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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832.

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Spitzen aber dem Einströmen der Electricität in den seiner electri-
schen Materie beraubten Leiter zuschrieb; warum aber die sich aus
der Luft gegen die Spitze drängende, zuströmende electrische Materie
nicht eben so gut schon in einiger Entfernung von dem Endpuncte
der Spitze leuchtend wird, als sie beim Ausströmen leuchtend bleibt,
scheint doch nicht zu erhellen, und der Beweis, den man hierin
gefunden hat, um die Glas-Electricität als wahrhaft positive
Electricität nachzuweisen, ist unzulänglich. Nimmt man zwei
electrische Materien an, die beide gleich gut ausströmen, so muß
man jene Ungleichheit wohl auf ein verschiedenartiges Verhalten
beim Ausströmen beziehen.

Aber nicht bloß eine Spitze am Leiter selbst angebracht ent-
ladet diesen, sondern auch eine Spitze, die in mäßiger Entfernung
gegen den isolirten Leiter gerichtet wird und selbst eine Ableitung
hat. Ist nämlich AB (Fig. 70.) positiv geladen, und der Leiter
DCE jenem Leiter genähert, so strömt die negativ-electrische Ma-
terie der Spitze D zu, und sie strömt hier aus und gegen den posi-
tiven Leiter hinüber, und daß dann ihr starkes Anziehen die positive
Materie aus der Luft und auch aus AB selbst hinüberführt, scheint
sich ganz wohl begreifen zu lassen. Wenn man dem aus einem
positiv geladenen Leiter ausstrahlenden Lichtbüschel, der bei starken
Ladungen selbst aus einer Kugel von 2 bis 4 Zoll Durchmesser
hervorbricht, einen Leiter von der Seite nähert, so wenden sich
die Strahlen dieses Lichtbüschels gegen den Leiter zu. Eben das
geschieht, wenn man geriebnes Siegellack dem Lichtbüschel nahe
bringt, dagegen werden diese Strahlen abgelenkt durch eine genä-
herte geriebene Glasröhre. Die materiellen Theilchen also, die
sich uns hier leuchtend zeigen, folgen eben den Gesetzen der An-
ziehung und Abstoßung, die wir an der positiv-electrischen Ma-
terie wahrnehmen.

Der Grund, warum sich da, wo die negativ-electrische Ma-
terie in die Luft ausströmt, nicht ein eben solches Ausbreiten in
Strahlen zeigt, warum, da offenbar doch hier auch die positive
Materie gegen die Spitze zu strömen muß, diese sich nicht kenntlich
darstellt, scheint mir auch nach der dualistischen Theorie nicht
deutlich zu erhellen. Wir müssen uns also wohl begnügen, bloß

Spitzen aber dem Einſtroͤmen der Electricitaͤt in den ſeiner electri-
ſchen Materie beraubten Leiter zuſchrieb; warum aber die ſich aus
der Luft gegen die Spitze draͤngende, zuſtroͤmende electriſche Materie
nicht eben ſo gut ſchon in einiger Entfernung von dem Endpuncte
der Spitze leuchtend wird, als ſie beim Ausſtroͤmen leuchtend bleibt,
ſcheint doch nicht zu erhellen, und der Beweis, den man hierin
gefunden hat, um die Glas-Electricitaͤt als wahrhaft poſitive
Electricitaͤt nachzuweiſen, iſt unzulaͤnglich. Nimmt man zwei
electriſche Materien an, die beide gleich gut ausſtroͤmen, ſo muß
man jene Ungleichheit wohl auf ein verſchiedenartiges Verhalten
beim Ausſtroͤmen beziehen.

Aber nicht bloß eine Spitze am Leiter ſelbſt angebracht ent-
ladet dieſen, ſondern auch eine Spitze, die in maͤßiger Entfernung
gegen den iſolirten Leiter gerichtet wird und ſelbſt eine Ableitung
hat. Iſt naͤmlich AB (Fig. 70.) poſitiv geladen, und der Leiter
DCE jenem Leiter genaͤhert, ſo ſtroͤmt die negativ-electriſche Ma-
terie der Spitze D zu, und ſie ſtroͤmt hier aus und gegen den poſi-
tiven Leiter hinuͤber, und daß dann ihr ſtarkes Anziehen die poſitive
Materie aus der Luft und auch aus AB ſelbſt hinuͤberfuͤhrt, ſcheint
ſich ganz wohl begreifen zu laſſen. Wenn man dem aus einem
poſitiv geladenen Leiter ausſtrahlenden Lichtbuͤſchel, der bei ſtarken
Ladungen ſelbſt aus einer Kugel von 2 bis 4 Zoll Durchmeſſer
hervorbricht, einen Leiter von der Seite naͤhert, ſo wenden ſich
die Strahlen dieſes Lichtbuͤſchels gegen den Leiter zu. Eben das
geſchieht, wenn man geriebnes Siegellack dem Lichtbuͤſchel nahe
bringt, dagegen werden dieſe Strahlen abgelenkt durch eine genaͤ-
herte geriebene Glasroͤhre. Die materiellen Theilchen alſo, die
ſich uns hier leuchtend zeigen, folgen eben den Geſetzen der An-
ziehung und Abſtoßung, die wir an der poſitiv-electriſchen Ma-
terie wahrnehmen.

Der Grund, warum ſich da, wo die negativ-electriſche Ma-
terie in die Luft ausſtroͤmt, nicht ein eben ſolches Ausbreiten in
Strahlen zeigt, warum, da offenbar doch hier auch die poſitive
Materie gegen die Spitze zu ſtroͤmen muß, dieſe ſich nicht kenntlich
darſtellt, ſcheint mir auch nach der dualiſtiſchen Theorie nicht
deutlich zu erhellen. Wir muͤſſen uns alſo wohl begnuͤgen, bloß

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[261/0275] Spitzen aber dem Einſtroͤmen der Electricitaͤt in den ſeiner electri- ſchen Materie beraubten Leiter zuſchrieb; warum aber die ſich aus der Luft gegen die Spitze draͤngende, zuſtroͤmende electriſche Materie nicht eben ſo gut ſchon in einiger Entfernung von dem Endpuncte der Spitze leuchtend wird, als ſie beim Ausſtroͤmen leuchtend bleibt, ſcheint doch nicht zu erhellen, und der Beweis, den man hierin gefunden hat, um die Glas-Electricitaͤt als wahrhaft poſitive Electricitaͤt nachzuweiſen, iſt unzulaͤnglich. Nimmt man zwei electriſche Materien an, die beide gleich gut ausſtroͤmen, ſo muß man jene Ungleichheit wohl auf ein verſchiedenartiges Verhalten beim Ausſtroͤmen beziehen. Aber nicht bloß eine Spitze am Leiter ſelbſt angebracht ent- ladet dieſen, ſondern auch eine Spitze, die in maͤßiger Entfernung gegen den iſolirten Leiter gerichtet wird und ſelbſt eine Ableitung hat. Iſt naͤmlich AB (Fig. 70.) poſitiv geladen, und der Leiter DCE jenem Leiter genaͤhert, ſo ſtroͤmt die negativ-electriſche Ma- terie der Spitze D zu, und ſie ſtroͤmt hier aus und gegen den poſi- tiven Leiter hinuͤber, und daß dann ihr ſtarkes Anziehen die poſitive Materie aus der Luft und auch aus AB ſelbſt hinuͤberfuͤhrt, ſcheint ſich ganz wohl begreifen zu laſſen. Wenn man dem aus einem poſitiv geladenen Leiter ausſtrahlenden Lichtbuͤſchel, der bei ſtarken Ladungen ſelbſt aus einer Kugel von 2 bis 4 Zoll Durchmeſſer hervorbricht, einen Leiter von der Seite naͤhert, ſo wenden ſich die Strahlen dieſes Lichtbuͤſchels gegen den Leiter zu. Eben das geſchieht, wenn man geriebnes Siegellack dem Lichtbuͤſchel nahe bringt, dagegen werden dieſe Strahlen abgelenkt durch eine genaͤ- herte geriebene Glasroͤhre. Die materiellen Theilchen alſo, die ſich uns hier leuchtend zeigen, folgen eben den Geſetzen der An- ziehung und Abſtoßung, die wir an der poſitiv-electriſchen Ma- terie wahrnehmen. Der Grund, warum ſich da, wo die negativ-electriſche Ma- terie in die Luft ausſtroͤmt, nicht ein eben ſolches Ausbreiten in Strahlen zeigt, warum, da offenbar doch hier auch die poſitive Materie gegen die Spitze zu ſtroͤmen muß, dieſe ſich nicht kenntlich darſtellt, ſcheint mir auch nach der dualiſtiſchen Theorie nicht deutlich zu erhellen. Wir muͤſſen uns alſo wohl begnuͤgen, bloß

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/275>, abgerufen am 21.11.2024.