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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Die Flatterthiere.

Eine recht hübsche Beobachtung hat neuerdings Heuglin gemacht: die Fledermäuse Afrikas
ziehen ihrer Nahrung wegen den Herden nach!

"Jn den Bogosländern," sagt dieser Forscher, "wird sehr starke Viehzucht getrieben, und die
Herden kommen, wenn in ferneren Gegenden bessere Weide und mehr Trinkwasser sich finden, oft
monatelang nicht zu den Wohnungen der Besitzer zurück. Bei unserer Ankunft in Keeren waren alle
Rinderherden sammt den Miriaden von Fliegen, welche sie überall hin begleiten, in den Tiefländern
des Barka und Fledermäuse hier außerordentlich selten. Gegen Ende der Regenzeit sammelten sich
auf etwa einen Monat fast alle den hiesigen Bogos gehörigen Herden in der nächsten Umgebung, und
gleichzeitig erschienen auch die kerbthierfressenden Dämmerungs- und Nachtfledermäuse in ganz un-
glaublicher Zahl; mit Abzug der letzten Herde verschwanden auch sie wieder spurlos. Jn der Nacht
vom 30. September auf den 1. October lagerten wir auf einer drei Stunden südlich von Keeren ge-
legenen Hochebene in der Nähe von Umzäunungen, welche zu Aufnahme von Rindvieh bestimmt
waren. Da sich die Herden in anderen Theilen des Gebirgs befanden, beobachteten wir nur ein oder
zwei Fledermäuse auf der für diese Familie äußerst günstigen Oertlichkeit. Tags darauf kehrten die
Herden an die besagte Stelle zurück und schon an demselben Abend hatte die Zahl der Fledermäuse
ganz auffallend zugenommen. Es entsteht nun die Frage, ob sie wirklich ihre Standorte ändern oder
von denselben aus allabendlich oft weite Jagdflüge machen, um die Fliegen aufzusuchen, welche die
Herden begleiten. Jch glaube an eine Veränderung der Standorte, weil an den betreffenden Stellen
die Thiere Abends so zeitig erschienen, daß sie unmöglich auf dem Platze sein könnten, ohne stunden-
lange Reisen bei Tag gemacht zu haben, und ich habe hier niemals Fledermäuse vor der Abend-
dämmerung fliegend entdecken können."

Jch meinestheils habe während meiner früheren Reisen in Afrika nicht eben sehr auf die Fleder-
mäuse geachtet, wohl aber auf meinem letzten Jagdausfluge nach ebendenselben Gegenden, von denen
Heuglin spricht, und kann ihm nur Recht geben. Deshalb erscheint es mir nun auch durchaus nicht
mehr unwahrscheinlich, daß weit mehr unserer Flatterthiere, als wir annehmen, wirklich wandern,
wenn auch in beschränkterer Weise, als die Vögel. Daß einige Fledermäuse bei uns manchmal von
der Höhe zur Tiefe und umgekehrt zogen, ja, daß sie gegen den Winter hin nach südlicher gelegenen
Gegenden pilgerten, war längst bekannt. --

Die Verdauung aller Flatterthiere ist sehr lebhaft. An ihren Schlupfwinkeln sammeln sich des-
halb auch bald große Kothhaufen an, und diese haben einen so durchdringenden Geruch, daß ganze
Gebäude von den Thieren förmlich verpestet werden können. Sehr eigenthümlich ist die Art und
Weise, wie sie sich ihres Unraths entleeren. Man kann Dies von vornherein annehmen, wenn man
eine aufgehängte Fledermaus ansieht; doch muß man sie bei jenem Geschäft beobachtet haben, wenn
man sich eine rechte Vorstellung machen will. Jede Fledermaus, welche ihren Koth von sich geben will,
muß sich nämlich in eine wagrechte Lage bringen, um misten zu können. Sie läßt dabei einen ihrer
Hinterfüße los und stößt mit ihm gegen die Decke, um in eine schaukelnde Bewegung zu gelangen.
Nachdem sie gehörig in Schwung gekommen ist, greift sie mit der Daumenkralle des ausgestreckten
Armes an die Decke oder an eine andere, ihr nahe hängende Fledermaus und klammert sich hier
an. Nunmehr ist sie in der geeigneten Lage, um ihr Bedürfniß verrichten zu können.

Wärme ist für alle Flatterthiere eine durchaus nothwendige Bedingung. Jn dem kalten Erd-
gürtel kommt keine Fledermaus vor, auch bei uns sind sie noch immer nicht besonders zahlreich, weder
an Arten, noch an Stückzahl, während sie im Süden in ungeheuren Massen auftreten. Die meisten
Arten werden schon durch Wind, Regen oder rauhe Witterung in ihren Schlupfwinkeln zurückgehalten.
Andere fliegen zwar an kalten Abenden, doch auch nur kurze Zeit, sie kehren immer so schnell als möglich
wieder nach ihren Schlupfwinkeln zurück. Bei wirklichem Winde fliegen blos diejenigen Arten, welche
einem starken Luftzug trotzen können, d. h. alle die schmalflügligen. Einige Arten verlassen, wie ich
oben bemerkte, ihre Wohnorte bei Beginn der rauhern Jahreszeit und wenden sich mehr der Tiefe
oder dem Süden zu; -- leider aber fehlen uns über solche Reisen noch genügende Beobachtungen.

Die Flatterthiere.

Eine recht hübſche Beobachtung hat neuerdings Heuglin gemacht: die Fledermäuſe Afrikas
ziehen ihrer Nahrung wegen den Herden nach!

„Jn den Bogosländern,‟ ſagt dieſer Forſcher, „wird ſehr ſtarke Viehzucht getrieben, und die
Herden kommen, wenn in ferneren Gegenden beſſere Weide und mehr Trinkwaſſer ſich finden, oft
monatelang nicht zu den Wohnungen der Beſitzer zurück. Bei unſerer Ankunft in Keeren waren alle
Rinderherden ſammt den Miriaden von Fliegen, welche ſie überall hin begleiten, in den Tiefländern
des Barka und Fledermäuſe hier außerordentlich ſelten. Gegen Ende der Regenzeit ſammelten ſich
auf etwa einen Monat faſt alle den hieſigen Bogos gehörigen Herden in der nächſten Umgebung, und
gleichzeitig erſchienen auch die kerbthierfreſſenden Dämmerungs- und Nachtfledermäuſe in ganz un-
glaublicher Zahl; mit Abzug der letzten Herde verſchwanden auch ſie wieder ſpurlos. Jn der Nacht
vom 30. September auf den 1. October lagerten wir auf einer drei Stunden ſüdlich von Keeren ge-
legenen Hochebene in der Nähe von Umzäunungen, welche zu Aufnahme von Rindvieh beſtimmt
waren. Da ſich die Herden in anderen Theilen des Gebirgs befanden, beobachteten wir nur ein oder
zwei Fledermäuſe auf der für dieſe Familie äußerſt günſtigen Oertlichkeit. Tags darauf kehrten die
Herden an die beſagte Stelle zurück und ſchon an demſelben Abend hatte die Zahl der Fledermäuſe
ganz auffallend zugenommen. Es entſteht nun die Frage, ob ſie wirklich ihre Standorte ändern oder
von denſelben aus allabendlich oft weite Jagdflüge machen, um die Fliegen aufzuſuchen, welche die
Herden begleiten. Jch glaube an eine Veränderung der Standorte, weil an den betreffenden Stellen
die Thiere Abends ſo zeitig erſchienen, daß ſie unmöglich auf dem Platze ſein könnten, ohne ſtunden-
lange Reiſen bei Tag gemacht zu haben, und ich habe hier niemals Fledermäuſe vor der Abend-
dämmerung fliegend entdecken können.‟

Jch meinestheils habe während meiner früheren Reiſen in Afrika nicht eben ſehr auf die Fleder-
mäuſe geachtet, wohl aber auf meinem letzten Jagdausfluge nach ebendenſelben Gegenden, von denen
Heuglin ſpricht, und kann ihm nur Recht geben. Deshalb erſcheint es mir nun auch durchaus nicht
mehr unwahrſcheinlich, daß weit mehr unſerer Flatterthiere, als wir annehmen, wirklich wandern,
wenn auch in beſchränkterer Weiſe, als die Vögel. Daß einige Fledermäuſe bei uns manchmal von
der Höhe zur Tiefe und umgekehrt zogen, ja, daß ſie gegen den Winter hin nach ſüdlicher gelegenen
Gegenden pilgerten, war längſt bekannt. —

Die Verdauung aller Flatterthiere iſt ſehr lebhaft. An ihren Schlupfwinkeln ſammeln ſich des-
halb auch bald große Kothhaufen an, und dieſe haben einen ſo durchdringenden Geruch, daß ganze
Gebäude von den Thieren förmlich verpeſtet werden können. Sehr eigenthümlich iſt die Art und
Weiſe, wie ſie ſich ihres Unraths entleeren. Man kann Dies von vornherein annehmen, wenn man
eine aufgehängte Fledermaus anſieht; doch muß man ſie bei jenem Geſchäft beobachtet haben, wenn
man ſich eine rechte Vorſtellung machen will. Jede Fledermaus, welche ihren Koth von ſich geben will,
muß ſich nämlich in eine wagrechte Lage bringen, um miſten zu können. Sie läßt dabei einen ihrer
Hinterfüße los und ſtößt mit ihm gegen die Decke, um in eine ſchaukelnde Bewegung zu gelangen.
Nachdem ſie gehörig in Schwung gekommen iſt, greift ſie mit der Daumenkralle des ausgeſtreckten
Armes an die Decke oder an eine andere, ihr nahe hängende Fledermaus und klammert ſich hier
an. Nunmehr iſt ſie in der geeigneten Lage, um ihr Bedürfniß verrichten zu können.

Wärme iſt für alle Flatterthiere eine durchaus nothwendige Bedingung. Jn dem kalten Erd-
gürtel kommt keine Fledermaus vor, auch bei uns ſind ſie noch immer nicht beſonders zahlreich, weder
an Arten, noch an Stückzahl, während ſie im Süden in ungeheuren Maſſen auftreten. Die meiſten
Arten werden ſchon durch Wind, Regen oder rauhe Witterung in ihren Schlupfwinkeln zurückgehalten.
Andere fliegen zwar an kalten Abenden, doch auch nur kurze Zeit, ſie kehren immer ſo ſchnell als möglich
wieder nach ihren Schlupfwinkeln zurück. Bei wirklichem Winde fliegen blos diejenigen Arten, welche
einem ſtarken Luftzug trotzen können, d. h. alle die ſchmalflügligen. Einige Arten verlaſſen, wie ich
oben bemerkte, ihre Wohnorte bei Beginn der rauhern Jahreszeit und wenden ſich mehr der Tiefe
oder dem Süden zu; — leider aber fehlen uns über ſolche Reiſen noch genügende Beobachtungen.

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[158/0216] Die Flatterthiere. Eine recht hübſche Beobachtung hat neuerdings Heuglin gemacht: die Fledermäuſe Afrikas ziehen ihrer Nahrung wegen den Herden nach! „Jn den Bogosländern,‟ ſagt dieſer Forſcher, „wird ſehr ſtarke Viehzucht getrieben, und die Herden kommen, wenn in ferneren Gegenden beſſere Weide und mehr Trinkwaſſer ſich finden, oft monatelang nicht zu den Wohnungen der Beſitzer zurück. Bei unſerer Ankunft in Keeren waren alle Rinderherden ſammt den Miriaden von Fliegen, welche ſie überall hin begleiten, in den Tiefländern des Barka und Fledermäuſe hier außerordentlich ſelten. Gegen Ende der Regenzeit ſammelten ſich auf etwa einen Monat faſt alle den hieſigen Bogos gehörigen Herden in der nächſten Umgebung, und gleichzeitig erſchienen auch die kerbthierfreſſenden Dämmerungs- und Nachtfledermäuſe in ganz un- glaublicher Zahl; mit Abzug der letzten Herde verſchwanden auch ſie wieder ſpurlos. Jn der Nacht vom 30. September auf den 1. October lagerten wir auf einer drei Stunden ſüdlich von Keeren ge- legenen Hochebene in der Nähe von Umzäunungen, welche zu Aufnahme von Rindvieh beſtimmt waren. Da ſich die Herden in anderen Theilen des Gebirgs befanden, beobachteten wir nur ein oder zwei Fledermäuſe auf der für dieſe Familie äußerſt günſtigen Oertlichkeit. Tags darauf kehrten die Herden an die beſagte Stelle zurück und ſchon an demſelben Abend hatte die Zahl der Fledermäuſe ganz auffallend zugenommen. Es entſteht nun die Frage, ob ſie wirklich ihre Standorte ändern oder von denſelben aus allabendlich oft weite Jagdflüge machen, um die Fliegen aufzuſuchen, welche die Herden begleiten. Jch glaube an eine Veränderung der Standorte, weil an den betreffenden Stellen die Thiere Abends ſo zeitig erſchienen, daß ſie unmöglich auf dem Platze ſein könnten, ohne ſtunden- lange Reiſen bei Tag gemacht zu haben, und ich habe hier niemals Fledermäuſe vor der Abend- dämmerung fliegend entdecken können.‟ Jch meinestheils habe während meiner früheren Reiſen in Afrika nicht eben ſehr auf die Fleder- mäuſe geachtet, wohl aber auf meinem letzten Jagdausfluge nach ebendenſelben Gegenden, von denen Heuglin ſpricht, und kann ihm nur Recht geben. Deshalb erſcheint es mir nun auch durchaus nicht mehr unwahrſcheinlich, daß weit mehr unſerer Flatterthiere, als wir annehmen, wirklich wandern, wenn auch in beſchränkterer Weiſe, als die Vögel. Daß einige Fledermäuſe bei uns manchmal von der Höhe zur Tiefe und umgekehrt zogen, ja, daß ſie gegen den Winter hin nach ſüdlicher gelegenen Gegenden pilgerten, war längſt bekannt. — Die Verdauung aller Flatterthiere iſt ſehr lebhaft. An ihren Schlupfwinkeln ſammeln ſich des- halb auch bald große Kothhaufen an, und dieſe haben einen ſo durchdringenden Geruch, daß ganze Gebäude von den Thieren förmlich verpeſtet werden können. Sehr eigenthümlich iſt die Art und Weiſe, wie ſie ſich ihres Unraths entleeren. Man kann Dies von vornherein annehmen, wenn man eine aufgehängte Fledermaus anſieht; doch muß man ſie bei jenem Geſchäft beobachtet haben, wenn man ſich eine rechte Vorſtellung machen will. Jede Fledermaus, welche ihren Koth von ſich geben will, muß ſich nämlich in eine wagrechte Lage bringen, um miſten zu können. Sie läßt dabei einen ihrer Hinterfüße los und ſtößt mit ihm gegen die Decke, um in eine ſchaukelnde Bewegung zu gelangen. Nachdem ſie gehörig in Schwung gekommen iſt, greift ſie mit der Daumenkralle des ausgeſtreckten Armes an die Decke oder an eine andere, ihr nahe hängende Fledermaus und klammert ſich hier an. Nunmehr iſt ſie in der geeigneten Lage, um ihr Bedürfniß verrichten zu können. Wärme iſt für alle Flatterthiere eine durchaus nothwendige Bedingung. Jn dem kalten Erd- gürtel kommt keine Fledermaus vor, auch bei uns ſind ſie noch immer nicht beſonders zahlreich, weder an Arten, noch an Stückzahl, während ſie im Süden in ungeheuren Maſſen auftreten. Die meiſten Arten werden ſchon durch Wind, Regen oder rauhe Witterung in ihren Schlupfwinkeln zurückgehalten. Andere fliegen zwar an kalten Abenden, doch auch nur kurze Zeit, ſie kehren immer ſo ſchnell als möglich wieder nach ihren Schlupfwinkeln zurück. Bei wirklichem Winde fliegen blos diejenigen Arten, welche einem ſtarken Luftzug trotzen können, d. h. alle die ſchmalflügligen. Einige Arten verlaſſen, wie ich oben bemerkte, ihre Wohnorte bei Beginn der rauhern Jahreszeit und wenden ſich mehr der Tiefe oder dem Süden zu; — leider aber fehlen uns über ſolche Reiſen noch genügende Beobachtungen.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/216>, abgerufen am 24.11.2024.