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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832.

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Zitterrochen oder Krampfrochen aus Säulen, die, aus Häuten,
zwischen denen sich eine Flüssigkeit befindet, zusammengesetzt, von
der unteren Seite des Körpers bis an die obere reichen; es stehen
viele dieser Säulen neben einander, so daß man bei großen Rochen
über tausend gezählt hat. Bei dem Zitter-Aale ist das Organ
im Schwanze und nimmt drei Viertel der oft bis auf 6 Fuß
gehenden Länge des Fisches ein; es gleicht in seiner geschichteten
Bildung dem Organe des Zitterrochen.

Diese Fische besitzen die Fähigkeit nach Willkühr Schläge, den
electrischen ähnlich, zu geben; Volta vergleicht die des Rochen
mit den Schlägen einer voltaischen Säule von 60 Plattenpaaren,
die Schläge der Aale müssen aber weit heftiger sein, da sie Pferde
durch Berührung am Bauche so empfindlich, daß diese niederstür-
zen, verletzen können. Daß diese Schläge von den Fischen will-
kührlich ertheilt werden, erhellt daraus, daß man den Fisch in den
Händen halten kann, ohne einen Schlag zu erhalten, daß er man-
cherlei Bewegungen machen kann, ohne einen Schlag zu ertheilen,
daß er dagegen diesen unter ganz gleichen Umständen zuweilen plötz-
lich und oft wiederholt ertheilt.

Wenn man den Zitterrochen nur an einer Seite berührt, so
erhält man nur matte Schläge, stärkere dagegen, wenn man beide
Seiten berührt. Liegt der Fisch auf einer metallenen Schüssel, so
hat man vom Schlage nichts zu fürchten, wenn man bloß die
Schüssel berührt; aber wenn man diese berührt und zugleich die
obere Seite, so kann man den Schlag vollkommen stark erhalten.
Dagegen wenn die obere Seite mit einer Metallplatte bedeckt ist,
welche mit jener Schüssel in metallisch leitender Verbindung steht,
so kann man beide Metallplatten berühren, ohne die Wirkung des
Schlages zu empfinden; es erhellt also, daß der Leiter für die Elec-
tricität hier eine eben so gegen die Schläge sichernde Schließung
bewirkt, wie es bei der Schließung der voltaischen Säule der Fall
ist, deren electrischer Strom durch einen Metalldraht hinreichende
Ableitung findet. Der Schlag wird mehreren Personen zugleich
ertheilt, wenn sie, sich bei den Händen fassend, die Schließung,
welche von der oberen Seite nach der untern geht, bilden. Der
Zitter-Aal giebt im Wasser seinen Schlag bis zu bedeutenden Ent-
fernungen.


Z 2

Zitterrochen oder Krampfrochen aus Saͤulen, die, aus Haͤuten,
zwiſchen denen ſich eine Fluͤſſigkeit befindet, zuſammengeſetzt, von
der unteren Seite des Koͤrpers bis an die obere reichen; es ſtehen
viele dieſer Saͤulen neben einander, ſo daß man bei großen Rochen
uͤber tauſend gezaͤhlt hat. Bei dem Zitter-Aale iſt das Organ
im Schwanze und nimmt drei Viertel der oft bis auf 6 Fuß
gehenden Laͤnge des Fiſches ein; es gleicht in ſeiner geſchichteten
Bildung dem Organe des Zitterrochen.

Dieſe Fiſche beſitzen die Faͤhigkeit nach Willkuͤhr Schlaͤge, den
electriſchen aͤhnlich, zu geben; Volta vergleicht die des Rochen
mit den Schlaͤgen einer voltaiſchen Saͤule von 60 Plattenpaaren,
die Schlaͤge der Aale muͤſſen aber weit heftiger ſein, da ſie Pferde
durch Beruͤhrung am Bauche ſo empfindlich, daß dieſe niederſtuͤr-
zen, verletzen koͤnnen. Daß dieſe Schlaͤge von den Fiſchen will-
kuͤhrlich ertheilt werden, erhellt daraus, daß man den Fiſch in den
Haͤnden halten kann, ohne einen Schlag zu erhalten, daß er man-
cherlei Bewegungen machen kann, ohne einen Schlag zu ertheilen,
daß er dagegen dieſen unter ganz gleichen Umſtaͤnden zuweilen ploͤtz-
lich und oft wiederholt ertheilt.

Wenn man den Zitterrochen nur an einer Seite beruͤhrt, ſo
erhaͤlt man nur matte Schlaͤge, ſtaͤrkere dagegen, wenn man beide
Seiten beruͤhrt. Liegt der Fiſch auf einer metallenen Schuͤſſel, ſo
hat man vom Schlage nichts zu fuͤrchten, wenn man bloß die
Schuͤſſel beruͤhrt; aber wenn man dieſe beruͤhrt und zugleich die
obere Seite, ſo kann man den Schlag vollkommen ſtark erhalten.
Dagegen wenn die obere Seite mit einer Metallplatte bedeckt iſt,
welche mit jener Schuͤſſel in metalliſch leitender Verbindung ſteht,
ſo kann man beide Metallplatten beruͤhren, ohne die Wirkung des
Schlages zu empfinden; es erhellt alſo, daß der Leiter fuͤr die Elec-
tricitaͤt hier eine eben ſo gegen die Schlaͤge ſichernde Schließung
bewirkt, wie es bei der Schließung der voltaiſchen Saͤule der Fall
iſt, deren electriſcher Strom durch einen Metalldraht hinreichende
Ableitung findet. Der Schlag wird mehreren Perſonen zugleich
ertheilt, wenn ſie, ſich bei den Haͤnden faſſend, die Schließung,
welche von der oberen Seite nach der untern geht, bilden. Der
Zitter-Aal giebt im Waſſer ſeinen Schlag bis zu bedeutenden Ent-
fernungen.


Z 2
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[355/0369] Zitterrochen oder Krampfrochen aus Saͤulen, die, aus Haͤuten, zwiſchen denen ſich eine Fluͤſſigkeit befindet, zuſammengeſetzt, von der unteren Seite des Koͤrpers bis an die obere reichen; es ſtehen viele dieſer Saͤulen neben einander, ſo daß man bei großen Rochen uͤber tauſend gezaͤhlt hat. Bei dem Zitter-Aale iſt das Organ im Schwanze und nimmt drei Viertel der oft bis auf 6 Fuß gehenden Laͤnge des Fiſches ein; es gleicht in ſeiner geſchichteten Bildung dem Organe des Zitterrochen. Dieſe Fiſche beſitzen die Faͤhigkeit nach Willkuͤhr Schlaͤge, den electriſchen aͤhnlich, zu geben; Volta vergleicht die des Rochen mit den Schlaͤgen einer voltaiſchen Saͤule von 60 Plattenpaaren, die Schlaͤge der Aale muͤſſen aber weit heftiger ſein, da ſie Pferde durch Beruͤhrung am Bauche ſo empfindlich, daß dieſe niederſtuͤr- zen, verletzen koͤnnen. Daß dieſe Schlaͤge von den Fiſchen will- kuͤhrlich ertheilt werden, erhellt daraus, daß man den Fiſch in den Haͤnden halten kann, ohne einen Schlag zu erhalten, daß er man- cherlei Bewegungen machen kann, ohne einen Schlag zu ertheilen, daß er dagegen dieſen unter ganz gleichen Umſtaͤnden zuweilen ploͤtz- lich und oft wiederholt ertheilt. Wenn man den Zitterrochen nur an einer Seite beruͤhrt, ſo erhaͤlt man nur matte Schlaͤge, ſtaͤrkere dagegen, wenn man beide Seiten beruͤhrt. Liegt der Fiſch auf einer metallenen Schuͤſſel, ſo hat man vom Schlage nichts zu fuͤrchten, wenn man bloß die Schuͤſſel beruͤhrt; aber wenn man dieſe beruͤhrt und zugleich die obere Seite, ſo kann man den Schlag vollkommen ſtark erhalten. Dagegen wenn die obere Seite mit einer Metallplatte bedeckt iſt, welche mit jener Schuͤſſel in metalliſch leitender Verbindung ſteht, ſo kann man beide Metallplatten beruͤhren, ohne die Wirkung des Schlages zu empfinden; es erhellt alſo, daß der Leiter fuͤr die Elec- tricitaͤt hier eine eben ſo gegen die Schlaͤge ſichernde Schließung bewirkt, wie es bei der Schließung der voltaiſchen Saͤule der Fall iſt, deren electriſcher Strom durch einen Metalldraht hinreichende Ableitung findet. Der Schlag wird mehreren Perſonen zugleich ertheilt, wenn ſie, ſich bei den Haͤnden faſſend, die Schließung, welche von der oberen Seite nach der untern geht, bilden. Der Zitter-Aal giebt im Waſſer ſeinen Schlag bis zu bedeutenden Ent- fernungen. Z 2

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/369>, abgerufen am 16.07.2024.