Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

kennen, zurückzukommen; doch bemerkt Schultze, daß einige Er-
scheinungen ihm räthselhaft geblieben sind. Aus jenen Umständen
und aus dem endlich eintretenden Ruhestande der feinen Theilchen
ließ sich mit Recht schließen, daß jene Bewegung keinesweges eine
allen Körpertheilchen zukommende besondere Eigenschaft sei. Aber
nun fanden sich in eben den Schultzischen Beobachtungen aller-
dings auch Körper mit eigenthümlicher Bewegung, Thierchen, die
theils in dem Bücherstaube oder anderen Staube enthalten, durch
die Befeuchtung wieder belebt zu werden schienen, theils aber aus
diesen Stäubchen als neu gebohren hervorgingen. Doch von diesen
ist hier zu reden nicht der Ort.

Adhäsion der Luft an festen Oberflächen.

Nach dieser Abschweifung kehre ich zu der wichtigen Bemer-
kung zurück, daß einige Körper eine sehr große Flächen-Anziehung
zu andern Körpern zeigen, und daß dabei eine Verwandtschaft, ein
stärkeres Anziehen bei dem einen, ein minderes bei dem andern,
statt finde. Eben diese Flächen-Anziehung scheint auch auf die
Luft-Arten zu wirken, und sie in gewissen Fällen selbst da, wo
sie unter schwereren flüssigen Körpern sich befinden, am Aufsteigen
zu hindern. Die Luftblasen hängen sich fest an das Glas und es
ist oft schwer, sie im Wasser oder im Quecksilber fortzutreiben. Da-
gegen drängt die Luft sich zuweilen an der Oberfläche des Glases
da ein, wo sie durch eine Quecksilbersäule anscheinend zurückgehal-
ten wird, und Daniell erklärt daraus die in einem längern Zeit-
raume sich im obern Raume der Barometer sammelnde Luft. Er
nimmt nämlich an, daß die wenige Neigung, welche das Queck-
silber zu einem dichten Anschließen an Glas zeigt, der Luft gestat-
tet, sich zwischen dem Quecksilber und dem Glase einzuschleichen,
und in den offenen Theil der Röhre eindringend, nach und nach
in den obern Theil der Röhre, welcher luftleer sein sollte, zu ge-
langen. Daniell schlägt daher vor, einen Platinring in der
Röhre anzubringen, weil dieser, ohne eine Auflösung vom Queck-
silber zu erleiden, doch durch dasselbe benetzt wird, und den Durch-
gang der Luft nicht zuläßt. Faraday hat das Entweichen einiger
Luft-Arten, obgleich sie mit Quecksilber gesperrt waren, noch auf
eine andre Art nachgewiesen. Er brachte über Quecksilber eine Mi-

kennen, zuruͤckzukommen; doch bemerkt Schultze, daß einige Er-
ſcheinungen ihm raͤthſelhaft geblieben ſind. Aus jenen Umſtaͤnden
und aus dem endlich eintretenden Ruheſtande der feinen Theilchen
ließ ſich mit Recht ſchließen, daß jene Bewegung keinesweges eine
allen Koͤrpertheilchen zukommende beſondere Eigenſchaft ſei. Aber
nun fanden ſich in eben den Schultziſchen Beobachtungen aller-
dings auch Koͤrper mit eigenthuͤmlicher Bewegung, Thierchen, die
theils in dem Buͤcherſtaube oder anderen Staube enthalten, durch
die Befeuchtung wieder belebt zu werden ſchienen, theils aber aus
dieſen Staͤubchen als neu gebohren hervorgingen. Doch von dieſen
iſt hier zu reden nicht der Ort.

Adhaͤſion der Luft an feſten Oberflaͤchen.

Nach dieſer Abſchweifung kehre ich zu der wichtigen Bemer-
kung zuruͤck, daß einige Koͤrper eine ſehr große Flaͤchen-Anziehung
zu andern Koͤrpern zeigen, und daß dabei eine Verwandtſchaft, ein
ſtaͤrkeres Anziehen bei dem einen, ein minderes bei dem andern,
ſtatt finde. Eben dieſe Flaͤchen-Anziehung ſcheint auch auf die
Luft-Arten zu wirken, und ſie in gewiſſen Faͤllen ſelbſt da, wo
ſie unter ſchwereren fluͤſſigen Koͤrpern ſich befinden, am Aufſteigen
zu hindern. Die Luftblaſen haͤngen ſich feſt an das Glas und es
iſt oft ſchwer, ſie im Waſſer oder im Queckſilber fortzutreiben. Da-
gegen draͤngt die Luft ſich zuweilen an der Oberflaͤche des Glaſes
da ein, wo ſie durch eine Queckſilberſaͤule anſcheinend zuruͤckgehal-
ten wird, und Daniell erklaͤrt daraus die in einem laͤngern Zeit-
raume ſich im obern Raume der Barometer ſammelnde Luft. Er
nimmt naͤmlich an, daß die wenige Neigung, welche das Queck-
ſilber zu einem dichten Anſchließen an Glas zeigt, der Luft geſtat-
tet, ſich zwiſchen dem Queckſilber und dem Glaſe einzuſchleichen,
und in den offenen Theil der Roͤhre eindringend, nach und nach
in den obern Theil der Roͤhre, welcher luftleer ſein ſollte, zu ge-
langen. Daniell ſchlaͤgt daher vor, einen Platinring in der
Roͤhre anzubringen, weil dieſer, ohne eine Aufloͤſung vom Queck-
ſilber zu erleiden, doch durch daſſelbe benetzt wird, und den Durch-
gang der Luft nicht zulaͤßt. Faraday hat das Entweichen einiger
Luft-Arten, obgleich ſie mit Queckſilber geſperrt waren, noch auf
eine andre Art nachgewieſen. Er brachte uͤber Queckſilber eine Mi-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0042" n="28"/>
kennen, zuru&#x0364;ckzukommen; doch bemerkt <hi rendition="#g">Schultze</hi>, daß einige Er-<lb/>
&#x017F;cheinungen ihm                         ra&#x0364;th&#x017F;elhaft geblieben &#x017F;ind. Aus jenen                         Um&#x017F;ta&#x0364;nden<lb/>
und aus dem endlich eintretenden                         Ruhe&#x017F;tande der feinen Theilchen<lb/>
ließ &#x017F;ich mit                         Recht &#x017F;chließen, daß jene Bewegung keinesweges eine<lb/>
allen                         Ko&#x0364;rpertheilchen zukommende be&#x017F;ondere                         Eigen&#x017F;chaft &#x017F;ei. Aber<lb/>
nun fanden &#x017F;ich                         in eben den <hi rendition="#g">Schultzi</hi>&#x017F;chen Beobachtungen                         aller-<lb/>
dings auch Ko&#x0364;rper mit eigenthu&#x0364;mlicher                         Bewegung, Thierchen, die<lb/>
theils in dem                         Bu&#x0364;cher&#x017F;taube oder anderen Staube enthalten,                         durch<lb/>
die Befeuchtung wieder belebt zu werden &#x017F;chienen,                         theils aber aus<lb/>
die&#x017F;en Sta&#x0364;ubchen als neu gebohren                         hervorgingen. Doch von die&#x017F;en<lb/>
i&#x017F;t hier zu reden                         nicht der Ort.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Adha&#x0364;&#x017F;ion der Luft an                             fe&#x017F;ten Oberfla&#x0364;chen</hi>.</head><lb/>
          <p>Nach die&#x017F;er Ab&#x017F;chweifung kehre ich zu der wichtigen                         Bemer-<lb/>
kung zuru&#x0364;ck, daß einige Ko&#x0364;rper eine                         &#x017F;ehr große Fla&#x0364;chen-Anziehung<lb/>
zu andern                         Ko&#x0364;rpern zeigen, und daß dabei eine Verwandt&#x017F;chaft,                         ein<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;rkeres Anziehen bei dem einen, ein                         minderes bei dem andern,<lb/>
&#x017F;tatt finde. Eben die&#x017F;e                         Fla&#x0364;chen-Anziehung &#x017F;cheint auch auf die<lb/>
Luft-Arten                         zu wirken, und &#x017F;ie in gewi&#x017F;&#x017F;en                         Fa&#x0364;llen &#x017F;elb&#x017F;t da, wo<lb/>
&#x017F;ie                         unter &#x017F;chwereren flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;igen                         Ko&#x0364;rpern &#x017F;ich befinden, am                         Auf&#x017F;teigen<lb/>
zu hindern. Die Luftbla&#x017F;en                         ha&#x0364;ngen &#x017F;ich fe&#x017F;t an das Glas und                         es<lb/>
i&#x017F;t oft &#x017F;chwer, &#x017F;ie im                         Wa&#x017F;&#x017F;er oder im Queck&#x017F;ilber fortzutreiben.                         Da-<lb/>
gegen dra&#x0364;ngt die Luft &#x017F;ich zuweilen an der                         Oberfla&#x0364;che des Gla&#x017F;es<lb/>
da ein, wo &#x017F;ie                         durch eine Queck&#x017F;ilber&#x017F;a&#x0364;ule                         an&#x017F;cheinend zuru&#x0364;ckgehal-<lb/>
ten wird, und <hi rendition="#g">Daniell</hi> erkla&#x0364;rt daraus die in einem                         la&#x0364;ngern Zeit-<lb/>
raume &#x017F;ich im obern Raume der                         Barometer &#x017F;ammelnde Luft. Er<lb/>
nimmt na&#x0364;mlich an,                         daß die wenige Neigung, welche das Queck-<lb/>
&#x017F;ilber zu einem                         dichten An&#x017F;chließen an Glas zeigt, der Luft                         ge&#x017F;tat-<lb/>
tet, &#x017F;ich zwi&#x017F;chen dem                         Queck&#x017F;ilber und dem Gla&#x017F;e                         einzu&#x017F;chleichen,<lb/>
und in den offenen Theil der                         Ro&#x0364;hre eindringend, nach und nach<lb/>
in den obern Theil der                         Ro&#x0364;hre, welcher luftleer &#x017F;ein &#x017F;ollte, zu                         ge-<lb/>
langen. <hi rendition="#g">Daniell</hi> &#x017F;chla&#x0364;gt daher vor, einen Platinring in                         der<lb/>
Ro&#x0364;hre anzubringen, weil die&#x017F;er, ohne eine                         Auflo&#x0364;&#x017F;ung vom Queck-<lb/>
&#x017F;ilber zu                         erleiden, doch durch da&#x017F;&#x017F;elbe benetzt wird, und den                         Durch-<lb/>
gang der Luft nicht zula&#x0364;ßt. <hi rendition="#g">Faraday</hi> hat das Entweichen einiger<lb/>
Luft-Arten, obgleich                         &#x017F;ie mit Queck&#x017F;ilber ge&#x017F;perrt waren, noch                         auf<lb/>
eine andre Art nachgewie&#x017F;en. Er brachte u&#x0364;ber                         Queck&#x017F;ilber eine Mi-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[28/0042] kennen, zuruͤckzukommen; doch bemerkt Schultze, daß einige Er- ſcheinungen ihm raͤthſelhaft geblieben ſind. Aus jenen Umſtaͤnden und aus dem endlich eintretenden Ruheſtande der feinen Theilchen ließ ſich mit Recht ſchließen, daß jene Bewegung keinesweges eine allen Koͤrpertheilchen zukommende beſondere Eigenſchaft ſei. Aber nun fanden ſich in eben den Schultziſchen Beobachtungen aller- dings auch Koͤrper mit eigenthuͤmlicher Bewegung, Thierchen, die theils in dem Buͤcherſtaube oder anderen Staube enthalten, durch die Befeuchtung wieder belebt zu werden ſchienen, theils aber aus dieſen Staͤubchen als neu gebohren hervorgingen. Doch von dieſen iſt hier zu reden nicht der Ort. Adhaͤſion der Luft an feſten Oberflaͤchen. Nach dieſer Abſchweifung kehre ich zu der wichtigen Bemer- kung zuruͤck, daß einige Koͤrper eine ſehr große Flaͤchen-Anziehung zu andern Koͤrpern zeigen, und daß dabei eine Verwandtſchaft, ein ſtaͤrkeres Anziehen bei dem einen, ein minderes bei dem andern, ſtatt finde. Eben dieſe Flaͤchen-Anziehung ſcheint auch auf die Luft-Arten zu wirken, und ſie in gewiſſen Faͤllen ſelbſt da, wo ſie unter ſchwereren fluͤſſigen Koͤrpern ſich befinden, am Aufſteigen zu hindern. Die Luftblaſen haͤngen ſich feſt an das Glas und es iſt oft ſchwer, ſie im Waſſer oder im Queckſilber fortzutreiben. Da- gegen draͤngt die Luft ſich zuweilen an der Oberflaͤche des Glaſes da ein, wo ſie durch eine Queckſilberſaͤule anſcheinend zuruͤckgehal- ten wird, und Daniell erklaͤrt daraus die in einem laͤngern Zeit- raume ſich im obern Raume der Barometer ſammelnde Luft. Er nimmt naͤmlich an, daß die wenige Neigung, welche das Queck- ſilber zu einem dichten Anſchließen an Glas zeigt, der Luft geſtat- tet, ſich zwiſchen dem Queckſilber und dem Glaſe einzuſchleichen, und in den offenen Theil der Roͤhre eindringend, nach und nach in den obern Theil der Roͤhre, welcher luftleer ſein ſollte, zu ge- langen. Daniell ſchlaͤgt daher vor, einen Platinring in der Roͤhre anzubringen, weil dieſer, ohne eine Aufloͤſung vom Queck- ſilber zu erleiden, doch durch daſſelbe benetzt wird, und den Durch- gang der Luft nicht zulaͤßt. Faraday hat das Entweichen einiger Luft-Arten, obgleich ſie mit Queckſilber geſperrt waren, noch auf eine andre Art nachgewieſen. Er brachte uͤber Queckſilber eine Mi-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/42
Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/42>, abgerufen am 27.11.2024.