in diesen Fällen das im Recipienten aufgestellte Thermometer beob- achtet, so ist es leicht begreiflich, daß dieses nur geringe Aenderun- gen seines Standes zeigt, während der eigentliche Unterschied der Temperatur viel größer sein muß; denn das Quecksilber im Ther- mometer nimmt nur langsam die Temperatur der Luft an, und diese erwärmt sich schon wieder durch den Zutritt von Wärme aus den umgebenden Körpern, ehe noch das Thermometer hinreichend gefallen ist. Dalton hat daher die wahren hier statt findenden Aenderungen der Temperatur so bestimmt, daß er ein erhitztes Thermometer in einen kalten Raum brachte, und sah, bei welchem Temperatur-Unterschiede es ebenso schnell, als bei jenem Versuche fiel; er fand, daß dies bei einem Unterschiede von 28 Gr. Cent. statt fand, wodurch also jener Wärmeverlust auf etwa 28° geschätzt werden könnte.
Derselbe Grund, welcher hier Erhöhung der Temperatur ver- anlaßt, wenn dichtere Luft in einen eingeschlossenen Raum über- geht, ist es auch, aus welchem wir die Kälte erklären müssen, welche bei dem Hervordringen dichterer Luft in einen unbegrenzten Raum bemerkt wird. In diesem Falle nämlich dehnt sich die ver- dichtete Luft in einen größern Raum aus und bringt nicht Wärme genug mit, um in diesem größern Volumen eben die Temperatur zu erhalten; sie reißt daher von den benachbarten Körpern Wärme an sich, und kühlt sie zuweilen so sehr ab, daß sich die Dünste aus der Luft gefroren ansetzen. Man hat dies an der Höll'schen Wassermaschine in Schemnitz beobachtet, wo Luft durch einen sehr starken Wasserdruck comprimirt angewandt wird, um das Wasser zu heben, und wo, wenn man diese stark zusammengepreßte Luft hervordringen läßt, ihre Ausdehnung eine solche Kälte hervor- bringt, daß die dem Luftstrome ausgesetzten Körper sich mit Eis belegen*).
Endlich gehört auch der Versuch hieher, wo man in dem pneu- matischen Feuerzeuge eine bis zum Zünden gehende Hitze hervor- bringt. In einer Röhre von starkem Glase nämlich ist ein Kolben, mit dem man in plötzlichem Stoße die Luft verdichtet; diese läßt dabei so viel Wärme frei, daß ein unten in dem Raume der ver-
*)Gilb. Ann. XVIII. 412.
in dieſen Faͤllen das im Recipienten aufgeſtellte Thermometer beob- achtet, ſo iſt es leicht begreiflich, daß dieſes nur geringe Aenderun- gen ſeines Standes zeigt, waͤhrend der eigentliche Unterſchied der Temperatur viel groͤßer ſein muß; denn das Queckſilber im Ther- mometer nimmt nur langſam die Temperatur der Luft an, und dieſe erwaͤrmt ſich ſchon wieder durch den Zutritt von Waͤrme aus den umgebenden Koͤrpern, ehe noch das Thermometer hinreichend gefallen iſt. Dalton hat daher die wahren hier ſtatt findenden Aenderungen der Temperatur ſo beſtimmt, daß er ein erhitztes Thermometer in einen kalten Raum brachte, und ſah, bei welchem Temperatur-Unterſchiede es ebenſo ſchnell, als bei jenem Verſuche fiel; er fand, daß dies bei einem Unterſchiede von 28 Gr. Cent. ſtatt fand, wodurch alſo jener Waͤrmeverluſt auf etwa 28° geſchaͤtzt werden koͤnnte.
Derſelbe Grund, welcher hier Erhoͤhung der Temperatur ver- anlaßt, wenn dichtere Luft in einen eingeſchloſſenen Raum uͤber- geht, iſt es auch, aus welchem wir die Kaͤlte erklaͤren muͤſſen, welche bei dem Hervordringen dichterer Luft in einen unbegrenzten Raum bemerkt wird. In dieſem Falle naͤmlich dehnt ſich die ver- dichtete Luft in einen groͤßern Raum aus und bringt nicht Waͤrme genug mit, um in dieſem groͤßern Volumen eben die Temperatur zu erhalten; ſie reißt daher von den benachbarten Koͤrpern Waͤrme an ſich, und kuͤhlt ſie zuweilen ſo ſehr ab, daß ſich die Duͤnſte aus der Luft gefroren anſetzen. Man hat dies an der Hoͤll'ſchen Waſſermaſchine in Schemnitz beobachtet, wo Luft durch einen ſehr ſtarken Waſſerdruck comprimirt angewandt wird, um das Waſſer zu heben, und wo, wenn man dieſe ſtark zuſammengepreßte Luft hervordringen laͤßt, ihre Ausdehnung eine ſolche Kaͤlte hervor- bringt, daß die dem Luftſtrome ausgeſetzten Koͤrper ſich mit Eis belegen*).
Endlich gehoͤrt auch der Verſuch hieher, wo man in dem pneu- matiſchen Feuerzeuge eine bis zum Zuͤnden gehende Hitze hervor- bringt. In einer Roͤhre von ſtarkem Glaſe naͤmlich iſt ein Kolben, mit dem man in ploͤtzlichem Stoße die Luft verdichtet; dieſe laͤßt dabei ſo viel Waͤrme frei, daß ein unten in dem Raume der ver-
*)Gilb. Ann. XVIII. 412.
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in dieſen Faͤllen das im Recipienten aufgeſtellte Thermometer beob-
achtet, ſo iſt es leicht begreiflich, daß dieſes nur geringe Aenderun-
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Temperatur viel groͤßer ſein muß; denn das Queckſilber im Ther-
mometer nimmt nur langſam die Temperatur der Luft an, und
dieſe erwaͤrmt ſich ſchon wieder durch den Zutritt von Waͤrme aus
den umgebenden Koͤrpern, ehe noch das Thermometer hinreichend
gefallen iſt. Dalton hat daher die wahren hier ſtatt findenden
Aenderungen der Temperatur ſo beſtimmt, daß er ein erhitztes
Thermometer in einen kalten Raum brachte, und ſah, bei welchem
Temperatur-Unterſchiede es ebenſo ſchnell, als bei jenem Verſuche
fiel; er fand, daß dies bei einem Unterſchiede von 28 Gr. Cent.
ſtatt fand, wodurch alſo jener Waͤrmeverluſt auf etwa 28° geſchaͤtzt
werden koͤnnte.
Derſelbe Grund, welcher hier Erhoͤhung der Temperatur ver-
anlaßt, wenn dichtere Luft in einen eingeſchloſſenen Raum uͤber-
geht, iſt es auch, aus welchem wir die Kaͤlte erklaͤren muͤſſen,
welche bei dem Hervordringen dichterer Luft in einen unbegrenzten
Raum bemerkt wird. In dieſem Falle naͤmlich dehnt ſich die ver-
dichtete Luft in einen groͤßern Raum aus und bringt nicht Waͤrme
genug mit, um in dieſem groͤßern Volumen eben die Temperatur
zu erhalten; ſie reißt daher von den benachbarten Koͤrpern Waͤrme
an ſich, und kuͤhlt ſie zuweilen ſo ſehr ab, daß ſich die Duͤnſte aus
der Luft gefroren anſetzen. Man hat dies an der Hoͤll'ſchen
Waſſermaſchine in Schemnitz beobachtet, wo Luft durch einen
ſehr ſtarken Waſſerdruck comprimirt angewandt wird, um das
Waſſer zu heben, und wo, wenn man dieſe ſtark zuſammengepreßte
Luft hervordringen laͤßt, ihre Ausdehnung eine ſolche Kaͤlte hervor-
bringt, daß die dem Luftſtrome ausgeſetzten Koͤrper ſich mit Eis
belegen *).
Endlich gehoͤrt auch der Verſuch hieher, wo man in dem pneu-
matiſchen Feuerzeuge eine bis zum Zuͤnden gehende Hitze hervor-
bringt. In einer Roͤhre von ſtarkem Glaſe naͤmlich iſt ein Kolben,
mit dem man in ploͤtzlichem Stoße die Luft verdichtet; dieſe laͤßt
dabei ſo viel Waͤrme frei, daß ein unten in dem Raume der ver-
*) Gilb. Ann. XVIII. 412.
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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/89>, abgerufen am 28.11.2024.
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