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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832.

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sprechend ansehn möchte, stimmt keinesweges genau mit den früher
aufgefundenen Polen überein; sondern wir werden hier darauf
aufmerksam gemacht, daß die Puncte einer senkrechten Stellung der
Magnetnadel nicht so gradezu die magnetischen Pole der Erde sind.

In den nördlichsten Gegenden von America ist die magne-
tische Kraft ziemlich viel über das Doppelte derjenigen, die am
magnetischen Aequator an der Westküste Africa's statt findet.
Der Punct der größten Intensität im nördlichen America muß
nach Hansteens Zusammenstellungen ungefähr 80° von Paris
westlich, im 55° nördlicher Breite liegen; nach Ermans Beobach-
tungen liegt ein eben solcher Punct größester Intensität in Si-
birien, in größerer Breite als 60° und 120° östlich von Paris.
Diese Puncte größter Intensität stimmen nicht genau mit denen,
die wir nach den Angaben der Richtung der Magnetnadeln Pole
nennen wollten, überein. Auf der südlichen Halbkugel sind we-
nigere Bestimmungen der Intensität des Magnetismus bekannt,
indeß weiß man, daß südlich von Neuholland die magnetische
Kraft fast eben so groß, als in Nord-Amerika und Sibirien ist,
so wie es die Nähe des dortigen Poles zu fordern scheint *).

Die Untersuchungen über die Intensität der magnetischen
Kraft sind erst in der neuesten Zeit durch von Humboldt in
ihrer Wichtigkeit dargestellt und seitdem weiter verfolgt worden.
Offenbar geben sie uns wichtige Belehrungen über die Austhei-
lung der magnetischen Kraft der Erde, und müssen sehr wesentlich
beitragen, unsre Kenntnisse über den Erdmagnetismus zu berich-
tigen und eine Theorie aller dieser Erscheinungen herbeizuführen.



*) Die Linien gleicher Kraft sind in Taf. V. meistens von Erman
entlehnt, (Poggend. Ann. XXI.) doch habe ich in Neuholland und dem
nördlichsten America einige Bestimmungen von Hansteen beigefügt.
Die Zahlen 0,8; 0,9; 1,0; 1,2; 1,4; 1,6; geben die Verhältnisse
der magnetischen Kraft an.

ſprechend anſehn moͤchte, ſtimmt keinesweges genau mit den fruͤher
aufgefundenen Polen uͤberein; ſondern wir werden hier darauf
aufmerkſam gemacht, daß die Puncte einer ſenkrechten Stellung der
Magnetnadel nicht ſo gradezu die magnetiſchen Pole der Erde ſind.

In den noͤrdlichſten Gegenden von America iſt die magne-
tiſche Kraft ziemlich viel uͤber das Doppelte derjenigen, die am
magnetiſchen Aequator an der Weſtkuͤſte Africa's ſtatt findet.
Der Punct der groͤßten Intenſitaͤt im noͤrdlichen America muß
nach Hanſteens Zuſammenſtellungen ungefaͤhr 80° von Paris
weſtlich, im 55° noͤrdlicher Breite liegen; nach Ermans Beobach-
tungen liegt ein eben ſolcher Punct groͤßeſter Intenſitaͤt in Si-
birien, in groͤßerer Breite als 60° und 120° oͤſtlich von Paris.
Dieſe Puncte groͤßter Intenſitaͤt ſtimmen nicht genau mit denen,
die wir nach den Angaben der Richtung der Magnetnadeln Pole
nennen wollten, uͤberein. Auf der ſuͤdlichen Halbkugel ſind we-
nigere Beſtimmungen der Intenſitaͤt des Magnetismus bekannt,
indeß weiß man, daß ſuͤdlich von Neuholland die magnetiſche
Kraft faſt eben ſo groß, als in Nord-Amerika und Sibirien iſt,
ſo wie es die Naͤhe des dortigen Poles zu fordern ſcheint *).

Die Unterſuchungen uͤber die Intenſitaͤt der magnetiſchen
Kraft ſind erſt in der neueſten Zeit durch von Humboldt in
ihrer Wichtigkeit dargeſtellt und ſeitdem weiter verfolgt worden.
Offenbar geben ſie uns wichtige Belehrungen uͤber die Austhei-
lung der magnetiſchen Kraft der Erde, und muͤſſen ſehr weſentlich
beitragen, unſre Kenntniſſe uͤber den Erdmagnetismus zu berich-
tigen und eine Theorie aller dieſer Erſcheinungen herbeizufuͤhren.



*) Die Linien gleicher Kraft ſind in Taf. V. meiſtens von Erman
entlehnt, (Poggend. Ann. XXI.) doch habe ich in Neuholland und dem
noͤrdlichſten America einige Beſtimmungen von Hanſteen beigefuͤgt.
Die Zahlen 0,8; 0,9; 1,0; 1,2; 1,4; 1,6; geben die Verhaͤltniſſe
der magnetiſchen Kraft an.
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[443/0457] ſprechend anſehn moͤchte, ſtimmt keinesweges genau mit den fruͤher aufgefundenen Polen uͤberein; ſondern wir werden hier darauf aufmerkſam gemacht, daß die Puncte einer ſenkrechten Stellung der Magnetnadel nicht ſo gradezu die magnetiſchen Pole der Erde ſind. In den noͤrdlichſten Gegenden von America iſt die magne- tiſche Kraft ziemlich viel uͤber das Doppelte derjenigen, die am magnetiſchen Aequator an der Weſtkuͤſte Africa's ſtatt findet. Der Punct der groͤßten Intenſitaͤt im noͤrdlichen America muß nach Hanſteens Zuſammenſtellungen ungefaͤhr 80° von Paris weſtlich, im 55° noͤrdlicher Breite liegen; nach Ermans Beobach- tungen liegt ein eben ſolcher Punct groͤßeſter Intenſitaͤt in Si- birien, in groͤßerer Breite als 60° und 120° oͤſtlich von Paris. Dieſe Puncte groͤßter Intenſitaͤt ſtimmen nicht genau mit denen, die wir nach den Angaben der Richtung der Magnetnadeln Pole nennen wollten, uͤberein. Auf der ſuͤdlichen Halbkugel ſind we- nigere Beſtimmungen der Intenſitaͤt des Magnetismus bekannt, indeß weiß man, daß ſuͤdlich von Neuholland die magnetiſche Kraft faſt eben ſo groß, als in Nord-Amerika und Sibirien iſt, ſo wie es die Naͤhe des dortigen Poles zu fordern ſcheint *). Die Unterſuchungen uͤber die Intenſitaͤt der magnetiſchen Kraft ſind erſt in der neueſten Zeit durch von Humboldt in ihrer Wichtigkeit dargeſtellt und ſeitdem weiter verfolgt worden. Offenbar geben ſie uns wichtige Belehrungen uͤber die Austhei- lung der magnetiſchen Kraft der Erde, und muͤſſen ſehr weſentlich beitragen, unſre Kenntniſſe uͤber den Erdmagnetismus zu berich- tigen und eine Theorie aller dieſer Erſcheinungen herbeizufuͤhren. *) Die Linien gleicher Kraft ſind in Taf. V. meiſtens von Erman entlehnt, (Poggend. Ann. XXI.) doch habe ich in Neuholland und dem noͤrdlichſten America einige Beſtimmungen von Hanſteen beigefuͤgt. Die Zahlen 0,8; 0,9; 1,0; 1,2; 1,4; 1,6; geben die Verhaͤltniſſe der magnetiſchen Kraft an.

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 443. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/457>, abgerufen am 22.11.2024.