt wenn ihm die Hunde auf den Balg kommen. Nur im äußerſten Noth-
falle läßt er ſo ſchwer Errungenes im Stiche, und regelmäßig kommt er dann zurück, um zu ſehen, ob
er es nicht noch wegbringen könne. Dieſelbe Frechheit bemerkt man bei ihm auch unter Umſtänden,
welche ihm die ſchleunigſte Flucht zur Nothwendigkeit machen. So packte ein Fuchs, welcher in einem
Treiben von Hunden gejagt wurde und ſchon zweimal die Schrote um ſich herum hatte pfeifen hören,
in vollſter Flucht einen kranken Haſen und trug ihn eine Strecke weit fort. Ein anderer hob ſich
bei einem Keſſeltreiben aus dem von den Jägern umſtellten Felde, packte einen verwundeten Hafen,
erwürgte ihn vor den Augen der Jagdgeſellſchaft, verſcharrte ihn raſch noch im Schnee und entfloh
dann mitten durch die Linie der Treiber und Schützen. Ein dritter, welcher in einer Scheune gefangen
war und dort mit Knitteln und Heugabeln erſchlagen werden ſollte, entwiſchte der drohenden Gefahr
glücklich, rannte luſtig davon, bemerkte auf der nächſten Wieſe Gänſe, würgte ſchnell zwei von ihnen
und nahm eine mit ſich hinweg, gleichſam zum Hohne Derer, welche ihm den Hals brechen wollten.
Forſtrath Liebig erzählt, daß ein Fuchs in Mähren auf den Hof eines Bauern kam, um Hühner zu
würgen, mit dem Stocke verjagt wurde, wiederkehrte, nochmals vertrieben wurde und zum dritten
Male einrückte, dabei aber ſein Leben laſſen mußte. Aehnliche Beiſpiele ließen ſich wohl noch mehrere
auffinden. Solche Züge aus dem Leben des Thieres, ſolche Beweiſe von Geiſtesgegenwart können
dem Unbetheiligten nur Vergnügen gewähren und eine gewiſſe Hochachtung für den ſchlauen Burſchen
abnöthigen. Die Achtung verliert ſich aber bald, wenn man daran denkt, daß der vortrefflichſte aller
Raubritter bei ſeinen Zügen mehr umbringt, als er wirklich auffreſſen kann, und daß er, wenn er es
vermag, ein entſetzliches Blutbad unter der wehrloſen Herde anrichtet.

Der Lauf des Fuchſes iſt ſchnell, ausdauernd, behend und im höchſten Grade gewandt. Er verſteht
zu ſchleichen, unhörbar auf dem Boden dahinzugleiten, aber auch zu laufen, zu rennen und außer-
ordentlich weite Sätze zu machen. Selbſt gute Jagdhunde ſind ſelten im Stande, ihn einzuholen.
Bei raſcherem Laufe trägt er die Lunte gerade nach rückwärts geſtreckt, während er ſie beim Gehen
auf der Erde ſchleppt. Wenn er lauert, liegt er feſt auf dem Bauche, wenn er ruht, legt er ſich nicht
ſelten, wie der Hund, zuſammengerollt auf die Seite, oder auch ſelbſt auf den Rücken; ſehr häufig ſitzt
er auch ganz nach Hundeart auf dem Hintern und ſchlägt dabei die buſchige Standarte zierlich um ſeine
Vorderläufe. Sein Schlaf iſt ziemlich feſt; wenigſtens iſt es möglich, ſich dem ſchlafenden Fuchs
einigermaßen zu nähern. Freilich iſt er bei Treibjagden immer noch der Erſte, welcher an der
Schützenreihe erſcheint und ſpähend umherſchaut, wo ein Ausweg zu gewinnen. Seine Stimme iſt ein

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <div n="3">
          <p><pb facs="#f0492" n="424"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Die Raubthiere.</hi> Hunde. &#x2014; <hi rendition="#g">Gemeiner Fuchs.</hi></fw><lb/><hi rendition="#g">Bienen, Fliegen</hi> &#xA75B;c. So kommt es, daß &#x017F;eine Tafel fa&#x017F;t immer wohl be&#x017F;tellt i&#x017F;t und er nur dann<lb/>
in einige Noth geräth, wenn &#x017F;ehr tiefer Schnee ihm &#x017F;eine Jagd be&#x017F;onders er&#x017F;chwert.</p><lb/>
          <p>Es würde &#x017F;elb&#x017F;t den Raum un&#x017F;ers Buches über&#x017F;chreiten, wollte ich alle die Li&#x017F;ten und Ver-<lb/>
&#x017F;tellungskün&#x017F;te hier anführen, deren er &#x017F;ich bedient, um &#x017F;ein Wild zu be&#x017F;chleichen. Dagegen muß ich<lb/>
wohl erwähnen, daß er, falls er &#x017F;ich unge&#x017F;tört glaubt, mit den gefangenen Thieren, und namentlich mit<lb/>
den Mäu&#x017F;en, er&#x017F;t lange &#x017F;pielt, bevor er &#x017F;ie tödtet, und daß, wenn er Junge hat, er die Thiere die&#x017F;en wo<lb/>
möglich lebendig zuträgt, um die junge Räuberbrut im Fangen zu unterrichten.</p><lb/>
          <p>Bei allen &#x017F;einen Jagdzügen, gilt ihm die eigene Sicherheit als er&#x017F;tes Ge&#x017F;etz; ihr ordnet er alle<lb/>
&#x017F;eine Lü&#x017F;te und Begierden unter, und eben deshalb entgeht er &#x017F;o vielfachen Nach&#x017F;tellungen. Niemals<lb/>
greift er eine Herde an: er weicht den Schafen fa&#x017F;t eben&#x017F;o äng&#x017F;tlich aus, wie den Hunden; niemals<lb/>
raubt er in der Nähe &#x017F;eines Aufenthaltsortes oder gar in der Umgebung &#x017F;eines Baues. Verdächtige<lb/>
Beute unter&#x017F;ucht er vorher genau, und läßt &#x017F;ie weit lieber im Stiche, ehe er &#x017F;ich der Gefahr aus&#x017F;etzt;<lb/>
deshalb &#x017F;chleppt er nimmermehr todte Körper weg. Aus dem&#x017F;elben Grunde geht er &#x017F;o &#x017F;chwer die Köder<lb/>
an, welche man ihm &#x017F;tellt, um ihn zu berücken. Er&#x017F;t nachdem er Alles &#x017F;orgfältig geprüft hat, wendet<lb/>
er &#x017F;ich ra&#x017F;cher, doch auch jetzt noch auf Umwegen, &#x017F;einem Ziele zu.</p><lb/>
          <p>Ganz anders benimmt er &#x017F;ich, wenn er &#x017F;ich vollkommen &#x017F;icher weiß. Dann verwandelt &#x017F;ich &#x017F;eine<lb/>
Furcht in eine wirklich unver&#x017F;chämte Frechheit. Er kommt bei hellem Tage in den Hof, holt &#x017F;ich an-<lb/>
ge&#x017F;ichts der Bewohner ein Huhn, eine Gans, macht &#x017F;ich mit &#x017F;einer Beute ganz offen davon und trägt<lb/>
&#x017F;ie ruhig &#x017F;eines Weges, &#x017F;elb&#x017F;t wenn ihm die Hunde auf den Balg kommen. Nur im äußer&#x017F;ten Noth-<lb/>
falle läßt er &#x017F;o &#x017F;chwer Errungenes im Stiche, und regelmäßig kommt er dann zurück, um zu &#x017F;ehen, ob<lb/>
er es nicht noch wegbringen könne. Die&#x017F;elbe Frechheit bemerkt man bei ihm auch unter Um&#x017F;tänden,<lb/>
welche ihm die &#x017F;chleunig&#x017F;te Flucht zur Nothwendigkeit machen. So packte ein Fuchs, welcher in einem<lb/>
Treiben von Hunden gejagt wurde und &#x017F;chon zweimal die Schrote um &#x017F;ich herum hatte pfeifen hören,<lb/>
in voll&#x017F;ter Flucht einen kranken <hi rendition="#g">Ha&#x017F;en</hi> und trug ihn eine Strecke weit fort. Ein anderer hob &#x017F;ich<lb/>
bei einem Ke&#x017F;&#x017F;eltreiben aus dem von den Jägern um&#x017F;tellten Felde, packte einen verwundeten Hafen,<lb/>
erwürgte ihn vor den Augen der Jagdge&#x017F;ell&#x017F;chaft, ver&#x017F;charrte ihn ra&#x017F;ch noch im Schnee und entfloh<lb/>
dann mitten durch die Linie der Treiber und Schützen. Ein dritter, welcher in einer Scheune gefangen<lb/>
war und dort mit Knitteln und Heugabeln er&#x017F;chlagen werden &#x017F;ollte, entwi&#x017F;chte der drohenden Gefahr<lb/>
glücklich, rannte lu&#x017F;tig davon, bemerkte auf der näch&#x017F;ten Wie&#x017F;e Gän&#x017F;e, würgte &#x017F;chnell zwei von ihnen<lb/>
und nahm eine mit &#x017F;ich hinweg, gleich&#x017F;am zum Hohne Derer, welche ihm den Hals brechen wollten.<lb/>
For&#x017F;trath <hi rendition="#g">Liebig</hi> erzählt, daß ein Fuchs in Mähren auf den Hof eines Bauern kam, um Hühner zu<lb/>
würgen, mit dem Stocke verjagt wurde, wiederkehrte, nochmals vertrieben wurde und zum dritten<lb/>
Male einrückte, dabei aber &#x017F;ein Leben la&#x017F;&#x017F;en mußte. Aehnliche Bei&#x017F;piele ließen &#x017F;ich wohl noch mehrere<lb/>
auffinden. Solche Züge aus dem Leben des Thieres, &#x017F;olche Bewei&#x017F;e von Gei&#x017F;tesgegenwart können<lb/>
dem Unbetheiligten nur Vergnügen gewähren und eine gewi&#x017F;&#x017F;e Hochachtung für den &#x017F;chlauen Bur&#x017F;chen<lb/>
abnöthigen. Die Achtung verliert &#x017F;ich aber bald, wenn man daran denkt, daß der vortrefflich&#x017F;te aller<lb/>
Raubritter bei &#x017F;einen Zügen mehr umbringt, als er wirklich auffre&#x017F;&#x017F;en kann, und daß er, wenn er es<lb/>
vermag, ein ent&#x017F;etzliches Blutbad unter der wehrlo&#x017F;en Herde anrichtet.</p><lb/>
          <p>Der Lauf des Fuch&#x017F;es i&#x017F;t &#x017F;chnell, ausdauernd, behend und im höch&#x017F;ten Grade gewandt. Er ver&#x017F;teht<lb/>
zu &#x017F;chleichen, unhörbar auf dem Boden dahinzugleiten, aber auch zu laufen, zu rennen und außer-<lb/>
ordentlich weite Sätze zu machen. Selb&#x017F;t gute Jagdhunde &#x017F;ind &#x017F;elten im Stande, ihn einzuholen.<lb/>
Bei ra&#x017F;cherem Laufe trägt er die Lunte gerade nach rückwärts ge&#x017F;treckt, während er &#x017F;ie beim Gehen<lb/>
auf der Erde &#x017F;chleppt. Wenn er lauert, liegt er fe&#x017F;t auf dem Bauche, wenn er ruht, legt er &#x017F;ich nicht<lb/>
&#x017F;elten, wie der Hund, zu&#x017F;ammengerollt auf die Seite, oder auch &#x017F;elb&#x017F;t auf den Rücken; &#x017F;ehr häufig &#x017F;itzt<lb/>
er auch ganz nach Hundeart auf dem Hintern und &#x017F;chlägt dabei die bu&#x017F;chige Standarte zierlich um &#x017F;eine<lb/>
Vorderläufe. Sein Schlaf i&#x017F;t ziemlich fe&#x017F;t; wenig&#x017F;tens i&#x017F;t es möglich, &#x017F;ich dem &#x017F;chlafenden Fuchs<lb/>
einigermaßen zu nähern. Freilich i&#x017F;t er bei Treibjagden immer noch der Er&#x017F;te, welcher an der<lb/>
Schützenreihe er&#x017F;cheint und &#x017F;pähend umher&#x017F;chaut, wo ein Ausweg zu gewinnen. Seine Stimme i&#x017F;t ein<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[424/0492] Die Raubthiere. Hunde. — Gemeiner Fuchs. Bienen, Fliegen ꝛc. So kommt es, daß ſeine Tafel faſt immer wohl beſtellt iſt und er nur dann in einige Noth geräth, wenn ſehr tiefer Schnee ihm ſeine Jagd beſonders erſchwert. Es würde ſelbſt den Raum unſers Buches überſchreiten, wollte ich alle die Liſten und Ver- ſtellungskünſte hier anführen, deren er ſich bedient, um ſein Wild zu beſchleichen. Dagegen muß ich wohl erwähnen, daß er, falls er ſich ungeſtört glaubt, mit den gefangenen Thieren, und namentlich mit den Mäuſen, erſt lange ſpielt, bevor er ſie tödtet, und daß, wenn er Junge hat, er die Thiere dieſen wo möglich lebendig zuträgt, um die junge Räuberbrut im Fangen zu unterrichten. Bei allen ſeinen Jagdzügen, gilt ihm die eigene Sicherheit als erſtes Geſetz; ihr ordnet er alle ſeine Lüſte und Begierden unter, und eben deshalb entgeht er ſo vielfachen Nachſtellungen. Niemals greift er eine Herde an: er weicht den Schafen faſt ebenſo ängſtlich aus, wie den Hunden; niemals raubt er in der Nähe ſeines Aufenthaltsortes oder gar in der Umgebung ſeines Baues. Verdächtige Beute unterſucht er vorher genau, und läßt ſie weit lieber im Stiche, ehe er ſich der Gefahr ausſetzt; deshalb ſchleppt er nimmermehr todte Körper weg. Aus demſelben Grunde geht er ſo ſchwer die Köder an, welche man ihm ſtellt, um ihn zu berücken. Erſt nachdem er Alles ſorgfältig geprüft hat, wendet er ſich raſcher, doch auch jetzt noch auf Umwegen, ſeinem Ziele zu. Ganz anders benimmt er ſich, wenn er ſich vollkommen ſicher weiß. Dann verwandelt ſich ſeine Furcht in eine wirklich unverſchämte Frechheit. Er kommt bei hellem Tage in den Hof, holt ſich an- geſichts der Bewohner ein Huhn, eine Gans, macht ſich mit ſeiner Beute ganz offen davon und trägt ſie ruhig ſeines Weges, ſelbſt wenn ihm die Hunde auf den Balg kommen. Nur im äußerſten Noth- falle läßt er ſo ſchwer Errungenes im Stiche, und regelmäßig kommt er dann zurück, um zu ſehen, ob er es nicht noch wegbringen könne. Dieſelbe Frechheit bemerkt man bei ihm auch unter Umſtänden, welche ihm die ſchleunigſte Flucht zur Nothwendigkeit machen. So packte ein Fuchs, welcher in einem Treiben von Hunden gejagt wurde und ſchon zweimal die Schrote um ſich herum hatte pfeifen hören, in vollſter Flucht einen kranken Haſen und trug ihn eine Strecke weit fort. Ein anderer hob ſich bei einem Keſſeltreiben aus dem von den Jägern umſtellten Felde, packte einen verwundeten Hafen, erwürgte ihn vor den Augen der Jagdgeſellſchaft, verſcharrte ihn raſch noch im Schnee und entfloh dann mitten durch die Linie der Treiber und Schützen. Ein dritter, welcher in einer Scheune gefangen war und dort mit Knitteln und Heugabeln erſchlagen werden ſollte, entwiſchte der drohenden Gefahr glücklich, rannte luſtig davon, bemerkte auf der nächſten Wieſe Gänſe, würgte ſchnell zwei von ihnen und nahm eine mit ſich hinweg, gleichſam zum Hohne Derer, welche ihm den Hals brechen wollten. Forſtrath Liebig erzählt, daß ein Fuchs in Mähren auf den Hof eines Bauern kam, um Hühner zu würgen, mit dem Stocke verjagt wurde, wiederkehrte, nochmals vertrieben wurde und zum dritten Male einrückte, dabei aber ſein Leben laſſen mußte. Aehnliche Beiſpiele ließen ſich wohl noch mehrere auffinden. Solche Züge aus dem Leben des Thieres, ſolche Beweiſe von Geiſtesgegenwart können dem Unbetheiligten nur Vergnügen gewähren und eine gewiſſe Hochachtung für den ſchlauen Burſchen abnöthigen. Die Achtung verliert ſich aber bald, wenn man daran denkt, daß der vortrefflichſte aller Raubritter bei ſeinen Zügen mehr umbringt, als er wirklich auffreſſen kann, und daß er, wenn er es vermag, ein entſetzliches Blutbad unter der wehrloſen Herde anrichtet. Der Lauf des Fuchſes iſt ſchnell, ausdauernd, behend und im höchſten Grade gewandt. Er verſteht zu ſchleichen, unhörbar auf dem Boden dahinzugleiten, aber auch zu laufen, zu rennen und außer- ordentlich weite Sätze zu machen. Selbſt gute Jagdhunde ſind ſelten im Stande, ihn einzuholen. Bei raſcherem Laufe trägt er die Lunte gerade nach rückwärts geſtreckt, während er ſie beim Gehen auf der Erde ſchleppt. Wenn er lauert, liegt er feſt auf dem Bauche, wenn er ruht, legt er ſich nicht ſelten, wie der Hund, zuſammengerollt auf die Seite, oder auch ſelbſt auf den Rücken; ſehr häufig ſitzt er auch ganz nach Hundeart auf dem Hintern und ſchlägt dabei die buſchige Standarte zierlich um ſeine Vorderläufe. Sein Schlaf iſt ziemlich feſt; wenigſtens iſt es möglich, ſich dem ſchlafenden Fuchs einigermaßen zu nähern. Freilich iſt er bei Treibjagden immer noch der Erſte, welcher an der Schützenreihe erſcheint und ſpähend umherſchaut, wo ein Ausweg zu gewinnen. Seine Stimme iſt ein

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/492
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 424. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/492>, abgerufen am 25.11.2024.