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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832.

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Zehnte Vorlesung.


Die neulich angestellten Betrachtungen betrafen die in ela-
stischer Form, als durchsichtige Dämpfe, in der Luft enthaltenen
Wassertheilchen; aber auch von ihrem Uebergange in den Zustand
sichtbarer Dünste und tropfbaren Wassers, von der Entstehung
der Nebel, der Wolken, des Regens und des Thaues muß ich
noch etwas sagen, da ein großer Theil der meteorischen Erscheinun-
gen hier ihre Erklärung findet.

Nebel und Wolken.

Wenn die Dämpfe warmen Wassers in der kalten Luft auf-
steigen, so zeigt sich ein neblicher Dunst, bestehend aus sehr kleinen
Theilen niedergeschlagenen Wassers, weil der so dichte Dampf bei
geringerer Wärme nicht mehr als elastischer Dampf bestehen kann;
in etwas größerer Entfernung von der Dampfquelle wird er wieder
unsichtbar, weil er, in größeren Raum ausgebreitet, aufs neue
sich in einen der niedrigen Temperatur angemessenen, weniger dich-
ten, elastischen Dampf verwandelt. Ebenso zeigt sich uns der aus-
gehauchte Athem in kalter Luft. Und ganz dieselben Gründe brin-
gen in einer Menge von Fällen ausgedehnte Nebel in der Atmo-
sphäre hervor. Diese müssen nämlich in zwei Fällen nothwendig
entstehen, sowohl wenn aus einer Dampfquelle Dämpfe in eine
kältere Luft übergehen, als auch wenn eine mit Dämpfen erfüllte
Luft an der Oberfläche eines kälteren Körpers abgekühlt wird. Das
erstere findet bei den Nebeln statt, die wir oberhalb des Wassers sich
Abends nach Sonnen-Untergang, oft auch die ganze Nacht durch,
und im Winter bei plötzlich starker Kälte, bilden sehen. Die Er-
fahrung zeigt, daß nach heißen Sommertagen die Oberfläche des
festen Landes schneller erkaltet, als die Gewässer, und dieses ist auch
so fern leicht zu erklären, als im Wasser die an der Oberfläche
erkalteten Theilchen in die Tiefe hinabsinken, dagegen aber erwärmte
Theilchen den Platz an der Oberfläche einnehmen. Indem nun
die über dem festen Boden abgekühlte Luft über die Oberfläche des

Zehnte Vorleſung.


Die neulich angeſtellten Betrachtungen betrafen die in ela-
ſtiſcher Form, als durchſichtige Daͤmpfe, in der Luft enthaltenen
Waſſertheilchen; aber auch von ihrem Uebergange in den Zuſtand
ſichtbarer Duͤnſte und tropfbaren Waſſers, von der Entſtehung
der Nebel, der Wolken, des Regens und des Thaues muß ich
noch etwas ſagen, da ein großer Theil der meteoriſchen Erſcheinun-
gen hier ihre Erklaͤrung findet.

Nebel und Wolken.

Wenn die Daͤmpfe warmen Waſſers in der kalten Luft auf-
ſteigen, ſo zeigt ſich ein neblicher Dunſt, beſtehend aus ſehr kleinen
Theilen niedergeſchlagenen Waſſers, weil der ſo dichte Dampf bei
geringerer Waͤrme nicht mehr als elaſtiſcher Dampf beſtehen kann;
in etwas groͤßerer Entfernung von der Dampfquelle wird er wieder
unſichtbar, weil er, in groͤßeren Raum ausgebreitet, aufs neue
ſich in einen der niedrigen Temperatur angemeſſenen, weniger dich-
ten, elaſtiſchen Dampf verwandelt. Ebenſo zeigt ſich uns der aus-
gehauchte Athem in kalter Luft. Und ganz dieſelben Gruͤnde brin-
gen in einer Menge von Faͤllen ausgedehnte Nebel in der Atmo-
ſphaͤre hervor. Dieſe muͤſſen naͤmlich in zwei Faͤllen nothwendig
entſtehen, ſowohl wenn aus einer Dampfquelle Daͤmpfe in eine
kaͤltere Luft uͤbergehen, als auch wenn eine mit Daͤmpfen erfuͤllte
Luft an der Oberflaͤche eines kaͤlteren Koͤrpers abgekuͤhlt wird. Das
erſtere findet bei den Nebeln ſtatt, die wir oberhalb des Waſſers ſich
Abends nach Sonnen-Untergang, oft auch die ganze Nacht durch,
und im Winter bei ploͤtzlich ſtarker Kaͤlte, bilden ſehen. Die Er-
fahrung zeigt, daß nach heißen Sommertagen die Oberflaͤche des
feſten Landes ſchneller erkaltet, als die Gewaͤſſer, und dieſes iſt auch
ſo fern leicht zu erklaͤren, als im Waſſer die an der Oberflaͤche
erkalteten Theilchen in die Tiefe hinabſinken, dagegen aber erwaͤrmte
Theilchen den Platz an der Oberflaͤche einnehmen. Indem nun
die uͤber dem feſten Boden abgekuͤhlte Luft uͤber die Oberflaͤche des

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[155/0169] Zehnte Vorleſung. Die neulich angeſtellten Betrachtungen betrafen die in ela- ſtiſcher Form, als durchſichtige Daͤmpfe, in der Luft enthaltenen Waſſertheilchen; aber auch von ihrem Uebergange in den Zuſtand ſichtbarer Duͤnſte und tropfbaren Waſſers, von der Entſtehung der Nebel, der Wolken, des Regens und des Thaues muß ich noch etwas ſagen, da ein großer Theil der meteoriſchen Erſcheinun- gen hier ihre Erklaͤrung findet. Nebel und Wolken. Wenn die Daͤmpfe warmen Waſſers in der kalten Luft auf- ſteigen, ſo zeigt ſich ein neblicher Dunſt, beſtehend aus ſehr kleinen Theilen niedergeſchlagenen Waſſers, weil der ſo dichte Dampf bei geringerer Waͤrme nicht mehr als elaſtiſcher Dampf beſtehen kann; in etwas groͤßerer Entfernung von der Dampfquelle wird er wieder unſichtbar, weil er, in groͤßeren Raum ausgebreitet, aufs neue ſich in einen der niedrigen Temperatur angemeſſenen, weniger dich- ten, elaſtiſchen Dampf verwandelt. Ebenſo zeigt ſich uns der aus- gehauchte Athem in kalter Luft. Und ganz dieſelben Gruͤnde brin- gen in einer Menge von Faͤllen ausgedehnte Nebel in der Atmo- ſphaͤre hervor. Dieſe muͤſſen naͤmlich in zwei Faͤllen nothwendig entſtehen, ſowohl wenn aus einer Dampfquelle Daͤmpfe in eine kaͤltere Luft uͤbergehen, als auch wenn eine mit Daͤmpfen erfuͤllte Luft an der Oberflaͤche eines kaͤlteren Koͤrpers abgekuͤhlt wird. Das erſtere findet bei den Nebeln ſtatt, die wir oberhalb des Waſſers ſich Abends nach Sonnen-Untergang, oft auch die ganze Nacht durch, und im Winter bei ploͤtzlich ſtarker Kaͤlte, bilden ſehen. Die Er- fahrung zeigt, daß nach heißen Sommertagen die Oberflaͤche des feſten Landes ſchneller erkaltet, als die Gewaͤſſer, und dieſes iſt auch ſo fern leicht zu erklaͤren, als im Waſſer die an der Oberflaͤche erkalteten Theilchen in die Tiefe hinabſinken, dagegen aber erwaͤrmte Theilchen den Platz an der Oberflaͤche einnehmen. Indem nun die uͤber dem feſten Boden abgekuͤhlte Luft uͤber die Oberflaͤche des

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/169>, abgerufen am 13.11.2024.