sich auch an dem Bauche fortsetzen und selbst den Schwanz noch theilweise bedecken, da sie sich nur gegen das Ende hin zu Ringeln verbinden. Die Leibeslänge des Tschitah beträgt drei Fuß und zwei Zoll, die Länge des Schwanzes zwei Fuß, die Höhe am Widerrist ebensoviel. Dem afrikanischen Verwandten fehlt die Nackenmähne fast gänzlich; die Grundfarbe seines Pelzes ist fast orangengelb, der Bauch aber weiß und ungefleckt; auch die Flecken sind etwas anders, und die Spitze des Schwanzes ist weiß, anstatt schwarz.
Der Tschitah scheint einen ziemlich großen Verbreitungskreis zu haben; denn er findet sich im ganzen südwestlichen Asien. Er ist, wie seine Farbe und Gestalt anzeigt, ein echtes Steppenthier, welches sich seinen Unterhalt weniger durch seine Kraft, als durch seine Behendigkeit erwerben muß. Die Nahrung besteht hauptsächlich in den mittelgroßen und kleineren Wiederkäuern, welche in seinem Gebiete leben, und ihrer weiß er sich mit großem Geschick zu bemächtigen. Die Schnelligkeit und Ausdauer des Jagdleoparden sind nicht eben groß, und eine von ihm verfolgte Antilope würde ihn schon nach kurzem Laufe weit hinter ihren Fersen zurücklassen; der Tschitah muß also seine Schlauheit und Lift einsetzen, um zu seiner Beute zu gelangen. Sobald er ein Rudel weidender Antilopen oder Hirsche bemerkt, drückt er sich auf die Erde und kriecht nun schlangengleich, leise, aber behende auf dem Boden hin, um sich vor den wachsamen Augen seiner gewünschten Bente zu verbergen. Dabei berücksichtigt er alle Eigenthümlichkeiten des Wildes und kommt z. B. niemals über dem Winde ange- schlichen, liegt auch still und regungslos, sobald das Leitthier des Rudels seinen Kopf erhebt, um zu sichern. So stiehlt er sich bis auf etwa funfzig Fuß heran, sucht das bestgestellte Thier aus und springt nun mit wenigen Sätzen zu ihm heran, schlägt es mit den Tatzen nieder und faßt es dann im Genick. Nach kurzem Widerstande, wobei er jedoch immerhin mehrere hundert Schritte mit fortgeschleppt werden kann, hat er sein Opfer bewältigt und trinkt nun gierig das rauchende Blut.
Solche angeborne List und Jagdfähigkeit mußte den achtsamen Bewohnern seiner Heimat auf- fallen und sie zu dem Versuche reizen, die Jagdkunst des Thieres für sich zu benutzen. Dies ist wirk- lich außerordentlich gut gelungen; denn der Jagdleopard ist durch einfache Abrichtung zu einem treff- lichen Jagdthiere geworden, welches in seiner Art dem besten Edelfalken kaum nachsteht. Jn ganz Ostindien betrachtet man ihn allgemein als einen geachteten Jagdgehilfen. Der Schah von Persien läßt ihn sich aus Arabien kommen und hält ihn mit einer Menge Hunde in einem eignen Hause. Joseph Barbaro sah im Jahre 1474 bei dem Fürsten von Armenien hundert Stück solcher Jagdleoparden, Orlich fand das Thier noch 1842 bei einem indischen Fürsten, und Prinz Waldemar von Preußen wohnte bei Delhi einer solchen Jagd bei. Auch in Deutschland ist der Gepard als Jagdthier benutzt worden. Leopold der Erste, Kaiser von Deutschland, erhielt vom türkischen Kaiser zwei abgerichtete Tschitahs, mit denen er oftmals jagte. Die Herrscher der Mongolen trieben so großen Luxus mit unseren Thieren, daß sie oft gegen tausend Stück mit auf die großen Jagdzüge nahmen, und noch heutigen Tags sollen die Meuten dieser Katzenhunde bei einigen ein- heimischen Fürsten Jndiens einen nicht geringen Aufwand erfordern. Jhre Abrichtung muß von be- sonderen Leuten besorgt werden, und auch ihr Jagdgebrauch setzt die Begleitung sehr geübter Jäger voraus, welche ungefähr die geachtete Stellung unserer früheren Falkner bekleiden: man kann sich also denken, daß dieses Jagdvergnügen eben nicht billig ist.
Es wird behauptet, daß auch der afrikanische Gepard von den Abissiniern zur Jagd abgerichtet würde; ich habe jedoch davon niemals Etwas gehört, und auch weder Rüppel noch Heuglin be- stätigen jene Erwähnung. Dagegen versicherte mich Von der Decken, bei den Arabern der nörd- lichen Sahara gezähmte und eingeschulte Jagdleoparden gesehen zu haben.
Behufs dieser Jagd wird der Gepard behaubt und auf einen jener leichten, zweirädrigen Karren gesetzt, wie sie dem Lande eigenthümlich sind; einzelne Jäger nehmen ihn wohl auch hinter sich auf das Pferd. Man zieht nun nach den Wildplätzen hinaus und sucht, sich einem Rudel Wild soviel als möglich zu nähern. Wie überall, läßt auch das scheueste asiatische Wild einen Karren weit näher an sich herankommen, als gehende Leute. Deshalb kann man mit dem Leoparden bis auf zwei- oder
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Geſtalt. Verbreitung. Abrichtung und Verwendung.
ſich auch an dem Bauche fortſetzen und ſelbſt den Schwanz noch theilweiſe bedecken, da ſie ſich nur gegen das Ende hin zu Ringeln verbinden. Die Leibeslänge des Tſchitah beträgt drei Fuß und zwei Zoll, die Länge des Schwanzes zwei Fuß, die Höhe am Widerriſt ebenſoviel. Dem afrikaniſchen Verwandten fehlt die Nackenmähne faſt gänzlich; die Grundfarbe ſeines Pelzes iſt faſt orangengelb, der Bauch aber weiß und ungefleckt; auch die Flecken ſind etwas anders, und die Spitze des Schwanzes iſt weiß, anſtatt ſchwarz.
Der Tſchitah ſcheint einen ziemlich großen Verbreitungskreis zu haben; denn er findet ſich im ganzen ſüdweſtlichen Aſien. Er iſt, wie ſeine Farbe und Geſtalt anzeigt, ein echtes Steppenthier, welches ſich ſeinen Unterhalt weniger durch ſeine Kraft, als durch ſeine Behendigkeit erwerben muß. Die Nahrung beſteht hauptſächlich in den mittelgroßen und kleineren Wiederkäuern, welche in ſeinem Gebiete leben, und ihrer weiß er ſich mit großem Geſchick zu bemächtigen. Die Schnelligkeit und Ausdauer des Jagdleoparden ſind nicht eben groß, und eine von ihm verfolgte Antilope würde ihn ſchon nach kurzem Laufe weit hinter ihren Ferſen zurücklaſſen; der Tſchitah muß alſo ſeine Schlauheit und Lift einſetzen, um zu ſeiner Beute zu gelangen. Sobald er ein Rudel weidender Antilopen oder Hirſche bemerkt, drückt er ſich auf die Erde und kriecht nun ſchlangengleich, leiſe, aber behende auf dem Boden hin, um ſich vor den wachſamen Augen ſeiner gewünſchten Bente zu verbergen. Dabei berückſichtigt er alle Eigenthümlichkeiten des Wildes und kommt z. B. niemals über dem Winde ange- ſchlichen, liegt auch ſtill und regungslos, ſobald das Leitthier des Rudels ſeinen Kopf erhebt, um zu ſichern. So ſtiehlt er ſich bis auf etwa funfzig Fuß heran, ſucht das beſtgeſtellte Thier aus und ſpringt nun mit wenigen Sätzen zu ihm heran, ſchlägt es mit den Tatzen nieder und faßt es dann im Genick. Nach kurzem Widerſtande, wobei er jedoch immerhin mehrere hundert Schritte mit fortgeſchleppt werden kann, hat er ſein Opfer bewältigt und trinkt nun gierig das rauchende Blut.
Solche angeborne Liſt und Jagdfähigkeit mußte den achtſamen Bewohnern ſeiner Heimat auf- fallen und ſie zu dem Verſuche reizen, die Jagdkunſt des Thieres für ſich zu benutzen. Dies iſt wirk- lich außerordentlich gut gelungen; denn der Jagdleopard iſt durch einfache Abrichtung zu einem treff- lichen Jagdthiere geworden, welches in ſeiner Art dem beſten Edelfalken kaum nachſteht. Jn ganz Oſtindien betrachtet man ihn allgemein als einen geachteten Jagdgehilfen. Der Schah von Perſien läßt ihn ſich aus Arabien kommen und hält ihn mit einer Menge Hunde in einem eignen Hauſe. Joſeph Barbaro ſah im Jahre 1474 bei dem Fürſten von Armenien hundert Stück ſolcher Jagdleoparden, Orlich fand das Thier noch 1842 bei einem indiſchen Fürſten, und Prinz Waldemar von Preußen wohnte bei Delhi einer ſolchen Jagd bei. Auch in Deutſchland iſt der Gepard als Jagdthier benutzt worden. Leopold der Erſte, Kaiſer von Deutſchland, erhielt vom türkiſchen Kaiſer zwei abgerichtete Tſchitahs, mit denen er oftmals jagte. Die Herrſcher der Mongolen trieben ſo großen Luxus mit unſeren Thieren, daß ſie oft gegen tauſend Stück mit auf die großen Jagdzüge nahmen, und noch heutigen Tags ſollen die Meuten dieſer Katzenhunde bei einigen ein- heimiſchen Fürſten Jndiens einen nicht geringen Aufwand erfordern. Jhre Abrichtung muß von be- ſonderen Leuten beſorgt werden, und auch ihr Jagdgebrauch ſetzt die Begleitung ſehr geübter Jäger voraus, welche ungefähr die geachtete Stellung unſerer früheren Falkner bekleiden: man kann ſich alſo denken, daß dieſes Jagdvergnügen eben nicht billig iſt.
Es wird behauptet, daß auch der afrikaniſche Gepard von den Abiſſiniern zur Jagd abgerichtet würde; ich habe jedoch davon niemals Etwas gehört, und auch weder Rüppel noch Heuglin be- ſtätigen jene Erwähnung. Dagegen verſicherte mich Von der Decken, bei den Arabern der nörd- lichen Sahara gezähmte und eingeſchulte Jagdleoparden geſehen zu haben.
Behufs dieſer Jagd wird der Gepard behaubt und auf einen jener leichten, zweirädrigen Karren geſetzt, wie ſie dem Lande eigenthümlich ſind; einzelne Jäger nehmen ihn wohl auch hinter ſich auf das Pferd. Man zieht nun nach den Wildplätzen hinaus und ſucht, ſich einem Rudel Wild ſoviel als möglich zu nähern. Wie überall, läßt auch das ſcheueſte aſiatiſche Wild einen Karren weit näher an ſich herankommen, als gehende Leute. Deshalb kann man mit dem Leoparden bis auf zwei- oder
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Geſtalt. Verbreitung. Abrichtung und Verwendung.
ſich auch an dem Bauche fortſetzen und ſelbſt den Schwanz noch theilweiſe bedecken, da ſie ſich nur
gegen das Ende hin zu Ringeln verbinden. Die Leibeslänge des Tſchitah beträgt drei Fuß und zwei
Zoll, die Länge des Schwanzes zwei Fuß, die Höhe am Widerriſt ebenſoviel. Dem afrikaniſchen
Verwandten fehlt die Nackenmähne faſt gänzlich; die Grundfarbe ſeines Pelzes iſt faſt orangengelb,
der Bauch aber weiß und ungefleckt; auch die Flecken ſind etwas anders, und die Spitze des Schwanzes
iſt weiß, anſtatt ſchwarz.
Der Tſchitah ſcheint einen ziemlich großen Verbreitungskreis zu haben; denn er findet ſich im
ganzen ſüdweſtlichen Aſien. Er iſt, wie ſeine Farbe und Geſtalt anzeigt, ein echtes Steppenthier,
welches ſich ſeinen Unterhalt weniger durch ſeine Kraft, als durch ſeine Behendigkeit erwerben muß.
Die Nahrung beſteht hauptſächlich in den mittelgroßen und kleineren Wiederkäuern, welche in ſeinem
Gebiete leben, und ihrer weiß er ſich mit großem Geſchick zu bemächtigen. Die Schnelligkeit und
Ausdauer des Jagdleoparden ſind nicht eben groß, und eine von ihm verfolgte Antilope würde ihn
ſchon nach kurzem Laufe weit hinter ihren Ferſen zurücklaſſen; der Tſchitah muß alſo ſeine Schlauheit
und Lift einſetzen, um zu ſeiner Beute zu gelangen. Sobald er ein Rudel weidender Antilopen oder
Hirſche bemerkt, drückt er ſich auf die Erde und kriecht nun ſchlangengleich, leiſe, aber behende auf
dem Boden hin, um ſich vor den wachſamen Augen ſeiner gewünſchten Bente zu verbergen. Dabei
berückſichtigt er alle Eigenthümlichkeiten des Wildes und kommt z. B. niemals über dem Winde ange-
ſchlichen, liegt auch ſtill und regungslos, ſobald das Leitthier des Rudels ſeinen Kopf erhebt, um zu
ſichern. So ſtiehlt er ſich bis auf etwa funfzig Fuß heran, ſucht das beſtgeſtellte Thier aus und ſpringt
nun mit wenigen Sätzen zu ihm heran, ſchlägt es mit den Tatzen nieder und faßt es dann im Genick.
Nach kurzem Widerſtande, wobei er jedoch immerhin mehrere hundert Schritte mit fortgeſchleppt werden
kann, hat er ſein Opfer bewältigt und trinkt nun gierig das rauchende Blut.
Solche angeborne Liſt und Jagdfähigkeit mußte den achtſamen Bewohnern ſeiner Heimat auf-
fallen und ſie zu dem Verſuche reizen, die Jagdkunſt des Thieres für ſich zu benutzen. Dies iſt wirk-
lich außerordentlich gut gelungen; denn der Jagdleopard iſt durch einfache Abrichtung zu einem treff-
lichen Jagdthiere geworden, welches in ſeiner Art dem beſten Edelfalken kaum nachſteht. Jn
ganz Oſtindien betrachtet man ihn allgemein als einen geachteten Jagdgehilfen. Der Schah von
Perſien läßt ihn ſich aus Arabien kommen und hält ihn mit einer Menge Hunde in einem eignen
Hauſe. Joſeph Barbaro ſah im Jahre 1474 bei dem Fürſten von Armenien hundert Stück
ſolcher Jagdleoparden, Orlich fand das Thier noch 1842 bei einem indiſchen Fürſten, und Prinz
Waldemar von Preußen wohnte bei Delhi einer ſolchen Jagd bei. Auch in Deutſchland iſt der
Gepard als Jagdthier benutzt worden. Leopold der Erſte, Kaiſer von Deutſchland, erhielt vom
türkiſchen Kaiſer zwei abgerichtete Tſchitahs, mit denen er oftmals jagte. Die Herrſcher der Mongolen
trieben ſo großen Luxus mit unſeren Thieren, daß ſie oft gegen tauſend Stück mit auf die großen
Jagdzüge nahmen, und noch heutigen Tags ſollen die Meuten dieſer Katzenhunde bei einigen ein-
heimiſchen Fürſten Jndiens einen nicht geringen Aufwand erfordern. Jhre Abrichtung muß von be-
ſonderen Leuten beſorgt werden, und auch ihr Jagdgebrauch ſetzt die Begleitung ſehr geübter Jäger
voraus, welche ungefähr die geachtete Stellung unſerer früheren Falkner bekleiden: man kann ſich
alſo denken, daß dieſes Jagdvergnügen eben nicht billig iſt.
Es wird behauptet, daß auch der afrikaniſche Gepard von den Abiſſiniern zur Jagd abgerichtet
würde; ich habe jedoch davon niemals Etwas gehört, und auch weder Rüppel noch Heuglin be-
ſtätigen jene Erwähnung. Dagegen verſicherte mich Von der Decken, bei den Arabern der nörd-
lichen Sahara gezähmte und eingeſchulte Jagdleoparden geſehen zu haben.
Behufs dieſer Jagd wird der Gepard behaubt und auf einen jener leichten, zweirädrigen Karren
geſetzt, wie ſie dem Lande eigenthümlich ſind; einzelne Jäger nehmen ihn wohl auch hinter ſich auf
das Pferd. Man zieht nun nach den Wildplätzen hinaus und ſucht, ſich einem Rudel Wild ſoviel
als möglich zu nähern. Wie überall, läßt auch das ſcheueſte aſiatiſche Wild einen Karren weit näher
an ſich herankommen, als gehende Leute. Deshalb kann man mit dem Leoparden bis auf zwei- oder
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/373>, abgerufen am 24.11.2024.
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