Die Raubthiere. Katzen. -- Wildkatze. Manul. Nubische Katze.
Man kennt viele andere Jagdgeschichten dieses Thieres, welche zum Theil ein sehr trauriges Ende haben; ich will blos zwei mittheilen. "Als ich," so sagt Hohberg, "Anno 1640 zu Parduwitz auf die Entenpirsch gegangen, hat der Hund ungefähr im wilden Rohr eine wilde Kaz gewittert und auf einen Baum hinaufgetrieben. Der Hund ist dann um den Baum herum- gegangen und hat die Kaz darob angebellt, wie er denn ein sonderlicher Kazenfeind und ein starker, bissiger Hund gewesen. Als ich das mit großen Entenschroten geladene Rohr ergriff, den Anschlag auf die Kaz genommen und sie herabschießen wollen, hat die Kaz einen Sprung in das nächste Röhricht gethan, der Hund aber ist der Kazen nachgeeilt und hat sie ergriffen. Jch mochte im dicken Gezausicht nicht schießen, nahm alsobald meinen Degen und stieg in das Geröhricht, da ich den Hund mit der Kazen verwickelt funden und sie auf der Erden durch und durchgespießet. Die Kaz, als sie sich verwundet empfunden, ließ straks von dem Hunde ab und schwung sich also durchstochener, mit so großer Furie an der Klingen gegen meine Hand, daß ich selbige nothwendig habe müssen fallen lassen. Entzwischen aber ersah der von der Kazen befreyte Hund seinen Vortheil, ergriff sie bei dem Genick und hielt sie so feste, daß ich Zeit hatte, mit dem Fuß den Degen wieder aus der Kazen zu ziehen und ihr folgends den Rest zu geben."
Nahe meiner Heimat heißt noch heutigen Tages eine Forstabtheilung "die wilde Katze". Dieser Name verdankt einer unglücklichen Jagdgeschichte seine Entstehung. Ein Kreiser oder Wald- läufer spürte eines Wintermorgens im frischgefallenen Schnee eine Wildkatzenfährte und folgte ihr, erfreut über das ihm zu Theil gewordene Jagdglück und die in Aussicht stehende, damals noch ziem- lich bedeutende Auslösung. Die Fährte verlief bis zu einer gewaltigen, hohlen Buche, auf welcher das Thier aufgebäumt haben mußte. Auf den Aesten war es nicht zu sehen, es mußte also irgendwo im Jnnern des Baumes verborgen sein. Unser Kreiser macht sich schußfertig und nimmt seinen Revierhammer hervor, um durch Anklopfen mit demselben die Katze aus dem Baume zu vertreiben. Er thut einige Schläge und ergreift flugs sein Gewehr, um die etwa sich zeigende Katze sogleich beim Erscheinen mit einem wohlgezielten Schusse zu empfangen. Vergeblich; sie erscheint nicht. Er muß noch einmal anklopfen. Noch immer will sie sich nicht zeigen. Er klopft also zum dritten Male; aber -- noch hat er nicht das Gewehr zum Anschlag erhoben, da sitzt ihm die Katze im Nacken, reißt ihm mit ihren Tatzen im Nu die dicke Pelzmütze vom Kopfe und haut sich fest in seinen Kopf ein, mit den Zähnen das dicke Halstuch zerreißend. Dem Ueberraschten entfällt das Gewehr, er vergißt fast, sich zu vertheidigen und sucht blos Hals und Gesicht vor den wüthenden Bissen zu schützen. Dabei schreit er laut um Hilfe seinem in demselben Walde befindlichen Sohne zu. Die Katze zerfleischt ihm die Hände, zerbeißt ihm das Gesicht, zerreißt das Tuch; ängstlicher wird sein Hilferufen, größer seine Angst. Da empfängt er einen grimmigen Biß in den Hals und stürzt nieder. So findet ihn sein Sohn, die Katze noch wüthend auf ihm, die Nackenmuskeln zerreißend. Er versucht das wüthende Thier wegzureißen; er nimmt seinen Hammer und schlägt auf die Katze los, sie faucht, beißt aber immer wieder auf ihr armes Schlachtofer los. Endlich trifft sie ein Hammerschlag auf den Kopf, und sie erliegt. Der Lärm hat Vorübergehende herbeigezogen; man bringt den Bewußtlosen nach Hause, verbindet ihn, so gut es geht, und schickt nach einem Arzt. Jnzwischen kommt der Zerschundene wieder zu sich und erzählt in kurzen, gebrochenen Sätzen seinen fürchterlichen Kampf. Der Arzt erscheint; man wendet alle Mittel an: noch an demselben Tage aber verscheidet der Mann unter entsetzlichen Schmerzen.
Nach dieser einen Geschichte brauche ich wohl nicht mehr hervorzuheben, daß in unserm mittlern Deutschland die Wildkatze, trotz ihrer geringen Größe, das fürchterlichste Raubthier ist. --
Von der eigentlichen Wildkatze sind die blos verwilderten Hauskatzen wohl zu unterscheiden. Solche trifft man nicht selten in unseren Waldungen an; sie erreichen aber niemals die Größe der eigentlichen wilden, obwohl sie unsere Hauskatzen um vieles übertreffen. Jn der Zeichnung und an Bosheit und Wildheit ähneln sie durchaus der eigentlichen Wildkatze.
Die Raubthiere. Katzen. — Wildkatze. Manul. Nubiſche Katze.
Man kennt viele andere Jagdgeſchichten dieſes Thieres, welche zum Theil ein ſehr trauriges Ende haben; ich will blos zwei mittheilen. „Als ich,‟ ſo ſagt Hohberg, „Anno 1640 zu Parduwitz auf die Entenpirſch gegangen, hat der Hund ungefähr im wilden Rohr eine wilde Kaz gewittert und auf einen Baum hinaufgetrieben. Der Hund iſt dann um den Baum herum- gegangen und hat die Kaz darob angebellt, wie er denn ein ſonderlicher Kazenfeind und ein ſtarker, biſſiger Hund geweſen. Als ich das mit großen Entenſchroten geladene Rohr ergriff, den Anſchlag auf die Kaz genommen und ſie herabſchießen wollen, hat die Kaz einen Sprung in das nächſte Röhricht gethan, der Hund aber iſt der Kazen nachgeeilt und hat ſie ergriffen. Jch mochte im dicken Gezauſicht nicht ſchießen, nahm alſobald meinen Degen und ſtieg in das Geröhricht, da ich den Hund mit der Kazen verwickelt funden und ſie auf der Erden durch und durchgeſpießet. Die Kaz, als ſie ſich verwundet empfunden, ließ ſtraks von dem Hunde ab und ſchwung ſich alſo durchſtochener, mit ſo großer Furie an der Klingen gegen meine Hand, daß ich ſelbige nothwendig habe müſſen fallen laſſen. Entzwiſchen aber erſah der von der Kazen befreyte Hund ſeinen Vortheil, ergriff ſie bei dem Genick und hielt ſie ſo feſte, daß ich Zeit hatte, mit dem Fuß den Degen wieder aus der Kazen zu ziehen und ihr folgends den Reſt zu geben.‟
Nahe meiner Heimat heißt noch heutigen Tages eine Forſtabtheilung „die wilde Katze‟. Dieſer Name verdankt einer unglücklichen Jagdgeſchichte ſeine Entſtehung. Ein Kreiſer oder Wald- läufer ſpürte eines Wintermorgens im friſchgefallenen Schnee eine Wildkatzenfährte und folgte ihr, erfreut über das ihm zu Theil gewordene Jagdglück und die in Ausſicht ſtehende, damals noch ziem- lich bedeutende Auslöſung. Die Fährte verlief bis zu einer gewaltigen, hohlen Buche, auf welcher das Thier aufgebäumt haben mußte. Auf den Aeſten war es nicht zu ſehen, es mußte alſo irgendwo im Jnnern des Baumes verborgen ſein. Unſer Kreiſer macht ſich ſchußfertig und nimmt ſeinen Revierhammer hervor, um durch Anklopfen mit demſelben die Katze aus dem Baume zu vertreiben. Er thut einige Schläge und ergreift flugs ſein Gewehr, um die etwa ſich zeigende Katze ſogleich beim Erſcheinen mit einem wohlgezielten Schuſſe zu empfangen. Vergeblich; ſie erſcheint nicht. Er muß noch einmal anklopfen. Noch immer will ſie ſich nicht zeigen. Er klopft alſo zum dritten Male; aber — noch hat er nicht das Gewehr zum Anſchlag erhoben, da ſitzt ihm die Katze im Nacken, reißt ihm mit ihren Tatzen im Nu die dicke Pelzmütze vom Kopfe und haut ſich feſt in ſeinen Kopf ein, mit den Zähnen das dicke Halstuch zerreißend. Dem Ueberraſchten entfällt das Gewehr, er vergißt faſt, ſich zu vertheidigen und ſucht blos Hals und Geſicht vor den wüthenden Biſſen zu ſchützen. Dabei ſchreit er laut um Hilfe ſeinem in demſelben Walde befindlichen Sohne zu. Die Katze zerfleiſcht ihm die Hände, zerbeißt ihm das Geſicht, zerreißt das Tuch; ängſtlicher wird ſein Hilferufen, größer ſeine Angſt. Da empfängt er einen grimmigen Biß in den Hals und ſtürzt nieder. So findet ihn ſein Sohn, die Katze noch wüthend auf ihm, die Nackenmuskeln zerreißend. Er verſucht das wüthende Thier wegzureißen; er nimmt ſeinen Hammer und ſchlägt auf die Katze los, ſie faucht, beißt aber immer wieder auf ihr armes Schlachtofer los. Endlich trifft ſie ein Hammerſchlag auf den Kopf, und ſie erliegt. Der Lärm hat Vorübergehende herbeigezogen; man bringt den Bewußtloſen nach Hauſe, verbindet ihn, ſo gut es geht, und ſchickt nach einem Arzt. Jnzwiſchen kommt der Zerſchundene wieder zu ſich und erzählt in kurzen, gebrochenen Sätzen ſeinen fürchterlichen Kampf. Der Arzt erſcheint; man wendet alle Mittel an: noch an demſelben Tage aber verſcheidet der Mann unter entſetzlichen Schmerzen.
Nach dieſer einen Geſchichte brauche ich wohl nicht mehr hervorzuheben, daß in unſerm mittlern Deutſchland die Wildkatze, trotz ihrer geringen Größe, das fürchterlichſte Raubthier iſt. —
Von der eigentlichen Wildkatze ſind die blos verwilderten Hauskatzen wohl zu unterſcheiden. Solche trifft man nicht ſelten in unſeren Waldungen an; ſie erreichen aber niemals die Größe der eigentlichen wilden, obwohl ſie unſere Hauskatzen um vieles übertreffen. Jn der Zeichnung und an Bosheit und Wildheit ähneln ſie durchaus der eigentlichen Wildkatze.
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Die Raubthiere. Katzen. — Wildkatze. Manul. Nubiſche Katze.
Man kennt viele andere Jagdgeſchichten dieſes Thieres, welche zum Theil ein ſehr trauriges
Ende haben; ich will blos zwei mittheilen. „Als ich,‟ ſo ſagt Hohberg, „Anno 1640 zu
Parduwitz auf die Entenpirſch gegangen, hat der Hund ungefähr im wilden Rohr eine wilde
Kaz gewittert und auf einen Baum hinaufgetrieben. Der Hund iſt dann um den Baum herum-
gegangen und hat die Kaz darob angebellt, wie er denn ein ſonderlicher Kazenfeind und ein ſtarker,
biſſiger Hund geweſen. Als ich das mit großen Entenſchroten geladene Rohr ergriff, den Anſchlag
auf die Kaz genommen und ſie herabſchießen wollen, hat die Kaz einen Sprung in das nächſte
Röhricht gethan, der Hund aber iſt der Kazen nachgeeilt und hat ſie ergriffen. Jch mochte im dicken
Gezauſicht nicht ſchießen, nahm alſobald meinen Degen und ſtieg in das Geröhricht, da ich den
Hund mit der Kazen verwickelt funden und ſie auf der Erden durch und durchgeſpießet. Die Kaz,
als ſie ſich verwundet empfunden, ließ ſtraks von dem Hunde ab und ſchwung ſich alſo durchſtochener,
mit ſo großer Furie an der Klingen gegen meine Hand, daß ich ſelbige nothwendig habe müſſen
fallen laſſen. Entzwiſchen aber erſah der von der Kazen befreyte Hund ſeinen Vortheil, ergriff ſie
bei dem Genick und hielt ſie ſo feſte, daß ich Zeit hatte, mit dem Fuß den Degen wieder aus der
Kazen zu ziehen und ihr folgends den Reſt zu geben.‟
Nahe meiner Heimat heißt noch heutigen Tages eine Forſtabtheilung „die wilde Katze‟.
Dieſer Name verdankt einer unglücklichen Jagdgeſchichte ſeine Entſtehung. Ein Kreiſer oder Wald-
läufer ſpürte eines Wintermorgens im friſchgefallenen Schnee eine Wildkatzenfährte und folgte ihr,
erfreut über das ihm zu Theil gewordene Jagdglück und die in Ausſicht ſtehende, damals noch ziem-
lich bedeutende Auslöſung. Die Fährte verlief bis zu einer gewaltigen, hohlen Buche, auf welcher
das Thier aufgebäumt haben mußte. Auf den Aeſten war es nicht zu ſehen, es mußte alſo irgendwo
im Jnnern des Baumes verborgen ſein. Unſer Kreiſer macht ſich ſchußfertig und nimmt ſeinen
Revierhammer hervor, um durch Anklopfen mit demſelben die Katze aus dem Baume zu vertreiben.
Er thut einige Schläge und ergreift flugs ſein Gewehr, um die etwa ſich zeigende Katze ſogleich beim
Erſcheinen mit einem wohlgezielten Schuſſe zu empfangen. Vergeblich; ſie erſcheint nicht. Er muß
noch einmal anklopfen. Noch immer will ſie ſich nicht zeigen. Er klopft alſo zum dritten Male;
aber — noch hat er nicht das Gewehr zum Anſchlag erhoben, da ſitzt ihm die Katze im Nacken, reißt
ihm mit ihren Tatzen im Nu die dicke Pelzmütze vom Kopfe und haut ſich feſt in ſeinen Kopf ein, mit
den Zähnen das dicke Halstuch zerreißend. Dem Ueberraſchten entfällt das Gewehr, er vergißt faſt,
ſich zu vertheidigen und ſucht blos Hals und Geſicht vor den wüthenden Biſſen zu ſchützen. Dabei
ſchreit er laut um Hilfe ſeinem in demſelben Walde befindlichen Sohne zu. Die Katze zerfleiſcht ihm
die Hände, zerbeißt ihm das Geſicht, zerreißt das Tuch; ängſtlicher wird ſein Hilferufen, größer ſeine
Angſt. Da empfängt er einen grimmigen Biß in den Hals und ſtürzt nieder. So findet ihn ſein
Sohn, die Katze noch wüthend auf ihm, die Nackenmuskeln zerreißend. Er verſucht das wüthende
Thier wegzureißen; er nimmt ſeinen Hammer und ſchlägt auf die Katze los, ſie faucht, beißt aber
immer wieder auf ihr armes Schlachtofer los. Endlich trifft ſie ein Hammerſchlag auf den Kopf,
und ſie erliegt. Der Lärm hat Vorübergehende herbeigezogen; man bringt den Bewußtloſen nach
Hauſe, verbindet ihn, ſo gut es geht, und ſchickt nach einem Arzt. Jnzwiſchen kommt der Zerſchundene
wieder zu ſich und erzählt in kurzen, gebrochenen Sätzen ſeinen fürchterlichen Kampf. Der Arzt
erſcheint; man wendet alle Mittel an: noch an demſelben Tage aber verſcheidet der Mann unter
entſetzlichen Schmerzen.
Nach dieſer einen Geſchichte brauche ich wohl nicht mehr hervorzuheben, daß in unſerm mittlern
Deutſchland die Wildkatze, trotz ihrer geringen Größe, das fürchterlichſte Raubthier iſt. —
Von der eigentlichen Wildkatze ſind die blos verwilderten Hauskatzen wohl zu unterſcheiden.
Solche trifft man nicht ſelten in unſeren Waldungen an; ſie erreichen aber niemals die Größe der
eigentlichen wilden, obwohl ſie unſere Hauskatzen um vieles übertreffen. Jn der Zeichnung und an
Bosheit und Wildheit ähneln ſie durchaus der eigentlichen Wildkatze.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/342>, abgerufen am 25.11.2024.
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