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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Daumas Schilderung des Windhundes in der Sahara.
mit der Jagd des Hasen, welche ungleich größere Schwierigkeiten macht. Die Diener gehen zu Fuß,
den jungen Windhund an der Hand führend, nach einem vorher ausgekundschafteten Hasenlager,
stoßen den Schläfer auf, feuern den Hund durch einen leisen Zuruf zur Verfolgung an und fahren
mit diesem Geschäft fort, bis der Windhund auch Hasen zu fangen gelernt hat. Von dem Hasen steigt
man zu jungen Gazellen auf. Man nähert sich diesen mit aller Vorsicht, wenn sie zur Seite ihrer
Mütter ruhen, ruft die Aufmerksamkeit der Hunde wach, begeistert sie, bis sie ungeduldig werden, und
läßt sie dann los. Nach einigen Uebungen betreibt der Windhund auch ohne besondere Aufmunterung
die Jagd leidenschaftlich."

"Unter solchen Uebungen ist das edle Thier ein Jahr alt geworden und hat beinahe seine ganze
Stärke erreicht. Seine Sinne haben sich entwickelt, und namentlich der Geruch, welcher bei ihm nicht
in dem Grade verkümmert erscheint, als bei anderen Windhunden, hat seine volle Ausbildung erhalten,
demohngeachtet wird der Slugui noch nicht zur Jagd verwandt, höchstens, nachdem er 15 oder 16
Monate alt geworden ist, gebraucht man ihn wie die übrigen. Aber von diesem Augenblicke an muthet
man ihm auch fast das Unmögliche zu, und er macht das Unmögliche möglich."

Wenn jetzt dieser Hund ein Rudel von 30 oder 40 Antilopen erblickt, zittert er vor Aufregung
und Vergnügen und schaut bittend seinen Herrn an, welcher erfreut ihm zu sagen pflegt: "Du Juden-
sohn, sage mir nur nicht mehr, daß du sie nicht gesehen hast. Jch kenne dich, Freund, aber will dir
gern zu Willen sein." Jetzt nimmt er seinen Schlauch herab und befeuchtet dem Judensohne und
Freunde Rücken, Bauch und Geschlechtstheile, überzeugt, daß der Hund hierdurch mehr gestärkt werde,
als durch alles Uebrige. Der Windhund seinerseits ist voll Ungeduld und wendet seine Augen bittend
nach seinem Herrn. Endlich sieht er sich frei, jauchzt vor Vergnügen auf und wirft sich wie ein Pfeil
auf seine Beute, immer sich das schönste und stattlichste Stück des Rudels auswählend. Sobald er
eine Gazelle oder andere Antilope gefangen hat, erhält er augenblicklich sein Waidrecht, das Fleisch
an den Rippen nämlich, -- Eingeweide würde er mit Verachtung liegen lassen."

"Der Windhund ist klug und besitzt sehr viel Eitelkeit. Wenn man ihm vor der Jagd eine schöne
Antilope zeigt, er aber nicht im Stande ist, diese zu bekommen, sondern dafür eine andere niederreißt
und dafür gescholten wird, ist er sehr unglücklich und zieht sich schamvoll zurück, auf sein Wildrecht
verzichtend. Die Erziehung, welche er genießt, macht ihn unglaublich eitel. Ein edler Windhund
frißt niemals von einem schmutzigen Teller und trinkt nie Milch, in welche Jemand seine Hand getaucht
hat. Seine Erzieher haben ihn so verwöhnt, daß er die beste Abwartung verlangt. Während man
anderen Hunden kaum Nahrung reicht, sondern sie vielmehr zwingt, sich mit dem Aase und mit den
Knochen zu nähren, welche die Windhunde verschmähen, während man sie wüthend aus den Zellen
stößt und vom Tisch wegjagt, schläft der Windhund zur Seite seines Herrn auf Teppichen und nicht
selten in einem Bette mit seinem Besitzer. Man kleidet ihn an, damit er nicht von der Kälte leidet,
man belegt ihn mit Decken, wie ein edles Pferd, man giebt sich Mühe, ihn zu erheitern, wenn er
mürrisch ist, und alles Dies, weil seine Unarten, wie man sagt, ein Zeichen seines Adels sind. Man
findet Vergnügen darin, ihn mit allerlei Schmuck zu behängen; man legt ihm Halsbänder und Muscheln
um und behängt ihn, um ihn vor dem Blicke des bösen Auges zu schützen, mit Talismanen; man
besorgt seine Nahrung mit größter Sorgfalt und giebt ihm überhaupt nur das Essen, welches man
selbst für Leckerbissen hält. Und nicht genug damit; der Windhund begleitet seinen Herrn, wenn dieser
seine Besuche macht und empfängt wie dieser die Gastfreundschaft im vollsten Maße; er erhält sogar
seinen Theil von jedem Gericht."

"Der edle Windhund jagt nur mit seinem Herrn. Solche Anhänglichkeit und die Reinlichkeit
des Thieres vergilt die Mühe, welche man sich mit ihm giebt. Wenn nach einer Abwesenheit von
einigen Tagen der Herr zurückkommt, stürzt der Windhund jauchzend aus dem Zelte hervor und springt
mit einem Satze in den Sattel, um den von ihm schmerzlich Vermißten zu liebkosen; dann sagt der
Araber zu ihm: "Mein lieber Freund, entschuldige mich, es war nothwendig, daß ich dich verließ: aber
ich gehe nun mit dir; denn ich brauche Fleisch, ich bin des Dattelnessens müde, und du wirst wohl

Daumas Schilderung des Windhundes in der Sahara.
mit der Jagd des Haſen, welche ungleich größere Schwierigkeiten macht. Die Diener gehen zu Fuß,
den jungen Windhund an der Hand führend, nach einem vorher ausgekundſchafteten Haſenlager,
ſtoßen den Schläfer auf, feuern den Hund durch einen leiſen Zuruf zur Verfolgung an und fahren
mit dieſem Geſchäft fort, bis der Windhund auch Haſen zu fangen gelernt hat. Von dem Haſen ſteigt
man zu jungen Gazellen auf. Man nähert ſich dieſen mit aller Vorſicht, wenn ſie zur Seite ihrer
Mütter ruhen, ruft die Aufmerkſamkeit der Hunde wach, begeiſtert ſie, bis ſie ungeduldig werden, und
läßt ſie dann los. Nach einigen Uebungen betreibt der Windhund auch ohne beſondere Aufmunterung
die Jagd leidenſchaftlich.‟

„Unter ſolchen Uebungen iſt das edle Thier ein Jahr alt geworden und hat beinahe ſeine ganze
Stärke erreicht. Seine Sinne haben ſich entwickelt, und namentlich der Geruch, welcher bei ihm nicht
in dem Grade verkümmert erſcheint, als bei anderen Windhunden, hat ſeine volle Ausbildung erhalten,
demohngeachtet wird der Slugui noch nicht zur Jagd verwandt, höchſtens, nachdem er 15 oder 16
Monate alt geworden iſt, gebraucht man ihn wie die übrigen. Aber von dieſem Augenblicke an muthet
man ihm auch faſt das Unmögliche zu, und er macht das Unmögliche möglich.‟

Wenn jetzt dieſer Hund ein Rudel von 30 oder 40 Antilopen erblickt, zittert er vor Aufregung
und Vergnügen und ſchaut bittend ſeinen Herrn an, welcher erfreut ihm zu ſagen pflegt: „Du Juden-
ſohn, ſage mir nur nicht mehr, daß du ſie nicht geſehen haſt. Jch kenne dich, Freund, aber will dir
gern zu Willen ſein.‟ Jetzt nimmt er ſeinen Schlauch herab und befeuchtet dem Judenſohne und
Freunde Rücken, Bauch und Geſchlechtstheile, überzeugt, daß der Hund hierdurch mehr geſtärkt werde,
als durch alles Uebrige. Der Windhund ſeinerſeits iſt voll Ungeduld und wendet ſeine Augen bittend
nach ſeinem Herrn. Endlich ſieht er ſich frei, jauchzt vor Vergnügen auf und wirft ſich wie ein Pfeil
auf ſeine Beute, immer ſich das ſchönſte und ſtattlichſte Stück des Rudels auswählend. Sobald er
eine Gazelle oder andere Antilope gefangen hat, erhält er augenblicklich ſein Waidrecht, das Fleiſch
an den Rippen nämlich, — Eingeweide würde er mit Verachtung liegen laſſen.‟

„Der Windhund iſt klug und beſitzt ſehr viel Eitelkeit. Wenn man ihm vor der Jagd eine ſchöne
Antilope zeigt, er aber nicht im Stande iſt, dieſe zu bekommen, ſondern dafür eine andere niederreißt
und dafür geſcholten wird, iſt er ſehr unglücklich und zieht ſich ſchamvoll zurück, auf ſein Wildrecht
verzichtend. Die Erziehung, welche er genießt, macht ihn unglaublich eitel. Ein edler Windhund
frißt niemals von einem ſchmutzigen Teller und trinkt nie Milch, in welche Jemand ſeine Hand getaucht
hat. Seine Erzieher haben ihn ſo verwöhnt, daß er die beſte Abwartung verlangt. Während man
anderen Hunden kaum Nahrung reicht, ſondern ſie vielmehr zwingt, ſich mit dem Aaſe und mit den
Knochen zu nähren, welche die Windhunde verſchmähen, während man ſie wüthend aus den Zellen
ſtößt und vom Tiſch wegjagt, ſchläft der Windhund zur Seite ſeines Herrn auf Teppichen und nicht
ſelten in einem Bette mit ſeinem Beſitzer. Man kleidet ihn an, damit er nicht von der Kälte leidet,
man belegt ihn mit Decken, wie ein edles Pferd, man giebt ſich Mühe, ihn zu erheitern, wenn er
mürriſch iſt, und alles Dies, weil ſeine Unarten, wie man ſagt, ein Zeichen ſeines Adels ſind. Man
findet Vergnügen darin, ihn mit allerlei Schmuck zu behängen; man legt ihm Halsbänder und Muſcheln
um und behängt ihn, um ihn vor dem Blicke des böſen Auges zu ſchützen, mit Talismanen; man
beſorgt ſeine Nahrung mit größter Sorgfalt und giebt ihm überhaupt nur das Eſſen, welches man
ſelbſt für Leckerbiſſen hält. Und nicht genug damit; der Windhund begleitet ſeinen Herrn, wenn dieſer
ſeine Beſuche macht und empfängt wie dieſer die Gaſtfreundſchaft im vollſten Maße; er erhält ſogar
ſeinen Theil von jedem Gericht.‟

„Der edle Windhund jagt nur mit ſeinem Herrn. Solche Anhänglichkeit und die Reinlichkeit
des Thieres vergilt die Mühe, welche man ſich mit ihm giebt. Wenn nach einer Abweſenheit von
einigen Tagen der Herr zurückkommt, ſtürzt der Windhund jauchzend aus dem Zelte hervor und ſpringt
mit einem Satze in den Sattel, um den von ihm ſchmerzlich Vermißten zu liebkoſen; dann ſagt der
Araber zu ihm: „Mein lieber Freund, entſchuldige mich, es war nothwendig, daß ich dich verließ: aber
ich gehe nun mit dir; denn ich brauche Fleiſch, ich bin des Dattelneſſens müde, und du wirſt wohl

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[351/0417] Daumas Schilderung des Windhundes in der Sahara. mit der Jagd des Haſen, welche ungleich größere Schwierigkeiten macht. Die Diener gehen zu Fuß, den jungen Windhund an der Hand führend, nach einem vorher ausgekundſchafteten Haſenlager, ſtoßen den Schläfer auf, feuern den Hund durch einen leiſen Zuruf zur Verfolgung an und fahren mit dieſem Geſchäft fort, bis der Windhund auch Haſen zu fangen gelernt hat. Von dem Haſen ſteigt man zu jungen Gazellen auf. Man nähert ſich dieſen mit aller Vorſicht, wenn ſie zur Seite ihrer Mütter ruhen, ruft die Aufmerkſamkeit der Hunde wach, begeiſtert ſie, bis ſie ungeduldig werden, und läßt ſie dann los. Nach einigen Uebungen betreibt der Windhund auch ohne beſondere Aufmunterung die Jagd leidenſchaftlich.‟ „Unter ſolchen Uebungen iſt das edle Thier ein Jahr alt geworden und hat beinahe ſeine ganze Stärke erreicht. Seine Sinne haben ſich entwickelt, und namentlich der Geruch, welcher bei ihm nicht in dem Grade verkümmert erſcheint, als bei anderen Windhunden, hat ſeine volle Ausbildung erhalten, demohngeachtet wird der Slugui noch nicht zur Jagd verwandt, höchſtens, nachdem er 15 oder 16 Monate alt geworden iſt, gebraucht man ihn wie die übrigen. Aber von dieſem Augenblicke an muthet man ihm auch faſt das Unmögliche zu, und er macht das Unmögliche möglich.‟ Wenn jetzt dieſer Hund ein Rudel von 30 oder 40 Antilopen erblickt, zittert er vor Aufregung und Vergnügen und ſchaut bittend ſeinen Herrn an, welcher erfreut ihm zu ſagen pflegt: „Du Juden- ſohn, ſage mir nur nicht mehr, daß du ſie nicht geſehen haſt. Jch kenne dich, Freund, aber will dir gern zu Willen ſein.‟ Jetzt nimmt er ſeinen Schlauch herab und befeuchtet dem Judenſohne und Freunde Rücken, Bauch und Geſchlechtstheile, überzeugt, daß der Hund hierdurch mehr geſtärkt werde, als durch alles Uebrige. Der Windhund ſeinerſeits iſt voll Ungeduld und wendet ſeine Augen bittend nach ſeinem Herrn. Endlich ſieht er ſich frei, jauchzt vor Vergnügen auf und wirft ſich wie ein Pfeil auf ſeine Beute, immer ſich das ſchönſte und ſtattlichſte Stück des Rudels auswählend. Sobald er eine Gazelle oder andere Antilope gefangen hat, erhält er augenblicklich ſein Waidrecht, das Fleiſch an den Rippen nämlich, — Eingeweide würde er mit Verachtung liegen laſſen.‟ „Der Windhund iſt klug und beſitzt ſehr viel Eitelkeit. Wenn man ihm vor der Jagd eine ſchöne Antilope zeigt, er aber nicht im Stande iſt, dieſe zu bekommen, ſondern dafür eine andere niederreißt und dafür geſcholten wird, iſt er ſehr unglücklich und zieht ſich ſchamvoll zurück, auf ſein Wildrecht verzichtend. Die Erziehung, welche er genießt, macht ihn unglaublich eitel. Ein edler Windhund frißt niemals von einem ſchmutzigen Teller und trinkt nie Milch, in welche Jemand ſeine Hand getaucht hat. Seine Erzieher haben ihn ſo verwöhnt, daß er die beſte Abwartung verlangt. Während man anderen Hunden kaum Nahrung reicht, ſondern ſie vielmehr zwingt, ſich mit dem Aaſe und mit den Knochen zu nähren, welche die Windhunde verſchmähen, während man ſie wüthend aus den Zellen ſtößt und vom Tiſch wegjagt, ſchläft der Windhund zur Seite ſeines Herrn auf Teppichen und nicht ſelten in einem Bette mit ſeinem Beſitzer. Man kleidet ihn an, damit er nicht von der Kälte leidet, man belegt ihn mit Decken, wie ein edles Pferd, man giebt ſich Mühe, ihn zu erheitern, wenn er mürriſch iſt, und alles Dies, weil ſeine Unarten, wie man ſagt, ein Zeichen ſeines Adels ſind. Man findet Vergnügen darin, ihn mit allerlei Schmuck zu behängen; man legt ihm Halsbänder und Muſcheln um und behängt ihn, um ihn vor dem Blicke des böſen Auges zu ſchützen, mit Talismanen; man beſorgt ſeine Nahrung mit größter Sorgfalt und giebt ihm überhaupt nur das Eſſen, welches man ſelbſt für Leckerbiſſen hält. Und nicht genug damit; der Windhund begleitet ſeinen Herrn, wenn dieſer ſeine Beſuche macht und empfängt wie dieſer die Gaſtfreundſchaft im vollſten Maße; er erhält ſogar ſeinen Theil von jedem Gericht.‟ „Der edle Windhund jagt nur mit ſeinem Herrn. Solche Anhänglichkeit und die Reinlichkeit des Thieres vergilt die Mühe, welche man ſich mit ihm giebt. Wenn nach einer Abweſenheit von einigen Tagen der Herr zurückkommt, ſtürzt der Windhund jauchzend aus dem Zelte hervor und ſpringt mit einem Satze in den Sattel, um den von ihm ſchmerzlich Vermißten zu liebkoſen; dann ſagt der Araber zu ihm: „Mein lieber Freund, entſchuldige mich, es war nothwendig, daß ich dich verließ: aber ich gehe nun mit dir; denn ich brauche Fleiſch, ich bin des Dattelneſſens müde, und du wirſt wohl

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/417>, abgerufen am 25.11.2024.