gegen die innere Leitung, desto größer ist der Multiplicator, mit welchem man die Grade des mittlern Thermometers multipliciren muß, um die Summe der Grade der beiden nächsten zu erhalten.
Diese wenigen Bruchstücke aus Fouriers Untersuchungen müssen hier wohl hinreichen, um nur von dem Inhalte derselben einen Begriff zu geben. Daß die Wichtigkeit dieser Untersuchungen nicht ganz so anerkannt wird, wie sie es verdienten, daß man die von Fourier bei Gelegenheit der Theorie der Wärme bekannt gemachten großen Erweiterungen der Lehren der höhern Analysis fast als sein einziges Verdienst ansieht, scheint mir daher zu kom- men, daß sich die theoretischen Folgerungen nicht so durch Versuche bestätigen lassen, wie es in der Lehre vom Lichte so oft der Fall ist. Die Gesetze, nach welchen die Wärme in den einzelnen Puncten des Körpers sich austheilt, und nach welchen diese Austheilung von einem Augenblicke zum andern sich ändert, sind durch Versuche schwer nachzuweisen, indem die thermometrischen Messungen weder schnell genug noch zahlreich genug angestellt werden können. Das wich- tige Theorem, daß sich der Zustand der Wärme immer sehr bald so ordnet, daß er entweder als einem der Zustände gemäß oder als einer Zusammensetzung der Zustände entsprechend angesehen werden kann, die bei der Abkühlung, in Rücksicht auf das Verhältniß der Temperatur der einzelnen Puncte, gleichmäßig fortdauern, läßt sich fast einzig in den Fällen nachweisen, wo die Austheilung der Temperatur schon sehr einfachen Gesetzen folgt, und wo daher jenes Theorem nur ein sich fast von selbst verstehendes Resultat giebt. Wäre es dagegen möglich, die Erwärmung jedes Punctes ganz genau nach einer solchen Regel zu ordnen, wie es einem solchen Zustande gemäß wäre, und dann zu beobachten, ob bei der Abküh- lung sich eben das Gesetz der Wärme-Austheilung, der fortdauern- den Verminderung ungeachtet, erhält; oder könnte man vollends jedem Puncte eine Wärme ertheilen, wie sie der Summe gemäß wäre, die zwei oder drei solchen Wärme-Austheilungen entspräche, und beobachten, ob im Fortgange der Zeit die überall verminderte Wärme sich noch immer jener Summe gemäß, den Verhältnissen nach, zeigte; so würde von einer eigentlichen Vergleichung der Theorie mit der Erfahrung die Rede sein können. Aber solche
gegen die innere Leitung, deſto groͤßer iſt der Multiplicator, mit welchem man die Grade des mittlern Thermometers multipliciren muß, um die Summe der Grade der beiden naͤchſten zu erhalten.
Dieſe wenigen Bruchſtuͤcke aus Fouriers Unterſuchungen muͤſſen hier wohl hinreichen, um nur von dem Inhalte derſelben einen Begriff zu geben. Daß die Wichtigkeit dieſer Unterſuchungen nicht ganz ſo anerkannt wird, wie ſie es verdienten, daß man die von Fourier bei Gelegenheit der Theorie der Waͤrme bekannt gemachten großen Erweiterungen der Lehren der hoͤhern Analyſis faſt als ſein einziges Verdienſt anſieht, ſcheint mir daher zu kom- men, daß ſich die theoretiſchen Folgerungen nicht ſo durch Verſuche beſtaͤtigen laſſen, wie es in der Lehre vom Lichte ſo oft der Fall iſt. Die Geſetze, nach welchen die Waͤrme in den einzelnen Puncten des Koͤrpers ſich austheilt, und nach welchen dieſe Austheilung von einem Augenblicke zum andern ſich aͤndert, ſind durch Verſuche ſchwer nachzuweiſen, indem die thermometriſchen Meſſungen weder ſchnell genug noch zahlreich genug angeſtellt werden koͤnnen. Das wich- tige Theorem, daß ſich der Zuſtand der Waͤrme immer ſehr bald ſo ordnet, daß er entweder als einem der Zuſtaͤnde gemaͤß oder als einer Zuſammenſetzung der Zuſtaͤnde entſprechend angeſehen werden kann, die bei der Abkuͤhlung, in Ruͤckſicht auf das Verhaͤltniß der Temperatur der einzelnen Puncte, gleichmaͤßig fortdauern, laͤßt ſich faſt einzig in den Faͤllen nachweiſen, wo die Austheilung der Temperatur ſchon ſehr einfachen Geſetzen folgt, und wo daher jenes Theorem nur ein ſich faſt von ſelbſt verſtehendes Reſultat giebt. Waͤre es dagegen moͤglich, die Erwaͤrmung jedes Punctes ganz genau nach einer ſolchen Regel zu ordnen, wie es einem ſolchen Zuſtande gemaͤß waͤre, und dann zu beobachten, ob bei der Abkuͤh- lung ſich eben das Geſetz der Waͤrme-Austheilung, der fortdauern- den Verminderung ungeachtet, erhaͤlt; oder koͤnnte man vollends jedem Puncte eine Waͤrme ertheilen, wie ſie der Summe gemaͤß waͤre, die zwei oder drei ſolchen Waͤrme-Austheilungen entſpraͤche, und beobachten, ob im Fortgange der Zeit die uͤberall verminderte Waͤrme ſich noch immer jener Summe gemaͤß, den Verhaͤltniſſen nach, zeigte; ſo wuͤrde von einer eigentlichen Vergleichung der Theorie mit der Erfahrung die Rede ſein koͤnnen. Aber ſolche
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[63/0077]
gegen die innere Leitung, deſto groͤßer iſt der Multiplicator, mit
welchem man die Grade des mittlern Thermometers multipliciren
muß, um die Summe der Grade der beiden naͤchſten zu erhalten.
Dieſe wenigen Bruchſtuͤcke aus Fouriers Unterſuchungen
muͤſſen hier wohl hinreichen, um nur von dem Inhalte derſelben
einen Begriff zu geben. Daß die Wichtigkeit dieſer Unterſuchungen
nicht ganz ſo anerkannt wird, wie ſie es verdienten, daß man die
von Fourier bei Gelegenheit der Theorie der Waͤrme bekannt
gemachten großen Erweiterungen der Lehren der hoͤhern Analyſis
faſt als ſein einziges Verdienſt anſieht, ſcheint mir daher zu kom-
men, daß ſich die theoretiſchen Folgerungen nicht ſo durch Verſuche
beſtaͤtigen laſſen, wie es in der Lehre vom Lichte ſo oft der Fall iſt.
Die Geſetze, nach welchen die Waͤrme in den einzelnen Puncten des
Koͤrpers ſich austheilt, und nach welchen dieſe Austheilung von einem
Augenblicke zum andern ſich aͤndert, ſind durch Verſuche ſchwer
nachzuweiſen, indem die thermometriſchen Meſſungen weder ſchnell
genug noch zahlreich genug angeſtellt werden koͤnnen. Das wich-
tige Theorem, daß ſich der Zuſtand der Waͤrme immer ſehr bald
ſo ordnet, daß er entweder als einem der Zuſtaͤnde gemaͤß oder als
einer Zuſammenſetzung der Zuſtaͤnde entſprechend angeſehen werden
kann, die bei der Abkuͤhlung, in Ruͤckſicht auf das Verhaͤltniß der
Temperatur der einzelnen Puncte, gleichmaͤßig fortdauern, laͤßt
ſich faſt einzig in den Faͤllen nachweiſen, wo die Austheilung der
Temperatur ſchon ſehr einfachen Geſetzen folgt, und wo daher jenes
Theorem nur ein ſich faſt von ſelbſt verſtehendes Reſultat giebt.
Waͤre es dagegen moͤglich, die Erwaͤrmung jedes Punctes ganz
genau nach einer ſolchen Regel zu ordnen, wie es einem ſolchen
Zuſtande gemaͤß waͤre, und dann zu beobachten, ob bei der Abkuͤh-
lung ſich eben das Geſetz der Waͤrme-Austheilung, der fortdauern-
den Verminderung ungeachtet, erhaͤlt; oder koͤnnte man vollends
jedem Puncte eine Waͤrme ertheilen, wie ſie der Summe gemaͤß
waͤre, die zwei oder drei ſolchen Waͤrme-Austheilungen entſpraͤche,
und beobachten, ob im Fortgange der Zeit die uͤberall verminderte
Waͤrme ſich noch immer jener Summe gemaͤß, den Verhaͤltniſſen
nach, zeigte; ſo wuͤrde von einer eigentlichen Vergleichung der
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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/77>, abgerufen am 24.11.2024.
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