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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Angriffe auf Thiere und Menschen. Fortpflanzung.
zerfleischt, aber zum Glück doch gerettet wurde, weil das Raubthier den nächsten Augenblick schon seiner
eignen Wunde erlag. Der Diener des Geistlichen Stella in den Bogosländern wurde, wie man mir
mittheilte, durch einen einzigen Schlag eines Leoparden, auf welchen er geschossen hatte, getödtet. Man
kennt übrigens auch Beispiele, daß der Leopard, ohne irgend gereizt zu sein, den Menschen angriff.
Kolbe berichtet, daß der Bürgermeister der Kapstadt unversehens von einem Leoparden angesprungen
wurde. Das Vieh schlug dabei dem Manne die Klauen in den Kopf und fuhr mit dem Maule nach
dem Halse, um ihm die Schlagadern zu durchbeißen. Der Angegriffene aber wehrte sich tapfer, rang
mit seinem Gegner und Beide fielen zu Boden. Schon ganz ermattet, strengte der Mann seine letzten
Kräfte an, drückte dem grimmigen Thiere den Kopf fest auf den Boden, zog sein Schnappmesser heraus
und schnitt ihm den Hals ab; er selbst aber hatte an seinen Wunden noch lange zu leiden. Jn
Abissinien kommen alljährlich Unglücksfälle vor, d. h. auch erwachsene, wehrhafte Leute werden von
dem Leoparden augegriffen und umgebracht. Kinder gehören, wie wir sahen, mit unter das Wild, auf
welches er geradezu Jagd macht!

Die Paarungszeit des Leoparden fällt in die Monate, welche dem Frühlinge der betreffenden
Länder vorausgehen. Dann sammeln sich oft viele Männchen an einem Orte, schreien abscheulich,
nach Art der verliebten Katzen, aber viel lauter und tiefer, und kämpeen wüthend unter einander.
Wie man an Gefangenen erfuhr, wirft das Weibchen nach neunwöcheutlicher Tragzeit drei bis fünf
Junge, welche blind zur Welt kommen und am zehnten Tage ihre Augen öffnen. Es sind dies kleine,
wirklich reizende Geschöpfe, ebensowohl ihrer schönen Zeichnung, als ihres hübschen Betragens wegen.
Sie spielen ganz allerliebst, wie die Katzen, unter einander und mit ihrer Mutter, welche sie zärtlich
liebt und muthvoll vertheidigt. Freilebend verbirgt diese ihre Nachkommenschaft in einer Felsen-
höhle, unter den Wurzeln eines starken Baumes, im dichten Gebüschen oder in Baumhöhlen selbst;
sobald die Kleinen aber einmal die Größe einer starken Hauskatze erreicht haben, begleiten sie die
Alte bei ihren nächtlichen Raubzügen und kommen, Dank des guten Unterrichts, welchen sie genießen,
bald dahin, sich selbst ihre Nahrung zu erwerben. Eine säugende Alte wird zu einer wahren Geisel
für die ganze Gegend. Sie raubt und mordet mit der allergrößten Kühnheit, ist aber dennoch vor-
sichtiger, als je, und so kommt es, daß man nur in seltenen Fällen ihrer oder der Jungen habhaft
werden kann.

Uebrigens richten die Leoparden auch schon während ihrer Paarungszeit an ein und demselben
Orte viel Schaden an, wenn sie auch, solange sie durch die Liebe beschäftigt werden, weniger blut-
gierig und räuberisch sein sollen. Man hat nicht selten ihrer sechs bis acht zu gleicher Zeit bemerkt.
Ein holländischer Kapbauer hatte das Vergnügen, gegen sein Erwarten mit einer solchen Gesellschaft
zusammenzukommen. Er reiste in der im Lande gebräuchlichen Weise mit Ochsenwagen von einer
Ortschaft zur andern. Während die Genossen in einem anmuthigen Thale ihr Lager aufschlugen, ging
er auf die Jagd hinaus, um ein Wildpret für die Küche zu erbeuten. Nach einem längern, vergeb-
lichen Streifzuge wollte er eben zum Lager zurückkehren und war auch bereits in dessen Nähe ange-
langt: da erblickte er zu seinem nicht geringen Entsetzen plötzlich sieben Leopardenköpfe zwischen dem
zerklüfteten Gestein und dem Riedgras eines Hügels. Jn der Ueberraschung handelte er so albern,
als er nur immer konnte: er schoß sein einfaches Gewehr auf das Gerathewohl nach der Gruppe ab!
Glücklicher Weise machte sich das Ende besser, als zu vermuthen gewesen wäre. Die Leoparden blieben
ruhig; nur ein einziger sprang auf und focht in der Luft umher, gleichsam, als wolle er nach der
Kugel fangen, welche wahrscheinlich recht nahe an ihm vorbeigepfiffen war. Der Bauer schlich
sich sachte davon.

Wo der Leopard vorkommt, führt man einen Vernichtungskrieg gegen ihn. Die Jagdweisen
sind natürlich höchst verschieden, weil das Feuergewehr nur hier und da eine Rolle spielt; im allge-
meinen aber ist dieses doch die einzige Wasse, die den Jäger sichert und ihm zugleich Erfolg ver-
spricht. Wer scharfe Hunde besitzt und die Jagd des Leoparden bei Tage betreibt, braucht sich nicht
im geringsten vor ihm zu fürchten. Die Hunde beschäftigen ihn und geben dem Jäger Zeit, mit

Angriffe auf Thiere und Menſchen. Fortpflanzung.
zerfleiſcht, aber zum Glück doch gerettet wurde, weil das Raubthier den nächſten Augenblick ſchon ſeiner
eignen Wunde erlag. Der Diener des Geiſtlichen Stella in den Bogosländern wurde, wie man mir
mittheilte, durch einen einzigen Schlag eines Leoparden, auf welchen er geſchoſſen hatte, getödtet. Man
kennt übrigens auch Beiſpiele, daß der Leopard, ohne irgend gereizt zu ſein, den Menſchen angriff.
Kolbe berichtet, daß der Bürgermeiſter der Kapſtadt unverſehens von einem Leoparden angeſprungen
wurde. Das Vieh ſchlug dabei dem Manne die Klauen in den Kopf und fuhr mit dem Maule nach
dem Halſe, um ihm die Schlagadern zu durchbeißen. Der Angegriffene aber wehrte ſich tapfer, rang
mit ſeinem Gegner und Beide fielen zu Boden. Schon ganz ermattet, ſtrengte der Mann ſeine letzten
Kräfte an, drückte dem grimmigen Thiere den Kopf feſt auf den Boden, zog ſein Schnappmeſſer heraus
und ſchnitt ihm den Hals ab; er ſelbſt aber hatte an ſeinen Wunden noch lange zu leiden. Jn
Abiſſinien kommen alljährlich Unglücksfälle vor, d. h. auch erwachſene, wehrhafte Leute werden von
dem Leoparden augegriffen und umgebracht. Kinder gehören, wie wir ſahen, mit unter das Wild, auf
welches er geradezu Jagd macht!

Die Paarungszeit des Leoparden fällt in die Monate, welche dem Frühlinge der betreffenden
Länder vorausgehen. Dann ſammeln ſich oft viele Männchen an einem Orte, ſchreien abſcheulich,
nach Art der verliebten Katzen, aber viel lauter und tiefer, und kämpeen wüthend unter einander.
Wie man an Gefangenen erfuhr, wirft das Weibchen nach neunwöcheutlicher Tragzeit drei bis fünf
Junge, welche blind zur Welt kommen und am zehnten Tage ihre Augen öffnen. Es ſind dies kleine,
wirklich reizende Geſchöpfe, ebenſowohl ihrer ſchönen Zeichnung, als ihres hübſchen Betragens wegen.
Sie ſpielen ganz allerliebſt, wie die Katzen, unter einander und mit ihrer Mutter, welche ſie zärtlich
liebt und muthvoll vertheidigt. Freilebend verbirgt dieſe ihre Nachkommenſchaft in einer Felſen-
höhle, unter den Wurzeln eines ſtarken Baumes, im dichten Gebüſchen oder in Baumhöhlen ſelbſt;
ſobald die Kleinen aber einmal die Größe einer ſtarken Hauskatze erreicht haben, begleiten ſie die
Alte bei ihren nächtlichen Raubzügen und kommen, Dank des guten Unterrichts, welchen ſie genießen,
bald dahin, ſich ſelbſt ihre Nahrung zu erwerben. Eine ſäugende Alte wird zu einer wahren Geiſel
für die ganze Gegend. Sie raubt und mordet mit der allergrößten Kühnheit, iſt aber dennoch vor-
ſichtiger, als je, und ſo kommt es, daß man nur in ſeltenen Fällen ihrer oder der Jungen habhaft
werden kann.

Uebrigens richten die Leoparden auch ſchon während ihrer Paarungszeit an ein und demſelben
Orte viel Schaden an, wenn ſie auch, ſolange ſie durch die Liebe beſchäftigt werden, weniger blut-
gierig und räuberiſch ſein ſollen. Man hat nicht ſelten ihrer ſechs bis acht zu gleicher Zeit bemerkt.
Ein holländiſcher Kapbauer hatte das Vergnügen, gegen ſein Erwarten mit einer ſolchen Geſellſchaft
zuſammenzukommen. Er reiſte in der im Lande gebräuchlichen Weiſe mit Ochſenwagen von einer
Ortſchaft zur andern. Während die Genoſſen in einem anmuthigen Thale ihr Lager aufſchlugen, ging
er auf die Jagd hinaus, um ein Wildpret für die Küche zu erbeuten. Nach einem längern, vergeb-
lichen Streifzuge wollte er eben zum Lager zurückkehren und war auch bereits in deſſen Nähe ange-
langt: da erblickte er zu ſeinem nicht geringen Entſetzen plötzlich ſieben Leopardenköpfe zwiſchen dem
zerklüfteten Geſtein und dem Riedgras eines Hügels. Jn der Ueberraſchung handelte er ſo albern,
als er nur immer konnte: er ſchoß ſein einfaches Gewehr auf das Gerathewohl nach der Gruppe ab!
Glücklicher Weiſe machte ſich das Ende beſſer, als zu vermuthen geweſen wäre. Die Leoparden blieben
ruhig; nur ein einziger ſprang auf und focht in der Luft umher, gleichſam, als wolle er nach der
Kugel fangen, welche wahrſcheinlich recht nahe an ihm vorbeigepfiffen war. Der Bauer ſchlich
ſich ſachte davon.

Wo der Leopard vorkommt, führt man einen Vernichtungskrieg gegen ihn. Die Jagdweiſen
ſind natürlich höchſt verſchieden, weil das Feuergewehr nur hier und da eine Rolle ſpielt; im allge-
meinen aber iſt dieſes doch die einzige Waſſe, die den Jäger ſichert und ihm zugleich Erfolg ver-
ſpricht. Wer ſcharfe Hunde beſitzt und die Jagd des Leoparden bei Tage betreibt, braucht ſich nicht
im geringſten vor ihm zu fürchten. Die Hunde beſchäftigen ihn und geben dem Jäger Zeit, mit

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[263/0327] Angriffe auf Thiere und Menſchen. Fortpflanzung. zerfleiſcht, aber zum Glück doch gerettet wurde, weil das Raubthier den nächſten Augenblick ſchon ſeiner eignen Wunde erlag. Der Diener des Geiſtlichen Stella in den Bogosländern wurde, wie man mir mittheilte, durch einen einzigen Schlag eines Leoparden, auf welchen er geſchoſſen hatte, getödtet. Man kennt übrigens auch Beiſpiele, daß der Leopard, ohne irgend gereizt zu ſein, den Menſchen angriff. Kolbe berichtet, daß der Bürgermeiſter der Kapſtadt unverſehens von einem Leoparden angeſprungen wurde. Das Vieh ſchlug dabei dem Manne die Klauen in den Kopf und fuhr mit dem Maule nach dem Halſe, um ihm die Schlagadern zu durchbeißen. Der Angegriffene aber wehrte ſich tapfer, rang mit ſeinem Gegner und Beide fielen zu Boden. Schon ganz ermattet, ſtrengte der Mann ſeine letzten Kräfte an, drückte dem grimmigen Thiere den Kopf feſt auf den Boden, zog ſein Schnappmeſſer heraus und ſchnitt ihm den Hals ab; er ſelbſt aber hatte an ſeinen Wunden noch lange zu leiden. Jn Abiſſinien kommen alljährlich Unglücksfälle vor, d. h. auch erwachſene, wehrhafte Leute werden von dem Leoparden augegriffen und umgebracht. Kinder gehören, wie wir ſahen, mit unter das Wild, auf welches er geradezu Jagd macht! Die Paarungszeit des Leoparden fällt in die Monate, welche dem Frühlinge der betreffenden Länder vorausgehen. Dann ſammeln ſich oft viele Männchen an einem Orte, ſchreien abſcheulich, nach Art der verliebten Katzen, aber viel lauter und tiefer, und kämpeen wüthend unter einander. Wie man an Gefangenen erfuhr, wirft das Weibchen nach neunwöcheutlicher Tragzeit drei bis fünf Junge, welche blind zur Welt kommen und am zehnten Tage ihre Augen öffnen. Es ſind dies kleine, wirklich reizende Geſchöpfe, ebenſowohl ihrer ſchönen Zeichnung, als ihres hübſchen Betragens wegen. Sie ſpielen ganz allerliebſt, wie die Katzen, unter einander und mit ihrer Mutter, welche ſie zärtlich liebt und muthvoll vertheidigt. Freilebend verbirgt dieſe ihre Nachkommenſchaft in einer Felſen- höhle, unter den Wurzeln eines ſtarken Baumes, im dichten Gebüſchen oder in Baumhöhlen ſelbſt; ſobald die Kleinen aber einmal die Größe einer ſtarken Hauskatze erreicht haben, begleiten ſie die Alte bei ihren nächtlichen Raubzügen und kommen, Dank des guten Unterrichts, welchen ſie genießen, bald dahin, ſich ſelbſt ihre Nahrung zu erwerben. Eine ſäugende Alte wird zu einer wahren Geiſel für die ganze Gegend. Sie raubt und mordet mit der allergrößten Kühnheit, iſt aber dennoch vor- ſichtiger, als je, und ſo kommt es, daß man nur in ſeltenen Fällen ihrer oder der Jungen habhaft werden kann. Uebrigens richten die Leoparden auch ſchon während ihrer Paarungszeit an ein und demſelben Orte viel Schaden an, wenn ſie auch, ſolange ſie durch die Liebe beſchäftigt werden, weniger blut- gierig und räuberiſch ſein ſollen. Man hat nicht ſelten ihrer ſechs bis acht zu gleicher Zeit bemerkt. Ein holländiſcher Kapbauer hatte das Vergnügen, gegen ſein Erwarten mit einer ſolchen Geſellſchaft zuſammenzukommen. Er reiſte in der im Lande gebräuchlichen Weiſe mit Ochſenwagen von einer Ortſchaft zur andern. Während die Genoſſen in einem anmuthigen Thale ihr Lager aufſchlugen, ging er auf die Jagd hinaus, um ein Wildpret für die Küche zu erbeuten. Nach einem längern, vergeb- lichen Streifzuge wollte er eben zum Lager zurückkehren und war auch bereits in deſſen Nähe ange- langt: da erblickte er zu ſeinem nicht geringen Entſetzen plötzlich ſieben Leopardenköpfe zwiſchen dem zerklüfteten Geſtein und dem Riedgras eines Hügels. Jn der Ueberraſchung handelte er ſo albern, als er nur immer konnte: er ſchoß ſein einfaches Gewehr auf das Gerathewohl nach der Gruppe ab! Glücklicher Weiſe machte ſich das Ende beſſer, als zu vermuthen geweſen wäre. Die Leoparden blieben ruhig; nur ein einziger ſprang auf und focht in der Luft umher, gleichſam, als wolle er nach der Kugel fangen, welche wahrſcheinlich recht nahe an ihm vorbeigepfiffen war. Der Bauer ſchlich ſich ſachte davon. Wo der Leopard vorkommt, führt man einen Vernichtungskrieg gegen ihn. Die Jagdweiſen ſind natürlich höchſt verſchieden, weil das Feuergewehr nur hier und da eine Rolle ſpielt; im allge- meinen aber iſt dieſes doch die einzige Waſſe, die den Jäger ſichert und ihm zugleich Erfolg ver- ſpricht. Wer ſcharfe Hunde beſitzt und die Jagd des Leoparden bei Tage betreibt, braucht ſich nicht im geringſten vor ihm zu fürchten. Die Hunde beſchäftigen ihn und geben dem Jäger Zeit, mit

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/327>, abgerufen am 22.11.2024.