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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Zwergpudel. Löwenhündchen. Bologneser. -- Rattenpintscher.
unermüdlich in der Verfolgung dieser Thiere. Als Hausgenosse des Menschen sind sie eben nicht zu
empfehlen, weil sie wegen ihrer steten Unruhe ihrem Herrn oft mehr Verdruß, als Freude machen;
dagegen eignen sie sich vortrefflich für Leute, welche reiten oder mit schnellen Pferden fahren; denn
am allerliebsten begleitet der Pintscher seinen Herrn, wenn er tüchtig rennen und laufen muß. Doch
selbst bei den schnellsten Ritten macht er sich noch immer Zeit, jedes Mauseloch zu untersuchen und
jeden Maulwurf im Aufwerfen seiner Haufen zu stören. Die Nase hoch gegen den Wind getragen,
späht er nach allen Seiten hin, und wo Etwas raschelt, naht er sich vorsichtig und leise, steht eine
Zeit lang unbeweglich, thut plötzlich einen Sprung, schlägt mit den Vorderfüßen in die Erde und hat
im nächsten Augenblicke das unterirdisch lebende Geschöpf im Maule. Genau auf dieselbe Weise
jagt er Maulwürfe, und zwar mit solchem Eifer, daß er bei einem längern Spaziergang, wie Lenz
sagt, regelmäßig vier bis fünf und zuweilen 14, ja 18 Stück fängt. Die Maulwürfe frißt er nicht,
sondern begräbt sie, von den Mäusen dagegen frißt er soviel, bis er vollkommen gesättigt ist, die
übrigen wirft er weg.

Die Fähigkeit im Fangen von Ratten hat natürlich die Aufmersamkeit der Engländer besonders
auf ihn gezogen, und weil dieses launenhafte und grillige Volk, d. h. die reichen Nichtsnutzer desselben,
ohnehin nicht wissen, was sie anfangen sollen, um die liebe Zeit todtzuschlagen, sind sie frühzeitig
darauf verfallen, große Rattenjagden abzuhalten und dabei ihre Hunde in Thätigkeit zu setzen. Damit
die Sache doch auch nach Etwas Klang hat, werden dabei außerordentlich hohe Wetten gemacht, und
das Vergnügen bekommt hierdurch, wie Dies bei den Cngländern überhaupt gewöhnlich, durchaus
das Gepräge des Glückspiels. Man kreuzt den Pintscher noch mit dem kleinen Bulldoggen und
erhält dann den wahren Rattenpintscher, welcher unter dem englischen Namen "Bullterrier"
oder Bulldoggpintscher bekannt geworden ist. Dieser leistet allerdings Unglaubliches im Fangen
und Todtbeißen der Ratten; denn seine Ausdauer und Geschicklichkeit ist wirklich bewunderungswürdig.
Gewisse Leute der City Londons übernehmen es, für die vornehmen, jungen Nichtsthuer die nöthige
Anzahl von Ratten herbeizuschaffen. Mit diesen Thieren begiebt man sich in eine alte Nieder-
lage, in einen Keller oder andere derartige Orte, stellt sich ringsum an den Wänden auf, um dem
Wild und seinen Verfolgern größtmöglichen Spielraum zu gewähren, und läßt nun die Ratten zu
Dutzenden, oft zu Hunderten auf einmal laufen. Eine bestimmte Anzahl von Hunden, gewöhnlich
aber doch nur zwei, werden hierauf ausgesetzt. Jn einigen verrnfenen Stadtvierteln Londons giebt
es sogar förmliche Kampfplätze für diese Ratten: Sandplätze, ringsum mit Planken umhegt, hinter
denen die Zuschauer Platz nehmen. Der Besitzer derselben gehört regelmäßig den untersten Volks-
schichten an und empfängt von den Zuschauern, außer einem gewissen Eintrittsgeld, auch noch eine
Summe für jeden Rattenkopf. Sobald sich eine Anzahl von Zuschauern gesammelt hat, bringt er
seine Rattenkäfige herbei und läßt die Thiere laufen. Es giebt zunächst ein unerhörtes Durcheinander;
die unglückseligen Ratten durchstöbern den ganzen Raum des Sandplatzes, in der Hoffnung, einen
Ausweg zu finden; rennen in schrecklicher Weise an einander und geberden sich, als empfänden sie eine
Vorahnung ihres gräßlichen Endes. Sobald sie sich einigermaßen beruhigt haben, bringt der Vor-
steher der Arena die Pintscher herbei und läßt sie laufen. Und nun beginnt ein Schlachten und
Morden ohne Gleichen. Wood berichtet, daß er einen dieser Bulldoggpintscher gekannt habe, welcher
unter dem Namen Tiny wahrhaft berühmt geworden ist. Derselbe wog blos 51/2 Pfund, und gleich-
wohl war er der allerärgste Feind der Ratten, den man sich denken konnte. Jn einem Zeitraume von
28 Minuten 5 Sekunden -- mit solcher Gewissenhaftigkeit beobachteten die Zuschauer das großartige
Schauspiel! -- hatte er 50 Ratten erbissen, und man berechnet, daß dieses ausgezeichnete Thier
während seines Lebens mehr als 5000 Ratten erlegt habe, eine Menge, welche, wie mein Bericht-
erstatter hinzufügt, 11/2 Tonne an Gewicht gehabt haben mag. Er konnte nicht zurückgescheucht
werden, weder durch die Zahl, noch die Größe seines Wildes, und freute sich am meisten, wenn er
recht starken Ratten zu Leibe konnte. Seine Jagd betrieb er in einer sehr regelrechten und klugen
Weise. Zuerst suchte er sich die stärksten und kräftigsten Ratten aus, um so die schwierigste Arbeit zu

Zwergpudel. Löwenhündchen. Bologneſer. — Rattenpintſcher.
unermüdlich in der Verfolgung dieſer Thiere. Als Hausgenoſſe des Menſchen ſind ſie eben nicht zu
empfehlen, weil ſie wegen ihrer ſteten Unruhe ihrem Herrn oft mehr Verdruß, als Freude machen;
dagegen eignen ſie ſich vortrefflich für Leute, welche reiten oder mit ſchnellen Pferden fahren; denn
am allerliebſten begleitet der Pintſcher ſeinen Herrn, wenn er tüchtig rennen und laufen muß. Doch
ſelbſt bei den ſchnellſten Ritten macht er ſich noch immer Zeit, jedes Mauſeloch zu unterſuchen und
jeden Maulwurf im Aufwerfen ſeiner Haufen zu ſtören. Die Naſe hoch gegen den Wind getragen,
ſpäht er nach allen Seiten hin, und wo Etwas raſchelt, naht er ſich vorſichtig und leiſe, ſteht eine
Zeit lang unbeweglich, thut plötzlich einen Sprung, ſchlägt mit den Vorderfüßen in die Erde und hat
im nächſten Augenblicke das unterirdiſch lebende Geſchöpf im Maule. Genau auf dieſelbe Weiſe
jagt er Maulwürfe, und zwar mit ſolchem Eifer, daß er bei einem längern Spaziergang, wie Lenz
ſagt, regelmäßig vier bis fünf und zuweilen 14, ja 18 Stück fängt. Die Maulwürfe frißt er nicht,
ſondern begräbt ſie, von den Mäuſen dagegen frißt er ſoviel, bis er vollkommen geſättigt iſt, die
übrigen wirft er weg.

Die Fähigkeit im Fangen von Ratten hat natürlich die Aufmerſamkeit der Engländer beſonders
auf ihn gezogen, und weil dieſes launenhafte und grillige Volk, d. h. die reichen Nichtsnutzer deſſelben,
ohnehin nicht wiſſen, was ſie anfangen ſollen, um die liebe Zeit todtzuſchlagen, ſind ſie frühzeitig
darauf verfallen, große Rattenjagden abzuhalten und dabei ihre Hunde in Thätigkeit zu ſetzen. Damit
die Sache doch auch nach Etwas Klang hat, werden dabei außerordentlich hohe Wetten gemacht, und
das Vergnügen bekommt hierdurch, wie Dies bei den Cngländern überhaupt gewöhnlich, durchaus
das Gepräge des Glückſpiels. Man kreuzt den Pintſcher noch mit dem kleinen Bulldoggen und
erhält dann den wahren Rattenpintſcher, welcher unter dem engliſchen Namen „Bullterrier‟
oder Bulldoggpintſcher bekannt geworden iſt. Dieſer leiſtet allerdings Unglaubliches im Fangen
und Todtbeißen der Ratten; denn ſeine Ausdauer und Geſchicklichkeit iſt wirklich bewunderungswürdig.
Gewiſſe Leute der City Londons übernehmen es, für die vornehmen, jungen Nichtsthuer die nöthige
Anzahl von Ratten herbeizuſchaffen. Mit dieſen Thieren begiebt man ſich in eine alte Nieder-
lage, in einen Keller oder andere derartige Orte, ſtellt ſich ringsum an den Wänden auf, um dem
Wild und ſeinen Verfolgern größtmöglichen Spielraum zu gewähren, und läßt nun die Ratten zu
Dutzenden, oft zu Hunderten auf einmal laufen. Eine beſtimmte Anzahl von Hunden, gewöhnlich
aber doch nur zwei, werden hierauf ausgeſetzt. Jn einigen verrnfenen Stadtvierteln Londons giebt
es ſogar förmliche Kampfplätze für dieſe Ratten: Sandplätze, ringsum mit Planken umhegt, hinter
denen die Zuſchauer Platz nehmen. Der Beſitzer derſelben gehört regelmäßig den unterſten Volks-
ſchichten an und empfängt von den Zuſchauern, außer einem gewiſſen Eintrittsgeld, auch noch eine
Summe für jeden Rattenkopf. Sobald ſich eine Anzahl von Zuſchauern geſammelt hat, bringt er
ſeine Rattenkäfige herbei und läßt die Thiere laufen. Es giebt zunächſt ein unerhörtes Durcheinander;
die unglückſeligen Ratten durchſtöbern den ganzen Raum des Sandplatzes, in der Hoffnung, einen
Ausweg zu finden; rennen in ſchrecklicher Weiſe an einander und geberden ſich, als empfänden ſie eine
Vorahnung ihres gräßlichen Endes. Sobald ſie ſich einigermaßen beruhigt haben, bringt der Vor-
ſteher der Arena die Pintſcher herbei und läßt ſie laufen. Und nun beginnt ein Schlachten und
Morden ohne Gleichen. Wood berichtet, daß er einen dieſer Bulldoggpintſcher gekannt habe, welcher
unter dem Namen Tiny wahrhaft berühmt geworden iſt. Derſelbe wog blos 5½ Pfund, und gleich-
wohl war er der allerärgſte Feind der Ratten, den man ſich denken konnte. Jn einem Zeitraume von
28 Minuten 5 Sekunden — mit ſolcher Gewiſſenhaftigkeit beobachteten die Zuſchauer das großartige
Schauſpiel! — hatte er 50 Ratten erbiſſen, und man berechnet, daß dieſes ausgezeichnete Thier
während ſeines Lebens mehr als 5000 Ratten erlegt habe, eine Menge, welche, wie mein Bericht-
erſtatter hinzufügt, 1½ Tonne an Gewicht gehabt haben mag. Er konnte nicht zurückgeſcheucht
werden, weder durch die Zahl, noch die Größe ſeines Wildes, und freute ſich am meiſten, wenn er
recht ſtarken Ratten zu Leibe konnte. Seine Jagd betrieb er in einer ſehr regelrechten und klugen
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[389/0455] Zwergpudel. Löwenhündchen. Bologneſer. — Rattenpintſcher. unermüdlich in der Verfolgung dieſer Thiere. Als Hausgenoſſe des Menſchen ſind ſie eben nicht zu empfehlen, weil ſie wegen ihrer ſteten Unruhe ihrem Herrn oft mehr Verdruß, als Freude machen; dagegen eignen ſie ſich vortrefflich für Leute, welche reiten oder mit ſchnellen Pferden fahren; denn am allerliebſten begleitet der Pintſcher ſeinen Herrn, wenn er tüchtig rennen und laufen muß. Doch ſelbſt bei den ſchnellſten Ritten macht er ſich noch immer Zeit, jedes Mauſeloch zu unterſuchen und jeden Maulwurf im Aufwerfen ſeiner Haufen zu ſtören. Die Naſe hoch gegen den Wind getragen, ſpäht er nach allen Seiten hin, und wo Etwas raſchelt, naht er ſich vorſichtig und leiſe, ſteht eine Zeit lang unbeweglich, thut plötzlich einen Sprung, ſchlägt mit den Vorderfüßen in die Erde und hat im nächſten Augenblicke das unterirdiſch lebende Geſchöpf im Maule. Genau auf dieſelbe Weiſe jagt er Maulwürfe, und zwar mit ſolchem Eifer, daß er bei einem längern Spaziergang, wie Lenz ſagt, regelmäßig vier bis fünf und zuweilen 14, ja 18 Stück fängt. Die Maulwürfe frißt er nicht, ſondern begräbt ſie, von den Mäuſen dagegen frißt er ſoviel, bis er vollkommen geſättigt iſt, die übrigen wirft er weg. Die Fähigkeit im Fangen von Ratten hat natürlich die Aufmerſamkeit der Engländer beſonders auf ihn gezogen, und weil dieſes launenhafte und grillige Volk, d. h. die reichen Nichtsnutzer deſſelben, ohnehin nicht wiſſen, was ſie anfangen ſollen, um die liebe Zeit todtzuſchlagen, ſind ſie frühzeitig darauf verfallen, große Rattenjagden abzuhalten und dabei ihre Hunde in Thätigkeit zu ſetzen. Damit die Sache doch auch nach Etwas Klang hat, werden dabei außerordentlich hohe Wetten gemacht, und das Vergnügen bekommt hierdurch, wie Dies bei den Cngländern überhaupt gewöhnlich, durchaus das Gepräge des Glückſpiels. Man kreuzt den Pintſcher noch mit dem kleinen Bulldoggen und erhält dann den wahren Rattenpintſcher, welcher unter dem engliſchen Namen „Bullterrier‟ oder Bulldoggpintſcher bekannt geworden iſt. Dieſer leiſtet allerdings Unglaubliches im Fangen und Todtbeißen der Ratten; denn ſeine Ausdauer und Geſchicklichkeit iſt wirklich bewunderungswürdig. Gewiſſe Leute der City Londons übernehmen es, für die vornehmen, jungen Nichtsthuer die nöthige Anzahl von Ratten herbeizuſchaffen. Mit dieſen Thieren begiebt man ſich in eine alte Nieder- lage, in einen Keller oder andere derartige Orte, ſtellt ſich ringsum an den Wänden auf, um dem Wild und ſeinen Verfolgern größtmöglichen Spielraum zu gewähren, und läßt nun die Ratten zu Dutzenden, oft zu Hunderten auf einmal laufen. Eine beſtimmte Anzahl von Hunden, gewöhnlich aber doch nur zwei, werden hierauf ausgeſetzt. Jn einigen verrnfenen Stadtvierteln Londons giebt es ſogar förmliche Kampfplätze für dieſe Ratten: Sandplätze, ringsum mit Planken umhegt, hinter denen die Zuſchauer Platz nehmen. Der Beſitzer derſelben gehört regelmäßig den unterſten Volks- ſchichten an und empfängt von den Zuſchauern, außer einem gewiſſen Eintrittsgeld, auch noch eine Summe für jeden Rattenkopf. Sobald ſich eine Anzahl von Zuſchauern geſammelt hat, bringt er ſeine Rattenkäfige herbei und läßt die Thiere laufen. Es giebt zunächſt ein unerhörtes Durcheinander; die unglückſeligen Ratten durchſtöbern den ganzen Raum des Sandplatzes, in der Hoffnung, einen Ausweg zu finden; rennen in ſchrecklicher Weiſe an einander und geberden ſich, als empfänden ſie eine Vorahnung ihres gräßlichen Endes. Sobald ſie ſich einigermaßen beruhigt haben, bringt der Vor- ſteher der Arena die Pintſcher herbei und läßt ſie laufen. Und nun beginnt ein Schlachten und Morden ohne Gleichen. Wood berichtet, daß er einen dieſer Bulldoggpintſcher gekannt habe, welcher unter dem Namen Tiny wahrhaft berühmt geworden iſt. Derſelbe wog blos 5½ Pfund, und gleich- wohl war er der allerärgſte Feind der Ratten, den man ſich denken konnte. Jn einem Zeitraume von 28 Minuten 5 Sekunden — mit ſolcher Gewiſſenhaftigkeit beobachteten die Zuſchauer das großartige Schauſpiel! — hatte er 50 Ratten erbiſſen, und man berechnet, daß dieſes ausgezeichnete Thier während ſeines Lebens mehr als 5000 Ratten erlegt habe, eine Menge, welche, wie mein Bericht- erſtatter hinzufügt, 1½ Tonne an Gewicht gehabt haben mag. Er konnte nicht zurückgeſcheucht werden, weder durch die Zahl, noch die Größe ſeines Wildes, und freute ſich am meiſten, wenn er recht ſtarken Ratten zu Leibe konnte. Seine Jagd betrieb er in einer ſehr regelrechten und klugen Weiſe. Zuerſt ſuchte er ſich die ſtärkſten und kräftigſten Ratten aus, um ſo die ſchwierigſte Arbeit zu

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 389. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/455>, abgerufen am 22.11.2024.