Diese Betrachtungen bezogen sich auf Dämpfe, die ungemischt mit Luft einen Raum, als eigenthümliche elastische Flüssigkeit, ganz allein ausfüllten; aber da die in der atmosphärischen Luft befind- lichen Dämpfe zu wichtigen meteorologischen Betrachtungen Anlaß geben, so verdient auch die Frage, wie sich die mit Luft gemischten Dämpfe verhalten, eine nähere Untersuchung. Und hier ist es nun höchst merkwürdig, daß die Menge der Dämpfe gleich groß bei gleicher Temperatur ist, es mag in dem Raume, der sie aufnimmt, atmosphärische Luft enthalten sein, oder nicht. Man sollte aller- dings glauben, erstlich daß ein schon mit Luft gefüllter Raum nicht im Stande sei, nun auch noch ebenso viele Dämpfe, als die Tem- peratur es im leeren Raume gestatten würde, aufzunehmen, und zweitens daß ein in der Luft enthaltener Dampf doch den Druck der umgebenden Luft auszuhalten habe und diesem mit der gerin- geren, ihm bei niedriger Temperatur eigenen, Elasticität nicht wi- derstehen könne; -- beide Vermuthungen sind irrig. Wir sind daher genöthiget anzunehmen, daß die Dämpfe sich so mit der Luft vereinigen, daß sie, gleichsam zwischen den Lufttheilchen ihren Platz einnehmend, dem Drucke der Luft nicht so ausgesetzt sind, wie es bei dem gegenseitigen Drucke größerer Massen der Fall wäre. In- dem so die Luft und der Dampf, so als ob sie ganz unabhängig von einander wären, den Raum erfüllen und ihren Druck ausüben, erleidet eine dem gemeinschaftlichen Drucke beider ausgesetzte Fläche eine Pressung, die der Summe derjenigen Pressungen gleich ist, die von der Luft allein und vom Dampfe allein würden ausgeübt wer- den. Gay-Lussac hat, um dies genau zu zeigen, ein Instru- ment angewandt, das ich schon vorhin zu einem oberflächlichen Versuche angewandt habe, und das ich nun vollständiger erklären muß (Fig. 21.). Die weitere Röhre AF ist genau getheilt, da- mit man den Raum, welchen die Luft vor der Mischung mit Dampf und nachher einnimmt, genau vergleichen könne. Sie steht in freier Verbindung mit der engen Röhre TT', kann von oben, in- dem man die oberhalb A liegenden Stücke abschraubt, mit Queck- silber gefüllt werden, und hat unten einen Hahn W, um Queck- silber ausfließen zu lassen. -- Die der Berührung mit Quecksilber ausgesetzten Theile, die nicht von Glas sein können, müssen von polirtem Eisen sein, um nicht vom Quecksilber angegriffen zu wer-
Dieſe Betrachtungen bezogen ſich auf Daͤmpfe, die ungemiſcht mit Luft einen Raum, als eigenthuͤmliche elaſtiſche Fluͤſſigkeit, ganz allein ausfuͤllten; aber da die in der atmoſphaͤriſchen Luft befind- lichen Daͤmpfe zu wichtigen meteorologiſchen Betrachtungen Anlaß geben, ſo verdient auch die Frage, wie ſich die mit Luft gemiſchten Daͤmpfe verhalten, eine naͤhere Unterſuchung. Und hier iſt es nun hoͤchſt merkwuͤrdig, daß die Menge der Daͤmpfe gleich groß bei gleicher Temperatur iſt, es mag in dem Raume, der ſie aufnimmt, atmoſphaͤriſche Luft enthalten ſein, oder nicht. Man ſollte aller- dings glauben, erſtlich daß ein ſchon mit Luft gefuͤllter Raum nicht im Stande ſei, nun auch noch ebenſo viele Daͤmpfe, als die Tem- peratur es im leeren Raume geſtatten wuͤrde, aufzunehmen, und zweitens daß ein in der Luft enthaltener Dampf doch den Druck der umgebenden Luft auszuhalten habe und dieſem mit der gerin- geren, ihm bei niedriger Temperatur eigenen, Elaſticitaͤt nicht wi- derſtehen koͤnne; — beide Vermuthungen ſind irrig. Wir ſind daher genoͤthiget anzunehmen, daß die Daͤmpfe ſich ſo mit der Luft vereinigen, daß ſie, gleichſam zwiſchen den Lufttheilchen ihren Platz einnehmend, dem Drucke der Luft nicht ſo ausgeſetzt ſind, wie es bei dem gegenſeitigen Drucke groͤßerer Maſſen der Fall waͤre. In- dem ſo die Luft und der Dampf, ſo als ob ſie ganz unabhaͤngig von einander waͤren, den Raum erfuͤllen und ihren Druck ausuͤben, erleidet eine dem gemeinſchaftlichen Drucke beider ausgeſetzte Flaͤche eine Preſſung, die der Summe derjenigen Preſſungen gleich iſt, die von der Luft allein und vom Dampfe allein wuͤrden ausgeuͤbt wer- den. Gay-Luſſac hat, um dies genau zu zeigen, ein Inſtru- ment angewandt, das ich ſchon vorhin zu einem oberflaͤchlichen Verſuche angewandt habe, und das ich nun vollſtaͤndiger erklaͤren muß (Fig. 21.). Die weitere Roͤhre AF iſt genau getheilt, da- mit man den Raum, welchen die Luft vor der Miſchung mit Dampf und nachher einnimmt, genau vergleichen koͤnne. Sie ſteht in freier Verbindung mit der engen Roͤhre TT′, kann von oben, in- dem man die oberhalb A liegenden Stuͤcke abſchraubt, mit Queck- ſilber gefuͤllt werden, und hat unten einen Hahn W, um Queck- ſilber ausfließen zu laſſen. — Die der Beruͤhrung mit Queckſilber ausgeſetzten Theile, die nicht von Glas ſein koͤnnen, muͤſſen von polirtem Eiſen ſein, um nicht vom Queckſilber angegriffen zu wer-
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Dieſe Betrachtungen bezogen ſich auf Daͤmpfe, die ungemiſcht
mit Luft einen Raum, als eigenthuͤmliche elaſtiſche Fluͤſſigkeit, ganz
allein ausfuͤllten; aber da die in der atmoſphaͤriſchen Luft befind-
lichen Daͤmpfe zu wichtigen meteorologiſchen Betrachtungen Anlaß
geben, ſo verdient auch die Frage, wie ſich die mit Luft gemiſchten
Daͤmpfe verhalten, eine naͤhere Unterſuchung. Und hier iſt es nun
hoͤchſt merkwuͤrdig, daß die Menge der Daͤmpfe gleich groß bei
gleicher Temperatur iſt, es mag in dem Raume, der ſie aufnimmt,
atmoſphaͤriſche Luft enthalten ſein, oder nicht. Man ſollte aller-
dings glauben, erſtlich daß ein ſchon mit Luft gefuͤllter Raum nicht
im Stande ſei, nun auch noch ebenſo viele Daͤmpfe, als die Tem-
peratur es im leeren Raume geſtatten wuͤrde, aufzunehmen, und
zweitens daß ein in der Luft enthaltener Dampf doch den Druck
der umgebenden Luft auszuhalten habe und dieſem mit der gerin-
geren, ihm bei niedriger Temperatur eigenen, Elaſticitaͤt nicht wi-
derſtehen koͤnne; — beide Vermuthungen ſind irrig. Wir ſind
daher genoͤthiget anzunehmen, daß die Daͤmpfe ſich ſo mit der Luft
vereinigen, daß ſie, gleichſam zwiſchen den Lufttheilchen ihren Platz
einnehmend, dem Drucke der Luft nicht ſo ausgeſetzt ſind, wie es
bei dem gegenſeitigen Drucke groͤßerer Maſſen der Fall waͤre. In-
dem ſo die Luft und der Dampf, ſo als ob ſie ganz unabhaͤngig von
einander waͤren, den Raum erfuͤllen und ihren Druck ausuͤben,
erleidet eine dem gemeinſchaftlichen Drucke beider ausgeſetzte Flaͤche
eine Preſſung, die der Summe derjenigen Preſſungen gleich iſt, die
von der Luft allein und vom Dampfe allein wuͤrden ausgeuͤbt wer-
den. Gay-Luſſac hat, um dies genau zu zeigen, ein Inſtru-
ment angewandt, das ich ſchon vorhin zu einem oberflaͤchlichen
Verſuche angewandt habe, und das ich nun vollſtaͤndiger erklaͤren
muß (Fig. 21.). Die weitere Roͤhre AF iſt genau getheilt, da-
mit man den Raum, welchen die Luft vor der Miſchung mit Dampf
und nachher einnimmt, genau vergleichen koͤnne. Sie ſteht in
freier Verbindung mit der engen Roͤhre TT′, kann von oben, in-
dem man die oberhalb A liegenden Stuͤcke abſchraubt, mit Queck-
ſilber gefuͤllt werden, und hat unten einen Hahn W, um Queck-
ſilber ausfließen zu laſſen. — Die der Beruͤhrung mit Queckſilber
ausgeſetzten Theile, die nicht von Glas ſein koͤnnen, muͤſſen von
polirtem Eiſen ſein, um nicht vom Queckſilber angegriffen zu wer-
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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/125>, abgerufen am 27.11.2024.
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