erwärmte Körper doppelt so viel Wärme verliert, als der nur noch um 10 Grad erwärmte.
Die einfachste Betrachtung, die in Hinsicht auf die Wärme- leitung vorkommen kann, findet da statt, wo ein sehr breit aus- gedehnter Körper durch zwei parallele Oberflächen begrenzt wird, deren eine in immer gleicher hoher Temperatur, die andre in immer gleicher niedriger Temperatur erhalten wird. Hier zeigt die Theo- rie, daß, nach längerer Dauer des von außen unterhaltenen Zu- standes, die Abnahme der Temperatur in den zwischen liegenden Schichten den Abständen proportional ist, also in der mittlern Schichte genau die mittlere Temperatur zwischen jenen äußersten statt findet. Dies gilt nämlich da, wo die Seitengrenzen des nach allen Seiten sehr weit ausgedehnten Körpers so sehr entfernt sind, daß man den Einfluß der durch jene Seitengrenzen verloren gehen- den Wärme als nicht in Betrachtung kommend ansehen kann.
Daß dieses so ist, wird durch die Gleichheit der von einer Seite zuströmenden und von der andern Seite abfließenden Wärme bewie- sen. Es wird auch gezeigt, daß dieser Wärmestrom in irgend einer Zwischenschichte desto lebhafter ist, je größer die Wärmedifferenz der beiden Grenzschichten und je kleiner der Abstand derselben von ein- ander ist. Alle diese Folgerungen sind sehr einfach, doch aber durch die genaue theoretische Ableitung merkwürdiger, da der Grund, war- um sie statt finden, hier strenge erhellt.
In diesem Falle konnten wir die Strömung der Wärme als nur nach einer Richtung gehend ansehen, da die so breit aus- gedehnten Grenzflächen uns gestatteten, die Seitenflächen als gar nicht einwirkend anzusehen; der folgende Fall ist schwieriger. Es sei ein sehr langer Stab, dessen eines Ende immer gleich warm erhalten wird, während seine übrige Oberfläche sich in der kalten Luft befindet. Hat hier die allmählige Erwärmung der entferntern Theile einen gewissen Grad erreicht, so verlieren alle Puncte der Oberfläche Wärme, die in die Luft übergeht, und wenn wir irgend- wo uns eine Querschnittsfläche des Stabes denken, so geht durch diese in jedem Augenblicke eine gewisse Wärmemenge von der Wärmequelle aus hindurch, theils um den an der Oberfläche des entfernteren Theiles statt findenden Wärmeverlust zu ersetzen, theils um diesen entferntern Theil nach und nach mehr zu erwärmen.
erwaͤrmte Koͤrper doppelt ſo viel Waͤrme verliert, als der nur noch um 10 Grad erwaͤrmte.
Die einfachſte Betrachtung, die in Hinſicht auf die Waͤrme- leitung vorkommen kann, findet da ſtatt, wo ein ſehr breit aus- gedehnter Koͤrper durch zwei parallele Oberflaͤchen begrenzt wird, deren eine in immer gleicher hoher Temperatur, die andre in immer gleicher niedriger Temperatur erhalten wird. Hier zeigt die Theo- rie, daß, nach laͤngerer Dauer des von außen unterhaltenen Zu- ſtandes, die Abnahme der Temperatur in den zwiſchen liegenden Schichten den Abſtaͤnden proportional iſt, alſo in der mittlern Schichte genau die mittlere Temperatur zwiſchen jenen aͤußerſten ſtatt findet. Dies gilt naͤmlich da, wo die Seitengrenzen des nach allen Seiten ſehr weit ausgedehnten Koͤrpers ſo ſehr entfernt ſind, daß man den Einfluß der durch jene Seitengrenzen verloren gehen- den Waͤrme als nicht in Betrachtung kommend anſehen kann.
Daß dieſes ſo iſt, wird durch die Gleichheit der von einer Seite zuſtroͤmenden und von der andern Seite abfließenden Waͤrme bewie- ſen. Es wird auch gezeigt, daß dieſer Waͤrmeſtrom in irgend einer Zwiſchenſchichte deſto lebhafter iſt, je groͤßer die Waͤrmedifferenz der beiden Grenzſchichten und je kleiner der Abſtand derſelben von ein- ander iſt. Alle dieſe Folgerungen ſind ſehr einfach, doch aber durch die genaue theoretiſche Ableitung merkwuͤrdiger, da der Grund, war- um ſie ſtatt finden, hier ſtrenge erhellt.
In dieſem Falle konnten wir die Stroͤmung der Waͤrme als nur nach einer Richtung gehend anſehen, da die ſo breit aus- gedehnten Grenzflaͤchen uns geſtatteten, die Seitenflaͤchen als gar nicht einwirkend anzuſehen; der folgende Fall iſt ſchwieriger. Es ſei ein ſehr langer Stab, deſſen eines Ende immer gleich warm erhalten wird, waͤhrend ſeine uͤbrige Oberflaͤche ſich in der kalten Luft befindet. Hat hier die allmaͤhlige Erwaͤrmung der entferntern Theile einen gewiſſen Grad erreicht, ſo verlieren alle Puncte der Oberflaͤche Waͤrme, die in die Luft uͤbergeht, und wenn wir irgend- wo uns eine Querſchnittsflaͤche des Stabes denken, ſo geht durch dieſe in jedem Augenblicke eine gewiſſe Waͤrmemenge von der Waͤrmequelle aus hindurch, theils um den an der Oberflaͤche des entfernteren Theiles ſtatt findenden Waͤrmeverluſt zu erſetzen, theils um dieſen entferntern Theil nach und nach mehr zu erwaͤrmen.
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erwaͤrmte Koͤrper doppelt ſo viel Waͤrme verliert, als der nur noch
um 10 Grad erwaͤrmte.
Die einfachſte Betrachtung, die in Hinſicht auf die Waͤrme-
leitung vorkommen kann, findet da ſtatt, wo ein ſehr breit aus-
gedehnter Koͤrper durch zwei parallele Oberflaͤchen begrenzt wird, deren
eine in immer gleicher hoher Temperatur, die andre in immer
gleicher niedriger Temperatur erhalten wird. Hier zeigt die Theo-
rie, daß, nach laͤngerer Dauer des von außen unterhaltenen Zu-
ſtandes, die Abnahme der Temperatur in den zwiſchen liegenden
Schichten den Abſtaͤnden proportional iſt, alſo in der mittlern
Schichte genau die mittlere Temperatur zwiſchen jenen aͤußerſten
ſtatt findet. Dies gilt naͤmlich da, wo die Seitengrenzen des nach
allen Seiten ſehr weit ausgedehnten Koͤrpers ſo ſehr entfernt ſind,
daß man den Einfluß der durch jene Seitengrenzen verloren gehen-
den Waͤrme als nicht in Betrachtung kommend anſehen kann.
Daß dieſes ſo iſt, wird durch die Gleichheit der von einer Seite
zuſtroͤmenden und von der andern Seite abfließenden Waͤrme bewie-
ſen. Es wird auch gezeigt, daß dieſer Waͤrmeſtrom in irgend einer
Zwiſchenſchichte deſto lebhafter iſt, je groͤßer die Waͤrmedifferenz der
beiden Grenzſchichten und je kleiner der Abſtand derſelben von ein-
ander iſt. Alle dieſe Folgerungen ſind ſehr einfach, doch aber durch
die genaue theoretiſche Ableitung merkwuͤrdiger, da der Grund, war-
um ſie ſtatt finden, hier ſtrenge erhellt.
In dieſem Falle konnten wir die Stroͤmung der Waͤrme als
nur nach einer Richtung gehend anſehen, da die ſo breit aus-
gedehnten Grenzflaͤchen uns geſtatteten, die Seitenflaͤchen als gar
nicht einwirkend anzuſehen; der folgende Fall iſt ſchwieriger. Es
ſei ein ſehr langer Stab, deſſen eines Ende immer gleich warm
erhalten wird, waͤhrend ſeine uͤbrige Oberflaͤche ſich in der kalten
Luft befindet. Hat hier die allmaͤhlige Erwaͤrmung der entferntern
Theile einen gewiſſen Grad erreicht, ſo verlieren alle Puncte der
Oberflaͤche Waͤrme, die in die Luft uͤbergeht, und wenn wir irgend-
wo uns eine Querſchnittsflaͤche des Stabes denken, ſo geht durch
dieſe in jedem Augenblicke eine gewiſſe Waͤrmemenge von der
Waͤrmequelle aus hindurch, theils um den an der Oberflaͤche des
entfernteren Theiles ſtatt findenden Waͤrmeverluſt zu erſetzen, theils
um dieſen entferntern Theil nach und nach mehr zu erwaͤrmen.
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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/72>, abgerufen am 24.11.2024.
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