Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Affen. Stummelaffen. -- Guereza.
verbergen, sich aber mit großem Muthe vertheidigen, wenn sie angegriffen werden. Wirklich spaßhaft
ist die Behauptung der Eingeborenen, daß die Kahaus beim Springen immer ihre Nase mit den
Händen bedeckten, um sie vor unangenehmen Zusammenstößen mit dem Gezweig zu schützen. Jhre
Nahrung kennt man nicht, darf aber vermuthen, daß sie auch keine andere, als die der übrigen
Schlankaffen ist. Die Dajacken, ein Stamm der Eingeborenen Borneos, sollen fleißig Jagd auf
die Nasenaffen machen, um ihr Fleisch zu erhalten, welches sie als wohlschmeckend schildern. Diese
Leute nennen die Thiere übrigens nicht Kahau, sondern Bantangan. Etwas Weiteres über das
merkwürdige Geschöpf ist nicht bekannt.



Auch die afrikanischen Vertreter der schlanken Asiaten, die Stummelaffen (Colobus), sind
sehr auffallende, durch eigenthümliche Färbung, sonderbare, aber schöne Mähnen und andere Haar-

[Abbildung] Der Guereza (Colobus Guereza).
wucherungen ausgezeichnete Thiere. Wie Jndien lebendiger und reicher ist, als das trockene Afrika,
so sind auch die Schlankaffen heller und lebhafter gefärbt, als die Stummelaffen, obwohl ich
nicht behaupten will, daß diese weniger schön oder weniger angenehm für unser Auge wären, als jene.
Jm Ganzen sind die Unterscheidungsmerkmale zwischen beiden Gruppen nur sehr geringfügige. Die
Stummelaffen sind hauptsächlich dadurch vor den Schlankaffen ausgezeichnet, daß sie an den
Vorderhänden immer blos vier Finger und keinen Daumen besitzen, während, wie wir sahen, dieses
Glied bei den Schlankaffen nur hier und da verkümmert. Der Leib der Stummelaffen ist noch
immer schlank und zierlich, die unter sich fast gleichlangen Gliedmaßen sind schmächtig, die Schnauze
ist kurz, und die Nasenlöcher stehen auf der Oberseite derselben, der Schwanz ist sehr lang, Gesäß-
schwielen sind vorhanden, Backentaschen aber fehlen; die Hinterhände haben regelmäßig fünf Finger.

Unter diesen Thieren dürfen wir ohne Zweifel den Guereza der Abissinier (Colobus
Guereza
) oben austellen. Meiner Ansicht nach ist er der schönste aller Affen. Seine Färbung ist,
obgleich sie keineswegs lebhaft genannt werden kann, doch eine außerordentlich angenehme und

Die Affen. Stummelaffen. — Guereza.
verbergen, ſich aber mit großem Muthe vertheidigen, wenn ſie angegriffen werden. Wirklich ſpaßhaft
iſt die Behauptung der Eingeborenen, daß die Kahaus beim Springen immer ihre Naſe mit den
Händen bedeckten, um ſie vor unangenehmen Zuſammenſtößen mit dem Gezweig zu ſchützen. Jhre
Nahrung kennt man nicht, darf aber vermuthen, daß ſie auch keine andere, als die der übrigen
Schlankaffen iſt. Die Dajacken, ein Stamm der Eingeborenen Borneos, ſollen fleißig Jagd auf
die Naſenaffen machen, um ihr Fleiſch zu erhalten, welches ſie als wohlſchmeckend ſchildern. Dieſe
Leute nennen die Thiere übrigens nicht Kahau, ſondern Bantangan. Etwas Weiteres über das
merkwürdige Geſchöpf iſt nicht bekannt.



Auch die afrikaniſchen Vertreter der ſchlanken Aſiaten, die Stummelaffen (Colobus), ſind
ſehr auffallende, durch eigenthümliche Färbung, ſonderbare, aber ſchöne Mähnen und andere Haar-

[Abbildung] Der Guereza (Colobus Guereza).
wucherungen ausgezeichnete Thiere. Wie Jndien lebendiger und reicher iſt, als das trockene Afrika,
ſo ſind auch die Schlankaffen heller und lebhafter gefärbt, als die Stummelaffen, obwohl ich
nicht behaupten will, daß dieſe weniger ſchön oder weniger angenehm für unſer Auge wären, als jene.
Jm Ganzen ſind die Unterſcheidungsmerkmale zwiſchen beiden Gruppen nur ſehr geringfügige. Die
Stummelaffen ſind hauptſächlich dadurch vor den Schlankaffen ausgezeichnet, daß ſie an den
Vorderhänden immer blos vier Finger und keinen Daumen beſitzen, während, wie wir ſahen, dieſes
Glied bei den Schlankaffen nur hier und da verkümmert. Der Leib der Stummelaffen iſt noch
immer ſchlank und zierlich, die unter ſich faſt gleichlangen Gliedmaßen ſind ſchmächtig, die Schnauze
iſt kurz, und die Naſenlöcher ſtehen auf der Oberſeite derſelben, der Schwanz iſt ſehr lang, Geſäß-
ſchwielen ſind vorhanden, Backentaſchen aber fehlen; die Hinterhände haben regelmäßig fünf Finger.

Unter dieſen Thieren dürfen wir ohne Zweifel den Guereza der Abiſſinier (Colobus
Guereza
) oben auſtellen. Meiner Anſicht nach iſt er der ſchönſte aller Affen. Seine Färbung iſt,
obgleich ſie keineswegs lebhaft genannt werden kann, doch eine außerordentlich angenehme und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <div n="3">
          <p><pb facs="#f0100" n="48"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Die Affen.</hi> Stummelaffen. &#x2014; <hi rendition="#g">Guereza.</hi></fw><lb/>
verbergen, &#x017F;ich aber mit großem Muthe vertheidigen, wenn &#x017F;ie angegriffen werden. Wirklich &#x017F;paßhaft<lb/>
i&#x017F;t die Behauptung der Eingeborenen, daß die <hi rendition="#g">Kahaus</hi> beim Springen immer ihre Na&#x017F;e mit den<lb/>
Händen bedeckten, um &#x017F;ie vor unangenehmen Zu&#x017F;ammen&#x017F;tößen mit dem Gezweig zu &#x017F;chützen. Jhre<lb/>
Nahrung kennt man nicht, darf aber vermuthen, daß &#x017F;ie auch keine andere, als die der übrigen<lb/>
Schlankaffen i&#x017F;t. Die <hi rendition="#g">Dajacken,</hi> ein Stamm der Eingeborenen <hi rendition="#g">Borneos,</hi> &#x017F;ollen fleißig Jagd auf<lb/>
die Na&#x017F;enaffen machen, um ihr Flei&#x017F;ch zu erhalten, welches &#x017F;ie als wohl&#x017F;chmeckend &#x017F;childern. Die&#x017F;e<lb/>
Leute nennen die Thiere übrigens nicht <hi rendition="#g">Kahau,</hi> &#x017F;ondern <hi rendition="#g">Bantangan.</hi> Etwas Weiteres über das<lb/>
merkwürdige Ge&#x017F;chöpf i&#x017F;t nicht bekannt.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>Auch die afrikani&#x017F;chen Vertreter der &#x017F;chlanken A&#x017F;iaten, <hi rendition="#g">die Stummelaffen (<hi rendition="#aq">Colobus</hi>),</hi> &#x017F;ind<lb/>
&#x017F;ehr auffallende, durch eigenthümliche Färbung, &#x017F;onderbare, aber &#x017F;chöne Mähnen und andere Haar-<lb/><figure><head><hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Der Guereza</hi> (<hi rendition="#aq">Colobus Guereza</hi>).</hi></head></figure><lb/>
wucherungen ausgezeichnete Thiere. Wie Jndien lebendiger und reicher i&#x017F;t, als das trockene Afrika,<lb/>
&#x017F;o &#x017F;ind auch die <hi rendition="#g">Schlankaffen</hi> heller und lebhafter gefärbt, als die <hi rendition="#g">Stummelaffen,</hi> obwohl ich<lb/>
nicht behaupten will, daß die&#x017F;e weniger &#x017F;chön oder weniger angenehm für un&#x017F;er Auge wären, als jene.<lb/>
Jm Ganzen &#x017F;ind die Unter&#x017F;cheidungsmerkmale zwi&#x017F;chen beiden Gruppen nur &#x017F;ehr geringfügige. Die<lb/><hi rendition="#g">Stummelaffen</hi> &#x017F;ind haupt&#x017F;ächlich dadurch vor den <hi rendition="#g">Schlankaffen</hi> ausgezeichnet, daß &#x017F;ie an den<lb/>
Vorderhänden <hi rendition="#g">immer</hi> blos <hi rendition="#g">vier</hi> Finger und keinen Daumen be&#x017F;itzen, während, wie wir &#x017F;ahen, die&#x017F;es<lb/>
Glied bei den <hi rendition="#g">Schlankaffen</hi> nur hier und da verkümmert. Der Leib der <hi rendition="#g">Stummelaffen</hi> i&#x017F;t noch<lb/>
immer &#x017F;chlank und zierlich, die unter &#x017F;ich fa&#x017F;t gleichlangen Gliedmaßen &#x017F;ind &#x017F;chmächtig, die Schnauze<lb/>
i&#x017F;t kurz, und die Na&#x017F;enlöcher &#x017F;tehen auf der Ober&#x017F;eite der&#x017F;elben, der Schwanz i&#x017F;t &#x017F;ehr lang, Ge&#x017F;äß-<lb/>
&#x017F;chwielen &#x017F;ind vorhanden, Backenta&#x017F;chen aber fehlen; die Hinterhände haben regelmäßig fünf Finger.</p><lb/>
          <p>Unter die&#x017F;en Thieren dürfen wir ohne Zweifel den <hi rendition="#g">Guereza</hi> der <hi rendition="#g">Abi&#x017F;&#x017F;inier</hi> (<hi rendition="#aq">Colobus<lb/>
Guereza</hi>) oben au&#x017F;tellen. Meiner An&#x017F;icht nach i&#x017F;t er der &#x017F;chön&#x017F;te aller Affen. Seine Färbung i&#x017F;t,<lb/>
obgleich &#x017F;ie keineswegs lebhaft genannt werden kann, doch eine außerordentlich angenehme und<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[48/0100] Die Affen. Stummelaffen. — Guereza. verbergen, ſich aber mit großem Muthe vertheidigen, wenn ſie angegriffen werden. Wirklich ſpaßhaft iſt die Behauptung der Eingeborenen, daß die Kahaus beim Springen immer ihre Naſe mit den Händen bedeckten, um ſie vor unangenehmen Zuſammenſtößen mit dem Gezweig zu ſchützen. Jhre Nahrung kennt man nicht, darf aber vermuthen, daß ſie auch keine andere, als die der übrigen Schlankaffen iſt. Die Dajacken, ein Stamm der Eingeborenen Borneos, ſollen fleißig Jagd auf die Naſenaffen machen, um ihr Fleiſch zu erhalten, welches ſie als wohlſchmeckend ſchildern. Dieſe Leute nennen die Thiere übrigens nicht Kahau, ſondern Bantangan. Etwas Weiteres über das merkwürdige Geſchöpf iſt nicht bekannt. Auch die afrikaniſchen Vertreter der ſchlanken Aſiaten, die Stummelaffen (Colobus), ſind ſehr auffallende, durch eigenthümliche Färbung, ſonderbare, aber ſchöne Mähnen und andere Haar- [Abbildung Der Guereza (Colobus Guereza).] wucherungen ausgezeichnete Thiere. Wie Jndien lebendiger und reicher iſt, als das trockene Afrika, ſo ſind auch die Schlankaffen heller und lebhafter gefärbt, als die Stummelaffen, obwohl ich nicht behaupten will, daß dieſe weniger ſchön oder weniger angenehm für unſer Auge wären, als jene. Jm Ganzen ſind die Unterſcheidungsmerkmale zwiſchen beiden Gruppen nur ſehr geringfügige. Die Stummelaffen ſind hauptſächlich dadurch vor den Schlankaffen ausgezeichnet, daß ſie an den Vorderhänden immer blos vier Finger und keinen Daumen beſitzen, während, wie wir ſahen, dieſes Glied bei den Schlankaffen nur hier und da verkümmert. Der Leib der Stummelaffen iſt noch immer ſchlank und zierlich, die unter ſich faſt gleichlangen Gliedmaßen ſind ſchmächtig, die Schnauze iſt kurz, und die Naſenlöcher ſtehen auf der Oberſeite derſelben, der Schwanz iſt ſehr lang, Geſäß- ſchwielen ſind vorhanden, Backentaſchen aber fehlen; die Hinterhände haben regelmäßig fünf Finger. Unter dieſen Thieren dürfen wir ohne Zweifel den Guereza der Abiſſinier (Colobus Guereza) oben auſtellen. Meiner Anſicht nach iſt er der ſchönſte aller Affen. Seine Färbung iſt, obgleich ſie keineswegs lebhaft genannt werden kann, doch eine außerordentlich angenehme und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/100
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/100>, abgerufen am 25.11.2024.