80° schon mit einer Drehungskraft = 40° erhalten konnte, der Verlust an Drehungskraft in 2 Min. nur 2° betrug, u. s. w.
Auch über die ungleiche Vollkommenheit der Isolirung lassen sich Versuche mit der Drehwaage, jedoch auch nur in Beziehung auf schwache Ladungen anstellen. Das Siegellack und Gummilack ist so sehr gut isolirend, daß es schwache Ladungen schon bei geringer Länge fast gar nicht ableitet. Man kann sich davon überzeugen, wenn man die ruhend bleibende Kugel C (Fig. 45.) bald auf einem dünnen Lackfaden, bald auf zweien oder dreien ruhen läßt, indem in allen diesen Fällen der Verlust an Electricität in gleichen Zeiten fast gleich bleibt. Dagegen, wenn eben diese Kugel an einem einzelnen, nicht sehr langen Coconseidenfaden hängt, so verliert sie die Electricität schneller, an zwei Fäden hängend noch schneller u. s. w. Nach Coulombs Versuchen ist ein Faden von Siegellack oder auch von Gummilack 1/2 Lin. dick und 11/2 Zoll lang für mäßig gela- dene Hollundermarkkugeln von 1/2 Zoll Durchmesser fast völlig strenge isolirend; auch ein Seidenfaden mit Siegellack überzogen thut eben die Dienste. Dagegen isolirt ein feiner Glasfaden von 5 bis 6 Zoll lang oder ein Haar oder ein Seidenfaden nur an sehr trockenen Tagen, man muß diese daher mit Gummilack überziehen. Die minder gute Isolirung durch Seide oder Glas ist vorzüglich bei etwas stärkern Ladungen merklich, bei sehr schwachen Ladungen ist die abstoßende Kraft der Electricität nicht groß genug, um in diesen doch immer noch überaus schlechten Leitern die Electricität fortzutreiben. Längere Fäden isoliren besser, so daß ein viermal so langer Faden die doppelt so starke Electricität noch vollkommen isolirt, wenn die einfache Länge die einfach starke Electricität noch vollkommen gut isolirte; aber diese Vergleichung gilt nur in Be- ziehung auf gleich trockne Luft und auf gleich dicke Fäden. Uebri- gens findet sich bei gleichem Zustande der Luft der allmählige Ver- lust gleich, der Körper sei positiv oder negativ electrisirt.
Der Gebrauch der Drehwaage ist ihrer großen Beweglichkeit wegen etwas schwierig, und sie kann zu fehlerhaften Schlüssen Anlaß geben, wenn irgend ein andrer Theil des Instruments auch nur die geringste Spur von Electricität angenommen hat; man muß daher bei ihrem Gebrauche große Vorsicht anwenden.
80° ſchon mit einer Drehungskraft = 40° erhalten konnte, der Verluſt an Drehungskraft in 2 Min. nur 2° betrug, u. ſ. w.
Auch uͤber die ungleiche Vollkommenheit der Iſolirung laſſen ſich Verſuche mit der Drehwaage, jedoch auch nur in Beziehung auf ſchwache Ladungen anſtellen. Das Siegellack und Gummilack iſt ſo ſehr gut iſolirend, daß es ſchwache Ladungen ſchon bei geringer Laͤnge faſt gar nicht ableitet. Man kann ſich davon uͤberzeugen, wenn man die ruhend bleibende Kugel C (Fig. 45.) bald auf einem duͤnnen Lackfaden, bald auf zweien oder dreien ruhen laͤßt, indem in allen dieſen Faͤllen der Verluſt an Electricitaͤt in gleichen Zeiten faſt gleich bleibt. Dagegen, wenn eben dieſe Kugel an einem einzelnen, nicht ſehr langen Coconſeidenfaden haͤngt, ſo verliert ſie die Electricitaͤt ſchneller, an zwei Faͤden haͤngend noch ſchneller u. ſ. w. Nach Coulombs Verſuchen iſt ein Faden von Siegellack oder auch von Gummilack ½ Lin. dick und 1½ Zoll lang fuͤr maͤßig gela- dene Hollundermarkkugeln von ½ Zoll Durchmeſſer faſt voͤllig ſtrenge iſolirend; auch ein Seidenfaden mit Siegellack uͤberzogen thut eben die Dienſte. Dagegen iſolirt ein feiner Glasfaden von 5 bis 6 Zoll lang oder ein Haar oder ein Seidenfaden nur an ſehr trockenen Tagen, man muß dieſe daher mit Gummilack uͤberziehen. Die minder gute Iſolirung durch Seide oder Glas iſt vorzuͤglich bei etwas ſtaͤrkern Ladungen merklich, bei ſehr ſchwachen Ladungen iſt die abſtoßende Kraft der Electricitaͤt nicht groß genug, um in dieſen doch immer noch uͤberaus ſchlechten Leitern die Electricitaͤt fortzutreiben. Laͤngere Faͤden iſoliren beſſer, ſo daß ein viermal ſo langer Faden die doppelt ſo ſtarke Electricitaͤt noch vollkommen iſolirt, wenn die einfache Laͤnge die einfach ſtarke Electricitaͤt noch vollkommen gut iſolirte; aber dieſe Vergleichung gilt nur in Be- ziehung auf gleich trockne Luft und auf gleich dicke Faͤden. Uebri- gens findet ſich bei gleichem Zuſtande der Luft der allmaͤhlige Ver- luſt gleich, der Koͤrper ſei poſitiv oder negativ electriſirt.
Der Gebrauch der Drehwaage iſt ihrer großen Beweglichkeit wegen etwas ſchwierig, und ſie kann zu fehlerhaften Schluͤſſen Anlaß geben, wenn irgend ein andrer Theil des Inſtruments auch nur die geringſte Spur von Electricitaͤt angenommen hat; man muß daher bei ihrem Gebrauche große Vorſicht anwenden.
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80° ſchon mit einer Drehungskraft = 40° erhalten konnte, der
Verluſt an Drehungskraft in 2 Min. nur 2° betrug, u. ſ. w.
Auch uͤber die ungleiche Vollkommenheit der Iſolirung laſſen
ſich Verſuche mit der Drehwaage, jedoch auch nur in Beziehung
auf ſchwache Ladungen anſtellen. Das Siegellack und Gummilack
iſt ſo ſehr gut iſolirend, daß es ſchwache Ladungen ſchon bei geringer
Laͤnge faſt gar nicht ableitet. Man kann ſich davon uͤberzeugen,
wenn man die ruhend bleibende Kugel C (Fig. 45.) bald auf
einem duͤnnen Lackfaden, bald auf zweien oder dreien ruhen laͤßt,
indem in allen dieſen Faͤllen der Verluſt an Electricitaͤt in gleichen
Zeiten faſt gleich bleibt. Dagegen, wenn eben dieſe Kugel an einem
einzelnen, nicht ſehr langen Coconſeidenfaden haͤngt, ſo verliert ſie
die Electricitaͤt ſchneller, an zwei Faͤden haͤngend noch ſchneller u. ſ. w.
Nach Coulombs Verſuchen iſt ein Faden von Siegellack oder
auch von Gummilack ½ Lin. dick und 1½ Zoll lang fuͤr maͤßig gela-
dene Hollundermarkkugeln von ½ Zoll Durchmeſſer faſt voͤllig ſtrenge
iſolirend; auch ein Seidenfaden mit Siegellack uͤberzogen thut eben
die Dienſte. Dagegen iſolirt ein feiner Glasfaden von 5 bis 6
Zoll lang oder ein Haar oder ein Seidenfaden nur an ſehr trockenen
Tagen, man muß dieſe daher mit Gummilack uͤberziehen. Die
minder gute Iſolirung durch Seide oder Glas iſt vorzuͤglich bei
etwas ſtaͤrkern Ladungen merklich, bei ſehr ſchwachen Ladungen iſt
die abſtoßende Kraft der Electricitaͤt nicht groß genug, um in
dieſen doch immer noch uͤberaus ſchlechten Leitern die Electricitaͤt
fortzutreiben. Laͤngere Faͤden iſoliren beſſer, ſo daß ein viermal ſo
langer Faden die doppelt ſo ſtarke Electricitaͤt noch vollkommen
iſolirt, wenn die einfache Laͤnge die einfach ſtarke Electricitaͤt noch
vollkommen gut iſolirte; aber dieſe Vergleichung gilt nur in Be-
ziehung auf gleich trockne Luft und auf gleich dicke Faͤden. Uebri-
gens findet ſich bei gleichem Zuſtande der Luft der allmaͤhlige Ver-
luſt gleich, der Koͤrper ſei poſitiv oder negativ electriſirt.
Der Gebrauch der Drehwaage iſt ihrer großen Beweglichkeit
wegen etwas ſchwierig, und ſie kann zu fehlerhaften Schluͤſſen
Anlaß geben, wenn irgend ein andrer Theil des Inſtruments auch
nur die geringſte Spur von Electricitaͤt angenommen hat; man
muß daher bei ihrem Gebrauche große Vorſicht anwenden.
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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/232>, abgerufen am 01.02.2025.
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