dem negativen Pole zu. Aber auch bei dem Eingehen in chemische Verbindungen und bei den bloß auf chemischem Wege erfolgenden Zersetzungen lassen sich die Ursachen der Verbindungen auf eben die Gründe zurückführen. Der Sauerstoff hat ein großes Bestreben sich mit den Metallen zu verbinden, weil seine negativ-electrische Beschaffenheit bei der Berührung des Metalles, welches dagegen positiv wird, stark hervortritt; das Kalium und Natrium, als die am meisten positiven Körper, sind hiezu am meisten geneigt. Die Säuren, weil sie ihres Oxygens wegen sich so sehr zum nega- tiven Zustande hinneigen *) haben eine starke chemische oder elec- trische Anziehung zu den Metallen, Erden u. s. w. Wenn diese Anziehung sehr heftig ist, wenn die chemische Verbindung mit vor- züglicher Gewalt geschieht, so giebt die Vereinigung beider Elec- tricitäten auch hier wie in unsern, eigentlich so genannten, elec- trischen Experimenten, eine Feuer-Erscheinung, und die Entzün- dungen sind der Erfolg dieses electrischen Funkens, so daß nun ein Grund erhellt, warum die mit großer Gewalt erfolgenden chemi- schen Verbindungen zu Verbrennung, zu Licht- und Wärme-Ent- wickelung, Anlaß geben. Findet eine Verbindung zwischen zwei Körpern statt, die in der Reihe der Körper nicht gar weit aus einander stehen, so trennt ein dritter, entfernter stehender Körper diese Verbindung durch Wahlverwandtschaft. Blei zum Beispiel ist mit der Essigsäure im essigsauren Blei allerdings innig verbunden; aber wenn in eine Auflösung des essigsauern Bleies im Wasser ein Zinkstab eingetaucht wird, so zeigt das Zink sich als das mehr posi- tive Metall, indem es von der Säure angezogen und aufgelöst wird, wogegen das Blei sich ausscheidet. Das Blei setzt sich hier an den Zinkstab an, und sobald nur das erste Theilchen frei gewor- den ist, bilden nun Zink und Blei eine durch die Auflösung ge- schlossene einfache galvanische Kette, in welcher das Blei den negati- ven Pol darbietet, weil Blei in der Berührung mit Zink negativ- electrisch wird; wegen dieses Zustandes setzt sich ein Theilchen Blei an das andre und bildet den Bleibaum. Auf ähnliche Weise er-
*) Die Hydrogensäuren aus ähnlichem Grunde, weil Chlor zum Beispiel fast am Ende der negativen Reihe, dem Sauerstoff zunächst, steht.
dem negativen Pole zu. Aber auch bei dem Eingehen in chemiſche Verbindungen und bei den bloß auf chemiſchem Wege erfolgenden Zerſetzungen laſſen ſich die Urſachen der Verbindungen auf eben die Gruͤnde zuruͤckfuͤhren. Der Sauerſtoff hat ein großes Beſtreben ſich mit den Metallen zu verbinden, weil ſeine negativ-electriſche Beſchaffenheit bei der Beruͤhrung des Metalles, welches dagegen poſitiv wird, ſtark hervortritt; das Kalium und Natrium, als die am meiſten poſitiven Koͤrper, ſind hiezu am meiſten geneigt. Die Saͤuren, weil ſie ihres Oxygens wegen ſich ſo ſehr zum nega- tiven Zuſtande hinneigen *) haben eine ſtarke chemiſche oder elec- triſche Anziehung zu den Metallen, Erden u. ſ. w. Wenn dieſe Anziehung ſehr heftig iſt, wenn die chemiſche Verbindung mit vor- zuͤglicher Gewalt geſchieht, ſo giebt die Vereinigung beider Elec- tricitaͤten auch hier wie in unſern, eigentlich ſo genannten, elec- triſchen Experimenten, eine Feuer-Erſcheinung, und die Entzuͤn- dungen ſind der Erfolg dieſes electriſchen Funkens, ſo daß nun ein Grund erhellt, warum die mit großer Gewalt erfolgenden chemi- ſchen Verbindungen zu Verbrennung, zu Licht- und Waͤrme-Ent- wickelung, Anlaß geben. Findet eine Verbindung zwiſchen zwei Koͤrpern ſtatt, die in der Reihe der Koͤrper nicht gar weit aus einander ſtehen, ſo trennt ein dritter, entfernter ſtehender Koͤrper dieſe Verbindung durch Wahlverwandtſchaft. Blei zum Beiſpiel iſt mit der Eſſigſaͤure im eſſigſauren Blei allerdings innig verbunden; aber wenn in eine Aufloͤſung des eſſigſauern Bleies im Waſſer ein Zinkſtab eingetaucht wird, ſo zeigt das Zink ſich als das mehr poſi- tive Metall, indem es von der Saͤure angezogen und aufgeloͤſt wird, wogegen das Blei ſich ausſcheidet. Das Blei ſetzt ſich hier an den Zinkſtab an, und ſobald nur das erſte Theilchen frei gewor- den iſt, bilden nun Zink und Blei eine durch die Aufloͤſung ge- ſchloſſene einfache galvaniſche Kette, in welcher das Blei den negati- ven Pol darbietet, weil Blei in der Beruͤhrung mit Zink negativ- electriſch wird; wegen dieſes Zuſtandes ſetzt ſich ein Theilchen Blei an das andre und bildet den Bleibaum. Auf aͤhnliche Weiſe er-
*) Die Hydrogenſaͤuren aus aͤhnlichem Grunde, weil Chlor zum Beiſpiel faſt am Ende der negativen Reihe, dem Sauerſtoff zunaͤchſt, ſteht.
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dem negativen Pole zu. Aber auch bei dem Eingehen in chemiſche
Verbindungen und bei den bloß auf chemiſchem Wege erfolgenden
Zerſetzungen laſſen ſich die Urſachen der Verbindungen auf eben die
Gruͤnde zuruͤckfuͤhren. Der Sauerſtoff hat ein großes Beſtreben
ſich mit den Metallen zu verbinden, weil ſeine negativ-electriſche
Beſchaffenheit bei der Beruͤhrung des Metalles, welches dagegen
poſitiv wird, ſtark hervortritt; das Kalium und Natrium, als
die am meiſten poſitiven Koͤrper, ſind hiezu am meiſten geneigt.
Die Saͤuren, weil ſie ihres Oxygens wegen ſich ſo ſehr zum nega-
tiven Zuſtande hinneigen *) haben eine ſtarke chemiſche oder elec-
triſche Anziehung zu den Metallen, Erden u. ſ. w. Wenn dieſe
Anziehung ſehr heftig iſt, wenn die chemiſche Verbindung mit vor-
zuͤglicher Gewalt geſchieht, ſo giebt die Vereinigung beider Elec-
tricitaͤten auch hier wie in unſern, eigentlich ſo genannten, elec-
triſchen Experimenten, eine Feuer-Erſcheinung, und die Entzuͤn-
dungen ſind der Erfolg dieſes electriſchen Funkens, ſo daß nun ein
Grund erhellt, warum die mit großer Gewalt erfolgenden chemi-
ſchen Verbindungen zu Verbrennung, zu Licht- und Waͤrme-Ent-
wickelung, Anlaß geben. Findet eine Verbindung zwiſchen zwei
Koͤrpern ſtatt, die in der Reihe der Koͤrper nicht gar weit aus
einander ſtehen, ſo trennt ein dritter, entfernter ſtehender Koͤrper
dieſe Verbindung durch Wahlverwandtſchaft. Blei zum Beiſpiel iſt
mit der Eſſigſaͤure im eſſigſauren Blei allerdings innig verbunden;
aber wenn in eine Aufloͤſung des eſſigſauern Bleies im Waſſer ein
Zinkſtab eingetaucht wird, ſo zeigt das Zink ſich als das mehr poſi-
tive Metall, indem es von der Saͤure angezogen und aufgeloͤſt
wird, wogegen das Blei ſich ausſcheidet. Das Blei ſetzt ſich hier
an den Zinkſtab an, und ſobald nur das erſte Theilchen frei gewor-
den iſt, bilden nun Zink und Blei eine durch die Aufloͤſung ge-
ſchloſſene einfache galvaniſche Kette, in welcher das Blei den negati-
ven Pol darbietet, weil Blei in der Beruͤhrung mit Zink negativ-
electriſch wird; wegen dieſes Zuſtandes ſetzt ſich ein Theilchen Blei
an das andre und bildet den Bleibaum. Auf aͤhnliche Weiſe er-
*)
Die Hydrogenſaͤuren aus aͤhnlichem Grunde, weil Chlor zum
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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 373. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/387>, abgerufen am 24.11.2024.
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