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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Die Affen. Hundsköpfe. -- Hamadryas oder Mantelpavian.
machen, und in der Wuth vergißt er Alles, selbst Den, welchen er früher liebkoste. Deshalb bleiben
diese Thiere unter allen Umständen gefährlich, und ihr roher Sinn bricht durch, auch wenn sie ihn
lange Zeit gar nicht zeigten. Jhren Feinden gegenüber sind sie wahrhaft furchtbar.

Die Paviane leben sehr unbehelligt in ihrer Heimat; denn die Raubthiere und der Mensch fürchten
sie und gehen ihnen aus dem Wege, wo nur immer möglich. Sie fliehen zwar vor dem Menschen,
lassen sich aber doch, wenn es Noth thut, mit ihm, wie mit Raubthieren, in Kampf ein, und dieser
wird, weil sie regelmäßig gemeinschaftlich angreifen, oft äußerst gefährlich. Der Leopard scheint der
Hauptfeind zu sein, doch stellt er mehr den Jungen nach, als den Alten, weil er alle Ursache hat, sich
zu bedenken, ob seine Fangzähne und Klauen dem Gebiß und den Händen der Paviane gewachsen sind.
Eine Herde greift er nie an. Dies thut selbst der Löwe nicht, wie mir und anderen Reisenden die
Eingebornen einstimmig versicherten. Hunde überwältigt der Pavian ohne Mühe und gleichwohl
kennen jene edlen Thiere keine größere Lust, als die Jagd solcher Affen. Man sollte meinen, daß ein
Hund, welcher einmal mit den gefährlichen Thieren zu thun gehabt hat, sich in Zukunft weigere,
wieder mit ihnen zusammenzukommen: allein Dem ist nicht so. Die Jagdhunde der Kapbewohner
lassen vielmehr jede andere Fährte, sowie sie von der eines Affen Witterung bekommen. Der Kampf
zwischen beiden Thieren soll, wie Augenzeugen versichern, ein furchtbarer sein; die Pflanzer am Kap
fürchten für ihre Hunde weit mehr, wenn diese einen Pavian verfolgen, als wenn sie sich zum Kampfe
mit dem Leoparden rüsten. Wenn eine Meute guter Hunde eine Pavianherde erblickt, stürzt sie sich
wüthend auf dieselbe los. Die Affen ergreifen die Flucht und die Hunde jagen hinterdrein. Mehr
und mehr zerstreuen sich Feinde und Verfolger. Alle schwächeren Hundsköpfe eilen so schnell als
möglich den Felsen zu, um sich dort in Sicherheit zu begeben. Die stärkeren Männchen der Affen
gehen langsamer und nehmen die Verfolger auf sich. Nur dann und wann werfen sie blitzschnell
einmal den Kopf herum und ein tückisch-boshafter Blick aus den kleinen Augen fällt auf den Verfolger.
Endlich erreicht dieser seinen Feind und versucht, ihn zu fassen. Allein plötzlich und mit wüthendem
Schrei wirft sich dieser herum, hängt dem ungeübtem Hunde im nächsten Augenblick mit seinen vier
Händen fest an Brust und Gurgel, setzt sein furchtbares Gebiß in die Kehle des Hundes, reißt ihn mit
den scharfschneidigen Eckzähnen drei, vier, sechs lange und tiefe Risse in Kehle und Brust, balgt und
windet sich mit ihm, wälzt sich auf dem Boden herum, versetzt dem Feinde neue Wunden und läßt ihn
dann liegen, blutbedeckt und verendend, während er selbst mit einem wahrhaft teuflischen Hohngeschrei
dem Gebirge zueilt. Gute Hunde sind geschult und wissen Dem zu entgehen. Sie trennen sich nie,
sondern halten in der Meute zusammen, und diese überfällt dann einen einzelnen Affen. Drei, vier
Hunde stürzen sich auf einen Feind, und dann helfen diesem gewöhnlich seine furchtbaren Waffen Nichts.
Er muß unterliegen, wenn ihm der Weg zur Flucht nicht offen steht. Außer dem Hunde und dem
Leopard haben die Paviane keine ihnen schädlichen Feinde. Den Raubvögeln fällt es gar nicht ein,
auf sie zu fahnden. Der stärkste Adler wagt sich nicht einmal an das schwächlichste Junge eines
Hundskopfs. Auch die Menschen können eben nicht mehr thun, als die Thiere dann und wann aus
ihren Pflanzungen zu vertreiben. Eine wirkliche Jagd würde, wenn sie nicht gefährlich sein sollte,
bedeutende Mannschaften erfordern und auch dann schwerlich zu einem Ausrottungskriege der Thiere
werden können. Nur die Lurche sind es, welche die Paviane in wirkliche Furcht und Schrecken ver-
setzen. Die kleinste Schlange bringt unter einer Herde ein namenloses Entsetzen hervor. Es ist wohl
sicher, daß die Affen hinsichtlich des furchtbaren Giftzahnes der Schlangen böse Erfahrungen gemacht
haben. Sie leben in beständiger Angst vor den gefährlichen Würmern. Kein Pavian hebt einen Stein
auf oder durchsucht einen Busch, ohne sich vorher zu vergewissern, daß unter und in ihm keine Schlange
verborgen ist. Scorpione fürchten die klugen Thiere nicht. Sie wissen dieselben mit großer Gewandtheit
zu fangen und sie ihrer Giftstachel zu berauben, ohne sich zu verletzen. Dann verspeisen sie den
Scorpion mit demselben Vergnügen, wie andere Spinnen oder ein Kerbthier.

Nach Diesem möchte man sich wundern, daß es möglich ist, Paviane überhaupt in seine Gewalt
zu bekommen. Und doch ist Dies ganz leicht: die Sinnlichkeit der Thiere ist ihr Verderben. Jn ganz

Die Affen. Hundsköpfe. — Hamadryas oder Mantelpavian.
machen, und in der Wuth vergißt er Alles, ſelbſt Den, welchen er früher liebkoſte. Deshalb bleiben
dieſe Thiere unter allen Umſtänden gefährlich, und ihr roher Sinn bricht durch, auch wenn ſie ihn
lange Zeit gar nicht zeigten. Jhren Feinden gegenüber ſind ſie wahrhaft furchtbar.

Die Paviane leben ſehr unbehelligt in ihrer Heimat; denn die Raubthiere und der Menſch fürchten
ſie und gehen ihnen aus dem Wege, wo nur immer möglich. Sie fliehen zwar vor dem Menſchen,
laſſen ſich aber doch, wenn es Noth thut, mit ihm, wie mit Raubthieren, in Kampf ein, und dieſer
wird, weil ſie regelmäßig gemeinſchaftlich angreifen, oft äußerſt gefährlich. Der Leopard ſcheint der
Hauptfeind zu ſein, doch ſtellt er mehr den Jungen nach, als den Alten, weil er alle Urſache hat, ſich
zu bedenken, ob ſeine Fangzähne und Klauen dem Gebiß und den Händen der Paviane gewachſen ſind.
Eine Herde greift er nie an. Dies thut ſelbſt der Löwe nicht, wie mir und anderen Reiſenden die
Eingebornen einſtimmig verſicherten. Hunde überwältigt der Pavian ohne Mühe und gleichwohl
kennen jene edlen Thiere keine größere Luſt, als die Jagd ſolcher Affen. Man ſollte meinen, daß ein
Hund, welcher einmal mit den gefährlichen Thieren zu thun gehabt hat, ſich in Zukunft weigere,
wieder mit ihnen zuſammenzukommen: allein Dem iſt nicht ſo. Die Jagdhunde der Kapbewohner
laſſen vielmehr jede andere Fährte, ſowie ſie von der eines Affen Witterung bekommen. Der Kampf
zwiſchen beiden Thieren ſoll, wie Augenzeugen verſichern, ein furchtbarer ſein; die Pflanzer am Kap
fürchten für ihre Hunde weit mehr, wenn dieſe einen Pavian verfolgen, als wenn ſie ſich zum Kampfe
mit dem Leoparden rüſten. Wenn eine Meute guter Hunde eine Pavianherde erblickt, ſtürzt ſie ſich
wüthend auf dieſelbe los. Die Affen ergreifen die Flucht und die Hunde jagen hinterdrein. Mehr
und mehr zerſtreuen ſich Feinde und Verfolger. Alle ſchwächeren Hundsköpfe eilen ſo ſchnell als
möglich den Felſen zu, um ſich dort in Sicherheit zu begeben. Die ſtärkeren Männchen der Affen
gehen langſamer und nehmen die Verfolger auf ſich. Nur dann und wann werfen ſie blitzſchnell
einmal den Kopf herum und ein tückiſch-boshafter Blick aus den kleinen Augen fällt auf den Verfolger.
Endlich erreicht dieſer ſeinen Feind und verſucht, ihn zu faſſen. Allein plötzlich und mit wüthendem
Schrei wirft ſich dieſer herum, hängt dem ungeübtem Hunde im nächſten Augenblick mit ſeinen vier
Händen feſt an Bruſt und Gurgel, ſetzt ſein furchtbares Gebiß in die Kehle des Hundes, reißt ihn mit
den ſcharfſchneidigen Eckzähnen drei, vier, ſechs lange und tiefe Riſſe in Kehle und Bruſt, balgt und
windet ſich mit ihm, wälzt ſich auf dem Boden herum, verſetzt dem Feinde neue Wunden und läßt ihn
dann liegen, blutbedeckt und verendend, während er ſelbſt mit einem wahrhaft teufliſchen Hohngeſchrei
dem Gebirge zueilt. Gute Hunde ſind geſchult und wiſſen Dem zu entgehen. Sie trennen ſich nie,
ſondern halten in der Meute zuſammen, und dieſe überfällt dann einen einzelnen Affen. Drei, vier
Hunde ſtürzen ſich auf einen Feind, und dann helfen dieſem gewöhnlich ſeine furchtbaren Waffen Nichts.
Er muß unterliegen, wenn ihm der Weg zur Flucht nicht offen ſteht. Außer dem Hunde und dem
Leopard haben die Paviane keine ihnen ſchädlichen Feinde. Den Raubvögeln fällt es gar nicht ein,
auf ſie zu fahnden. Der ſtärkſte Adler wagt ſich nicht einmal an das ſchwächlichſte Junge eines
Hundskopfs. Auch die Menſchen können eben nicht mehr thun, als die Thiere dann und wann aus
ihren Pflanzungen zu vertreiben. Eine wirkliche Jagd würde, wenn ſie nicht gefährlich ſein ſollte,
bedeutende Mannſchaften erfordern und auch dann ſchwerlich zu einem Ausrottungskriege der Thiere
werden können. Nur die Lurche ſind es, welche die Paviane in wirkliche Furcht und Schrecken ver-
ſetzen. Die kleinſte Schlange bringt unter einer Herde ein namenloſes Entſetzen hervor. Es iſt wohl
ſicher, daß die Affen hinſichtlich des furchtbaren Giftzahnes der Schlangen böſe Erfahrungen gemacht
haben. Sie leben in beſtändiger Angſt vor den gefährlichen Würmern. Kein Pavian hebt einen Stein
auf oder durchſucht einen Buſch, ohne ſich vorher zu vergewiſſern, daß unter und in ihm keine Schlange
verborgen iſt. Scorpione fürchten die klugen Thiere nicht. Sie wiſſen dieſelben mit großer Gewandtheit
zu fangen und ſie ihrer Giftſtachel zu berauben, ohne ſich zu verletzen. Dann verſpeiſen ſie den
Scorpion mit demſelben Vergnügen, wie andere Spinnen oder ein Kerbthier.

Nach Dieſem möchte man ſich wundern, daß es möglich iſt, Paviane überhaupt in ſeine Gewalt
zu bekommen. Und doch iſt Dies ganz leicht: die Sinnlichkeit der Thiere iſt ihr Verderben. Jn ganz

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[74/0128] Die Affen. Hundsköpfe. — Hamadryas oder Mantelpavian. machen, und in der Wuth vergißt er Alles, ſelbſt Den, welchen er früher liebkoſte. Deshalb bleiben dieſe Thiere unter allen Umſtänden gefährlich, und ihr roher Sinn bricht durch, auch wenn ſie ihn lange Zeit gar nicht zeigten. Jhren Feinden gegenüber ſind ſie wahrhaft furchtbar. Die Paviane leben ſehr unbehelligt in ihrer Heimat; denn die Raubthiere und der Menſch fürchten ſie und gehen ihnen aus dem Wege, wo nur immer möglich. Sie fliehen zwar vor dem Menſchen, laſſen ſich aber doch, wenn es Noth thut, mit ihm, wie mit Raubthieren, in Kampf ein, und dieſer wird, weil ſie regelmäßig gemeinſchaftlich angreifen, oft äußerſt gefährlich. Der Leopard ſcheint der Hauptfeind zu ſein, doch ſtellt er mehr den Jungen nach, als den Alten, weil er alle Urſache hat, ſich zu bedenken, ob ſeine Fangzähne und Klauen dem Gebiß und den Händen der Paviane gewachſen ſind. Eine Herde greift er nie an. Dies thut ſelbſt der Löwe nicht, wie mir und anderen Reiſenden die Eingebornen einſtimmig verſicherten. Hunde überwältigt der Pavian ohne Mühe und gleichwohl kennen jene edlen Thiere keine größere Luſt, als die Jagd ſolcher Affen. Man ſollte meinen, daß ein Hund, welcher einmal mit den gefährlichen Thieren zu thun gehabt hat, ſich in Zukunft weigere, wieder mit ihnen zuſammenzukommen: allein Dem iſt nicht ſo. Die Jagdhunde der Kapbewohner laſſen vielmehr jede andere Fährte, ſowie ſie von der eines Affen Witterung bekommen. Der Kampf zwiſchen beiden Thieren ſoll, wie Augenzeugen verſichern, ein furchtbarer ſein; die Pflanzer am Kap fürchten für ihre Hunde weit mehr, wenn dieſe einen Pavian verfolgen, als wenn ſie ſich zum Kampfe mit dem Leoparden rüſten. Wenn eine Meute guter Hunde eine Pavianherde erblickt, ſtürzt ſie ſich wüthend auf dieſelbe los. Die Affen ergreifen die Flucht und die Hunde jagen hinterdrein. Mehr und mehr zerſtreuen ſich Feinde und Verfolger. Alle ſchwächeren Hundsköpfe eilen ſo ſchnell als möglich den Felſen zu, um ſich dort in Sicherheit zu begeben. Die ſtärkeren Männchen der Affen gehen langſamer und nehmen die Verfolger auf ſich. Nur dann und wann werfen ſie blitzſchnell einmal den Kopf herum und ein tückiſch-boshafter Blick aus den kleinen Augen fällt auf den Verfolger. Endlich erreicht dieſer ſeinen Feind und verſucht, ihn zu faſſen. Allein plötzlich und mit wüthendem Schrei wirft ſich dieſer herum, hängt dem ungeübtem Hunde im nächſten Augenblick mit ſeinen vier Händen feſt an Bruſt und Gurgel, ſetzt ſein furchtbares Gebiß in die Kehle des Hundes, reißt ihn mit den ſcharfſchneidigen Eckzähnen drei, vier, ſechs lange und tiefe Riſſe in Kehle und Bruſt, balgt und windet ſich mit ihm, wälzt ſich auf dem Boden herum, verſetzt dem Feinde neue Wunden und läßt ihn dann liegen, blutbedeckt und verendend, während er ſelbſt mit einem wahrhaft teufliſchen Hohngeſchrei dem Gebirge zueilt. Gute Hunde ſind geſchult und wiſſen Dem zu entgehen. Sie trennen ſich nie, ſondern halten in der Meute zuſammen, und dieſe überfällt dann einen einzelnen Affen. Drei, vier Hunde ſtürzen ſich auf einen Feind, und dann helfen dieſem gewöhnlich ſeine furchtbaren Waffen Nichts. Er muß unterliegen, wenn ihm der Weg zur Flucht nicht offen ſteht. Außer dem Hunde und dem Leopard haben die Paviane keine ihnen ſchädlichen Feinde. Den Raubvögeln fällt es gar nicht ein, auf ſie zu fahnden. Der ſtärkſte Adler wagt ſich nicht einmal an das ſchwächlichſte Junge eines Hundskopfs. Auch die Menſchen können eben nicht mehr thun, als die Thiere dann und wann aus ihren Pflanzungen zu vertreiben. Eine wirkliche Jagd würde, wenn ſie nicht gefährlich ſein ſollte, bedeutende Mannſchaften erfordern und auch dann ſchwerlich zu einem Ausrottungskriege der Thiere werden können. Nur die Lurche ſind es, welche die Paviane in wirkliche Furcht und Schrecken ver- ſetzen. Die kleinſte Schlange bringt unter einer Herde ein namenloſes Entſetzen hervor. Es iſt wohl ſicher, daß die Affen hinſichtlich des furchtbaren Giftzahnes der Schlangen böſe Erfahrungen gemacht haben. Sie leben in beſtändiger Angſt vor den gefährlichen Würmern. Kein Pavian hebt einen Stein auf oder durchſucht einen Buſch, ohne ſich vorher zu vergewiſſern, daß unter und in ihm keine Schlange verborgen iſt. Scorpione fürchten die klugen Thiere nicht. Sie wiſſen dieſelben mit großer Gewandtheit zu fangen und ſie ihrer Giftſtachel zu berauben, ohne ſich zu verletzen. Dann verſpeiſen ſie den Scorpion mit demſelben Vergnügen, wie andere Spinnen oder ein Kerbthier. Nach Dieſem möchte man ſich wundern, daß es möglich iſt, Paviane überhaupt in ſeine Gewalt zu bekommen. Und doch iſt Dies ganz leicht: die Sinnlichkeit der Thiere iſt ihr Verderben. Jn ganz

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/128>, abgerufen am 26.11.2024.