Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832.

Bild:
<< vorherige Seite

verbände, so ginge die Electricität von einer Seite des Glases zur
andern über und die Flasche ließe sich gar nicht mehr laden.

Wenn man die Flasche in der Hand hält, während die Fun-
ken des Conductors auf die Kugel D der inneren Belegung schla-
gen, so fühlt man bei den über den Rand schlagenden Entladungs-
funken keinen Schlag. Die beiden Electricitäten gleichen sich
nämlich bloß aus und gehen nicht durch den Körper dessen, der die
Flasche hält; dieser kann nur den geringen Ueberschuß positiver
Electricität empfangen, den die innere Belegung über die natürliche
Electricität voraus hat, und den wir vorhin bei allmähliger Ent-
ladung in dem ersten Funken erhielten. Auch wenn man einen
metallischen Leiter in die Hand nimmt, ihn an die äußere Bele-
gung zuerst fest anlegt, und ohne hier ihn zu entfernen, ihn
nun auch an die Kugel B (Fig. 78.) drückt, erhält man keinen
Schlag, weil die ganze Ladung, vollkommen gut geleitet, zur an-
dern Belegung übergeht. Auf diese Weise kann man selbst größere
Flaschen, ohne Gefahr einen Schlag zu erhalten, vermittelst eines
mit der Hand berührten Leiters entladen; nur in dem Falle,
wo der Leiter in dem Augenblicke, da er die innere Belegung ent-
ladet, nicht genau die äußere Belegung berührte, würde man den
Schlag erhalten, indem die electrische Materie den längern Weg
durch die Hand und den ganzen Körper des Menschen, dann durch
die Leiter, auf denen die Flasche steht, bis zur äußern Belegung
wählen würde, sobald der metallische Leiter keine vollkommene
Bahn für die Ausladung gewährte. Bei größern Batterien wird
indeß niemand gern den ausladenden Leiter berühren, da es un-
sicher ist, ob der Leiter stark genug ist, um alle übergehende Elec-
tricität aufzunehmen, und im entgegengesetzten Falle sich ein Theil
der Ladung durch den Körper des Beobachters auf gefährliche
Weise entladen würde.

Andre Versuche mit der Flasche.

Daß man eine geladene Flasche dadurch entladen kann, daß
man sie anscheinend mit der entgegengesetzten Electricität ladet, ist
leicht zu übersehen. Hat nämlich die Flasche an dem positiven
Leiter an der innern Seite eine positive Ladung erhalten und ist
dadurch das auf ihr angebrachte Electrometer gehoben (Fig. 80.,

S 2

verbaͤnde, ſo ginge die Electricitaͤt von einer Seite des Glaſes zur
andern uͤber und die Flaſche ließe ſich gar nicht mehr laden.

Wenn man die Flaſche in der Hand haͤlt, waͤhrend die Fun-
ken des Conductors auf die Kugel D der inneren Belegung ſchla-
gen, ſo fuͤhlt man bei den uͤber den Rand ſchlagenden Entladungs-
funken keinen Schlag. Die beiden Electricitaͤten gleichen ſich
naͤmlich bloß aus und gehen nicht durch den Koͤrper deſſen, der die
Flaſche haͤlt; dieſer kann nur den geringen Ueberſchuß poſitiver
Electricitaͤt empfangen, den die innere Belegung uͤber die natuͤrliche
Electricitaͤt voraus hat, und den wir vorhin bei allmaͤhliger Ent-
ladung in dem erſten Funken erhielten. Auch wenn man einen
metalliſchen Leiter in die Hand nimmt, ihn an die aͤußere Bele-
gung zuerſt feſt anlegt, und ohne hier ihn zu entfernen, ihn
nun auch an die Kugel B (Fig. 78.) druͤckt, erhaͤlt man keinen
Schlag, weil die ganze Ladung, vollkommen gut geleitet, zur an-
dern Belegung uͤbergeht. Auf dieſe Weiſe kann man ſelbſt groͤßere
Flaſchen, ohne Gefahr einen Schlag zu erhalten, vermittelſt eines
mit der Hand beruͤhrten Leiters entladen; nur in dem Falle,
wo der Leiter in dem Augenblicke, da er die innere Belegung ent-
ladet, nicht genau die aͤußere Belegung beruͤhrte, wuͤrde man den
Schlag erhalten, indem die electriſche Materie den laͤngern Weg
durch die Hand und den ganzen Koͤrper des Menſchen, dann durch
die Leiter, auf denen die Flaſche ſteht, bis zur aͤußern Belegung
waͤhlen wuͤrde, ſobald der metalliſche Leiter keine vollkommene
Bahn fuͤr die Ausladung gewaͤhrte. Bei groͤßern Batterien wird
indeß niemand gern den ausladenden Leiter beruͤhren, da es un-
ſicher iſt, ob der Leiter ſtark genug iſt, um alle uͤbergehende Elec-
tricitaͤt aufzunehmen, und im entgegengeſetzten Falle ſich ein Theil
der Ladung durch den Koͤrper des Beobachters auf gefaͤhrliche
Weiſe entladen wuͤrde.

Andre Verſuche mit der Flaſche.

Daß man eine geladene Flaſche dadurch entladen kann, daß
man ſie anſcheinend mit der entgegengeſetzten Electricitaͤt ladet, iſt
leicht zu uͤberſehen. Hat naͤmlich die Flaſche an dem poſitiven
Leiter an der innern Seite eine poſitive Ladung erhalten und iſt
dadurch das auf ihr angebrachte Electrometer gehoben (Fig. 80.,

S 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0289" n="275"/>
verba&#x0364;nde, &#x017F;o ginge die Electricita&#x0364;t von einer Seite des Gla&#x017F;es zur<lb/>
andern u&#x0364;ber und die Fla&#x017F;che ließe &#x017F;ich gar nicht mehr laden.</p><lb/>
          <p>Wenn man die Fla&#x017F;che in der Hand ha&#x0364;lt, wa&#x0364;hrend die Fun-<lb/>
ken des Conductors auf die Kugel <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">D</hi></hi> der inneren Belegung &#x017F;chla-<lb/>
gen, &#x017F;o fu&#x0364;hlt man bei den u&#x0364;ber den Rand &#x017F;chlagenden Entladungs-<lb/>
funken keinen Schlag. Die beiden Electricita&#x0364;ten gleichen &#x017F;ich<lb/>
na&#x0364;mlich bloß aus und gehen nicht durch den Ko&#x0364;rper de&#x017F;&#x017F;en, der die<lb/>
Fla&#x017F;che ha&#x0364;lt; die&#x017F;er kann nur den geringen Ueber&#x017F;chuß po&#x017F;itiver<lb/>
Electricita&#x0364;t empfangen, den die innere Belegung u&#x0364;ber die natu&#x0364;rliche<lb/>
Electricita&#x0364;t voraus hat, und den wir vorhin bei allma&#x0364;hliger Ent-<lb/>
ladung in dem er&#x017F;ten Funken erhielten. Auch wenn man einen<lb/>
metalli&#x017F;chen Leiter in die Hand nimmt, ihn an die a&#x0364;ußere Bele-<lb/>
gung zuer&#x017F;t fe&#x017F;t anlegt, und ohne hier ihn zu entfernen, ihn<lb/>
nun auch an die Kugel <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">B</hi></hi> (<hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">Fig. 78.</hi></hi>) dru&#x0364;ckt, erha&#x0364;lt man keinen<lb/>
Schlag, weil die ganze Ladung, vollkommen gut geleitet, zur an-<lb/>
dern Belegung u&#x0364;bergeht. Auf die&#x017F;e Wei&#x017F;e kann man &#x017F;elb&#x017F;t gro&#x0364;ßere<lb/>
Fla&#x017F;chen, ohne Gefahr einen Schlag zu erhalten, vermittel&#x017F;t eines<lb/>
mit der Hand beru&#x0364;hrten Leiters entladen; nur in dem Falle,<lb/>
wo der Leiter in dem Augenblicke, da er die innere Belegung ent-<lb/>
ladet, nicht genau die a&#x0364;ußere Belegung beru&#x0364;hrte, wu&#x0364;rde man den<lb/>
Schlag erhalten, indem die electri&#x017F;che Materie den la&#x0364;ngern Weg<lb/>
durch die Hand und den ganzen Ko&#x0364;rper des Men&#x017F;chen, dann durch<lb/>
die Leiter, auf denen die Fla&#x017F;che &#x017F;teht, bis zur a&#x0364;ußern Belegung<lb/>
wa&#x0364;hlen wu&#x0364;rde, &#x017F;obald der metalli&#x017F;che Leiter keine vollkommene<lb/>
Bahn fu&#x0364;r die Ausladung gewa&#x0364;hrte. Bei gro&#x0364;ßern Batterien wird<lb/>
indeß niemand gern den ausladenden Leiter beru&#x0364;hren, da es un-<lb/>
&#x017F;icher i&#x017F;t, ob der Leiter &#x017F;tark genug i&#x017F;t, um alle u&#x0364;bergehende Elec-<lb/>
tricita&#x0364;t aufzunehmen, und im entgegenge&#x017F;etzten Falle &#x017F;ich ein Theil<lb/>
der Ladung durch den Ko&#x0364;rper des Beobachters auf gefa&#x0364;hrliche<lb/>
Wei&#x017F;e entladen wu&#x0364;rde.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Andre Ver&#x017F;uche mit der Fla&#x017F;che</hi>.</head><lb/>
          <p>Daß man eine geladene Fla&#x017F;che dadurch entladen kann, daß<lb/>
man &#x017F;ie an&#x017F;cheinend mit der entgegenge&#x017F;etzten Electricita&#x0364;t ladet, i&#x017F;t<lb/>
leicht zu u&#x0364;ber&#x017F;ehen. Hat na&#x0364;mlich die Fla&#x017F;che an dem po&#x017F;itiven<lb/>
Leiter an der innern Seite eine po&#x017F;itive Ladung erhalten und i&#x017F;t<lb/>
dadurch das auf ihr angebrachte Electrometer gehoben (<hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">Fig. 80.</hi></hi>,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">S 2</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[275/0289] verbaͤnde, ſo ginge die Electricitaͤt von einer Seite des Glaſes zur andern uͤber und die Flaſche ließe ſich gar nicht mehr laden. Wenn man die Flaſche in der Hand haͤlt, waͤhrend die Fun- ken des Conductors auf die Kugel D der inneren Belegung ſchla- gen, ſo fuͤhlt man bei den uͤber den Rand ſchlagenden Entladungs- funken keinen Schlag. Die beiden Electricitaͤten gleichen ſich naͤmlich bloß aus und gehen nicht durch den Koͤrper deſſen, der die Flaſche haͤlt; dieſer kann nur den geringen Ueberſchuß poſitiver Electricitaͤt empfangen, den die innere Belegung uͤber die natuͤrliche Electricitaͤt voraus hat, und den wir vorhin bei allmaͤhliger Ent- ladung in dem erſten Funken erhielten. Auch wenn man einen metalliſchen Leiter in die Hand nimmt, ihn an die aͤußere Bele- gung zuerſt feſt anlegt, und ohne hier ihn zu entfernen, ihn nun auch an die Kugel B (Fig. 78.) druͤckt, erhaͤlt man keinen Schlag, weil die ganze Ladung, vollkommen gut geleitet, zur an- dern Belegung uͤbergeht. Auf dieſe Weiſe kann man ſelbſt groͤßere Flaſchen, ohne Gefahr einen Schlag zu erhalten, vermittelſt eines mit der Hand beruͤhrten Leiters entladen; nur in dem Falle, wo der Leiter in dem Augenblicke, da er die innere Belegung ent- ladet, nicht genau die aͤußere Belegung beruͤhrte, wuͤrde man den Schlag erhalten, indem die electriſche Materie den laͤngern Weg durch die Hand und den ganzen Koͤrper des Menſchen, dann durch die Leiter, auf denen die Flaſche ſteht, bis zur aͤußern Belegung waͤhlen wuͤrde, ſobald der metalliſche Leiter keine vollkommene Bahn fuͤr die Ausladung gewaͤhrte. Bei groͤßern Batterien wird indeß niemand gern den ausladenden Leiter beruͤhren, da es un- ſicher iſt, ob der Leiter ſtark genug iſt, um alle uͤbergehende Elec- tricitaͤt aufzunehmen, und im entgegengeſetzten Falle ſich ein Theil der Ladung durch den Koͤrper des Beobachters auf gefaͤhrliche Weiſe entladen wuͤrde. Andre Verſuche mit der Flaſche. Daß man eine geladene Flaſche dadurch entladen kann, daß man ſie anſcheinend mit der entgegengeſetzten Electricitaͤt ladet, iſt leicht zu uͤberſehen. Hat naͤmlich die Flaſche an dem poſitiven Leiter an der innern Seite eine poſitive Ladung erhalten und iſt dadurch das auf ihr angebrachte Electrometer gehoben (Fig. 80., S 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/289
Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/289>, abgerufen am 13.11.2024.