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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Die Raubthiere. Hunde. -- Kaberu. Dingo.
hund (Canis Anthus), auf welchen ich zurückkommen werde. Ersterer wird von den Balgforschern
ohne Umstände als ein von dem Haushunde nicht zu unterscheidendes Thier angesehen; ist aber
mindestens eine ebenso gute Art, wie der Wolf und der Schakal. Schon Eins dürfte alle Wild-
hunde von den Haushunden unterscheiden: sie bellen nicht! Man wird schwerlich annehmen
können, daß die Haushunde erst in der Gefangenschaft des Menschen das Bellen erlernt haben, und
ebensowenig kann man glauben, daß sie es verlernten, nachdem sie wild geworden. Die Vogelkundigen
unterscheiden mit vollstem Rechte manche sich täuschend ähnliche Arten nach der Stimme und nach
dem Gesang; warum sollte diese Unterscheidung für die Säugethiere nicht zulässig sein? Alle wilden
Hunde heulen und lassen nur zuweilen kurze, abgestoßene Töne vernehmen, welche entfernt an ein
Bellen erinnern und denen des Fuchses ähneln. Jn meinen Augen würde diese einzige Eigenthüm-
lichkeit hinreichend sein, sie von den Haushunden zu trennen.

Der Kaberu ist übrigens weiter verbreitet, als man glaubt. Man brachte mir ihn einmal in
Kordofahn und zwar ganz im westlichsten Theile des Landes, hart an der Grenze von Dahr-el-
Fuhr,
woraus hervorgehen dürfte, daß er in einem großen Theile der inneren Länder Afrikas zu
finden ist. Rüppell fand ihn in den meisten Gegenden Abissiniens, hauptsächlich aber in der Kulla
oder Kolla, d. i. im heißen Tiefland der afrikanischen Schweiz. Seine Nahrung besteht vorzugs-
weise in Herdenthieren, zumal in Schafen; er thut deshalb den Eingebornen großen Schaden. Außer-
dem mag er wohl auch Antilopen jagen und niederreißen und wie die Hiänen und andere wilden
oder halbwilden Hunde Aas und Kerbthiere fressen. Dem Menschen wird er nicht gefährlich. Wie
die vorige Art, schlägt er sich in Meuten und jagt gesellschaftlich. Die Bewohner Kordofahns kennen
ihn unter dem Namen Kelb el Chala oder Hund der Wildniß, Hund der Steppen, und fürchten
ihn als argen Feind ihrer Herden noch weit mehr, als den ebenfalls dort fremden Simr oder
Hiänenhund. Keinem der scharf und gut beobachtenden Nomaden fällt es ein, in diesem Thiere
einen verwilderten Hund zu erblicken; sie halten sich einfach an das Leben und Wesen des Geschöpfes
und sind eben frei von aller Schulweisheit.

Die Größe des Kabern ist die eines starken Schäferhundes. Seine ganze Länge beträgt etwas
über vier Fuß, wovon fast ein Fuß auf den Schwanz kommt; am Widerrist wird er 18 bis 19 Zoll
hoch; er ist schlank und am Kopfe ganz fuchsartig gebaut, trägt auch einen dicken, buschig behaarten
Schwanz. Der Rücken und die Seiten sind braunroth, Brust und Bauch weiß, die Endhälfte des
Schwanzes ist schwarz.

Den Dingo oder Warragal (Canis Dingo), den wilden Hund Australiens und das einzige
echte Raubthier dieses Erdtheils, welches nicht zu den Beutelthieren gehört, dürfen wir ebensowenig,
wie die Vorhergehenden, als verwilderten Haushund betrachten. Das Aussehen, die Farbe und die
gesammte Erscheinung des Dingo erinnert an den Fuchs, obgleich jener viel stärker und größer ist,
als Meister Reinecke. Seine Färbung ist gemeiniglich ein lichtes Roth, welches hier und da, nament-
lich auf dem Rücken und an den Seiten, mit schwarzen Haaren zierlich gesprenkelt ist. Sehr selten
findet sich eine schwarze Spielart. Wie bei allen wilden Hunden ist die Schnauze lang und spitz,
das Ohr kurz, der hängende Schwanz buschig, das Auge klein, schief gestellt und von bösartigem Aus-
druck. Der ganze Bau ist stark und kräftig, aber doch nicht unzierlich.

Noch heutigen Tags findet sich der Dingo fast in allen dichteren Wäldern, den mit Buschwerk
ausgekleideten Schluchten, in den Hainen, der parkähnlichen Steppen und in letzteren selbst. Er reicht
über das ganze Festland und ist überall ziemlich häufig. Man hält ihn, und wohl mit Recht, für
den schlimmsten Feind, welchen die herdenzüchtenden Ansiedler überhaupt besitzen, und hat, um seinen
Räubereien zu steuern, schon mehrmals große Kriegszüge gegen ihn unternommen.

Jn seiner Lebensweise und in seinem Betragen ähnelt der Dingo mehr unserm Fuchs, als dem
Wolfe. Wie dieser, liegt er da, wo es unsicher ist, den ganzen Tag in seinem Schlupfwinkel verborgen
und streift dann erst zur Nachtzeit umher, räuberisch fast alle australischen Erdthiere bedrohend. Dem

Die Raubthiere. Hunde. — Kaberu. Dingo.
hund (Canis Anthus), auf welchen ich zurückkommen werde. Erſterer wird von den Balgforſchern
ohne Umſtände als ein von dem Haushunde nicht zu unterſcheidendes Thier angeſehen; iſt aber
mindeſtens eine ebenſo gute Art, wie der Wolf und der Schakal. Schon Eins dürfte alle Wild-
hunde von den Haushunden unterſcheiden: ſie bellen nicht! Man wird ſchwerlich annehmen
können, daß die Haushunde erſt in der Gefangenſchaft des Menſchen das Bellen erlernt haben, und
ebenſowenig kann man glauben, daß ſie es verlernten, nachdem ſie wild geworden. Die Vogelkundigen
unterſcheiden mit vollſtem Rechte manche ſich täuſchend ähnliche Arten nach der Stimme und nach
dem Geſang; warum ſollte dieſe Unterſcheidung für die Säugethiere nicht zuläſſig ſein? Alle wilden
Hunde heulen und laſſen nur zuweilen kurze, abgeſtoßene Töne vernehmen, welche entfernt an ein
Bellen erinnern und denen des Fuchſes ähneln. Jn meinen Augen würde dieſe einzige Eigenthüm-
lichkeit hinreichend ſein, ſie von den Haushunden zu trennen.

Der Kaberu iſt übrigens weiter verbreitet, als man glaubt. Man brachte mir ihn einmal in
Kordofahn und zwar ganz im weſtlichſten Theile des Landes, hart an der Grenze von Dahr-el-
Fuhr,
woraus hervorgehen dürfte, daß er in einem großen Theile der inneren Länder Afrikas zu
finden iſt. Rüppell fand ihn in den meiſten Gegenden Abiſſiniens, hauptſächlich aber in der Kulla
oder Kolla, d. i. im heißen Tiefland der afrikaniſchen Schweiz. Seine Nahrung beſteht vorzugs-
weiſe in Herdenthieren, zumal in Schafen; er thut deshalb den Eingebornen großen Schaden. Außer-
dem mag er wohl auch Antilopen jagen und niederreißen und wie die Hiänen und andere wilden
oder halbwilden Hunde Aas und Kerbthiere freſſen. Dem Menſchen wird er nicht gefährlich. Wie
die vorige Art, ſchlägt er ſich in Meuten und jagt geſellſchaftlich. Die Bewohner Kordofahns kennen
ihn unter dem Namen Kelb el Chala oder Hund der Wildniß, Hund der Steppen, und fürchten
ihn als argen Feind ihrer Herden noch weit mehr, als den ebenfalls dort fremden Simr oder
Hiänenhund. Keinem der ſcharf und gut beobachtenden Nomaden fällt es ein, in dieſem Thiere
einen verwilderten Hund zu erblicken; ſie halten ſich einfach an das Leben und Weſen des Geſchöpfes
und ſind eben frei von aller Schulweisheit.

Die Größe des Kabern iſt die eines ſtarken Schäferhundes. Seine ganze Länge beträgt etwas
über vier Fuß, wovon faſt ein Fuß auf den Schwanz kommt; am Widerriſt wird er 18 bis 19 Zoll
hoch; er iſt ſchlank und am Kopfe ganz fuchsartig gebaut, trägt auch einen dicken, buſchig behaarten
Schwanz. Der Rücken und die Seiten ſind braunroth, Bruſt und Bauch weiß, die Endhälfte des
Schwanzes iſt ſchwarz.

Den Dingo oder Warragal (Canis Dingo), den wilden Hund Auſtraliens und das einzige
echte Raubthier dieſes Erdtheils, welches nicht zu den Beutelthieren gehört, dürfen wir ebenſowenig,
wie die Vorhergehenden, als verwilderten Haushund betrachten. Das Ausſehen, die Farbe und die
geſammte Erſcheinung des Dingo erinnert an den Fuchs, obgleich jener viel ſtärker und größer iſt,
als Meiſter Reinecke. Seine Färbung iſt gemeiniglich ein lichtes Roth, welches hier und da, nament-
lich auf dem Rücken und an den Seiten, mit ſchwarzen Haaren zierlich geſprenkelt iſt. Sehr ſelten
findet ſich eine ſchwarze Spielart. Wie bei allen wilden Hunden iſt die Schnauze lang und ſpitz,
das Ohr kurz, der hängende Schwanz buſchig, das Auge klein, ſchief geſtellt und von bösartigem Aus-
druck. Der ganze Bau iſt ſtark und kräftig, aber doch nicht unzierlich.

Noch heutigen Tags findet ſich der Dingo faſt in allen dichteren Wäldern, den mit Buſchwerk
ausgekleideten Schluchten, in den Hainen, der parkähnlichen Steppen und in letzteren ſelbſt. Er reicht
über das ganze Feſtland und iſt überall ziemlich häufig. Man hält ihn, und wohl mit Recht, für
den ſchlimmſten Feind, welchen die herdenzüchtenden Anſiedler überhaupt beſitzen, und hat, um ſeinen
Räubereien zu ſteuern, ſchon mehrmals große Kriegszüge gegen ihn unternommen.

Jn ſeiner Lebensweiſe und in ſeinem Betragen ähnelt der Dingo mehr unſerm Fuchs, als dem
Wolfe. Wie dieſer, liegt er da, wo es unſicher iſt, den ganzen Tag in ſeinem Schlupfwinkel verborgen
und ſtreift dann erſt zur Nachtzeit umher, räuberiſch faſt alle auſtraliſchen Erdthiere bedrohend. Dem

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[324/0390] Die Raubthiere. Hunde. — Kaberu. Dingo. hund (Canis Anthus), auf welchen ich zurückkommen werde. Erſterer wird von den Balgforſchern ohne Umſtände als ein von dem Haushunde nicht zu unterſcheidendes Thier angeſehen; iſt aber mindeſtens eine ebenſo gute Art, wie der Wolf und der Schakal. Schon Eins dürfte alle Wild- hunde von den Haushunden unterſcheiden: ſie bellen nicht! Man wird ſchwerlich annehmen können, daß die Haushunde erſt in der Gefangenſchaft des Menſchen das Bellen erlernt haben, und ebenſowenig kann man glauben, daß ſie es verlernten, nachdem ſie wild geworden. Die Vogelkundigen unterſcheiden mit vollſtem Rechte manche ſich täuſchend ähnliche Arten nach der Stimme und nach dem Geſang; warum ſollte dieſe Unterſcheidung für die Säugethiere nicht zuläſſig ſein? Alle wilden Hunde heulen und laſſen nur zuweilen kurze, abgeſtoßene Töne vernehmen, welche entfernt an ein Bellen erinnern und denen des Fuchſes ähneln. Jn meinen Augen würde dieſe einzige Eigenthüm- lichkeit hinreichend ſein, ſie von den Haushunden zu trennen. Der Kaberu iſt übrigens weiter verbreitet, als man glaubt. Man brachte mir ihn einmal in Kordofahn und zwar ganz im weſtlichſten Theile des Landes, hart an der Grenze von Dahr-el- Fuhr, woraus hervorgehen dürfte, daß er in einem großen Theile der inneren Länder Afrikas zu finden iſt. Rüppell fand ihn in den meiſten Gegenden Abiſſiniens, hauptſächlich aber in der Kulla oder Kolla, d. i. im heißen Tiefland der afrikaniſchen Schweiz. Seine Nahrung beſteht vorzugs- weiſe in Herdenthieren, zumal in Schafen; er thut deshalb den Eingebornen großen Schaden. Außer- dem mag er wohl auch Antilopen jagen und niederreißen und wie die Hiänen und andere wilden oder halbwilden Hunde Aas und Kerbthiere freſſen. Dem Menſchen wird er nicht gefährlich. Wie die vorige Art, ſchlägt er ſich in Meuten und jagt geſellſchaftlich. Die Bewohner Kordofahns kennen ihn unter dem Namen Kelb el Chala oder Hund der Wildniß, Hund der Steppen, und fürchten ihn als argen Feind ihrer Herden noch weit mehr, als den ebenfalls dort fremden Simr oder Hiänenhund. Keinem der ſcharf und gut beobachtenden Nomaden fällt es ein, in dieſem Thiere einen verwilderten Hund zu erblicken; ſie halten ſich einfach an das Leben und Weſen des Geſchöpfes und ſind eben frei von aller Schulweisheit. Die Größe des Kabern iſt die eines ſtarken Schäferhundes. Seine ganze Länge beträgt etwas über vier Fuß, wovon faſt ein Fuß auf den Schwanz kommt; am Widerriſt wird er 18 bis 19 Zoll hoch; er iſt ſchlank und am Kopfe ganz fuchsartig gebaut, trägt auch einen dicken, buſchig behaarten Schwanz. Der Rücken und die Seiten ſind braunroth, Bruſt und Bauch weiß, die Endhälfte des Schwanzes iſt ſchwarz. Den Dingo oder Warragal (Canis Dingo), den wilden Hund Auſtraliens und das einzige echte Raubthier dieſes Erdtheils, welches nicht zu den Beutelthieren gehört, dürfen wir ebenſowenig, wie die Vorhergehenden, als verwilderten Haushund betrachten. Das Ausſehen, die Farbe und die geſammte Erſcheinung des Dingo erinnert an den Fuchs, obgleich jener viel ſtärker und größer iſt, als Meiſter Reinecke. Seine Färbung iſt gemeiniglich ein lichtes Roth, welches hier und da, nament- lich auf dem Rücken und an den Seiten, mit ſchwarzen Haaren zierlich geſprenkelt iſt. Sehr ſelten findet ſich eine ſchwarze Spielart. Wie bei allen wilden Hunden iſt die Schnauze lang und ſpitz, das Ohr kurz, der hängende Schwanz buſchig, das Auge klein, ſchief geſtellt und von bösartigem Aus- druck. Der ganze Bau iſt ſtark und kräftig, aber doch nicht unzierlich. Noch heutigen Tags findet ſich der Dingo faſt in allen dichteren Wäldern, den mit Buſchwerk ausgekleideten Schluchten, in den Hainen, der parkähnlichen Steppen und in letzteren ſelbſt. Er reicht über das ganze Feſtland und iſt überall ziemlich häufig. Man hält ihn, und wohl mit Recht, für den ſchlimmſten Feind, welchen die herdenzüchtenden Anſiedler überhaupt beſitzen, und hat, um ſeinen Räubereien zu ſteuern, ſchon mehrmals große Kriegszüge gegen ihn unternommen. Jn ſeiner Lebensweiſe und in ſeinem Betragen ähnelt der Dingo mehr unſerm Fuchs, als dem Wolfe. Wie dieſer, liegt er da, wo es unſicher iſt, den ganzen Tag in ſeinem Schlupfwinkel verborgen und ſtreift dann erſt zur Nachtzeit umher, räuberiſch faſt alle auſtraliſchen Erdthiere bedrohend. Dem

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/390>, abgerufen am 24.11.2024.