Der Gelada bewohnt nach Rüpell die höheren Berggipfel in Simeen, dem eigentlichen Hoch- lande von Abissinien. Schimper sagte mir, daß man ihn gewöhnlich in einem Höhengürtel findet, welcher zwischen 9--14,000 Fuß über dem Meere liegt. Hier lebt er in ungeheuren Scharen; an der unteren Gränze seines Hochgebirges dagegen erscheinen nur kleine Trupps von 100 bis 200 Stück. Auch er verläßt die felsigen, mit Gestrüpp bedeckten Wände blos, um in der Tiefe zu rauben. Seine gewöhnliche Nahrung besteht aus verschiedenen Zwiebeln, welche er ausgräbt, Orchideen, Liliaceen, aus Gräsern, Kräutern, Früchten aller Art, und selbstverständlich auch Kerb- thieren, Würmern, Schnecken und dergleichen. Die Felder besucht er ebenfalls und zwar, wie die Abissinier behaupten, immer genau zu der Zeit, in welcher der Wächter nicht vorhanden ist. Obgleich weit weniger unverschämt und zudringlich, als der Hamadryas, richtet doch auch er großen Schaden an, hauptsächlich deshalb, weil er immer in Menge einfällt. Vor dem Menschen flüchtet stets die ganze Herde, ohne sich jemals zu vertheidigen; doch ist es immerhin nicht rathsam, einem aufs äußerste getriebenen Gelada zu nahe zu kommen: denn sein Gebiß ist mindestens ebenso furchtbar, wie das seines Verwandten.
Mit diesem lebt der Gelada durchaus nicht in freundschaftlichen Verhältnissen. Die Berge von Simeen gleichen großen Häusern: sie fallen von oben her nur sanft, ungefähr dachartig, dann aber plötzlich Tausende von Fußen mehr oder weniger steil, bis senkrecht ab. Jn diesen Wänden nun giebt es Felsenhöhlen genug, in denen unsere Affen schlafen. Bei Tage sieht man sie oft in langen Reihen, zu Tausenden vereinigt, auf den Gesimsen und Vorsprüngen sitzen. Sie haben dann ihren Futtergang beendet und sind gesättigt von oben herabgekommen. Selten steigen sie bis zu dem Fuße der steilen Wandungen hernieder, eben, um einmal ein Feld da unten zu besuchen. Bei solchen Aus- flügen treffen sie dann zuweilen mit den Hamadryaden zusammen, und nunmehr beginnt eine förm- liche Schlacht zwischen beiden Heeren. Die Feindschaft der Gegner muß sehr groß sein. Man bemerkt Dies an dem unglaublichen Zorne, mit welchem sie auf einander losstürmen. Zwar kommt es nicht zu ernsthaften Angriffen, aber doch zur Fehde. Geladas und Hamadryaden erheben ein furcht- bares Geschrei; dann rollen erstere große Steine auf letztere herab, denen diese mit funkelnden Blicken unter Brüllen, Brummen und Bellen auszuweichen suchen. Einzelne alte Recken stürmen auch wohl auf einander los und suchen sich gegenseitig zu packen. Sie zausen sich dann tüchtig an dem ihre Männlichkeit bekundenden Mantel und beißen sich sogar mitunter; allein in der Haupt- sache bleibt es beim Geschrei und bei den wuthfunkelnden Blicken. Für den Zuschauer haben diese Kämpfe etwas überaus Ergötzendes.
Schimper glaubt übrigens, daß aller Feindschaft zum Trotz zuweilen Vermischungen zwischen Gelada und Hamadryas vorkommen.
Nach der festen Ueberzeugung genannten Forschers giebt es in Habesch einen andern Affen, kleiner und grauer, als der Gelada, sonst ihm aber ähnlich, welcher sich nicht nur durch anderes Geschrei auszeichnet, sondern auch mehr in der Tiefe, sowie in Herden von geringerer Zahl vor- kommt und sich durch verschiedene Lebensweise unterscheidet. Er soll den Hamadryas auf seinen Raubzügen begleiten oder ihm vielmehr in die Getreidefelder folgen und dort sich friedlich zu ihm stellen. Nach der Beschreibung, welche Schimper nach Paris sandte, wurde das betreffende Thier für eine neue Art erklärt.
Endlich findet sich in dem Wunderlande Abissinien noch ein gewaltiger, unseren Museen gänzlich unbekannter Affe, größer als ein Mensch, ganz schwarz, sehr roth auf den nackten Stellen der Brust, welcher in Gestalt und Lebensweise dem Gelada am meisten ähnelt, jedoch in Herden von nur 30 oder 40 Stück lebt und sich nur in Höhen findet, welche selten bestiegen werden. Schimper sah eine einzige Herde dieser fraglichen Thiere und konnte trotz aller Mühe von seinen Jägern blos ein Stück, aber leider ein Junges, erhalten. Dieses hatte mit gleich alten Geladas kaum Aehnlichkeit; es unter- schied sich in jeder Hinsicht.
Die Affen. Hundsköpfe. — Gelada. Babuin.
Der Gelada bewohnt nach Rüpell die höheren Berggipfel in Simeen, dem eigentlichen Hoch- lande von Abiſſinien. Schimper ſagte mir, daß man ihn gewöhnlich in einem Höhengürtel findet, welcher zwiſchen 9—14,000 Fuß über dem Meere liegt. Hier lebt er in ungeheuren Scharen; an der unteren Gränze ſeines Hochgebirges dagegen erſcheinen nur kleine Trupps von 100 bis 200 Stück. Auch er verläßt die felſigen, mit Geſtrüpp bedeckten Wände blos, um in der Tiefe zu rauben. Seine gewöhnliche Nahrung beſteht aus verſchiedenen Zwiebeln, welche er ausgräbt, Orchideen, Liliaceen, aus Gräſern, Kräutern, Früchten aller Art, und ſelbſtverſtändlich auch Kerb- thieren, Würmern, Schnecken und dergleichen. Die Felder beſucht er ebenfalls und zwar, wie die Abiſſinier behaupten, immer genau zu der Zeit, in welcher der Wächter nicht vorhanden iſt. Obgleich weit weniger unverſchämt und zudringlich, als der Hamadryas, richtet doch auch er großen Schaden an, hauptſächlich deshalb, weil er immer in Menge einfällt. Vor dem Menſchen flüchtet ſtets die ganze Herde, ohne ſich jemals zu vertheidigen; doch iſt es immerhin nicht rathſam, einem aufs äußerſte getriebenen Gelada zu nahe zu kommen: denn ſein Gebiß iſt mindeſtens ebenſo furchtbar, wie das ſeines Verwandten.
Mit dieſem lebt der Gelada durchaus nicht in freundſchaftlichen Verhältniſſen. Die Berge von Simeen gleichen großen Häuſern: ſie fallen von oben her nur ſanft, ungefähr dachartig, dann aber plötzlich Tauſende von Fußen mehr oder weniger ſteil, bis ſenkrecht ab. Jn dieſen Wänden nun giebt es Felſenhöhlen genug, in denen unſere Affen ſchlafen. Bei Tage ſieht man ſie oft in langen Reihen, zu Tauſenden vereinigt, auf den Geſimſen und Vorſprüngen ſitzen. Sie haben dann ihren Futtergang beendet und ſind geſättigt von oben herabgekommen. Selten ſteigen ſie bis zu dem Fuße der ſteilen Wandungen hernieder, eben, um einmal ein Feld da unten zu beſuchen. Bei ſolchen Aus- flügen treffen ſie dann zuweilen mit den Hamadryaden zuſammen, und nunmehr beginnt eine förm- liche Schlacht zwiſchen beiden Heeren. Die Feindſchaft der Gegner muß ſehr groß ſein. Man bemerkt Dies an dem unglaublichen Zorne, mit welchem ſie auf einander losſtürmen. Zwar kommt es nicht zu ernſthaften Angriffen, aber doch zur Fehde. Geladas und Hamadryaden erheben ein furcht- bares Geſchrei; dann rollen erſtere große Steine auf letztere herab, denen dieſe mit funkelnden Blicken unter Brüllen, Brummen und Bellen auszuweichen ſuchen. Einzelne alte Recken ſtürmen auch wohl auf einander los und ſuchen ſich gegenſeitig zu packen. Sie zauſen ſich dann tüchtig an dem ihre Männlichkeit bekundenden Mantel und beißen ſich ſogar mitunter; allein in der Haupt- ſache bleibt es beim Geſchrei und bei den wuthfunkelnden Blicken. Für den Zuſchauer haben dieſe Kämpfe etwas überaus Ergötzendes.
Schimper glaubt übrigens, daß aller Feindſchaft zum Trotz zuweilen Vermiſchungen zwiſchen Gelada und Hamadryas vorkommen.
Nach der feſten Ueberzeugung genannten Forſchers giebt es in Habeſch einen andern Affen, kleiner und grauer, als der Gelada, ſonſt ihm aber ähnlich, welcher ſich nicht nur durch anderes Geſchrei auszeichnet, ſondern auch mehr in der Tiefe, ſowie in Herden von geringerer Zahl vor- kommt und ſich durch verſchiedene Lebensweiſe unterſcheidet. Er ſoll den Hamadryas auf ſeinen Raubzügen begleiten oder ihm vielmehr in die Getreidefelder folgen und dort ſich friedlich zu ihm ſtellen. Nach der Beſchreibung, welche Schimper nach Paris ſandte, wurde das betreffende Thier für eine neue Art erklärt.
Endlich findet ſich in dem Wunderlande Abiſſinien noch ein gewaltiger, unſeren Muſeen gänzlich unbekannter Affe, größer als ein Menſch, ganz ſchwarz, ſehr roth auf den nackten Stellen der Bruſt, welcher in Geſtalt und Lebensweiſe dem Gelada am meiſten ähnelt, jedoch in Herden von nur 30 oder 40 Stück lebt und ſich nur in Höhen findet, welche ſelten beſtiegen werden. Schimper ſah eine einzige Herde dieſer fraglichen Thiere und konnte trotz aller Mühe von ſeinen Jägern blos ein Stück, aber leider ein Junges, erhalten. Dieſes hatte mit gleich alten Geladas kaum Aehnlichkeit; es unter- ſchied ſich in jeder Hinſicht.
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[82/0138]
Die Affen. Hundsköpfe. — Gelada. Babuin.
Der Gelada bewohnt nach Rüpell die höheren Berggipfel in Simeen, dem eigentlichen Hoch-
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welcher zwiſchen 9—14,000 Fuß über dem Meere liegt. Hier lebt er in ungeheuren Scharen;
an der unteren Gränze ſeines Hochgebirges dagegen erſcheinen nur kleine Trupps von 100 bis
200 Stück. Auch er verläßt die felſigen, mit Geſtrüpp bedeckten Wände blos, um in der Tiefe zu
rauben. Seine gewöhnliche Nahrung beſteht aus verſchiedenen Zwiebeln, welche er ausgräbt,
Orchideen, Liliaceen, aus Gräſern, Kräutern, Früchten aller Art, und ſelbſtverſtändlich auch Kerb-
thieren, Würmern, Schnecken und dergleichen. Die Felder beſucht er ebenfalls und zwar, wie die
Abiſſinier behaupten, immer genau zu der Zeit, in welcher der Wächter nicht vorhanden iſt. Obgleich
weit weniger unverſchämt und zudringlich, als der Hamadryas, richtet doch auch er großen Schaden
an, hauptſächlich deshalb, weil er immer in Menge einfällt. Vor dem Menſchen flüchtet ſtets
die ganze Herde, ohne ſich jemals zu vertheidigen; doch iſt es immerhin nicht rathſam, einem aufs
äußerſte getriebenen Gelada zu nahe zu kommen: denn ſein Gebiß iſt mindeſtens ebenſo furchtbar,
wie das ſeines Verwandten.
Mit dieſem lebt der Gelada durchaus nicht in freundſchaftlichen Verhältniſſen. Die Berge von
Simeen gleichen großen Häuſern: ſie fallen von oben her nur ſanft, ungefähr dachartig, dann aber
plötzlich Tauſende von Fußen mehr oder weniger ſteil, bis ſenkrecht ab. Jn dieſen Wänden nun
giebt es Felſenhöhlen genug, in denen unſere Affen ſchlafen. Bei Tage ſieht man ſie oft in langen
Reihen, zu Tauſenden vereinigt, auf den Geſimſen und Vorſprüngen ſitzen. Sie haben dann ihren
Futtergang beendet und ſind geſättigt von oben herabgekommen. Selten ſteigen ſie bis zu dem Fuße
der ſteilen Wandungen hernieder, eben, um einmal ein Feld da unten zu beſuchen. Bei ſolchen Aus-
flügen treffen ſie dann zuweilen mit den Hamadryaden zuſammen, und nunmehr beginnt eine förm-
liche Schlacht zwiſchen beiden Heeren. Die Feindſchaft der Gegner muß ſehr groß ſein. Man
bemerkt Dies an dem unglaublichen Zorne, mit welchem ſie auf einander losſtürmen. Zwar kommt es
nicht zu ernſthaften Angriffen, aber doch zur Fehde. Geladas und Hamadryaden erheben ein furcht-
bares Geſchrei; dann rollen erſtere große Steine auf letztere herab, denen dieſe mit funkelnden
Blicken unter Brüllen, Brummen und Bellen auszuweichen ſuchen. Einzelne alte Recken ſtürmen
auch wohl auf einander los und ſuchen ſich gegenſeitig zu packen. Sie zauſen ſich dann tüchtig an
dem ihre Männlichkeit bekundenden Mantel und beißen ſich ſogar mitunter; allein in der Haupt-
ſache bleibt es beim Geſchrei und bei den wuthfunkelnden Blicken. Für den Zuſchauer haben dieſe
Kämpfe etwas überaus Ergötzendes.
Schimper glaubt übrigens, daß aller Feindſchaft zum Trotz zuweilen Vermiſchungen zwiſchen
Gelada und Hamadryas vorkommen.
Nach der feſten Ueberzeugung genannten Forſchers giebt es in Habeſch einen andern Affen,
kleiner und grauer, als der Gelada, ſonſt ihm aber ähnlich, welcher ſich nicht nur durch anderes
Geſchrei auszeichnet, ſondern auch mehr in der Tiefe, ſowie in Herden von geringerer Zahl vor-
kommt und ſich durch verſchiedene Lebensweiſe unterſcheidet. Er ſoll den Hamadryas auf ſeinen
Raubzügen begleiten oder ihm vielmehr in die Getreidefelder folgen und dort ſich friedlich zu ihm
ſtellen. Nach der Beſchreibung, welche Schimper nach Paris ſandte, wurde das betreffende Thier
für eine neue Art erklärt.
Endlich findet ſich in dem Wunderlande Abiſſinien noch ein gewaltiger, unſeren Muſeen gänzlich
unbekannter Affe, größer als ein Menſch, ganz ſchwarz, ſehr roth auf den nackten Stellen der Bruſt,
welcher in Geſtalt und Lebensweiſe dem Gelada am meiſten ähnelt, jedoch in Herden von nur 30
oder 40 Stück lebt und ſich nur in Höhen findet, welche ſelten beſtiegen werden. Schimper ſah eine
einzige Herde dieſer fraglichen Thiere und konnte trotz aller Mühe von ſeinen Jägern blos ein Stück,
aber leider ein Junges, erhalten. Dieſes hatte mit gleich alten Geladas kaum Aehnlichkeit; es unter-
ſchied ſich in jeder Hinſicht.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/138>, abgerufen am 25.11.2024.
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