dick ist. -- Dies gilt genau nur bei sehr dünnen Schichten, die aber auch hier nur vorkommen.
Es erhellt daher, daß ein Sphäroid KH (Fig. 65.) das zehn- mal so lang als dick ist, eine zehnmal so hohe Schichte electrischer Materie bei H als bei L haben müßte, und daß der Druck auf die Luft bei H hundertmal so groß als bei L sein würde. Da nun sagt Poisson, die Luft wie ein Gefäß anzusehen ist, worin sich die electrische Materie eingeschlossen befindet, so kann in H der Druck so groß werden, daß das Gefäß durchbrochen wird, und dann würde ein Funke übergehen, wenn ein andrer Körper sich in der Nähe befände, oder die Electricität würde in die Luft strömend übergehen, wie es bei Spitzen der Fall ist, wenn kein andrer Körper in der Nähe ist.
Auf ähnliche Weise muß man die Austheilung der electrischen Ladung auch bei andern Formen der Leiter, so lange einer allein, entfernt genug von allen andern Körpern, dasteht, beurtheilen; aber auch in dem Falle, wo zwei Körper auf einander einwirken, läßt sich manche allgemeine Bestimmung und manche besondre, auf einzelne Umstände passende, angeben. Zuerst ist der Satz leicht zu übersehen, daß, wenn zwei Kugeln oder andre durch krumme Flächen begrenzte Körper sich in A berühren, der Ladung ungeachtet, in A gar keine electrische Materie als Ladung vorhanden ist, das heißt, keine die nicht durch Verbindung mit der entgegengesetzten in dem völlig neutralen Zustande erhalten würde. Es ist interes- sant, daß dieses aus den mathematischen Formeln folgt, aber es erhellt auch von selbst, weil A hier (Fig. 66.) als im Innern liegend erscheint, also die Ladung sich eben so gut von hier weg- drängt, wie aus dem Innern eines aus einem Stücke bestehenden Leiters. Eben so leicht erhellt, daß in der Nähe von A nur sehr schwache Spuren von Electricität sein können, weil die in D, E, einander so nahe liegenden Theilchen electrischer Materie sich ein- ander abstoßen und sich gegenseitig mehr gegen B, C, zu drängen. Poissons Rechnung stimmt mit Coulombs Versuchen über- ein, welche zeigen, daß sich die angehäufte electrische Materie in einer Schichte, deren Dicke nach den Verhältnissen, welche die Figur zeigt, bestimmt ist, um beide Kugeln ordnet. Sind die Kugeln ungleich,
III. R
dick iſt. — Dies gilt genau nur bei ſehr duͤnnen Schichten, die aber auch hier nur vorkommen.
Es erhellt daher, daß ein Sphaͤroid KH (Fig. 65.) das zehn- mal ſo lang als dick iſt, eine zehnmal ſo hohe Schichte electriſcher Materie bei H als bei L haben muͤßte, und daß der Druck auf die Luft bei H hundertmal ſo groß als bei L ſein wuͤrde. Da nun ſagt Poiſſon, die Luft wie ein Gefaͤß anzuſehen iſt, worin ſich die electriſche Materie eingeſchloſſen befindet, ſo kann in H der Druck ſo groß werden, daß das Gefaͤß durchbrochen wird, und dann wuͤrde ein Funke uͤbergehen, wenn ein andrer Koͤrper ſich in der Naͤhe befaͤnde, oder die Electricitaͤt wuͤrde in die Luft ſtroͤmend uͤbergehen, wie es bei Spitzen der Fall iſt, wenn kein andrer Koͤrper in der Naͤhe iſt.
Auf aͤhnliche Weiſe muß man die Austheilung der electriſchen Ladung auch bei andern Formen der Leiter, ſo lange einer allein, entfernt genug von allen andern Koͤrpern, daſteht, beurtheilen; aber auch in dem Falle, wo zwei Koͤrper auf einander einwirken, laͤßt ſich manche allgemeine Beſtimmung und manche beſondre, auf einzelne Umſtaͤnde paſſende, angeben. Zuerſt iſt der Satz leicht zu uͤberſehen, daß, wenn zwei Kugeln oder andre durch krumme Flaͤchen begrenzte Koͤrper ſich in A beruͤhren, der Ladung ungeachtet, in A gar keine electriſche Materie als Ladung vorhanden iſt, das heißt, keine die nicht durch Verbindung mit der entgegengeſetzten in dem voͤllig neutralen Zuſtande erhalten wuͤrde. Es iſt intereſ- ſant, daß dieſes aus den mathematiſchen Formeln folgt, aber es erhellt auch von ſelbſt, weil A hier (Fig. 66.) als im Innern liegend erſcheint, alſo die Ladung ſich eben ſo gut von hier weg- draͤngt, wie aus dem Innern eines aus einem Stuͤcke beſtehenden Leiters. Eben ſo leicht erhellt, daß in der Naͤhe von A nur ſehr ſchwache Spuren von Electricitaͤt ſein koͤnnen, weil die in D, E, einander ſo nahe liegenden Theilchen electriſcher Materie ſich ein- ander abſtoßen und ſich gegenſeitig mehr gegen B, C, zu draͤngen. Poiſſons Rechnung ſtimmt mit Coulombs Verſuchen uͤber- ein, welche zeigen, daß ſich die angehaͤufte electriſche Materie in einer Schichte, deren Dicke nach den Verhaͤltniſſen, welche die Figur zeigt, beſtimmt iſt, um beide Kugeln ordnet. Sind die Kugeln ungleich,
III. R
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0271"n="257"/>
dick iſt. — Dies gilt genau nur bei ſehr duͤnnen Schichten, die<lb/>
aber auch hier nur vorkommen.</p><lb/><p>Es erhellt daher, daß ein Sphaͤroid <hirendition="#aq"><hirendition="#b">KH</hi></hi> (<hirendition="#aq"><hirendition="#b">Fig. 65.</hi></hi>) das zehn-<lb/>
mal ſo lang als dick iſt, eine zehnmal ſo hohe Schichte electriſcher<lb/>
Materie bei <hirendition="#aq"><hirendition="#b">H</hi></hi> als bei <hirendition="#aq"><hirendition="#b">L</hi></hi> haben muͤßte, und daß der Druck auf die<lb/>
Luft bei <hirendition="#aq"><hirendition="#b">H</hi></hi> hundertmal ſo groß als bei <hirendition="#aq"><hirendition="#b">L</hi></hi>ſein wuͤrde. Da nun<lb/>ſagt <hirendition="#g">Poiſſon</hi>, die Luft wie ein Gefaͤß anzuſehen iſt, worin ſich<lb/>
die electriſche Materie eingeſchloſſen befindet, ſo kann in <hirendition="#aq"><hirendition="#b">H</hi></hi> der<lb/>
Druck ſo groß werden, daß das Gefaͤß durchbrochen wird, und dann<lb/>
wuͤrde ein Funke uͤbergehen, wenn ein andrer Koͤrper ſich in der<lb/>
Naͤhe befaͤnde, oder die Electricitaͤt wuͤrde in die Luft ſtroͤmend<lb/>
uͤbergehen, wie es bei Spitzen der Fall iſt, wenn kein andrer Koͤrper<lb/>
in der Naͤhe iſt.</p><lb/><p>Auf aͤhnliche Weiſe muß man die Austheilung der electriſchen<lb/>
Ladung auch bei andern Formen der Leiter, ſo lange einer allein,<lb/>
entfernt genug von allen andern Koͤrpern, daſteht, beurtheilen;<lb/>
aber auch in dem Falle, wo zwei Koͤrper auf einander einwirken,<lb/>
laͤßt ſich manche allgemeine Beſtimmung und manche beſondre, auf<lb/>
einzelne Umſtaͤnde paſſende, angeben. Zuerſt iſt der Satz leicht zu<lb/>
uͤberſehen, daß, wenn zwei Kugeln oder andre durch krumme Flaͤchen<lb/>
begrenzte Koͤrper ſich in <hirendition="#aq"><hirendition="#b">A</hi></hi> beruͤhren, der Ladung ungeachtet, in<lb/><hirendition="#aq"><hirendition="#b">A</hi></hi> gar keine electriſche Materie als Ladung vorhanden iſt, das<lb/>
heißt, keine die nicht durch Verbindung mit der entgegengeſetzten<lb/>
in dem voͤllig neutralen Zuſtande erhalten wuͤrde. Es iſt intereſ-<lb/>ſant, daß dieſes aus den mathematiſchen Formeln folgt, aber es<lb/>
erhellt auch von ſelbſt, weil <hirendition="#aq"><hirendition="#b">A</hi></hi> hier (<hirendition="#aq"><hirendition="#b">Fig. 66.</hi></hi>) als im Innern<lb/>
liegend erſcheint, alſo die Ladung ſich eben ſo gut von hier weg-<lb/>
draͤngt, wie aus dem Innern eines aus einem Stuͤcke beſtehenden<lb/>
Leiters. Eben ſo leicht erhellt, daß in der Naͤhe von <hirendition="#aq"><hirendition="#b">A</hi></hi> nur ſehr<lb/>ſchwache Spuren von Electricitaͤt ſein koͤnnen, weil die in <hirendition="#aq"><hirendition="#b">D, E,</hi></hi><lb/>
einander ſo nahe liegenden Theilchen electriſcher Materie ſich ein-<lb/>
ander abſtoßen und ſich gegenſeitig mehr gegen <hirendition="#aq"><hirendition="#b">B, C,</hi></hi> zu draͤngen.<lb/><hirendition="#g">Poiſſons</hi> Rechnung ſtimmt mit <hirendition="#g">Coulombs</hi> Verſuchen uͤber-<lb/>
ein, welche zeigen, daß ſich die angehaͤufte electriſche Materie in<lb/>
einer Schichte, deren Dicke nach den Verhaͤltniſſen, welche die Figur<lb/>
zeigt, beſtimmt iſt, um beide Kugeln ordnet. Sind die Kugeln ungleich,<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#aq"><hirendition="#b">III.</hi></hi> R</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[257/0271]
dick iſt. — Dies gilt genau nur bei ſehr duͤnnen Schichten, die
aber auch hier nur vorkommen.
Es erhellt daher, daß ein Sphaͤroid KH (Fig. 65.) das zehn-
mal ſo lang als dick iſt, eine zehnmal ſo hohe Schichte electriſcher
Materie bei H als bei L haben muͤßte, und daß der Druck auf die
Luft bei H hundertmal ſo groß als bei L ſein wuͤrde. Da nun
ſagt Poiſſon, die Luft wie ein Gefaͤß anzuſehen iſt, worin ſich
die electriſche Materie eingeſchloſſen befindet, ſo kann in H der
Druck ſo groß werden, daß das Gefaͤß durchbrochen wird, und dann
wuͤrde ein Funke uͤbergehen, wenn ein andrer Koͤrper ſich in der
Naͤhe befaͤnde, oder die Electricitaͤt wuͤrde in die Luft ſtroͤmend
uͤbergehen, wie es bei Spitzen der Fall iſt, wenn kein andrer Koͤrper
in der Naͤhe iſt.
Auf aͤhnliche Weiſe muß man die Austheilung der electriſchen
Ladung auch bei andern Formen der Leiter, ſo lange einer allein,
entfernt genug von allen andern Koͤrpern, daſteht, beurtheilen;
aber auch in dem Falle, wo zwei Koͤrper auf einander einwirken,
laͤßt ſich manche allgemeine Beſtimmung und manche beſondre, auf
einzelne Umſtaͤnde paſſende, angeben. Zuerſt iſt der Satz leicht zu
uͤberſehen, daß, wenn zwei Kugeln oder andre durch krumme Flaͤchen
begrenzte Koͤrper ſich in A beruͤhren, der Ladung ungeachtet, in
A gar keine electriſche Materie als Ladung vorhanden iſt, das
heißt, keine die nicht durch Verbindung mit der entgegengeſetzten
in dem voͤllig neutralen Zuſtande erhalten wuͤrde. Es iſt intereſ-
ſant, daß dieſes aus den mathematiſchen Formeln folgt, aber es
erhellt auch von ſelbſt, weil A hier (Fig. 66.) als im Innern
liegend erſcheint, alſo die Ladung ſich eben ſo gut von hier weg-
draͤngt, wie aus dem Innern eines aus einem Stuͤcke beſtehenden
Leiters. Eben ſo leicht erhellt, daß in der Naͤhe von A nur ſehr
ſchwache Spuren von Electricitaͤt ſein koͤnnen, weil die in D, E,
einander ſo nahe liegenden Theilchen electriſcher Materie ſich ein-
ander abſtoßen und ſich gegenſeitig mehr gegen B, C, zu draͤngen.
Poiſſons Rechnung ſtimmt mit Coulombs Verſuchen uͤber-
ein, welche zeigen, daß ſich die angehaͤufte electriſche Materie in
einer Schichte, deren Dicke nach den Verhaͤltniſſen, welche die Figur
zeigt, beſtimmt iſt, um beide Kugeln ordnet. Sind die Kugeln ungleich,
III. R
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/271>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.