Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.Kennzeichnung. Freileben. eilen deshalb, auch wenn sie nur wenig sich anstrengen, immerhin so schnell vorwärts, daß der Jägerdurchaus keine Zeit zu verlieren hat, wenn er ihnen folgen will. Jn ihren Baumwipfeln benehmen sie sich geschickt genug. Sie klettern sicher und führen zuweilen kleine Sprünge aus. Doch werfen oder schleudern sie ihre Glieder bei allen Bewegungen sonderbar hin und her. Der Schwanz wird gewöhnlich vorausgeschickt, einen Anhalt zu suchen, ehe der Asse sich entschließt, den Ast, auf welchem er sitzt, zu verlassen. Zuweilen findet man ganze Gesellschaften, welche sich an den Schwänzen auf- gehängt haben und die auffallendsten Gruppen bilden. Nicht selten sitzt oder liegt auch die Familie in träger Ruhe auf Aesten und Zweigen, behaglich sich sonnend, den Kopf oft nach hinten gebogen, die Arme auf dem Rücken verschränkt, die Augen gen Himmel gehoben. Auf ebenem Boden arbeiten sie sich mühselig fort. Man möchte selbst ängstlich werden, wenn man sie gehen sieht. Der Gang ist schwankend und unsicher im allerhöchsten Grade, und der lange Schwanz, welcher in der Absicht, das Gleichgewicht herzustellen, aus Verzweiflung hin und her bewegt wird, erhöht nur noch das Ungelenke der Bewegung. Uebrigens haben europäische Beobachter die Klammeraffen niemals auf [Abbildung]
Der Marimonda (Ateles Beelzebuth). dem Boden gesehen, und Prinz Max von Wied behauptet, daß sie, so lange sie gesund sind, nur dannauf die Erde herabkommen, wenn es ihnen unmöglich wird, von tiefen Zweigen aus zu trinken, wie sie sonst thun. Die Fortpflanzung der Klammeraffen fällt in die Monate August und September; wenigstens Jn den reichen Urwäldern können die wenig begehrenden Klammeraffen, welche sich mit Blättern Kennzeichnung. Freileben. eilen deshalb, auch wenn ſie nur wenig ſich anſtrengen, immerhin ſo ſchnell vorwärts, daß der Jägerdurchaus keine Zeit zu verlieren hat, wenn er ihnen folgen will. Jn ihren Baumwipfeln benehmen ſie ſich geſchickt genug. Sie klettern ſicher und führen zuweilen kleine Sprünge aus. Doch werfen oder ſchleudern ſie ihre Glieder bei allen Bewegungen ſonderbar hin und her. Der Schwanz wird gewöhnlich vorausgeſchickt, einen Anhalt zu ſuchen, ehe der Aſſe ſich entſchließt, den Aſt, auf welchem er ſitzt, zu verlaſſen. Zuweilen findet man ganze Geſellſchaften, welche ſich an den Schwänzen auf- gehängt haben und die auffallendſten Gruppen bilden. Nicht ſelten ſitzt oder liegt auch die Familie in träger Ruhe auf Aeſten und Zweigen, behaglich ſich ſonnend, den Kopf oft nach hinten gebogen, die Arme auf dem Rücken verſchränkt, die Augen gen Himmel gehoben. Auf ebenem Boden arbeiten ſie ſich mühſelig fort. Man möchte ſelbſt ängſtlich werden, wenn man ſie gehen ſieht. Der Gang iſt ſchwankend und unſicher im allerhöchſten Grade, und der lange Schwanz, welcher in der Abſicht, das Gleichgewicht herzuſtellen, aus Verzweiflung hin und her bewegt wird, erhöht nur noch das Ungelenke der Bewegung. Uebrigens haben europäiſche Beobachter die Klammeraffen niemals auf [Abbildung]
Der Marimonda (Ateles Beelzebuth). dem Boden geſehen, und Prinz Max von Wied behauptet, daß ſie, ſo lange ſie geſund ſind, nur dannauf die Erde herabkommen, wenn es ihnen unmöglich wird, von tiefen Zweigen aus zu trinken, wie ſie ſonſt thun. Die Fortpflanzung der Klammeraffen fällt in die Monate Auguſt und September; wenigſtens Jn den reichen Urwäldern können die wenig begehrenden Klammeraffen, welche ſich mit Blättern <TEI> <text> <body> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0161" n="103"/><fw place="top" type="header">Kennzeichnung. Freileben.</fw><lb/> eilen deshalb, auch wenn ſie nur wenig ſich anſtrengen, immerhin ſo ſchnell vorwärts, daß der Jäger<lb/> durchaus keine Zeit zu verlieren hat, wenn er ihnen folgen will. Jn ihren Baumwipfeln benehmen<lb/> ſie ſich geſchickt genug. Sie klettern ſicher und führen zuweilen kleine Sprünge aus. Doch werfen<lb/> oder ſchleudern ſie ihre Glieder bei allen Bewegungen ſonderbar hin und her. Der Schwanz wird<lb/> gewöhnlich vorausgeſchickt, einen Anhalt zu ſuchen, ehe der Aſſe ſich entſchließt, den Aſt, auf welchem<lb/> er ſitzt, zu verlaſſen. Zuweilen findet man ganze Geſellſchaften, welche ſich an den Schwänzen auf-<lb/> gehängt haben und die auffallendſten Gruppen bilden. Nicht ſelten ſitzt oder liegt auch die Familie<lb/> in träger Ruhe auf Aeſten und Zweigen, behaglich ſich ſonnend, den Kopf oft nach hinten gebogen,<lb/> die Arme auf dem Rücken verſchränkt, die Augen gen Himmel gehoben. Auf ebenem Boden arbeiten<lb/> ſie ſich mühſelig fort. Man möchte ſelbſt ängſtlich werden, wenn man ſie gehen ſieht. Der Gang iſt<lb/> ſchwankend und unſicher im allerhöchſten Grade, und der lange Schwanz, welcher in der Abſicht,<lb/> das Gleichgewicht herzuſtellen, aus Verzweiflung hin und her bewegt wird, erhöht nur noch das<lb/> Ungelenke der Bewegung. Uebrigens haben europäiſche Beobachter die Klammeraffen niemals auf<lb/><figure><head><hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Der Marimonda</hi> (<hi rendition="#aq">Ateles Beelzebuth</hi>).</hi></head></figure><lb/> dem Boden geſehen, und Prinz Max von Wied behauptet, daß ſie, ſo lange ſie geſund ſind, nur dann<lb/> auf die Erde herabkommen, wenn es ihnen unmöglich wird, von tiefen Zweigen aus zu trinken,<lb/> wie ſie ſonſt thun.</p><lb/> <p>Die Fortpflanzung der Klammeraffen fällt in die Monate Auguſt und September; wenigſtens<lb/> gewahrt man um dieſe Zeit Mütter mit hängenden Jungen. Letztere werden entweder unter dem<lb/> Arme oder auf dem Rücken getragen.</p><lb/> <p>Jn den reichen Urwäldern können die wenig begehrenden Klammeraffen, welche ſich mit Blättern<lb/> und Früchten begnügen, Niemandem Schaden thun. Gleichwohl werden ſie eifrig verfolgt. Die<lb/> Portugieſen benutzen ihr Fell, die Wilden eſſen ihr Fleiſch; manche Jndianerſtämme ziehen es<lb/> allem übrigen Wildpret vor. Sie unternehmen in ſtarken Geſellſchaften Jagdzüge, auf denen<lb/> Hunderte erlegt werden. Das heimgebrachte Wild wird enthäutet und in ſitzender Stellung<lb/> geräuchert. Mit ſolchem Rauchfleiſch treibt man denſelben Handel, wie mit dem Fleiſch der Brüll-<lb/> affen; denn auch andere Stämme ſuchen ſich den Genuß, welchen ihre Heimat ihnen nicht bietet, durch<lb/> Tauſch zu verſchaffen.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [103/0161]
Kennzeichnung. Freileben.
eilen deshalb, auch wenn ſie nur wenig ſich anſtrengen, immerhin ſo ſchnell vorwärts, daß der Jäger
durchaus keine Zeit zu verlieren hat, wenn er ihnen folgen will. Jn ihren Baumwipfeln benehmen
ſie ſich geſchickt genug. Sie klettern ſicher und führen zuweilen kleine Sprünge aus. Doch werfen
oder ſchleudern ſie ihre Glieder bei allen Bewegungen ſonderbar hin und her. Der Schwanz wird
gewöhnlich vorausgeſchickt, einen Anhalt zu ſuchen, ehe der Aſſe ſich entſchließt, den Aſt, auf welchem
er ſitzt, zu verlaſſen. Zuweilen findet man ganze Geſellſchaften, welche ſich an den Schwänzen auf-
gehängt haben und die auffallendſten Gruppen bilden. Nicht ſelten ſitzt oder liegt auch die Familie
in träger Ruhe auf Aeſten und Zweigen, behaglich ſich ſonnend, den Kopf oft nach hinten gebogen,
die Arme auf dem Rücken verſchränkt, die Augen gen Himmel gehoben. Auf ebenem Boden arbeiten
ſie ſich mühſelig fort. Man möchte ſelbſt ängſtlich werden, wenn man ſie gehen ſieht. Der Gang iſt
ſchwankend und unſicher im allerhöchſten Grade, und der lange Schwanz, welcher in der Abſicht,
das Gleichgewicht herzuſtellen, aus Verzweiflung hin und her bewegt wird, erhöht nur noch das
Ungelenke der Bewegung. Uebrigens haben europäiſche Beobachter die Klammeraffen niemals auf
[Abbildung Der Marimonda (Ateles Beelzebuth).]
dem Boden geſehen, und Prinz Max von Wied behauptet, daß ſie, ſo lange ſie geſund ſind, nur dann
auf die Erde herabkommen, wenn es ihnen unmöglich wird, von tiefen Zweigen aus zu trinken,
wie ſie ſonſt thun.
Die Fortpflanzung der Klammeraffen fällt in die Monate Auguſt und September; wenigſtens
gewahrt man um dieſe Zeit Mütter mit hängenden Jungen. Letztere werden entweder unter dem
Arme oder auf dem Rücken getragen.
Jn den reichen Urwäldern können die wenig begehrenden Klammeraffen, welche ſich mit Blättern
und Früchten begnügen, Niemandem Schaden thun. Gleichwohl werden ſie eifrig verfolgt. Die
Portugieſen benutzen ihr Fell, die Wilden eſſen ihr Fleiſch; manche Jndianerſtämme ziehen es
allem übrigen Wildpret vor. Sie unternehmen in ſtarken Geſellſchaften Jagdzüge, auf denen
Hunderte erlegt werden. Das heimgebrachte Wild wird enthäutet und in ſitzender Stellung
geräuchert. Mit ſolchem Rauchfleiſch treibt man denſelben Handel, wie mit dem Fleiſch der Brüll-
affen; denn auch andere Stämme ſuchen ſich den Genuß, welchen ihre Heimat ihnen nicht bietet, durch
Tauſch zu verſchaffen.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |