zwischen den Geschöpfen der Tiefe und denen der Höhe. Auf der Erde läuft selbst das Flattereich- horn schwerfällig dahin: die Fledermaus aber humpelt eben blos noch. An den Hinterbeinen hängt sie sich auf zum Schlafen, das Haupt immer erdwärts gekehrt; auf ihren Flugwerkzeugen kriecht sie dahin! Nur halb vertraut mit dem Aether, fremd auf der Erde: -- welch trauriges Loos ist ihr ge- worden mit ihrem "Flügel!" --
Freundlicher, beglückender für das Thier ist die vielen Säugern verliehene Gabe, das Wasser bewohnen, in ihm schwimmen, in seine Tiefen hinabtauchen zu können. Nur sehr wenige Säugethiere sind gänzlich unfähig, sich schwimmend auf der Oberfläche des Wassers zu erhalten: ich glaube blos der ungelernte oder ungeübte Mensch und einige Affen, z. B. die Orang- und Langarmaffen und die Paviane; -- daß letztere ertrinken, wenn sie in das Wasser fallen, weiß ich aus Erfahrung. Alle übri- gen schwimmen, oder sie versinken wenigstens nicht alsbald in die Tiefe. Die Meerkatzen schwimmen und tauchen vortrefflich; die Fledermäuse erhalten sich lange Zeit auf den Wellen; die Raubthiere, Nager, Ein- und Vielhufer schwimmen wohl fast sämmtlich; unter den Beutelthieren und Zahn- losen gibt es wenigstens einige, welche nur im Wasser leben, und die übrigen kommen wahrscheinlich auch nicht in ihm um. Eigentliche Wassersäugethiere aber sind, mit Ausnahme der den höheren Ordnungen angehörigen Wasserbewohner, doch blos die wahren Meeressäuger: die Robben und Fisch- säugethiere. Sie sind eben zu säugenden oder kiemenlosen Fischen geworden und brauchen ihr Wohnge- biet allein der Athmung wegen noch auf wenige Augenblicke (wenigstens mit einem Theile ihres Leibes) zu verlassen; sie werden im Wasser geboren, sie leben, lieben und sterben in ihm. Kein Schwimm- oder Tauchvogel dürfte sie in der Schnelligkeit, kaum einer in der Gewandtheit ihrer Bewegungen übertreffen: die Wassersäugethiere und die Wasservögel stehen sich durchschnittlich gleich.
Es ist sehr anziehend und belehrend zugleich, die Steigerung der Schwimmthätigkeit zu verfolgen und die den Schwimmern gegebenen Bewegungswerkzeuge vergleichend zu betrachten. Wir können dabei zuerst auch auf die unfreiwilligen Schwimmer blicken. Hier ist das behufte Bein als das unvollkommenste Werkzeug anzusehen; allein dieses vervollkommnet sich rasch in demselben Grade, in dem der Huf sich theilt: und so treffen wir unter den Vielhufern bereits ausgezeichnete Schwimmer, ja, im Nilpferd schon ein echtes Wasserthier. Die Hand steht höher, als der Huf, aber sie erfordert, wie immer, so auch zum Schwimmen größere Geschicklichkeit. Viel leichter wird Dies den Pfotenthieren. Die weit vorreichende Fingerverbindung durch die Spannhaut läßt aus der Pfote ein breiteres Ruder bilden, und dieses muß um so vollkommener sein, je mehr die Spannhaut sich aus- dehnt und zur Schwimmhaut wird. Uebrigens ist letztere keineswegs unbedingtes Erforderniß zu ge- schicktem Schwimmen: denn die Wasserspitzmaus schwimmt unzweifelhaft eben so gut, wie das Schnabelthier, obgleich bei ihr nur straffe Haare zwischen den Zehen den breiten Entenfuß des letzteren ersetzen. Die Robben sind Uebergangsglieder von den Pfotenthieren zu den eigentlichen Fischsäugern. Jhre Füße sind nur noch dem Namen nach Füße, in Wahrheit aber bereits Flossen; denn die Zehen sind schon gänzlich in die Bindehaut eingewickelt, und nur die Nägel lassen sie äußerlich noch sichtbar erscheinen. Bei den Walen fehlt auch dieses Merkmal, die Zehen sind durch Knorpelgewebe dicht und unbeweglich mit einander verbunden, und blos die gesammte Flosse ist noch beweglich; die hintern Gliedmaßen ver- schwinden, aber der Schwanz breitet sich wagrecht zur echten Flosse aus: das Mittelding zwischen Säuger und Fisch ist fertig geworden. Eine solche Verschiedenheit der Werkzeuge bedingt auch die Verschieden- heit der Bewegung. Die Huf- und Pfotenthiere gehen oder strampeln im Wasser und stoßen sich da- durch weiter; die Flossen- und Fischsäuger fördern sich, indem sie ihre Ruder auch rudermäßig benutzen, d. h. mit der schmalen Kante durch die Wellen vorschieben und dann mit der Breitseite gegen sie drücken, oder aber den Flossenschwanz kräftig seitlich oder auf und nieder bewegen, wie der Bootsmann sein Fahrzeug mit einem Ruder durch die Fluten treibt, wenn er dieses im Stern einlegt und bald nach rechts und bald nach links hin drückt, aber immer mit der Breitseite wirken läßt. Die Pfotenthiere mit Schwimmhäuten legen ihre Ruder zusammen, wenn sie die Beine vorwärts bewegen, und breiten sie aus, wenn sie gegen das Wasser arbeiten: sie rudern wie die Vögel.
Wenn die Beobachtungen des berühmtesten aller Walfischjäger, Scoresby, wirklich richtig sind, kann die Schnelligkeit der Schwimmbewegung beinahe mit der des Laufes wetteifern; denn ein an- geworfener Walfisch versinkt so pfeilgeschwind, daß er, wenn er so forttauchen könnte, in einer Stunde
Flattern. Schwimmen.
zwiſchen den Geſchöpfen der Tiefe und denen der Höhe. Auf der Erde läuft ſelbſt das Flattereich- horn ſchwerfällig dahin: die Fledermaus aber humpelt eben blos noch. An den Hinterbeinen hängt ſie ſich auf zum Schlafen, das Haupt immer erdwärts gekehrt; auf ihren Flugwerkzeugen kriecht ſie dahin! Nur halb vertraut mit dem Aether, fremd auf der Erde: — welch trauriges Loos iſt ihr ge- worden mit ihrem „Flügel!‟ —
Freundlicher, beglückender für das Thier iſt die vielen Säugern verliehene Gabe, das Waſſer bewohnen, in ihm ſchwimmen, in ſeine Tiefen hinabtauchen zu können. Nur ſehr wenige Säugethiere ſind gänzlich unfähig, ſich ſchwimmend auf der Oberfläche des Waſſers zu erhalten: ich glaube blos der ungelernte oder ungeübte Menſch und einige Affen, z. B. die Orang- und Langarmaffen und die Paviane; — daß letztere ertrinken, wenn ſie in das Waſſer fallen, weiß ich aus Erfahrung. Alle übri- gen ſchwimmen, oder ſie verſinken wenigſtens nicht alsbald in die Tiefe. Die Meerkatzen ſchwimmen und tauchen vortrefflich; die Fledermäuſe erhalten ſich lange Zeit auf den Wellen; die Raubthiere, Nager, Ein- und Vielhufer ſchwimmen wohl faſt ſämmtlich; unter den Beutelthieren und Zahn- loſen gibt es wenigſtens einige, welche nur im Waſſer leben, und die übrigen kommen wahrſcheinlich auch nicht in ihm um. Eigentliche Waſſerſäugethiere aber ſind, mit Ausnahme der den höheren Ordnungen angehörigen Waſſerbewohner, doch blos die wahren Meeresſäuger: die Robben und Fiſch- ſäugethiere. Sie ſind eben zu ſäugenden oder kiemenloſen Fiſchen geworden und brauchen ihr Wohnge- biet allein der Athmung wegen noch auf wenige Augenblicke (wenigſtens mit einem Theile ihres Leibes) zu verlaſſen; ſie werden im Waſſer geboren, ſie leben, lieben und ſterben in ihm. Kein Schwimm- oder Tauchvogel dürfte ſie in der Schnelligkeit, kaum einer in der Gewandtheit ihrer Bewegungen übertreffen: die Waſſerſäugethiere und die Waſſervögel ſtehen ſich durchſchnittlich gleich.
Es iſt ſehr anziehend und belehrend zugleich, die Steigerung der Schwimmthätigkeit zu verfolgen und die den Schwimmern gegebenen Bewegungswerkzeuge vergleichend zu betrachten. Wir können dabei zuerſt auch auf die unfreiwilligen Schwimmer blicken. Hier iſt das behufte Bein als das unvollkommenſte Werkzeug anzuſehen; allein dieſes vervollkommnet ſich raſch in demſelben Grade, in dem der Huf ſich theilt: und ſo treffen wir unter den Vielhufern bereits ausgezeichnete Schwimmer, ja, im Nilpferd ſchon ein echtes Waſſerthier. Die Hand ſteht höher, als der Huf, aber ſie erfordert, wie immer, ſo auch zum Schwimmen größere Geſchicklichkeit. Viel leichter wird Dies den Pfotenthieren. Die weit vorreichende Fingerverbindung durch die Spannhaut läßt aus der Pfote ein breiteres Ruder bilden, und dieſes muß um ſo vollkommener ſein, je mehr die Spannhaut ſich aus- dehnt und zur Schwimmhaut wird. Uebrigens iſt letztere keineswegs unbedingtes Erforderniß zu ge- ſchicktem Schwimmen: denn die Waſſerſpitzmaus ſchwimmt unzweifelhaft eben ſo gut, wie das Schnabelthier, obgleich bei ihr nur ſtraffe Haare zwiſchen den Zehen den breiten Entenfuß des letzteren erſetzen. Die Robben ſind Uebergangsglieder von den Pfotenthieren zu den eigentlichen Fiſchſäugern. Jhre Füße ſind nur noch dem Namen nach Füße, in Wahrheit aber bereits Floſſen; denn die Zehen ſind ſchon gänzlich in die Bindehaut eingewickelt, und nur die Nägel laſſen ſie äußerlich noch ſichtbar erſcheinen. Bei den Walen fehlt auch dieſes Merkmal, die Zehen ſind durch Knorpelgewebe dicht und unbeweglich mit einander verbunden, und blos die geſammte Floſſe iſt noch beweglich; die hintern Gliedmaßen ver- ſchwinden, aber der Schwanz breitet ſich wagrecht zur echten Floſſe aus: das Mittelding zwiſchen Säuger und Fiſch iſt fertig geworden. Eine ſolche Verſchiedenheit der Werkzeuge bedingt auch die Verſchieden- heit der Bewegung. Die Huf- und Pfotenthiere gehen oder ſtrampeln im Waſſer und ſtoßen ſich da- durch weiter; die Floſſen- und Fiſchſäuger fördern ſich, indem ſie ihre Ruder auch rudermäßig benutzen, d. h. mit der ſchmalen Kante durch die Wellen vorſchieben und dann mit der Breitſeite gegen ſie drücken, oder aber den Floſſenſchwanz kräftig ſeitlich oder auf und nieder bewegen, wie der Bootsmann ſein Fahrzeug mit einem Ruder durch die Fluten treibt, wenn er dieſes im Stern einlegt und bald nach rechts und bald nach links hin drückt, aber immer mit der Breitſeite wirken läßt. Die Pfotenthiere mit Schwimmhäuten legen ihre Ruder zuſammen, wenn ſie die Beine vorwärts bewegen, und breiten ſie aus, wenn ſie gegen das Waſſer arbeiten: ſie rudern wie die Vögel.
Wenn die Beobachtungen des berühmteſten aller Walfiſchjäger, Scoresby, wirklich richtig ſind, kann die Schnelligkeit der Schwimmbewegung beinahe mit der des Laufes wetteifern; denn ein an- geworfener Walfiſch verſinkt ſo pfeilgeſchwind, daß er, wenn er ſo forttauchen könnte, in einer Stunde
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horn ſchwerfällig dahin: die Fledermaus aber humpelt eben blos noch. An den Hinterbeinen hängt
ſie ſich auf zum Schlafen, das Haupt immer erdwärts gekehrt; auf ihren Flugwerkzeugen kriecht ſie
dahin! Nur halb vertraut mit dem Aether, fremd auf der Erde: — welch trauriges Loos iſt ihr ge-
worden mit ihrem „Flügel!‟ —
Freundlicher, beglückender für das Thier iſt die vielen Säugern verliehene Gabe, das Waſſer
bewohnen, in ihm ſchwimmen, in ſeine Tiefen hinabtauchen zu können. Nur ſehr wenige Säugethiere
ſind gänzlich unfähig, ſich ſchwimmend auf der Oberfläche des Waſſers zu erhalten: ich glaube blos der
ungelernte oder ungeübte Menſch und einige Affen, z. B. die Orang- und Langarmaffen und die
Paviane; — daß letztere ertrinken, wenn ſie in das Waſſer fallen, weiß ich aus Erfahrung. Alle übri-
gen ſchwimmen, oder ſie verſinken wenigſtens nicht alsbald in die Tiefe. Die Meerkatzen ſchwimmen
und tauchen vortrefflich; die Fledermäuſe erhalten ſich lange Zeit auf den Wellen; die Raubthiere,
Nager, Ein- und Vielhufer ſchwimmen wohl faſt ſämmtlich; unter den Beutelthieren und Zahn-
loſen gibt es wenigſtens einige, welche nur im Waſſer leben, und die übrigen kommen wahrſcheinlich
auch nicht in ihm um. Eigentliche Waſſerſäugethiere aber ſind, mit Ausnahme der den höheren
Ordnungen angehörigen Waſſerbewohner, doch blos die wahren Meeresſäuger: die Robben und Fiſch-
ſäugethiere. Sie ſind eben zu ſäugenden oder kiemenloſen Fiſchen geworden und brauchen ihr Wohnge-
biet allein der Athmung wegen noch auf wenige Augenblicke (wenigſtens mit einem Theile ihres Leibes) zu
verlaſſen; ſie werden im Waſſer geboren, ſie leben, lieben und ſterben in ihm. Kein Schwimm- oder
Tauchvogel dürfte ſie in der Schnelligkeit, kaum einer in der Gewandtheit ihrer Bewegungen übertreffen:
die Waſſerſäugethiere und die Waſſervögel ſtehen ſich durchſchnittlich gleich.
Es iſt ſehr anziehend und belehrend zugleich, die Steigerung der Schwimmthätigkeit zu
verfolgen und die den Schwimmern gegebenen Bewegungswerkzeuge vergleichend zu betrachten. Wir
können dabei zuerſt auch auf die unfreiwilligen Schwimmer blicken. Hier iſt das behufte Bein als
das unvollkommenſte Werkzeug anzuſehen; allein dieſes vervollkommnet ſich raſch in demſelben Grade,
in dem der Huf ſich theilt: und ſo treffen wir unter den Vielhufern bereits ausgezeichnete
Schwimmer, ja, im Nilpferd ſchon ein echtes Waſſerthier. Die Hand ſteht höher, als der Huf, aber
ſie erfordert, wie immer, ſo auch zum Schwimmen größere Geſchicklichkeit. Viel leichter wird Dies
den Pfotenthieren. Die weit vorreichende Fingerverbindung durch die Spannhaut läßt aus der Pfote
ein breiteres Ruder bilden, und dieſes muß um ſo vollkommener ſein, je mehr die Spannhaut ſich aus-
dehnt und zur Schwimmhaut wird. Uebrigens iſt letztere keineswegs unbedingtes Erforderniß zu ge-
ſchicktem Schwimmen: denn die Waſſerſpitzmaus ſchwimmt unzweifelhaft eben ſo gut, wie das
Schnabelthier, obgleich bei ihr nur ſtraffe Haare zwiſchen den Zehen den breiten Entenfuß des letzteren
erſetzen. Die Robben ſind Uebergangsglieder von den Pfotenthieren zu den eigentlichen Fiſchſäugern.
Jhre Füße ſind nur noch dem Namen nach Füße, in Wahrheit aber bereits Floſſen; denn die Zehen ſind
ſchon gänzlich in die Bindehaut eingewickelt, und nur die Nägel laſſen ſie äußerlich noch ſichtbar erſcheinen.
Bei den Walen fehlt auch dieſes Merkmal, die Zehen ſind durch Knorpelgewebe dicht und unbeweglich
mit einander verbunden, und blos die geſammte Floſſe iſt noch beweglich; die hintern Gliedmaßen ver-
ſchwinden, aber der Schwanz breitet ſich wagrecht zur echten Floſſe aus: das Mittelding zwiſchen Säuger
und Fiſch iſt fertig geworden. Eine ſolche Verſchiedenheit der Werkzeuge bedingt auch die Verſchieden-
heit der Bewegung. Die Huf- und Pfotenthiere gehen oder ſtrampeln im Waſſer und ſtoßen ſich da-
durch weiter; die Floſſen- und Fiſchſäuger fördern ſich, indem ſie ihre Ruder auch rudermäßig
benutzen, d. h. mit der ſchmalen Kante durch die Wellen vorſchieben und dann mit der Breitſeite gegen
ſie drücken, oder aber den Floſſenſchwanz kräftig ſeitlich oder auf und nieder bewegen, wie der Bootsmann
ſein Fahrzeug mit einem Ruder durch die Fluten treibt, wenn er dieſes im Stern einlegt und bald nach
rechts und bald nach links hin drückt, aber immer mit der Breitſeite wirken läßt. Die Pfotenthiere mit
Schwimmhäuten legen ihre Ruder zuſammen, wenn ſie die Beine vorwärts bewegen, und breiten ſie
aus, wenn ſie gegen das Waſſer arbeiten: ſie rudern wie die Vögel.
Wenn die Beobachtungen des berühmteſten aller Walfiſchjäger, Scoresby, wirklich richtig
ſind, kann die Schnelligkeit der Schwimmbewegung beinahe mit der des Laufes wetteifern; denn ein an-
geworfener Walfiſch verſinkt ſo pfeilgeſchwind, daß er, wenn er ſo forttauchen könnte, in einer Stunde
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. XIX[XIX]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/29>, abgerufen am 24.11.2024.
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