Nadel um 2 bis 3 Uhr Nachmittags am meisten westlich stand und früh Morgens am meisten östlich. Beaufoy fand für London 81/2 Uhr als die Zeit der geringsten westlichen Abweichung, 11/2Uhr als die Zeit der größesten Abweichung, und der Unterschied betrug um das Jahr 1820 in London 9 Minuten. Auch Beob- achtungen an andern Orten auf der nördlichen Halbkugel stimmen hiermit überein.
Barlow hat eine neue Methode befolgt, um die täglichen Variationen merklicher zu machen, indem er die Kraft der Nadel durch Magnete, in ihrer Nähe angebracht, schwächte. Es ist näm- lich offenbar, daß wenn die Nadel AB (Fig. 147.) genau nach Norden gerichtet ist, und man ihrem Nordpole den Nordpol N eines Magnetes nähert, dieser sie aus ihrer Richtung zu treiben strebt, also die Richtungskraft nach Norden hin schwächt. Ist dieses in bedeutendem Maaße geschehen, und man läßt den Ma- gnet ganze Tage in gleicher Stellung, so werden die täglichen Schwankungen der Magnetnadel viel stärker und gehen auf mehrere Grade. Dabei hat Barlow noch eine andre Bemerkung ge- macht. Wenn man durch nahe gebrachte Magnete die Nadel in andern Richtungen, abweichend vom magnetischen Meridiane, zur Ruhe bringt, so sind die Schwankungen der Nadel im Laufe des Tages bei jeder dieser Stellungen anders, und es giebt eine Stel- lung der Magnetnadel, bei welcher gar keine täglichen Schwankun- gen eintreten; diese ist in London merklich vom magnetischen Nor- den abweichend von NNW nach SSO gerichtet. Allerdings scheint diese Linie von Wichtigkeit zu sein; aber man muß beden- ken, daß in allen den Versuchen, wo die Nadel in Rücksicht ihrer Richtungskraft geschwächt ist, sie von einer Menge Nebenum- stände abhängig gemacht wird, (weshalb schon Cassini die Schwankungen schwacher Nadeln unregelmäßig fand,) daß ferner die Kraft der Magnete selbst bei der größern Tageswärme eine geringere ist, und daß daher auf diese Versuche und Beobachtungen noch kein allzu großes Gewicht gelegt werden darf.
Was die Ursache dieser täglichen Aenderungen der ohne fremde Störung beobachteten Nadel betrifft, so darf man sie wohl in der ungleichen Erwärmung der Erde suchen. Jeder Magnet wirkt etwas schwächer, wenn er warm ist; dehnen wir diese Erfahrung
Nadel um 2 bis 3 Uhr Nachmittags am meiſten weſtlich ſtand und fruͤh Morgens am meiſten oͤſtlich. Beaufoy fand fuͤr London 8½ Uhr als die Zeit der geringſten weſtlichen Abweichung, 1½Uhr als die Zeit der groͤßeſten Abweichung, und der Unterſchied betrug um das Jahr 1820 in London 9 Minuten. Auch Beob- achtungen an andern Orten auf der noͤrdlichen Halbkugel ſtimmen hiermit uͤberein.
Barlow hat eine neue Methode befolgt, um die taͤglichen Variationen merklicher zu machen, indem er die Kraft der Nadel durch Magnete, in ihrer Naͤhe angebracht, ſchwaͤchte. Es iſt naͤm- lich offenbar, daß wenn die Nadel AB (Fig. 147.) genau nach Norden gerichtet iſt, und man ihrem Nordpole den Nordpol N eines Magnetes naͤhert, dieſer ſie aus ihrer Richtung zu treiben ſtrebt, alſo die Richtungskraft nach Norden hin ſchwaͤcht. Iſt dieſes in bedeutendem Maaße geſchehen, und man laͤßt den Ma- gnet ganze Tage in gleicher Stellung, ſo werden die taͤglichen Schwankungen der Magnetnadel viel ſtaͤrker und gehen auf mehrere Grade. Dabei hat Barlow noch eine andre Bemerkung ge- macht. Wenn man durch nahe gebrachte Magnete die Nadel in andern Richtungen, abweichend vom magnetiſchen Meridiane, zur Ruhe bringt, ſo ſind die Schwankungen der Nadel im Laufe des Tages bei jeder dieſer Stellungen anders, und es giebt eine Stel- lung der Magnetnadel, bei welcher gar keine taͤglichen Schwankun- gen eintreten; dieſe iſt in London merklich vom magnetiſchen Nor- den abweichend von NNW nach SSO gerichtet. Allerdings ſcheint dieſe Linie von Wichtigkeit zu ſein; aber man muß beden- ken, daß in allen den Verſuchen, wo die Nadel in Ruͤckſicht ihrer Richtungskraft geſchwaͤcht iſt, ſie von einer Menge Nebenum- ſtaͤnde abhaͤngig gemacht wird, (weshalb ſchon Caſſini die Schwankungen ſchwacher Nadeln unregelmaͤßig fand,) daß ferner die Kraft der Magnete ſelbſt bei der groͤßern Tageswaͤrme eine geringere iſt, und daß daher auf dieſe Verſuche und Beobachtungen noch kein allzu großes Gewicht gelegt werden darf.
Was die Urſache dieſer taͤglichen Aenderungen der ohne fremde Stoͤrung beobachteten Nadel betrifft, ſo darf man ſie wohl in der ungleichen Erwaͤrmung der Erde ſuchen. Jeder Magnet wirkt etwas ſchwaͤcher, wenn er warm iſt; dehnen wir dieſe Erfahrung
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0461"n="447"/>
Nadel um 2 bis 3 Uhr Nachmittags am meiſten weſtlich ſtand<lb/>
und fruͤh Morgens am meiſten oͤſtlich. <hirendition="#g">Beaufoy</hi> fand fuͤr<lb/>
London 8½ Uhr als die Zeit der geringſten weſtlichen Abweichung,<lb/>
1½Uhr als die Zeit der groͤßeſten Abweichung, und der Unterſchied<lb/>
betrug um das Jahr 1820 in London 9 Minuten. Auch Beob-<lb/>
achtungen an andern Orten auf der noͤrdlichen Halbkugel ſtimmen<lb/>
hiermit uͤberein.</p><lb/><p><hirendition="#g">Barlow</hi> hat eine neue Methode befolgt, um die taͤglichen<lb/>
Variationen merklicher zu machen, indem er die Kraft der Nadel<lb/>
durch Magnete, in ihrer Naͤhe angebracht, ſchwaͤchte. Es iſt naͤm-<lb/>
lich offenbar, daß wenn die Nadel <hirendition="#aq"><hirendition="#b">AB</hi></hi> (<hirendition="#aq"><hirendition="#b">Fig. 147.</hi></hi>) genau nach<lb/>
Norden gerichtet iſt, und man ihrem Nordpole den Nordpol <hirendition="#aq"><hirendition="#b">N</hi></hi><lb/>
eines Magnetes naͤhert, dieſer ſie aus ihrer Richtung zu treiben<lb/>ſtrebt, alſo die Richtungskraft nach Norden hin ſchwaͤcht. Iſt<lb/>
dieſes in bedeutendem Maaße geſchehen, und man laͤßt den Ma-<lb/>
gnet ganze Tage in gleicher Stellung, ſo werden die taͤglichen<lb/>
Schwankungen der Magnetnadel viel ſtaͤrker und gehen auf mehrere<lb/>
Grade. Dabei hat <hirendition="#g">Barlow</hi> noch eine andre Bemerkung ge-<lb/>
macht. Wenn man durch nahe gebrachte Magnete die Nadel in<lb/>
andern Richtungen, abweichend vom magnetiſchen Meridiane, zur<lb/>
Ruhe bringt, ſo ſind die Schwankungen der Nadel im Laufe des<lb/>
Tages bei jeder dieſer Stellungen anders, und es giebt eine Stel-<lb/>
lung der Magnetnadel, bei welcher gar keine taͤglichen Schwankun-<lb/>
gen eintreten; dieſe iſt in London merklich vom magnetiſchen Nor-<lb/>
den abweichend von <hirendition="#aq"><hirendition="#b">NNW</hi></hi> nach <hirendition="#aq"><hirendition="#b">SSO</hi></hi> gerichtet. Allerdings<lb/>ſcheint dieſe Linie von Wichtigkeit zu ſein; aber man muß beden-<lb/>
ken, daß in allen den Verſuchen, wo die Nadel in Ruͤckſicht ihrer<lb/>
Richtungskraft geſchwaͤcht iſt, ſie von einer Menge Nebenum-<lb/>ſtaͤnde abhaͤngig gemacht wird, (weshalb ſchon <hirendition="#g">Caſſini</hi> die<lb/>
Schwankungen ſchwacher Nadeln unregelmaͤßig fand,) daß ferner<lb/>
die Kraft der Magnete ſelbſt bei der groͤßern Tageswaͤrme eine<lb/>
geringere iſt, und daß daher auf dieſe Verſuche und Beobachtungen<lb/>
noch kein allzu großes Gewicht gelegt werden darf.</p><lb/><p>Was die Urſache dieſer taͤglichen Aenderungen der ohne fremde<lb/>
Stoͤrung beobachteten Nadel betrifft, ſo darf man ſie wohl in der<lb/>
ungleichen Erwaͤrmung der Erde ſuchen. Jeder Magnet wirkt<lb/>
etwas ſchwaͤcher, wenn er warm iſt; dehnen wir dieſe Erfahrung<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[447/0461]
Nadel um 2 bis 3 Uhr Nachmittags am meiſten weſtlich ſtand
und fruͤh Morgens am meiſten oͤſtlich. Beaufoy fand fuͤr
London 8½ Uhr als die Zeit der geringſten weſtlichen Abweichung,
1½Uhr als die Zeit der groͤßeſten Abweichung, und der Unterſchied
betrug um das Jahr 1820 in London 9 Minuten. Auch Beob-
achtungen an andern Orten auf der noͤrdlichen Halbkugel ſtimmen
hiermit uͤberein.
Barlow hat eine neue Methode befolgt, um die taͤglichen
Variationen merklicher zu machen, indem er die Kraft der Nadel
durch Magnete, in ihrer Naͤhe angebracht, ſchwaͤchte. Es iſt naͤm-
lich offenbar, daß wenn die Nadel AB (Fig. 147.) genau nach
Norden gerichtet iſt, und man ihrem Nordpole den Nordpol N
eines Magnetes naͤhert, dieſer ſie aus ihrer Richtung zu treiben
ſtrebt, alſo die Richtungskraft nach Norden hin ſchwaͤcht. Iſt
dieſes in bedeutendem Maaße geſchehen, und man laͤßt den Ma-
gnet ganze Tage in gleicher Stellung, ſo werden die taͤglichen
Schwankungen der Magnetnadel viel ſtaͤrker und gehen auf mehrere
Grade. Dabei hat Barlow noch eine andre Bemerkung ge-
macht. Wenn man durch nahe gebrachte Magnete die Nadel in
andern Richtungen, abweichend vom magnetiſchen Meridiane, zur
Ruhe bringt, ſo ſind die Schwankungen der Nadel im Laufe des
Tages bei jeder dieſer Stellungen anders, und es giebt eine Stel-
lung der Magnetnadel, bei welcher gar keine taͤglichen Schwankun-
gen eintreten; dieſe iſt in London merklich vom magnetiſchen Nor-
den abweichend von NNW nach SSO gerichtet. Allerdings
ſcheint dieſe Linie von Wichtigkeit zu ſein; aber man muß beden-
ken, daß in allen den Verſuchen, wo die Nadel in Ruͤckſicht ihrer
Richtungskraft geſchwaͤcht iſt, ſie von einer Menge Nebenum-
ſtaͤnde abhaͤngig gemacht wird, (weshalb ſchon Caſſini die
Schwankungen ſchwacher Nadeln unregelmaͤßig fand,) daß ferner
die Kraft der Magnete ſelbſt bei der groͤßern Tageswaͤrme eine
geringere iſt, und daß daher auf dieſe Verſuche und Beobachtungen
noch kein allzu großes Gewicht gelegt werden darf.
Was die Urſache dieſer taͤglichen Aenderungen der ohne fremde
Stoͤrung beobachteten Nadel betrifft, ſo darf man ſie wohl in der
ungleichen Erwaͤrmung der Erde ſuchen. Jeder Magnet wirkt
etwas ſchwaͤcher, wenn er warm iſt; dehnen wir dieſe Erfahrung
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 447. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/461>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.