suchen die nächste Veranlassung. Pacchiani nämlich glaubte aus vollkommen reinem Wasser am positiven Pole eine Säure, die er für Salzsäure hielt, dargestellt zu haben, und da man die Zu- sammensetzung der Salzsäure nicht kannte, aber sie als aus Oxy- gen und einem andern Grundbestandtheile zusammengesetzt ansah, so schien es nicht unglaublich, daß dieser zweite Bestandtheil Hy- drogen sein könne, und daß die Salzsäure aus eben den Bestand- theilen wie das Wasser, aber in anderm Verhältnisse gemischt, bestehen möge. Am andern Drathe zeigte sich Natron, dessen Ursprung man gleichfalls schon glaubte erklären zu können. Diese, von mehrern Physikern als richtig anerkannten Erfolge zogen Da- vy's Aufmerksamkeit auf sich. Auch er fand, wenn zwei Glas- röhren voll destillirten Wassers, mit Blase als leitender Substanz in Verbindung gesetzt, der Wirkung der voltaischen Säule aus- gesetzt waren, an dem an das positive Ende angebrachten Gold- drathe eine salpetersalzsaure Gold-Auflösung, am negativen Dra- the eine Natron-Auflösung, glaubte aber bald sich zu überzeugen, daß hier die Salzsäure der thierischen Substanz ihren Ursprung verdanke, und daß das Natron aus dem Glase, welches da, wo der Drath es berührte, stark angefressen war, herrühre. Um diese Vermuthung zu prüfen, wurden zwei Achatbecher und ein Stück Amianth, das zur leitenden Verbindung beider dienen sollte, mit destillirtem Wasser ausgekocht, und dann in diesen Bechern destil- lirtes Wasser mit Anwendung von Platindräthen der Einwirkung des electrischen Stromes ausgesetzt; da sich aber auch hier Säure am einen, Natron am andern Pole zeigte, so schien dieser Versuch die Meinung von der Entstehung dieser Substanzen aus dem rei- nen Wasser zu bestätigen. Davy überlegte indeß, daß, da sich hier lange nicht so viel Alcalisches als beim Glase zeigte, wohl selbst die kleinsten dem Achate anhängenden fremden Theilchen zu einem solchen Erfolge Anlaß geben könnten, und daß sich dies bei öfterer Anwendung derselben Becher und desselben Amianths entscheiden müsse, indem das reine Wasser immer gleiche Substanzen hergeben müsse, die am Achat zufällig anhängenden Theilchen aber sich erschöpfen würden. Wirklich nahm bei den folgenden Versuchen die Menge der alcalischen Substanz ab, da sie aber doch immer noch in einigem Maaße hervorging, und auch die Erzeugung von
ſuchen die naͤchſte Veranlaſſung. Pacchiani naͤmlich glaubte aus vollkommen reinem Waſſer am poſitiven Pole eine Saͤure, die er fuͤr Salzſaͤure hielt, dargeſtellt zu haben, und da man die Zu- ſammenſetzung der Salzſaͤure nicht kannte, aber ſie als aus Oxy- gen und einem andern Grundbeſtandtheile zuſammengeſetzt anſah, ſo ſchien es nicht unglaublich, daß dieſer zweite Beſtandtheil Hy- drogen ſein koͤnne, und daß die Salzſaͤure aus eben den Beſtand- theilen wie das Waſſer, aber in anderm Verhaͤltniſſe gemiſcht, beſtehen moͤge. Am andern Drathe zeigte ſich Natron, deſſen Urſprung man gleichfalls ſchon glaubte erklaͤren zu koͤnnen. Dieſe, von mehrern Phyſikern als richtig anerkannten Erfolge zogen Da- vy's Aufmerkſamkeit auf ſich. Auch er fand, wenn zwei Glas- roͤhren voll deſtillirten Waſſers, mit Blaſe als leitender Subſtanz in Verbindung geſetzt, der Wirkung der voltaiſchen Saͤule aus- geſetzt waren, an dem an das poſitive Ende angebrachten Gold- drathe eine ſalpeterſalzſaure Gold-Aufloͤſung, am negativen Dra- the eine Natron-Aufloͤſung, glaubte aber bald ſich zu uͤberzeugen, daß hier die Salzſaͤure der thieriſchen Subſtanz ihren Urſprung verdanke, und daß das Natron aus dem Glaſe, welches da, wo der Drath es beruͤhrte, ſtark angefreſſen war, herruͤhre. Um dieſe Vermuthung zu pruͤfen, wurden zwei Achatbecher und ein Stuͤck Amianth, das zur leitenden Verbindung beider dienen ſollte, mit deſtillirtem Waſſer ausgekocht, und dann in dieſen Bechern deſtil- lirtes Waſſer mit Anwendung von Platindraͤthen der Einwirkung des electriſchen Stromes ausgeſetzt; da ſich aber auch hier Saͤure am einen, Natron am andern Pole zeigte, ſo ſchien dieſer Verſuch die Meinung von der Entſtehung dieſer Subſtanzen aus dem rei- nen Waſſer zu beſtaͤtigen. Davy uͤberlegte indeß, daß, da ſich hier lange nicht ſo viel Alcaliſches als beim Glaſe zeigte, wohl ſelbſt die kleinſten dem Achate anhaͤngenden fremden Theilchen zu einem ſolchen Erfolge Anlaß geben koͤnnten, und daß ſich dies bei oͤfterer Anwendung derſelben Becher und desſelben Amianths entſcheiden muͤſſe, indem das reine Waſſer immer gleiche Subſtanzen hergeben muͤſſe, die am Achat zufaͤllig anhaͤngenden Theilchen aber ſich erſchoͤpfen wuͤrden. Wirklich nahm bei den folgenden Verſuchen die Menge der alcaliſchen Subſtanz ab, da ſie aber doch immer noch in einigem Maaße hervorging, und auch die Erzeugung von
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0380"n="366"/>ſuchen die naͤchſte Veranlaſſung. <hirendition="#g">Pacchiani</hi> naͤmlich glaubte<lb/>
aus vollkommen reinem Waſſer am poſitiven Pole eine Saͤure, die<lb/>
er fuͤr Salzſaͤure hielt, dargeſtellt zu haben, und da man die Zu-<lb/>ſammenſetzung der Salzſaͤure nicht kannte, aber ſie als aus Oxy-<lb/>
gen und einem andern Grundbeſtandtheile zuſammengeſetzt anſah,<lb/>ſo ſchien es nicht unglaublich, daß dieſer zweite Beſtandtheil Hy-<lb/>
drogen ſein koͤnne, und daß die Salzſaͤure aus eben den Beſtand-<lb/>
theilen wie das Waſſer, aber in anderm Verhaͤltniſſe gemiſcht,<lb/>
beſtehen moͤge. Am andern Drathe zeigte ſich Natron, deſſen<lb/>
Urſprung man gleichfalls ſchon glaubte erklaͤren zu koͤnnen. Dieſe,<lb/>
von mehrern Phyſikern als richtig anerkannten Erfolge zogen <hirendition="#g">Da-<lb/>
vy's</hi> Aufmerkſamkeit auf ſich. Auch er fand, wenn zwei Glas-<lb/>
roͤhren voll deſtillirten Waſſers, mit Blaſe als leitender Subſtanz<lb/>
in Verbindung geſetzt, der Wirkung der voltaiſchen Saͤule aus-<lb/>
geſetzt waren, an dem an das poſitive Ende angebrachten Gold-<lb/>
drathe eine ſalpeterſalzſaure Gold-Aufloͤſung, am negativen Dra-<lb/>
the eine Natron-Aufloͤſung, glaubte aber bald ſich zu uͤberzeugen,<lb/>
daß hier die Salzſaͤure der thieriſchen Subſtanz ihren Urſprung<lb/>
verdanke, und daß das Natron aus dem Glaſe, welches da, wo<lb/>
der Drath es beruͤhrte, ſtark angefreſſen war, herruͤhre. Um dieſe<lb/>
Vermuthung zu pruͤfen, wurden zwei Achatbecher und ein Stuͤck<lb/>
Amianth, das zur leitenden Verbindung beider dienen ſollte, mit<lb/>
deſtillirtem Waſſer ausgekocht, und dann in dieſen Bechern deſtil-<lb/>
lirtes Waſſer mit Anwendung von Platindraͤthen der Einwirkung<lb/>
des electriſchen Stromes ausgeſetzt; da ſich aber auch hier Saͤure<lb/>
am einen, Natron am andern Pole zeigte, ſo ſchien dieſer Verſuch<lb/>
die Meinung von der Entſtehung dieſer Subſtanzen aus dem rei-<lb/>
nen Waſſer zu beſtaͤtigen. <hirendition="#g">Davy</hi> uͤberlegte indeß, daß, da ſich<lb/>
hier lange nicht ſo viel Alcaliſches als beim Glaſe zeigte, wohl ſelbſt<lb/>
die kleinſten dem Achate anhaͤngenden fremden Theilchen zu einem<lb/>ſolchen Erfolge Anlaß geben koͤnnten, und daß ſich dies bei oͤfterer<lb/>
Anwendung derſelben Becher und desſelben Amianths entſcheiden<lb/>
muͤſſe, indem das reine Waſſer immer gleiche Subſtanzen hergeben<lb/>
muͤſſe, die am Achat zufaͤllig anhaͤngenden Theilchen aber ſich<lb/>
erſchoͤpfen wuͤrden. Wirklich nahm bei den folgenden Verſuchen<lb/>
die Menge der alcaliſchen Subſtanz ab, da ſie aber doch immer<lb/>
noch in einigem Maaße hervorging, und auch die Erzeugung von<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[366/0380]
ſuchen die naͤchſte Veranlaſſung. Pacchiani naͤmlich glaubte
aus vollkommen reinem Waſſer am poſitiven Pole eine Saͤure, die
er fuͤr Salzſaͤure hielt, dargeſtellt zu haben, und da man die Zu-
ſammenſetzung der Salzſaͤure nicht kannte, aber ſie als aus Oxy-
gen und einem andern Grundbeſtandtheile zuſammengeſetzt anſah,
ſo ſchien es nicht unglaublich, daß dieſer zweite Beſtandtheil Hy-
drogen ſein koͤnne, und daß die Salzſaͤure aus eben den Beſtand-
theilen wie das Waſſer, aber in anderm Verhaͤltniſſe gemiſcht,
beſtehen moͤge. Am andern Drathe zeigte ſich Natron, deſſen
Urſprung man gleichfalls ſchon glaubte erklaͤren zu koͤnnen. Dieſe,
von mehrern Phyſikern als richtig anerkannten Erfolge zogen Da-
vy's Aufmerkſamkeit auf ſich. Auch er fand, wenn zwei Glas-
roͤhren voll deſtillirten Waſſers, mit Blaſe als leitender Subſtanz
in Verbindung geſetzt, der Wirkung der voltaiſchen Saͤule aus-
geſetzt waren, an dem an das poſitive Ende angebrachten Gold-
drathe eine ſalpeterſalzſaure Gold-Aufloͤſung, am negativen Dra-
the eine Natron-Aufloͤſung, glaubte aber bald ſich zu uͤberzeugen,
daß hier die Salzſaͤure der thieriſchen Subſtanz ihren Urſprung
verdanke, und daß das Natron aus dem Glaſe, welches da, wo
der Drath es beruͤhrte, ſtark angefreſſen war, herruͤhre. Um dieſe
Vermuthung zu pruͤfen, wurden zwei Achatbecher und ein Stuͤck
Amianth, das zur leitenden Verbindung beider dienen ſollte, mit
deſtillirtem Waſſer ausgekocht, und dann in dieſen Bechern deſtil-
lirtes Waſſer mit Anwendung von Platindraͤthen der Einwirkung
des electriſchen Stromes ausgeſetzt; da ſich aber auch hier Saͤure
am einen, Natron am andern Pole zeigte, ſo ſchien dieſer Verſuch
die Meinung von der Entſtehung dieſer Subſtanzen aus dem rei-
nen Waſſer zu beſtaͤtigen. Davy uͤberlegte indeß, daß, da ſich
hier lange nicht ſo viel Alcaliſches als beim Glaſe zeigte, wohl ſelbſt
die kleinſten dem Achate anhaͤngenden fremden Theilchen zu einem
ſolchen Erfolge Anlaß geben koͤnnten, und daß ſich dies bei oͤfterer
Anwendung derſelben Becher und desſelben Amianths entſcheiden
muͤſſe, indem das reine Waſſer immer gleiche Subſtanzen hergeben
muͤſſe, die am Achat zufaͤllig anhaͤngenden Theilchen aber ſich
erſchoͤpfen wuͤrden. Wirklich nahm bei den folgenden Verſuchen
die Menge der alcaliſchen Subſtanz ab, da ſie aber doch immer
noch in einigem Maaße hervorging, und auch die Erzeugung von
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 366. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/380>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.