bewirkt. Die vorhin beschriebenen zwei völlig gleichen Electrometer (Fig. 44.) zeigen dies sehr gut. Wenn wir zuerst beide einzeln gleich stark mit Siegellack electrisiren, und sie sind so angeordnet, daß diese gleiche Electrisirung sich durch eine Abstoßung zu gleichen Graden zeigt, so bleibt die Abstoßung gleich, auch wenn man beide sich in C, c, berühren läßt; ferner, wenn man beide mit Siegellack electrisirt, aber ungleich, so daß das eine Electrometer 20 Grade, das andre 50 Grade zeigt, so kommen sie beide auf 35 Grad bei der gegenseitigen Berührung, und so in allen Fällen auf den mittlern Grad. Genau ebenso verhält es sich, wenn beide Electrometer durch die Berührung mit geriebenem Glase electrisirt sind. Aber nun electrisire man das eine jener Electrometer mit Glas, das andre mit Siegellack und bringe sie beide einzeln zu gleichen Graden der Abstoßung; so gehen beide bei der Berührung auf Null herab, das ist, die eine Electrisirung hat in der Berührung die andre völlig unthätig gemacht, ihre Wirkung ganz aufgehoben, obgleich nur eine Mittheilung des einen isolirten Körpers an den andern statt fand. Man electrisire das eine mit Glas, bis es auf 50 Gr. gekommen ist, das andre mit Siegellack, bis es auf 20 Grad gekom- men ist; so gehen sie bei der Berührung nicht bis auf die Mittel- zahl 35, sondern bis auf 15 Grad herab, und diese noch übrige Electricität ist der Art nach mit der der stärkern Ladung gleichartig, also hier dem Glase entsprechend, wie man daraus sieht, daß sie durch neue Electricität des Glases vermehrt, durch neu hinzukom- mende Electricität des Siegellacks geschwächt wird. Es ist also ganz klar, daß gleiche Grade beider Electricitäten vereinigt sich völlig zerstören, daß dagegen 20 Grade der einen von den 50 Gra- den der andern nur 20 zerstören, wo dann aber der Ueberrest von 30 Graden, weil er sich auf beide Electrometer austheilt, jedes nur auf 15 Grad bringt. Diese wenigen Beispiele zeigen deutlich die in allen Fällen sich bestätigende Regel, daß die den beiden gleichen Electrometern ertheilten Electricitäten, indem sie sich unter beide gleich austheilen, sie auf die halbe Summe der Grade brin- gen, wenn es gleichartige Electricitäten waren, auf die halbe Dif- ferenz, wenn es ungleichartige Electricitäten waren.
Dieses Verhalten ist ganz dem gemäß, was bei den in der Arithmetik oder Algebra mit positiv (+) und mit negativ (-)
bewirkt. Die vorhin beſchriebenen zwei voͤllig gleichen Electrometer (Fig. 44.) zeigen dies ſehr gut. Wenn wir zuerſt beide einzeln gleich ſtark mit Siegellack electriſiren, und ſie ſind ſo angeordnet, daß dieſe gleiche Electriſirung ſich durch eine Abſtoßung zu gleichen Graden zeigt, ſo bleibt die Abſtoßung gleich, auch wenn man beide ſich in C, c, beruͤhren laͤßt; ferner, wenn man beide mit Siegellack electriſirt, aber ungleich, ſo daß das eine Electrometer 20 Grade, das andre 50 Grade zeigt, ſo kommen ſie beide auf 35 Grad bei der gegenſeitigen Beruͤhrung, und ſo in allen Faͤllen auf den mittlern Grad. Genau ebenſo verhaͤlt es ſich, wenn beide Electrometer durch die Beruͤhrung mit geriebenem Glaſe electriſirt ſind. Aber nun electriſire man das eine jener Electrometer mit Glas, das andre mit Siegellack und bringe ſie beide einzeln zu gleichen Graden der Abſtoßung; ſo gehen beide bei der Beruͤhrung auf Null herab, das iſt, die eine Electriſirung hat in der Beruͤhrung die andre voͤllig unthaͤtig gemacht, ihre Wirkung ganz aufgehoben, obgleich nur eine Mittheilung des einen iſolirten Koͤrpers an den andern ſtatt fand. Man electriſire das eine mit Glas, bis es auf 50 Gr. gekommen iſt, das andre mit Siegellack, bis es auf 20 Grad gekom- men iſt; ſo gehen ſie bei der Beruͤhrung nicht bis auf die Mittel- zahl 35, ſondern bis auf 15 Grad herab, und dieſe noch uͤbrige Electricitaͤt iſt der Art nach mit der der ſtaͤrkern Ladung gleichartig, alſo hier dem Glaſe entſprechend, wie man daraus ſieht, daß ſie durch neue Electricitaͤt des Glaſes vermehrt, durch neu hinzukom- mende Electricitaͤt des Siegellacks geſchwaͤcht wird. Es iſt alſo ganz klar, daß gleiche Grade beider Electricitaͤten vereinigt ſich voͤllig zerſtoͤren, daß dagegen 20 Grade der einen von den 50 Gra- den der andern nur 20 zerſtoͤren, wo dann aber der Ueberreſt von 30 Graden, weil er ſich auf beide Electrometer austheilt, jedes nur auf 15 Grad bringt. Dieſe wenigen Beiſpiele zeigen deutlich die in allen Faͤllen ſich beſtaͤtigende Regel, daß die den beiden gleichen Electrometern ertheilten Electricitaͤten, indem ſie ſich unter beide gleich austheilen, ſie auf die halbe Summe der Grade brin- gen, wenn es gleichartige Electricitaͤten waren, auf die halbe Dif- ferenz, wenn es ungleichartige Electricitaͤten waren.
Dieſes Verhalten iſt ganz dem gemaͤß, was bei den in der Arithmetik oder Algebra mit poſitiv (+) und mit negativ (-)
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bewirkt. Die vorhin beſchriebenen zwei voͤllig gleichen Electrometer
(Fig. 44.) zeigen dies ſehr gut. Wenn wir zuerſt beide einzeln
gleich ſtark mit Siegellack electriſiren, und ſie ſind ſo angeordnet,
daß dieſe gleiche Electriſirung ſich durch eine Abſtoßung zu gleichen
Graden zeigt, ſo bleibt die Abſtoßung gleich, auch wenn man beide
ſich in C, c, beruͤhren laͤßt; ferner, wenn man beide mit Siegellack
electriſirt, aber ungleich, ſo daß das eine Electrometer 20 Grade,
das andre 50 Grade zeigt, ſo kommen ſie beide auf 35 Grad bei der
gegenſeitigen Beruͤhrung, und ſo in allen Faͤllen auf den mittlern
Grad. Genau ebenſo verhaͤlt es ſich, wenn beide Electrometer
durch die Beruͤhrung mit geriebenem Glaſe electriſirt ſind. Aber
nun electriſire man das eine jener Electrometer mit Glas, das
andre mit Siegellack und bringe ſie beide einzeln zu gleichen Graden
der Abſtoßung; ſo gehen beide bei der Beruͤhrung auf Null herab,
das iſt, die eine Electriſirung hat in der Beruͤhrung die andre
voͤllig unthaͤtig gemacht, ihre Wirkung ganz aufgehoben, obgleich
nur eine Mittheilung des einen iſolirten Koͤrpers an den andern
ſtatt fand. Man electriſire das eine mit Glas, bis es auf 50 Gr.
gekommen iſt, das andre mit Siegellack, bis es auf 20 Grad gekom-
men iſt; ſo gehen ſie bei der Beruͤhrung nicht bis auf die Mittel-
zahl 35, ſondern bis auf 15 Grad herab, und dieſe noch uͤbrige
Electricitaͤt iſt der Art nach mit der der ſtaͤrkern Ladung gleichartig,
alſo hier dem Glaſe entſprechend, wie man daraus ſieht, daß ſie
durch neue Electricitaͤt des Glaſes vermehrt, durch neu hinzukom-
mende Electricitaͤt des Siegellacks geſchwaͤcht wird. Es iſt alſo
ganz klar, daß gleiche Grade beider Electricitaͤten vereinigt ſich
voͤllig zerſtoͤren, daß dagegen 20 Grade der einen von den 50 Gra-
den der andern nur 20 zerſtoͤren, wo dann aber der Ueberreſt von
30 Graden, weil er ſich auf beide Electrometer austheilt, jedes
nur auf 15 Grad bringt. Dieſe wenigen Beiſpiele zeigen deutlich
die in allen Faͤllen ſich beſtaͤtigende Regel, daß die den beiden
gleichen Electrometern ertheilten Electricitaͤten, indem ſie ſich unter
beide gleich austheilen, ſie auf die halbe Summe der Grade brin-
gen, wenn es gleichartige Electricitaͤten waren, auf die halbe Dif-
ferenz, wenn es ungleichartige Electricitaͤten waren.
Dieſes Verhalten iſt ganz dem gemaͤß, was bei den in der
Arithmetik oder Algebra mit poſitiv (+) und mit negativ (-)
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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/234>, abgerufen am 18.12.2024.
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