Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832.

Bild:
<< vorherige Seite

noch vollständiger erfüllen müsse, ließ sich erwarten; aber die An-
wendung eines solchen Gebläses schien auch großen Schwierigkeiten
unterworfen zu sein. Es ist nämlich bekannt, daß zwar eine reine
brennbare Luft, es sei Wasserstoffgas oder Kohlen-Wasserstoffgas,
wenn sie aus einer Oeffnung hervordringt, ohne Gefahr angezün-
det werden kann, daß aber eine Mischung dieser Luft-Arten mit
Sauerstoffgas sogleich eine gefährliche Explosion hervorbringen
würde, wenn man diese ebenso behandeln wollte. Bei jenen Luft-
Arten nämlich kann nur das in die atmosphärische Luft hervorströ-
mende Gas sich entzünden und eine Flamme bilden, ein Hinein-
dringen der Flamme in den großen Gasbehälter ist unmöglich, weil
sie des Sauerstoffs, der dort nicht vorhanden ist, zum Fortbrennen
bedarf; hier hingegen bietet jedes Theilchen im Innern des Gas-
behälters beide zum Verbrennen nöthigen Stoffe dar; die an der
Mündung angezündete Flamme ergreift daher die ganze Mischung,
und das mit einer starken Explosion erfolgende Verbrennen des
ganzen Luftvorrathes ist schnell, ja augenblicklich, vollendet. Diese
Mischung heißt daher Knallgas und jenes Newmannsche Ge-
bläse ein Knallgasgebläse. Diese Gefahr zu entfernen, fand
Newmann in Davy's Entdeckung, daß die Flamme nicht
durch enge Oeffnungen dringe, ein, wenigstens in den meisten
Fällen, ausreichendes Mittel. Er ließ nämlich aus einem langen
Haarröhrchen die gemischte Luft hervordringen, und fand, daß
diese dann, am sichersten wenn der Luftstrom recht lebhaft ausfloß,
nicht in den Gasbehälter zurückbrannte; und dieses lebhafte Her-
vordringen fand hier allemal statt, da das Knallgas vermittelst der
Luftpumpe comprimirt wurde.

Die durch diesen entzündeten Luftstrom bewirkte Hitze über-
trifft alles, was andre Gebläse geleistet hatten, bei weitem, und
zwar vorzüglich dann, wenn die Mischung aus 2 Raumtheilen
Wasserstoffgas und 1 Raumtheile Sauerstoffgas bestand, indem
dann keine Luft-Art im Uebermaaß vorhanden ist, und beide im
Verbrennen völlig zu Wasser vereinigt werden. In dieser Hitze
schmilzt Platin sogleich, die für unschmelzbar gehaltenen Erden
schmelzen u. s. w. Clarke, der der erste war, welcher Versuche
mit diesem Gebläse anstellte, sah den Strontian mit schöner Ame-

noch vollſtaͤndiger erfuͤllen muͤſſe, ließ ſich erwarten; aber die An-
wendung eines ſolchen Geblaͤſes ſchien auch großen Schwierigkeiten
unterworfen zu ſein. Es iſt naͤmlich bekannt, daß zwar eine reine
brennbare Luft, es ſei Waſſerſtoffgas oder Kohlen-Waſſerſtoffgas,
wenn ſie aus einer Oeffnung hervordringt, ohne Gefahr angezuͤn-
det werden kann, daß aber eine Miſchung dieſer Luft-Arten mit
Sauerſtoffgas ſogleich eine gefaͤhrliche Exploſion hervorbringen
wuͤrde, wenn man dieſe ebenſo behandeln wollte. Bei jenen Luft-
Arten naͤmlich kann nur das in die atmoſphaͤriſche Luft hervorſtroͤ-
mende Gas ſich entzuͤnden und eine Flamme bilden, ein Hinein-
dringen der Flamme in den großen Gasbehaͤlter iſt unmoͤglich, weil
ſie des Sauerſtoffs, der dort nicht vorhanden iſt, zum Fortbrennen
bedarf; hier hingegen bietet jedes Theilchen im Innern des Gas-
behaͤlters beide zum Verbrennen noͤthigen Stoffe dar; die an der
Muͤndung angezuͤndete Flamme ergreift daher die ganze Miſchung,
und das mit einer ſtarken Exploſion erfolgende Verbrennen des
ganzen Luftvorrathes iſt ſchnell, ja augenblicklich, vollendet. Dieſe
Miſchung heißt daher Knallgas und jenes Newmannſche Ge-
blaͤſe ein Knallgasgeblaͤſe. Dieſe Gefahr zu entfernen, fand
Newmann in Davy's Entdeckung, daß die Flamme nicht
durch enge Oeffnungen dringe, ein, wenigſtens in den meiſten
Faͤllen, ausreichendes Mittel. Er ließ naͤmlich aus einem langen
Haarroͤhrchen die gemiſchte Luft hervordringen, und fand, daß
dieſe dann, am ſicherſten wenn der Luftſtrom recht lebhaft ausfloß,
nicht in den Gasbehaͤlter zuruͤckbrannte; und dieſes lebhafte Her-
vordringen fand hier allemal ſtatt, da das Knallgas vermittelſt der
Luftpumpe comprimirt wurde.

Die durch dieſen entzuͤndeten Luftſtrom bewirkte Hitze uͤber-
trifft alles, was andre Geblaͤſe geleiſtet hatten, bei weitem, und
zwar vorzuͤglich dann, wenn die Miſchung aus 2 Raumtheilen
Waſſerſtoffgas und 1 Raumtheile Sauerſtoffgas beſtand, indem
dann keine Luft-Art im Uebermaaß vorhanden iſt, und beide im
Verbrennen voͤllig zu Waſſer vereinigt werden. In dieſer Hitze
ſchmilzt Platin ſogleich, die fuͤr unſchmelzbar gehaltenen Erden
ſchmelzen u. ſ. w. Clarke, der der erſte war, welcher Verſuche
mit dieſem Geblaͤſe anſtellte, ſah den Strontian mit ſchoͤner Ame-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0212" n="198"/>
noch voll&#x017F;ta&#x0364;ndiger erfu&#x0364;llen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, ließ &#x017F;ich erwarten; aber die An-<lb/>
wendung eines &#x017F;olchen Gebla&#x0364;&#x017F;es &#x017F;chien auch großen Schwierigkeiten<lb/>
unterworfen zu &#x017F;ein. Es i&#x017F;t na&#x0364;mlich bekannt, daß zwar eine reine<lb/>
brennbare Luft, es &#x017F;ei Wa&#x017F;&#x017F;er&#x017F;toffgas oder Kohlen-Wa&#x017F;&#x017F;er&#x017F;toffgas,<lb/>
wenn &#x017F;ie aus einer Oeffnung hervordringt, ohne Gefahr angezu&#x0364;n-<lb/>
det werden kann, daß aber eine Mi&#x017F;chung die&#x017F;er Luft-Arten mit<lb/>
Sauer&#x017F;toffgas &#x017F;ogleich eine gefa&#x0364;hrliche Explo&#x017F;ion hervorbringen<lb/>
wu&#x0364;rde, wenn man die&#x017F;e eben&#x017F;o behandeln wollte. Bei jenen Luft-<lb/>
Arten na&#x0364;mlich kann nur das in die atmo&#x017F;pha&#x0364;ri&#x017F;che Luft hervor&#x017F;tro&#x0364;-<lb/>
mende Gas &#x017F;ich entzu&#x0364;nden und eine Flamme bilden, ein Hinein-<lb/>
dringen der Flamme in den großen Gasbeha&#x0364;lter i&#x017F;t unmo&#x0364;glich, weil<lb/>
&#x017F;ie des Sauer&#x017F;toffs, der dort nicht vorhanden i&#x017F;t, zum Fortbrennen<lb/>
bedarf; hier hingegen bietet jedes Theilchen im Innern des Gas-<lb/>
beha&#x0364;lters beide zum Verbrennen no&#x0364;thigen Stoffe dar; die an der<lb/>
Mu&#x0364;ndung angezu&#x0364;ndete Flamme ergreift daher die ganze Mi&#x017F;chung,<lb/>
und das mit einer &#x017F;tarken Explo&#x017F;ion erfolgende Verbrennen des<lb/>
ganzen Luftvorrathes i&#x017F;t &#x017F;chnell, ja augenblicklich, vollendet. Die&#x017F;e<lb/>
Mi&#x017F;chung heißt daher Knallgas und jenes <hi rendition="#g">Newmann</hi>&#x017F;che Ge-<lb/>
bla&#x0364;&#x017F;e ein <hi rendition="#g">Knallgasgebla&#x0364;&#x017F;e</hi>. Die&#x017F;e Gefahr zu entfernen, fand<lb/><hi rendition="#g">Newmann</hi> in <hi rendition="#g">Davy's</hi> Entdeckung, daß die Flamme nicht<lb/>
durch enge Oeffnungen dringe, ein, wenig&#x017F;tens in den mei&#x017F;ten<lb/>
Fa&#x0364;llen, ausreichendes Mittel. Er ließ na&#x0364;mlich aus einem langen<lb/>
Haarro&#x0364;hrchen die gemi&#x017F;chte Luft hervordringen, und fand, daß<lb/>
die&#x017F;e dann, am &#x017F;icher&#x017F;ten wenn der Luft&#x017F;trom recht lebhaft ausfloß,<lb/>
nicht in den Gasbeha&#x0364;lter zuru&#x0364;ckbrannte; und die&#x017F;es lebhafte Her-<lb/>
vordringen fand hier allemal &#x017F;tatt, da das Knallgas vermittel&#x017F;t der<lb/>
Luftpumpe comprimirt wurde.</p><lb/>
          <p>Die durch die&#x017F;en entzu&#x0364;ndeten Luft&#x017F;trom bewirkte Hitze u&#x0364;ber-<lb/>
trifft alles, was andre Gebla&#x0364;&#x017F;e gelei&#x017F;tet hatten, bei weitem, und<lb/>
zwar vorzu&#x0364;glich dann, wenn die Mi&#x017F;chung aus 2 Raumtheilen<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er&#x017F;toffgas und 1 Raumtheile Sauer&#x017F;toffgas be&#x017F;tand, indem<lb/>
dann keine Luft-Art im Uebermaaß vorhanden i&#x017F;t, und beide im<lb/>
Verbrennen vo&#x0364;llig zu Wa&#x017F;&#x017F;er vereinigt werden. In die&#x017F;er Hitze<lb/>
&#x017F;chmilzt Platin &#x017F;ogleich, die fu&#x0364;r un&#x017F;chmelzbar gehaltenen Erden<lb/>
&#x017F;chmelzen u. &#x017F;. w. <hi rendition="#g">Clarke</hi>, der der er&#x017F;te war, welcher Ver&#x017F;uche<lb/>
mit die&#x017F;em Gebla&#x0364;&#x017F;e an&#x017F;tellte, &#x017F;ah den Strontian mit &#x017F;cho&#x0364;ner Ame-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[198/0212] noch vollſtaͤndiger erfuͤllen muͤſſe, ließ ſich erwarten; aber die An- wendung eines ſolchen Geblaͤſes ſchien auch großen Schwierigkeiten unterworfen zu ſein. Es iſt naͤmlich bekannt, daß zwar eine reine brennbare Luft, es ſei Waſſerſtoffgas oder Kohlen-Waſſerſtoffgas, wenn ſie aus einer Oeffnung hervordringt, ohne Gefahr angezuͤn- det werden kann, daß aber eine Miſchung dieſer Luft-Arten mit Sauerſtoffgas ſogleich eine gefaͤhrliche Exploſion hervorbringen wuͤrde, wenn man dieſe ebenſo behandeln wollte. Bei jenen Luft- Arten naͤmlich kann nur das in die atmoſphaͤriſche Luft hervorſtroͤ- mende Gas ſich entzuͤnden und eine Flamme bilden, ein Hinein- dringen der Flamme in den großen Gasbehaͤlter iſt unmoͤglich, weil ſie des Sauerſtoffs, der dort nicht vorhanden iſt, zum Fortbrennen bedarf; hier hingegen bietet jedes Theilchen im Innern des Gas- behaͤlters beide zum Verbrennen noͤthigen Stoffe dar; die an der Muͤndung angezuͤndete Flamme ergreift daher die ganze Miſchung, und das mit einer ſtarken Exploſion erfolgende Verbrennen des ganzen Luftvorrathes iſt ſchnell, ja augenblicklich, vollendet. Dieſe Miſchung heißt daher Knallgas und jenes Newmannſche Ge- blaͤſe ein Knallgasgeblaͤſe. Dieſe Gefahr zu entfernen, fand Newmann in Davy's Entdeckung, daß die Flamme nicht durch enge Oeffnungen dringe, ein, wenigſtens in den meiſten Faͤllen, ausreichendes Mittel. Er ließ naͤmlich aus einem langen Haarroͤhrchen die gemiſchte Luft hervordringen, und fand, daß dieſe dann, am ſicherſten wenn der Luftſtrom recht lebhaft ausfloß, nicht in den Gasbehaͤlter zuruͤckbrannte; und dieſes lebhafte Her- vordringen fand hier allemal ſtatt, da das Knallgas vermittelſt der Luftpumpe comprimirt wurde. Die durch dieſen entzuͤndeten Luftſtrom bewirkte Hitze uͤber- trifft alles, was andre Geblaͤſe geleiſtet hatten, bei weitem, und zwar vorzuͤglich dann, wenn die Miſchung aus 2 Raumtheilen Waſſerſtoffgas und 1 Raumtheile Sauerſtoffgas beſtand, indem dann keine Luft-Art im Uebermaaß vorhanden iſt, und beide im Verbrennen voͤllig zu Waſſer vereinigt werden. In dieſer Hitze ſchmilzt Platin ſogleich, die fuͤr unſchmelzbar gehaltenen Erden ſchmelzen u. ſ. w. Clarke, der der erſte war, welcher Verſuche mit dieſem Geblaͤſe anſtellte, ſah den Strontian mit ſchoͤner Ame-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/212
Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/212>, abgerufen am 24.11.2024.