per, Aepfel und dergl. nicht so sehr leiden, wenn man sie in kaltem Wasser sehr langsam sich bis über den Gefrierpunct erwärmen läßt.
Die Rücksicht auf die Wärmeleitung kömmt in unzähligen Fällen des gemeinen Lebens vor. Unsre warmen Kleider sind dar- um erwärmend, weil sie schlechte Wärmeleiter sind, und daher die durch die Lebensfunctionen entwickelte thierische Wärme nicht ent- weichen lassen, und wir ziehen daher diejenigen Körper, welche die Wärme am schlechtesten leiten, Wolle, Pelzwerk, den übrigen vor. Wir bedecken Körper mit Stroh, um sie gegen den Frost zu sichern, weil Stroh die einmal in jenen Körpern enthaltene Wärme nicht leicht entweichen läßt; aber ebenso gut können wir im Sommer Eiskeller mit Stroh bedecken, um den Zutritt der Wärme zu hin- dern. Thon leitet die Wärme schlechter als Eisen, daher erwärmt sich ein Ofen mit Thonwänden langsam; aber ist ein russischer Ofen mit 6 Zoll dicken Wänden einmal durchgewärmt, so erhält er sich lange warm, und theilt dem Zimmer lange Zeit Wärme mit. Mehrere Schichten schlecht leitender Körper halten die Wärme noch besser als eine einzelne dickere Schichte zusammen, theils weil die zwischen den Schichten enthaltene Luft ein schlechter Wärmeleiter ist, theils weil die Wärme bei jedem Uebergange in einen neuen Körper ein Hinderniß ihres Ueberganges findet und theilweise zu- rückgeworfen wird. In der schlechten Wärmeleitung liegt der Grund, warum ein Glas dem Zerspringen durch Erhitzung nicht so sehr ausgesetzt ist, wenn man ein Blatt Papier zwischen das Glas und den heißen Körper legt.
Einige Physiker haben die Wärmeleitung der Körper darnach zu beurtheilen gesucht, daß sie beobachteten, in welcher Zeit ein Körper gewisse Grade der Erwärmung annähme oder verlöre; es ist aber offenbar, daß hiebei zwar die Wärmeleitung mit in Be- trachtung kommt, aber doch auch noch mehr Umstände mit einwir- ken, von denen ich bald mehr sagen werde.
In den flüssigen Körpern wird die Mittheilung der Wärme vorzüglich durch Strömung bewirkt, und diese richtige Bemerkung führte Rumford zu dem unrichtigen Schlusse, daß eine eigent- liche Wärmeleitung in flüssigen Körpern nicht statt finde. Es ist wahr, daß die durch die Wärme ausgedehnten Theilchen des Flüs- sigen sogleich nach oben zu fortrücken, statt daß die kälteren herab-
per, Aepfel und dergl. nicht ſo ſehr leiden, wenn man ſie in kaltem Waſſer ſehr langſam ſich bis uͤber den Gefrierpunct erwaͤrmen laͤßt.
Die Ruͤckſicht auf die Waͤrmeleitung koͤmmt in unzaͤhligen Faͤllen des gemeinen Lebens vor. Unſre warmen Kleider ſind dar- um erwaͤrmend, weil ſie ſchlechte Waͤrmeleiter ſind, und daher die durch die Lebensfunctionen entwickelte thieriſche Waͤrme nicht ent- weichen laſſen, und wir ziehen daher diejenigen Koͤrper, welche die Waͤrme am ſchlechteſten leiten, Wolle, Pelzwerk, den uͤbrigen vor. Wir bedecken Koͤrper mit Stroh, um ſie gegen den Froſt zu ſichern, weil Stroh die einmal in jenen Koͤrpern enthaltene Waͤrme nicht leicht entweichen laͤßt; aber ebenſo gut koͤnnen wir im Sommer Eiskeller mit Stroh bedecken, um den Zutritt der Waͤrme zu hin- dern. Thon leitet die Waͤrme ſchlechter als Eiſen, daher erwaͤrmt ſich ein Ofen mit Thonwaͤnden langſam; aber iſt ein ruſſiſcher Ofen mit 6 Zoll dicken Waͤnden einmal durchgewaͤrmt, ſo erhaͤlt er ſich lange warm, und theilt dem Zimmer lange Zeit Waͤrme mit. Mehrere Schichten ſchlecht leitender Koͤrper halten die Waͤrme noch beſſer als eine einzelne dickere Schichte zuſammen, theils weil die zwiſchen den Schichten enthaltene Luft ein ſchlechter Waͤrmeleiter iſt, theils weil die Waͤrme bei jedem Uebergange in einen neuen Koͤrper ein Hinderniß ihres Ueberganges findet und theilweiſe zu- ruͤckgeworfen wird. In der ſchlechten Waͤrmeleitung liegt der Grund, warum ein Glas dem Zerſpringen durch Erhitzung nicht ſo ſehr ausgeſetzt iſt, wenn man ein Blatt Papier zwiſchen das Glas und den heißen Koͤrper legt.
Einige Phyſiker haben die Waͤrmeleitung der Koͤrper darnach zu beurtheilen geſucht, daß ſie beobachteten, in welcher Zeit ein Koͤrper gewiſſe Grade der Erwaͤrmung annaͤhme oder verloͤre; es iſt aber offenbar, daß hiebei zwar die Waͤrmeleitung mit in Be- trachtung kommt, aber doch auch noch mehr Umſtaͤnde mit einwir- ken, von denen ich bald mehr ſagen werde.
In den fluͤſſigen Koͤrpern wird die Mittheilung der Waͤrme vorzuͤglich durch Stroͤmung bewirkt, und dieſe richtige Bemerkung fuͤhrte Rumford zu dem unrichtigen Schluſſe, daß eine eigent- liche Waͤrmeleitung in fluͤſſigen Koͤrpern nicht ſtatt finde. Es iſt wahr, daß die durch die Waͤrme ausgedehnten Theilchen des Fluͤſ- ſigen ſogleich nach oben zu fortruͤcken, ſtatt daß die kaͤlteren herab-
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per, Aepfel und dergl. nicht ſo ſehr leiden, wenn man ſie in kaltem
Waſſer ſehr langſam ſich bis uͤber den Gefrierpunct erwaͤrmen laͤßt.
Die Ruͤckſicht auf die Waͤrmeleitung koͤmmt in unzaͤhligen
Faͤllen des gemeinen Lebens vor. Unſre warmen Kleider ſind dar-
um erwaͤrmend, weil ſie ſchlechte Waͤrmeleiter ſind, und daher die
durch die Lebensfunctionen entwickelte thieriſche Waͤrme nicht ent-
weichen laſſen, und wir ziehen daher diejenigen Koͤrper, welche die
Waͤrme am ſchlechteſten leiten, Wolle, Pelzwerk, den uͤbrigen vor.
Wir bedecken Koͤrper mit Stroh, um ſie gegen den Froſt zu ſichern,
weil Stroh die einmal in jenen Koͤrpern enthaltene Waͤrme nicht
leicht entweichen laͤßt; aber ebenſo gut koͤnnen wir im Sommer
Eiskeller mit Stroh bedecken, um den Zutritt der Waͤrme zu hin-
dern. Thon leitet die Waͤrme ſchlechter als Eiſen, daher erwaͤrmt
ſich ein Ofen mit Thonwaͤnden langſam; aber iſt ein ruſſiſcher Ofen
mit 6 Zoll dicken Waͤnden einmal durchgewaͤrmt, ſo erhaͤlt er ſich
lange warm, und theilt dem Zimmer lange Zeit Waͤrme mit.
Mehrere Schichten ſchlecht leitender Koͤrper halten die Waͤrme noch
beſſer als eine einzelne dickere Schichte zuſammen, theils weil die
zwiſchen den Schichten enthaltene Luft ein ſchlechter Waͤrmeleiter
iſt, theils weil die Waͤrme bei jedem Uebergange in einen neuen
Koͤrper ein Hinderniß ihres Ueberganges findet und theilweiſe zu-
ruͤckgeworfen wird. In der ſchlechten Waͤrmeleitung liegt der
Grund, warum ein Glas dem Zerſpringen durch Erhitzung nicht
ſo ſehr ausgeſetzt iſt, wenn man ein Blatt Papier zwiſchen das
Glas und den heißen Koͤrper legt.
Einige Phyſiker haben die Waͤrmeleitung der Koͤrper darnach
zu beurtheilen geſucht, daß ſie beobachteten, in welcher Zeit ein
Koͤrper gewiſſe Grade der Erwaͤrmung annaͤhme oder verloͤre; es
iſt aber offenbar, daß hiebei zwar die Waͤrmeleitung mit in Be-
trachtung kommt, aber doch auch noch mehr Umſtaͤnde mit einwir-
ken, von denen ich bald mehr ſagen werde.
In den fluͤſſigen Koͤrpern wird die Mittheilung der Waͤrme
vorzuͤglich durch Stroͤmung bewirkt, und dieſe richtige Bemerkung
fuͤhrte Rumford zu dem unrichtigen Schluſſe, daß eine eigent-
liche Waͤrmeleitung in fluͤſſigen Koͤrpern nicht ſtatt finde. Es iſt
wahr, daß die durch die Waͤrme ausgedehnten Theilchen des Fluͤſ-
ſigen ſogleich nach oben zu fortruͤcken, ſtatt daß die kaͤlteren herab-
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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/64>, abgerufen am 24.11.2024.
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