Streiche mit ihnen, lehrten ihnen allerhand Unsinn, machten die allersonderbarsten Versuche. Allein gerade hierdurch lernten wir die merkwürdigen Burschen sehr genau kennen. Und jetzt, wo mich das Leben der Thiere mehr und mehr anzieht und zu immer umfassendern Beobachtungen in dieser Richtung antreibt, sind mir jene tollen Streiche sehr wichtig geworden.
Unsere Affen erhielten Reitstunden. Ein dicker Esel, das unentbehrliche Reitthier eines noch dickern und jedenfalls unausstehlichern Griechen, wurde dazu benutzt. Die Affen schauderten, als sie das erste Mal sich auf den Rücken des Esels setzen sollten; doch genügte eine einzige Lehrstunde, um ihnen den Werth der höhern Reitkunst vollkommen klarzumachen, und schon nach wenig Abenden hatten wir das Vergnügen, alle Affen sattelfest, wenn auch verzweiflungsvoll, auf dem Esel sitzen zu sehen, welcher seinerseits über die ihm gemachten Zumuthungen in nicht geringe Aufregung versetzt wurde. Wie vortrefflich unseren Pavianen ihre Hände zustatten kamen, wurde bei diesen Versuchen recht augenscheinlich. Wir hatten ihnen gelehrt, sich wie ein Mensch auf den Rücken des geduldigen Langohrs zu setzen, und zwar ihrer drei, vier, ja fünf zu gleicher Zeit. Der Erste umhalste den Esel in der zärtlichsten Weise mit seinen Vorderarmen; mit den hinteren Händen aber krampfte er sich in dem Felle des Thieres so fest, daß er mit demselben zusammengewachsen zu sein schien. Sein hinter ihm sitzender Mitreiter klammerte sich mit seinen Vorderhänden an ihn an, mit den Hinterhänden aber genau in derselben Weise, wie jener, an den Esel, und so alle übrigen Reiter! Jch brauche wohl nicht zu versichern, daß man sich unmöglich einen tollern Anblick denken kann, als vier oder fünf Affen auf dem Rücken des oft genug und mit vollem Rechte störrisch werdenden Grauthiers.
Alle unsere Paviane theilten mit den Eingebornen die Leidenschaft für die Merisa, eine Art Bier, welche die Sudahnesen aus den Körnern der Durrah oder des Dohhen zu bereiten wissen. Sie berauschten sich oft in diesem Getränke und bewiesen mir dadurch, daß die Sudahnesen mich der Wahrheit gemäß über den Fang der Paviane unterrichtet hatten. Rothwein -- andern hatten wir nicht -- tranken die Affen auch, Branntwein verschmähten sie aber immer. Einmal gossen wir ihnen ein Gläschen davon mit Gewalt in das Maul. Die Folge zeigte sich bald, zumal unsere Thiere vorher schon hinreichend oft die Merisa gekostet hatten. Sie wurden vollständig betrunken und schnitten die allerfürchterlichsten Gesichter, wurden übermüthig, leidenschaftlich, thierisch, kurz gaben mir ein abschreckendes Zerrbild eines rohen, betrunkenen Menschen. Am andern Morgen stellte sich der Katzenjammer mit all seinen Schrecken ein. Die von dieser unheimlichen Plage befallenen Paviane machten jetzt Gesichter, welche wahrhaft erbarmungswürdig aussahen. Man merkte es ihnen an, daß ein heftiger Kopffchmerz sie peinige; sie hielten sich wohl auch wie Menschen unter solchen Umständen mit beiden Händen das beschwerte Haupt und ließen von Zeit zu Zeit die verständlichsten Klagen hören. Wie der Katzenjammer ihnen mitspielte, zeigten sie dadurch, daß sie nicht nur das ihnen gebrachte Futter, sondern auch die ihnen dargereichte Merisa verschmähten und sich von Wein, den sie sonst sehr liebten, mit Abscheu wegwandten. Dagegen erquickten sie kleine saftige Citronen außerordentlich: kurz, sie geberdeten sich auch hierin wieder vollkommen menschlich.
Mit den anderen Thieren, welche ich lebendig hielt, vertrugen sie sich sehr gut. Eine zahme Löwin, von der ich weiter unten berichten werde, ängstigte zwar die Meerkatzen auf das höchste, nicht aber die muthigen Hundsköpfe. Sie flohen auch, wenn sich das gefürchtete Thier nahte, hielten ihm aber tapfer Stand, sowie die Löwin einen Versuch machte, einen Pavian wirklich anzu- greifen. Dasselbe habe ich später stets beobachtet. Meine zahmen Paviane flohen z. B. vor Jagdhunden, welche ich auf sie hetzte, trieben dieselben jedoch augenblicklich in die Flucht, wenn einer der Hunde es wirklich gewagt hatte, sie am Fell zu packen. Der flüchtende Affe sprang dann unter furchtbarem Gebrüll blitzschuell herum, hing sich mit unglaublicher Gewandtheit an den Hund an und maulschellirte, biß und kratzte ihn derartig, daß dieser in höchster Verblüffung und gewöhnlich heulend das Weite suchen mußte. Um so lächerlicher war ihre jedes Maß übersteigende Furcht vor Lurchen aller Art. Eine unschuldige Eidechse, ein harmloser Frosch brachten sie förmlich in Verzweiflung! Sie rasten dann, suchten die Höhe zu gewinnen und klammerten sich krampfhaft an Balken und Mauern fest, soweit es
Die Affen. Hundsköpfe. — Babuin.
Streiche mit ihnen, lehrten ihnen allerhand Unſinn, machten die allerſonderbarſten Verſuche. Allein gerade hierdurch lernten wir die merkwürdigen Burſchen ſehr genau kennen. Und jetzt, wo mich das Leben der Thiere mehr und mehr anzieht und zu immer umfaſſendern Beobachtungen in dieſer Richtung antreibt, ſind mir jene tollen Streiche ſehr wichtig geworden.
Unſere Affen erhielten Reitſtunden. Ein dicker Eſel, das unentbehrliche Reitthier eines noch dickern und jedenfalls unausſtehlichern Griechen, wurde dazu benutzt. Die Affen ſchauderten, als ſie das erſte Mal ſich auf den Rücken des Eſels ſetzen ſollten; doch genügte eine einzige Lehrſtunde, um ihnen den Werth der höhern Reitkunſt vollkommen klarzumachen, und ſchon nach wenig Abenden hatten wir das Vergnügen, alle Affen ſattelfeſt, wenn auch verzweiflungsvoll, auf dem Eſel ſitzen zu ſehen, welcher ſeinerſeits über die ihm gemachten Zumuthungen in nicht geringe Aufregung verſetzt wurde. Wie vortrefflich unſeren Pavianen ihre Hände zuſtatten kamen, wurde bei dieſen Verſuchen recht augenſcheinlich. Wir hatten ihnen gelehrt, ſich wie ein Menſch auf den Rücken des geduldigen Langohrs zu ſetzen, und zwar ihrer drei, vier, ja fünf zu gleicher Zeit. Der Erſte umhalſte den Eſel in der zärtlichſten Weiſe mit ſeinen Vorderarmen; mit den hinteren Händen aber krampfte er ſich in dem Felle des Thieres ſo feſt, daß er mit demſelben zuſammengewachſen zu ſein ſchien. Sein hinter ihm ſitzender Mitreiter klammerte ſich mit ſeinen Vorderhänden an ihn an, mit den Hinterhänden aber genau in derſelben Weiſe, wie jener, an den Eſel, und ſo alle übrigen Reiter! Jch brauche wohl nicht zu verſichern, daß man ſich unmöglich einen tollern Anblick denken kann, als vier oder fünf Affen auf dem Rücken des oft genug und mit vollem Rechte ſtörriſch werdenden Grauthiers.
Alle unſere Paviane theilten mit den Eingebornen die Leidenſchaft für die Meriſa, eine Art Bier, welche die Sudahneſen aus den Körnern der Durrah oder des Dohhen zu bereiten wiſſen. Sie berauſchten ſich oft in dieſem Getränke und bewieſen mir dadurch, daß die Sudahneſen mich der Wahrheit gemäß über den Fang der Paviane unterrichtet hatten. Rothwein — andern hatten wir nicht — tranken die Affen auch, Branntwein verſchmähten ſie aber immer. Einmal goſſen wir ihnen ein Gläschen davon mit Gewalt in das Maul. Die Folge zeigte ſich bald, zumal unſere Thiere vorher ſchon hinreichend oft die Meriſa gekoſtet hatten. Sie wurden vollſtändig betrunken und ſchnitten die allerfürchterlichſten Geſichter, wurden übermüthig, leidenſchaftlich, thieriſch, kurz gaben mir ein abſchreckendes Zerrbild eines rohen, betrunkenen Menſchen. Am andern Morgen ſtellte ſich der Katzenjammer mit all ſeinen Schrecken ein. Die von dieſer unheimlichen Plage befallenen Paviane machten jetzt Geſichter, welche wahrhaft erbarmungswürdig ausſahen. Man merkte es ihnen an, daß ein heftiger Kopffchmerz ſie peinige; ſie hielten ſich wohl auch wie Menſchen unter ſolchen Umſtänden mit beiden Händen das beſchwerte Haupt und ließen von Zeit zu Zeit die verſtändlichſten Klagen hören. Wie der Katzenjammer ihnen mitſpielte, zeigten ſie dadurch, daß ſie nicht nur das ihnen gebrachte Futter, ſondern auch die ihnen dargereichte Meriſa verſchmähten und ſich von Wein, den ſie ſonſt ſehr liebten, mit Abſcheu wegwandten. Dagegen erquickten ſie kleine ſaftige Citronen außerordentlich: kurz, ſie geberdeten ſich auch hierin wieder vollkommen menſchlich.
Mit den anderen Thieren, welche ich lebendig hielt, vertrugen ſie ſich ſehr gut. Eine zahme Löwin, von der ich weiter unten berichten werde, ängſtigte zwar die Meerkatzen auf das höchſte, nicht aber die muthigen Hundsköpfe. Sie flohen auch, wenn ſich das gefürchtete Thier nahte, hielten ihm aber tapfer Stand, ſowie die Löwin einen Verſuch machte, einen Pavian wirklich anzu- greifen. Daſſelbe habe ich ſpäter ſtets beobachtet. Meine zahmen Paviane flohen z. B. vor Jagdhunden, welche ich auf ſie hetzte, trieben dieſelben jedoch augenblicklich in die Flucht, wenn einer der Hunde es wirklich gewagt hatte, ſie am Fell zu packen. Der flüchtende Affe ſprang dann unter furchtbarem Gebrüll blitzſchuell herum, hing ſich mit unglaublicher Gewandtheit an den Hund an und maulſchellirte, biß und kratzte ihn derartig, daß dieſer in höchſter Verblüffung und gewöhnlich heulend das Weite ſuchen mußte. Um ſo lächerlicher war ihre jedes Maß überſteigende Furcht vor Lurchen aller Art. Eine unſchuldige Eidechſe, ein harmloſer Froſch brachten ſie förmlich in Verzweiflung! Sie raſten dann, ſuchten die Höhe zu gewinnen und klammerten ſich krampfhaft an Balken und Mauern feſt, ſoweit es
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[86/0142]
Die Affen. Hundsköpfe. — Babuin.
Streiche mit ihnen, lehrten ihnen allerhand Unſinn, machten die allerſonderbarſten Verſuche. Allein
gerade hierdurch lernten wir die merkwürdigen Burſchen ſehr genau kennen. Und jetzt, wo mich das
Leben der Thiere mehr und mehr anzieht und zu immer umfaſſendern Beobachtungen in dieſer Richtung
antreibt, ſind mir jene tollen Streiche ſehr wichtig geworden.
Unſere Affen erhielten Reitſtunden. Ein dicker Eſel, das unentbehrliche Reitthier eines noch
dickern und jedenfalls unausſtehlichern Griechen, wurde dazu benutzt. Die Affen ſchauderten, als
ſie das erſte Mal ſich auf den Rücken des Eſels ſetzen ſollten; doch genügte eine einzige Lehrſtunde,
um ihnen den Werth der höhern Reitkunſt vollkommen klarzumachen, und ſchon nach wenig Abenden
hatten wir das Vergnügen, alle Affen ſattelfeſt, wenn auch verzweiflungsvoll, auf dem Eſel ſitzen zu
ſehen, welcher ſeinerſeits über die ihm gemachten Zumuthungen in nicht geringe Aufregung verſetzt
wurde. Wie vortrefflich unſeren Pavianen ihre Hände zuſtatten kamen, wurde bei dieſen Verſuchen
recht augenſcheinlich. Wir hatten ihnen gelehrt, ſich wie ein Menſch auf den Rücken des geduldigen
Langohrs zu ſetzen, und zwar ihrer drei, vier, ja fünf zu gleicher Zeit. Der Erſte umhalſte den Eſel
in der zärtlichſten Weiſe mit ſeinen Vorderarmen; mit den hinteren Händen aber krampfte er ſich in dem
Felle des Thieres ſo feſt, daß er mit demſelben zuſammengewachſen zu ſein ſchien. Sein hinter ihm
ſitzender Mitreiter klammerte ſich mit ſeinen Vorderhänden an ihn an, mit den Hinterhänden aber
genau in derſelben Weiſe, wie jener, an den Eſel, und ſo alle übrigen Reiter! Jch brauche wohl
nicht zu verſichern, daß man ſich unmöglich einen tollern Anblick denken kann, als vier oder fünf
Affen auf dem Rücken des oft genug und mit vollem Rechte ſtörriſch werdenden Grauthiers.
Alle unſere Paviane theilten mit den Eingebornen die Leidenſchaft für die Meriſa, eine Art
Bier, welche die Sudahneſen aus den Körnern der Durrah oder des Dohhen zu bereiten wiſſen.
Sie berauſchten ſich oft in dieſem Getränke und bewieſen mir dadurch, daß die Sudahneſen mich der
Wahrheit gemäß über den Fang der Paviane unterrichtet hatten. Rothwein — andern hatten wir
nicht — tranken die Affen auch, Branntwein verſchmähten ſie aber immer. Einmal goſſen wir ihnen
ein Gläschen davon mit Gewalt in das Maul. Die Folge zeigte ſich bald, zumal unſere Thiere
vorher ſchon hinreichend oft die Meriſa gekoſtet hatten. Sie wurden vollſtändig betrunken und ſchnitten
die allerfürchterlichſten Geſichter, wurden übermüthig, leidenſchaftlich, thieriſch, kurz gaben mir ein
abſchreckendes Zerrbild eines rohen, betrunkenen Menſchen. Am andern Morgen ſtellte ſich der
Katzenjammer mit all ſeinen Schrecken ein. Die von dieſer unheimlichen Plage befallenen Paviane
machten jetzt Geſichter, welche wahrhaft erbarmungswürdig ausſahen. Man merkte es ihnen an,
daß ein heftiger Kopffchmerz ſie peinige; ſie hielten ſich wohl auch wie Menſchen unter ſolchen
Umſtänden mit beiden Händen das beſchwerte Haupt und ließen von Zeit zu Zeit die verſtändlichſten
Klagen hören. Wie der Katzenjammer ihnen mitſpielte, zeigten ſie dadurch, daß ſie nicht nur das
ihnen gebrachte Futter, ſondern auch die ihnen dargereichte Meriſa verſchmähten und ſich von Wein,
den ſie ſonſt ſehr liebten, mit Abſcheu wegwandten. Dagegen erquickten ſie kleine ſaftige Citronen
außerordentlich: kurz, ſie geberdeten ſich auch hierin wieder vollkommen menſchlich.
Mit den anderen Thieren, welche ich lebendig hielt, vertrugen ſie ſich ſehr gut. Eine zahme
Löwin, von der ich weiter unten berichten werde, ängſtigte zwar die Meerkatzen auf das höchſte,
nicht aber die muthigen Hundsköpfe. Sie flohen auch, wenn ſich das gefürchtete Thier nahte,
hielten ihm aber tapfer Stand, ſowie die Löwin einen Verſuch machte, einen Pavian wirklich anzu-
greifen. Daſſelbe habe ich ſpäter ſtets beobachtet. Meine zahmen Paviane flohen z. B. vor Jagdhunden,
welche ich auf ſie hetzte, trieben dieſelben jedoch augenblicklich in die Flucht, wenn einer der Hunde es
wirklich gewagt hatte, ſie am Fell zu packen. Der flüchtende Affe ſprang dann unter furchtbarem
Gebrüll blitzſchuell herum, hing ſich mit unglaublicher Gewandtheit an den Hund an und maulſchellirte,
biß und kratzte ihn derartig, daß dieſer in höchſter Verblüffung und gewöhnlich heulend das Weite
ſuchen mußte. Um ſo lächerlicher war ihre jedes Maß überſteigende Furcht vor Lurchen aller Art. Eine
unſchuldige Eidechſe, ein harmloſer Froſch brachten ſie förmlich in Verzweiflung! Sie raſten dann,
ſuchten die Höhe zu gewinnen und klammerten ſich krampfhaft an Balken und Mauern feſt, ſoweit es
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/142>, abgerufen am 25.11.2024.
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