Gang. Bau der Flughaut und der Haare. Tag- und Nachtleben. Wohnung. Nahrung.
Alle Flatterthiere schlafen bei Tage und schwärmen bei Nacht. Die meisten kommen erst gegen die Abenddämmerung zum Vorschein und ziehen sich schon lange vor Sonnenaufgang wieder in ihre Schlupfwinkel zurück; einzelne Arten jedoch erscheinen schon viel früher, manche bereits Nachmittags zwischen drei und fünf Uhr und schwärmen trotz des hellsten Sonnenscheins lustig herum. Jede Art hat ihre eigenthümlichen Jagdgebiete: in Wäldern, Baumgärten, Alleen und Straßen, über langsam fließenden oder stehenden Wasserflächen u. s. w., aber seltener im freien Felde, aus dem sehr einfachen Grunde, weil es dort für sie Nichts zu jagen giebt. Jn dem reichern Süden finden sie sich auch dort, namentlich über Mais- und Reisfeldern, weil diese stets eine Menge von Kerbthieren beherbergen und hierdurch den Fledermäusen gute Beute liefern. Gewöhnlich streichen sie nur durch ein kleines Gebiet von vielleicht tausend Schritten im Durchmesser. Andere, d. h. die größeren, mögen vielleicht über eine halbe Stunde Wegs durchstreifen, und von den großen südlichen Arten, den sogenannten Flatterhunden, behauptet man, daß sie wohl auch mehrere Meilen weit reisen könnten. Sobald sie müde werden, hängen sie sich, wie ich schon bemerkte, eine Zeit lang auf und schwärmen weiter, nachdem sie ausgeruht haben. Die Fledermäuse scheinen sich gewissermaßen abzulösen; denn die Früh- fliegenden schwärmen blos in der Dämmerung, andere nach und vor der Morgendämmerung, wieder andere blos in den mittleren Nachtstunden umher.
Bei Tage halten sich alle Flatterthiere versteckt in den verschiedenartigsten Schlupfwinkeln. Bei uns zu Lande sind hohle Bäume, leere Häuser und seltener auch Felsenritzen oder Höhlen ihre Schlaf- plätze. Jm Süden hängen sich viele Arten frei an die Baumzweige auf, sobald diese ein dichtes Dach bilden, bei weitem die meisten aber wohnen in Höhlen der Gebirge, in alten Ruinen, Tempeln und dergleichen. Gebäude, in denen sie wenig gestört werden, sind ihnen stets erwünschte Aufenthaltsorte. Jn Südamerika, zuweilen auch bei uns, schlafen sie oft unter Baumrinden. Nicht selten ruhen sie auch in Schornsteinen, und daher ist die oft ausgesprochene und ebenso oft mit Recht bekämpfte Meinung entstanden, daß sie dem Speck und anderm geräucherten Fleische nachgingen. Sie sind in der Aufsuchung ihrer Schlupfwinkel keineswegs sehr wählerisch, nur müssen diese trocken, warm, geschützt und besonders von oben gedeckt sein, womöglich auch vom Eingang an in die Höhe gehen.
Sie sind gesellig, doch nur unter gewissen Umständen. Manche veschiedene Arten hassen sich und fressen einander auf, wenn sich Dies paßt. Die blutsaugenden Blattnasen z. B. greifen, wie Kolenati sehr hübsch beobachtete, die großöhrigen Fledermäuse an, um ihnen Blut auszufaugen, und diese fressen ihre Feinde dafür auf, handeln also vernünftiger, als Menschen, welche sich von Blutsaugern ihres Geschlechts ruhig brandschatzen lassen, ohne sie un- schädlich zu machen.
Die Nahrung der Flatterthiere besteht in Früchten, in Kerbthieren, unter Umständen auch in Wirbelthieren und in dem Blute, welches sie größeren Thieren aussaugen. Die in Europa wohnenden Flatterthiere, bekanntlich nur echte Fledermäuse, verzehren blos Kerbthiere, namentlich Nachtschmetter- linge, Käfer, Fliegen und Mücken. Der Verdacht, daß sie Speck fressen, ist ein vollkommen un- gerechtfertigter; denn sie verhungern lieber, ehe sie denselben anrühren, während sie dagegen lebende Kerfe auch in der Gefangenschaft mit Gier verschlingen. Nachtschmetterlinge, Käfer, Fliegen und Mücken bilden ihre Hauptnahrung, und wenn man am Morgen nach warmen Sommernächten in Baum- gängen hingeht, findet man gewiß sehr häufig die Ueberbleibsel ihrer Mahlzeiten, namentlich ab- gefressene Flügel und dergleichen. Jhr Hunger ist außerordentlich; die größeren fressen bequem ein Dutzend Maikäfer, die kleinsten ein Schock Fliegen, ohne gesättigt zu sein. Größere Kerfe stemmen sie, nachdem sie dieselben gefangen haben, an die Brust und fressen sie so langsam hinter; kleinere werden ohne weiteres verschlungen. Je lebhafter ihre Bewegung ist, um so mehr Nahrung bedürfen sie, und aus diesem Grunde sind sie für uns außerordentlich nützliche Thiere, welche die größtmöglichste Schonung verdienen. Nicht so ist es mit den blutsaugenden Fledermäusen, welche zuweilen recht schädlich werden können, oder auch mit den Fruchtfressern aus unserer Ordnung, welche nicht selten ganze Fruchtpflanzungen, zumal Weinberge zerstören.
Gang. Bau der Flughaut und der Haare. Tag- und Nachtleben. Wohnung. Nahrung.
Alle Flatterthiere ſchlafen bei Tage und ſchwärmen bei Nacht. Die meiſten kommen erſt gegen die Abenddämmerung zum Vorſchein und ziehen ſich ſchon lange vor Sonnenaufgang wieder in ihre Schlupfwinkel zurück; einzelne Arten jedoch erſcheinen ſchon viel früher, manche bereits Nachmittags zwiſchen drei und fünf Uhr und ſchwärmen trotz des hellſten Sonnenſcheins luſtig herum. Jede Art hat ihre eigenthümlichen Jagdgebiete: in Wäldern, Baumgärten, Alleen und Straßen, über langſam fließenden oder ſtehenden Waſſerflächen u. ſ. w., aber ſeltener im freien Felde, aus dem ſehr einfachen Grunde, weil es dort für ſie Nichts zu jagen giebt. Jn dem reichern Süden finden ſie ſich auch dort, namentlich über Mais- und Reisfeldern, weil dieſe ſtets eine Menge von Kerbthieren beherbergen und hierdurch den Fledermäuſen gute Beute liefern. Gewöhnlich ſtreichen ſie nur durch ein kleines Gebiet von vielleicht tauſend Schritten im Durchmeſſer. Andere, d. h. die größeren, mögen vielleicht über eine halbe Stunde Wegs durchſtreifen, und von den großen ſüdlichen Arten, den ſogenannten Flatterhunden, behauptet man, daß ſie wohl auch mehrere Meilen weit reiſen könnten. Sobald ſie müde werden, hängen ſie ſich, wie ich ſchon bemerkte, eine Zeit lang auf und ſchwärmen weiter, nachdem ſie ausgeruht haben. Die Fledermäuſe ſcheinen ſich gewiſſermaßen abzulöſen; denn die Früh- fliegenden ſchwärmen blos in der Dämmerung, andere nach und vor der Morgendämmerung, wieder andere blos in den mittleren Nachtſtunden umher.
Bei Tage halten ſich alle Flatterthiere verſteckt in den verſchiedenartigſten Schlupfwinkeln. Bei uns zu Lande ſind hohle Bäume, leere Häuſer und ſeltener auch Felſenritzen oder Höhlen ihre Schlaf- plätze. Jm Süden hängen ſich viele Arten frei an die Baumzweige auf, ſobald dieſe ein dichtes Dach bilden, bei weitem die meiſten aber wohnen in Höhlen der Gebirge, in alten Ruinen, Tempeln und dergleichen. Gebäude, in denen ſie wenig geſtört werden, ſind ihnen ſtets erwünſchte Aufenthaltsorte. Jn Südamerika, zuweilen auch bei uns, ſchlafen ſie oft unter Baumrinden. Nicht ſelten ruhen ſie auch in Schornſteinen, und daher iſt die oft ausgeſprochene und ebenſo oft mit Recht bekämpfte Meinung entſtanden, daß ſie dem Speck und anderm geräucherten Fleiſche nachgingen. Sie ſind in der Aufſuchung ihrer Schlupfwinkel keineswegs ſehr wähleriſch, nur müſſen dieſe trocken, warm, geſchützt und beſonders von oben gedeckt ſein, womöglich auch vom Eingang an in die Höhe gehen.
Sie ſind geſellig, doch nur unter gewiſſen Umſtänden. Manche veſchiedene Arten haſſen ſich und freſſen einander auf, wenn ſich Dies paßt. Die blutſaugenden Blattnaſen z. B. greifen, wie Kolenati ſehr hübſch beobachtete, die großöhrigen Fledermäuſe an, um ihnen Blut auszufaugen, und dieſe freſſen ihre Feinde dafür auf, handeln alſo vernünftiger, als Menſchen, welche ſich von Blutſaugern ihres Geſchlechts ruhig brandſchatzen laſſen, ohne ſie un- ſchädlich zu machen.
Die Nahrung der Flatterthiere beſteht in Früchten, in Kerbthieren, unter Umſtänden auch in Wirbelthieren und in dem Blute, welches ſie größeren Thieren ausſaugen. Die in Europa wohnenden Flatterthiere, bekanntlich nur echte Fledermäuſe, verzehren blos Kerbthiere, namentlich Nachtſchmetter- linge, Käfer, Fliegen und Mücken. Der Verdacht, daß ſie Speck freſſen, iſt ein vollkommen un- gerechtfertigter; denn ſie verhungern lieber, ehe ſie denſelben anrühren, während ſie dagegen lebende Kerfe auch in der Gefangenſchaft mit Gier verſchlingen. Nachtſchmetterlinge, Käfer, Fliegen und Mücken bilden ihre Hauptnahrung, und wenn man am Morgen nach warmen Sommernächten in Baum- gängen hingeht, findet man gewiß ſehr häufig die Ueberbleibſel ihrer Mahlzeiten, namentlich ab- gefreſſene Flügel und dergleichen. Jhr Hunger iſt außerordentlich; die größeren freſſen bequem ein Dutzend Maikäfer, die kleinſten ein Schock Fliegen, ohne geſättigt zu ſein. Größere Kerfe ſtemmen ſie, nachdem ſie dieſelben gefangen haben, an die Bruſt und freſſen ſie ſo langſam hinter; kleinere werden ohne weiteres verſchlungen. Je lebhafter ihre Bewegung iſt, um ſo mehr Nahrung bedürfen ſie, und aus dieſem Grunde ſind ſie für uns außerordentlich nützliche Thiere, welche die größtmöglichſte Schonung verdienen. Nicht ſo iſt es mit den blutſaugenden Fledermäuſen, welche zuweilen recht ſchädlich werden können, oder auch mit den Fruchtfreſſern aus unſerer Ordnung, welche nicht ſelten ganze Fruchtpflanzungen, zumal Weinberge zerſtören.
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Gang. Bau der Flughaut und der Haare. Tag- und Nachtleben. Wohnung. Nahrung.
Alle Flatterthiere ſchlafen bei Tage und ſchwärmen bei Nacht. Die meiſten kommen erſt gegen
die Abenddämmerung zum Vorſchein und ziehen ſich ſchon lange vor Sonnenaufgang wieder in ihre
Schlupfwinkel zurück; einzelne Arten jedoch erſcheinen ſchon viel früher, manche bereits Nachmittags
zwiſchen drei und fünf Uhr und ſchwärmen trotz des hellſten Sonnenſcheins luſtig herum. Jede Art
hat ihre eigenthümlichen Jagdgebiete: in Wäldern, Baumgärten, Alleen und Straßen, über langſam
fließenden oder ſtehenden Waſſerflächen u. ſ. w., aber ſeltener im freien Felde, aus dem ſehr einfachen
Grunde, weil es dort für ſie Nichts zu jagen giebt. Jn dem reichern Süden finden ſie ſich auch dort,
namentlich über Mais- und Reisfeldern, weil dieſe ſtets eine Menge von Kerbthieren beherbergen
und hierdurch den Fledermäuſen gute Beute liefern. Gewöhnlich ſtreichen ſie nur durch ein kleines
Gebiet von vielleicht tauſend Schritten im Durchmeſſer. Andere, d. h. die größeren, mögen vielleicht
über eine halbe Stunde Wegs durchſtreifen, und von den großen ſüdlichen Arten, den ſogenannten
Flatterhunden, behauptet man, daß ſie wohl auch mehrere Meilen weit reiſen könnten. Sobald
ſie müde werden, hängen ſie ſich, wie ich ſchon bemerkte, eine Zeit lang auf und ſchwärmen weiter,
nachdem ſie ausgeruht haben. Die Fledermäuſe ſcheinen ſich gewiſſermaßen abzulöſen; denn die Früh-
fliegenden ſchwärmen blos in der Dämmerung, andere nach und vor der Morgendämmerung, wieder
andere blos in den mittleren Nachtſtunden umher.
Bei Tage halten ſich alle Flatterthiere verſteckt in den verſchiedenartigſten Schlupfwinkeln. Bei
uns zu Lande ſind hohle Bäume, leere Häuſer und ſeltener auch Felſenritzen oder Höhlen ihre Schlaf-
plätze. Jm Süden hängen ſich viele Arten frei an die Baumzweige auf, ſobald dieſe ein dichtes Dach
bilden, bei weitem die meiſten aber wohnen in Höhlen der Gebirge, in alten Ruinen, Tempeln und
dergleichen. Gebäude, in denen ſie wenig geſtört werden, ſind ihnen ſtets erwünſchte Aufenthaltsorte.
Jn Südamerika, zuweilen auch bei uns, ſchlafen ſie oft unter Baumrinden. Nicht ſelten ruhen ſie
auch in Schornſteinen, und daher iſt die oft ausgeſprochene und ebenſo oft mit Recht bekämpfte
Meinung entſtanden, daß ſie dem Speck und anderm geräucherten Fleiſche nachgingen. Sie ſind
in der Aufſuchung ihrer Schlupfwinkel keineswegs ſehr wähleriſch, nur müſſen dieſe trocken, warm,
geſchützt und beſonders von oben gedeckt ſein, womöglich auch vom Eingang an in die Höhe gehen.
Sie ſind geſellig, doch nur unter gewiſſen Umſtänden. Manche veſchiedene Arten haſſen
ſich und freſſen einander auf, wenn ſich Dies paßt. Die blutſaugenden Blattnaſen z. B.
greifen, wie Kolenati ſehr hübſch beobachtete, die großöhrigen Fledermäuſe an, um
ihnen Blut auszufaugen, und dieſe freſſen ihre Feinde dafür auf, handeln alſo vernünftiger, als
Menſchen, welche ſich von Blutſaugern ihres Geſchlechts ruhig brandſchatzen laſſen, ohne ſie un-
ſchädlich zu machen.
Die Nahrung der Flatterthiere beſteht in Früchten, in Kerbthieren, unter Umſtänden auch in
Wirbelthieren und in dem Blute, welches ſie größeren Thieren ausſaugen. Die in Europa wohnenden
Flatterthiere, bekanntlich nur echte Fledermäuſe, verzehren blos Kerbthiere, namentlich Nachtſchmetter-
linge, Käfer, Fliegen und Mücken. Der Verdacht, daß ſie Speck freſſen, iſt ein vollkommen un-
gerechtfertigter; denn ſie verhungern lieber, ehe ſie denſelben anrühren, während ſie dagegen lebende
Kerfe auch in der Gefangenſchaft mit Gier verſchlingen. Nachtſchmetterlinge, Käfer, Fliegen und
Mücken bilden ihre Hauptnahrung, und wenn man am Morgen nach warmen Sommernächten in Baum-
gängen hingeht, findet man gewiß ſehr häufig die Ueberbleibſel ihrer Mahlzeiten, namentlich ab-
gefreſſene Flügel und dergleichen. Jhr Hunger iſt außerordentlich; die größeren freſſen bequem ein
Dutzend Maikäfer, die kleinſten ein Schock Fliegen, ohne geſättigt zu ſein. Größere Kerfe ſtemmen ſie,
nachdem ſie dieſelben gefangen haben, an die Bruſt und freſſen ſie ſo langſam hinter; kleinere werden
ohne weiteres verſchlungen. Je lebhafter ihre Bewegung iſt, um ſo mehr Nahrung bedürfen ſie, und
aus dieſem Grunde ſind ſie für uns außerordentlich nützliche Thiere, welche die größtmöglichſte
Schonung verdienen. Nicht ſo iſt es mit den blutſaugenden Fledermäuſen, welche zuweilen recht
ſchädlich werden können, oder auch mit den Fruchtfreſſern aus unſerer Ordnung, welche nicht ſelten
ganze Fruchtpflanzungen, zumal Weinberge zerſtören.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/215>, abgerufen am 28.11.2024.
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