Nachdem ich Sie, m. h. H., so oft schon mit Abmessungen der Wärme unterhalten habe, ist es wohl Zeit, einmal zu der Frage überzugehen, ob denn unsre Quecksilberthermometer wirklich so zu Abmessung der Temperatur-Unterschiede geeignet sind, wie wir es annehmen, ob diese Unterschiede der Temperatur mit den Unter- schieden der den Körpern zugeführten wahren Wärmemenge in un- mittelbarer Beziehung stehen, u. s. w.
Bestimmungen der Grade wahrer Wärmedifferenzen.
Es bietet sich uns ein leichter Versuch dar, um Grade wahrer Wärme-Unterschiede zu erhalten, indem doch wohl ganz gewiß ein Pfund Wasser von 10 Gr. Wärme mit einem Pfunde Wasser von 30 Gr. Wärme gemischt eine Mischung von 20 Gr. geben muß, weil hier gar kein Grund einzusehen ist, warum das wärmere Wasser nicht genau ebenso viel zu Erwärmung des kalten als dieses zu Abkühlung des warmen beitragen sollte. Ebenso muß ganz gewiß 1 Pf. Wasser von 10 Grad mit 2 Pf. Wasser von 40 Gr. gemischt eine 30 Gr. warme Mischung hervorbringen, da das eine Pfund 20 Grade empfängt, wenn jedes der zwei Pfunde 10 Gr. abgiebt. Und ebenso wird man in jedem Falle urtheilen, daß z. B. 5 Pf. von 17 Gr. und 7 Pf. von 50 Gr. eine Mischung von 361/4 Gr. hervor- bringen, indem der Unterschied zwischen 17 und 50 in 12 Theile getheilt und deren 7 genommen und zu 17 Gr. gelegt 17 + . 7 = 361/4 geben, oder 5.17 + 7.50 = 12.361/4. Hier bietet sich also die mannigfaltige Gelegenheit dar, um zu sehen, ob das Quecksilberthermometer oder das Luftthermometer die Grade wahrer Wärme wirklich angiebt, die es angeben sollte, und dies ist eine der Methoden, die die Zuverlässigkeit dieser Thermometer gezeigt haben.
Um den Versuch, zwei ungleich warme Wassermengen zu mischen und ihre mittlere Wärme zu bestimmen, genau anzustellen, bedarf es einiger Vorsicht. Denn, wollte man das wärmere Wasser zu dem kältern gießen, dessen Gefäß also auch kälter ist, so würde
III. E
Fuͤnfte Vorleſung.
Nachdem ich Sie, m. h. H., ſo oft ſchon mit Abmeſſungen der Waͤrme unterhalten habe, iſt es wohl Zeit, einmal zu der Frage uͤberzugehen, ob denn unſre Queckſilberthermometer wirklich ſo zu Abmeſſung der Temperatur-Unterſchiede geeignet ſind, wie wir es annehmen, ob dieſe Unterſchiede der Temperatur mit den Unter- ſchieden der den Koͤrpern zugefuͤhrten wahren Waͤrmemenge in un- mittelbarer Beziehung ſtehen, u. ſ. w.
Beſtimmungen der Grade wahrer Waͤrmedifferenzen.
Es bietet ſich uns ein leichter Verſuch dar, um Grade wahrer Waͤrme-Unterſchiede zu erhalten, indem doch wohl ganz gewiß ein Pfund Waſſer von 10 Gr. Waͤrme mit einem Pfunde Waſſer von 30 Gr. Waͤrme gemiſcht eine Miſchung von 20 Gr. geben muß, weil hier gar kein Grund einzuſehen iſt, warum das waͤrmere Waſſer nicht genau ebenſo viel zu Erwaͤrmung des kalten als dieſes zu Abkuͤhlung des warmen beitragen ſollte. Ebenſo muß ganz gewiß 1 Pf. Waſſer von 10 Grad mit 2 Pf. Waſſer von 40 Gr. gemiſcht eine 30 Gr. warme Miſchung hervorbringen, da das eine Pfund 20 Grade empfaͤngt, wenn jedes der zwei Pfunde 10 Gr. abgiebt. Und ebenſo wird man in jedem Falle urtheilen, daß z. B. 5 Pf. von 17 Gr. und 7 Pf. von 50 Gr. eine Miſchung von 36¼ Gr. hervor- bringen, indem der Unterſchied zwiſchen 17 und 50 in 12 Theile getheilt und deren 7 genommen und zu 17 Gr. gelegt 17 + . 7 = 36¼ geben, oder 5.17 + 7.50 = 12.36¼. Hier bietet ſich alſo die mannigfaltige Gelegenheit dar, um zu ſehen, ob das Queckſilberthermometer oder das Luftthermometer die Grade wahrer Waͤrme wirklich angiebt, die es angeben ſollte, und dies iſt eine der Methoden, die die Zuverlaͤſſigkeit dieſer Thermometer gezeigt haben.
Um den Verſuch, zwei ungleich warme Waſſermengen zu miſchen und ihre mittlere Waͤrme zu beſtimmen, genau anzuſtellen, bedarf es einiger Vorſicht. Denn, wollte man das waͤrmere Waſſer zu dem kaͤltern gießen, deſſen Gefaͤß alſo auch kaͤlter iſt, ſo wuͤrde
III. E
<TEI><text><body><pbfacs="#f0079"n="65"/><divn="1"><head><hirendition="#b"><hirendition="#g">Fuͤnfte Vorleſung</hi>.</hi></head><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Nachdem ich Sie, m. h. H., ſo oft ſchon mit Abmeſſungen<lb/>
der Waͤrme unterhalten habe, iſt es wohl Zeit, einmal zu der<lb/>
Frage uͤberzugehen, ob denn unſre Queckſilberthermometer wirklich<lb/>ſo zu Abmeſſung der Temperatur-Unterſchiede geeignet ſind, wie wir<lb/>
es annehmen, ob dieſe Unterſchiede der Temperatur mit den Unter-<lb/>ſchieden der den Koͤrpern zugefuͤhrten wahren Waͤrmemenge in un-<lb/>
mittelbarer Beziehung ſtehen, u. ſ. w.</p><lb/><divn="2"><head><hirendition="#g">Beſtimmungen der Grade wahrer Waͤrmedifferenzen</hi>.</head><lb/><p>Es bietet ſich uns ein leichter Verſuch dar, um Grade wahrer<lb/>
Waͤrme-Unterſchiede zu erhalten, indem doch wohl ganz gewiß ein<lb/>
Pfund Waſſer von 10 Gr. Waͤrme mit einem Pfunde Waſſer<lb/>
von 30 Gr. Waͤrme gemiſcht eine Miſchung von 20 Gr. geben<lb/>
muß, weil hier gar kein Grund einzuſehen iſt, warum das waͤrmere<lb/>
Waſſer nicht genau ebenſo viel zu Erwaͤrmung des kalten als dieſes<lb/>
zu Abkuͤhlung des warmen beitragen ſollte. Ebenſo muß ganz gewiß<lb/>
1 Pf. Waſſer von 10 Grad mit 2 Pf. Waſſer von 40 Gr. gemiſcht<lb/>
eine 30 Gr. warme Miſchung hervorbringen, da das eine Pfund<lb/>
20 Grade empfaͤngt, wenn jedes der zwei Pfunde 10 Gr. abgiebt.<lb/>
Und ebenſo wird man in jedem Falle urtheilen, daß z. B. 5 Pf. von<lb/>
17 Gr. und 7 Pf. von 50 Gr. eine Miſchung von 36¼ Gr. hervor-<lb/>
bringen, indem der Unterſchied zwiſchen 17 und 50 in 12 Theile<lb/>
getheilt und deren 7 genommen und zu 17 Gr. gelegt 17 + <formulanotation="TeX">\frac{33}{12}</formula> . 7<lb/>
= 36¼ geben, oder 5.17 + 7.50 = 12.36¼. Hier bietet ſich<lb/>
alſo die mannigfaltige Gelegenheit dar, um zu ſehen, ob das<lb/>
Queckſilberthermometer oder das Luftthermometer die Grade wahrer<lb/>
Waͤrme wirklich angiebt, die es angeben ſollte, und dies iſt eine der<lb/>
Methoden, die die Zuverlaͤſſigkeit dieſer Thermometer gezeigt haben.</p><lb/><p>Um den Verſuch, zwei ungleich warme Waſſermengen zu<lb/>
miſchen und ihre mittlere Waͤrme zu beſtimmen, genau anzuſtellen,<lb/>
bedarf es einiger Vorſicht. Denn, wollte man das waͤrmere Waſſer<lb/>
zu dem kaͤltern gießen, deſſen Gefaͤß alſo auch kaͤlter iſt, ſo wuͤrde<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#aq">III.</hi> E</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[65/0079]
Fuͤnfte Vorleſung.
Nachdem ich Sie, m. h. H., ſo oft ſchon mit Abmeſſungen
der Waͤrme unterhalten habe, iſt es wohl Zeit, einmal zu der
Frage uͤberzugehen, ob denn unſre Queckſilberthermometer wirklich
ſo zu Abmeſſung der Temperatur-Unterſchiede geeignet ſind, wie wir
es annehmen, ob dieſe Unterſchiede der Temperatur mit den Unter-
ſchieden der den Koͤrpern zugefuͤhrten wahren Waͤrmemenge in un-
mittelbarer Beziehung ſtehen, u. ſ. w.
Beſtimmungen der Grade wahrer Waͤrmedifferenzen.
Es bietet ſich uns ein leichter Verſuch dar, um Grade wahrer
Waͤrme-Unterſchiede zu erhalten, indem doch wohl ganz gewiß ein
Pfund Waſſer von 10 Gr. Waͤrme mit einem Pfunde Waſſer
von 30 Gr. Waͤrme gemiſcht eine Miſchung von 20 Gr. geben
muß, weil hier gar kein Grund einzuſehen iſt, warum das waͤrmere
Waſſer nicht genau ebenſo viel zu Erwaͤrmung des kalten als dieſes
zu Abkuͤhlung des warmen beitragen ſollte. Ebenſo muß ganz gewiß
1 Pf. Waſſer von 10 Grad mit 2 Pf. Waſſer von 40 Gr. gemiſcht
eine 30 Gr. warme Miſchung hervorbringen, da das eine Pfund
20 Grade empfaͤngt, wenn jedes der zwei Pfunde 10 Gr. abgiebt.
Und ebenſo wird man in jedem Falle urtheilen, daß z. B. 5 Pf. von
17 Gr. und 7 Pf. von 50 Gr. eine Miſchung von 36¼ Gr. hervor-
bringen, indem der Unterſchied zwiſchen 17 und 50 in 12 Theile
getheilt und deren 7 genommen und zu 17 Gr. gelegt 17 + [FORMEL] . 7
= 36¼ geben, oder 5.17 + 7.50 = 12.36¼. Hier bietet ſich
alſo die mannigfaltige Gelegenheit dar, um zu ſehen, ob das
Queckſilberthermometer oder das Luftthermometer die Grade wahrer
Waͤrme wirklich angiebt, die es angeben ſollte, und dies iſt eine der
Methoden, die die Zuverlaͤſſigkeit dieſer Thermometer gezeigt haben.
Um den Verſuch, zwei ungleich warme Waſſermengen zu
miſchen und ihre mittlere Waͤrme zu beſtimmen, genau anzuſtellen,
bedarf es einiger Vorſicht. Denn, wollte man das waͤrmere Waſſer
zu dem kaͤltern gießen, deſſen Gefaͤß alſo auch kaͤlter iſt, ſo wuͤrde
III. E
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/79>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.