sich nun leicht, warum die durch eine erste Platte von nicht zu ge- ringer Dicke durchgegangenen Strahlen eine zweite nicht durchdrin- gen, wenn die Axenrichtung der zweiten senkrecht auf die der ersten ist, indem die aus der ersten hervorkommenden Lichttheilchen sämmtlich diejenige Stellung haben, die um die zweite zu durch- dringen die ungünstigste ist. Und so wie hier die Wirkung der zweiten Platte, ob sie das Licht durchläßt oder nicht durchläßt, durch die Richtung der in der ersten Platte erlangten Polarisirung be- stimmt wird, so geschieht es auch bei andern polarisirten Strahlen; ist die Ebne, in welcher sie polarisirt sind, senkrecht auf die Axe, so werden sie durchgelassen, ist sie mit der Axe parallel, so werden sie nicht durchgelassen, wofern die Dicke nicht zu geringe ist. Jene Axe der Crystalle ist, wie hieraus schon von selbst erhellt, die Axe doppelter Brechung; und wenn man in einer Turmalinplatte ihre Lage kennt, so dient die Platte, um sogleich bei einem polarisirten Strahle die Richtung der Polarisation kennen zu lernen. Ist ein Strahl nicht gänzlich in einerlei Richtung polarisirt, es ist aber doch die Anzahl der nach einer gewissen Richtung polarisirten Theilchen vorwaltend, so bemerkt man, indem man ihn durch die Turmalinplatten gehen läßt, während man diese dreht, eine Schwä- chung des Lichtes, die bei einer Stellung am bedeutendsten ist, und eine Verstärkung des Lichtes, die in der auf jene Stellung senkrech- ten Stellung am besten hervortritt. Auf diese Weise kann man daher, wie Arago es von glühenden Körpern gezeigt hat, nach- weisen, wo etwas polarisirtes Licht sich mit dem übrigen Lichte mischt.
Erklärung der Polarisirung nach der Undulations- theorie.
Bei der Erklärung aller Erscheinungen, die nicht von Pola- risation abhängen, blieb die Undulationstheorie dem Grundsatze getreu, das Licht als dem Schalle analog anzusehen, bei den Vi- brationen nicht bloß eine kugelförmige Ausbreitung der Wellen an- zunehmen, sondern auch die Vibrationsbewegung der einzelnen Theilchen als senkrecht auf diese Wellenschichten vorauszusetzen. In Beziehung hierauf konnte man von einem verdünnten Aether in der einen Hälfte der Welle, von einem verdichteten in der andern Hälfte
ſich nun leicht, warum die durch eine erſte Platte von nicht zu ge- ringer Dicke durchgegangenen Strahlen eine zweite nicht durchdrin- gen, wenn die Axenrichtung der zweiten ſenkrecht auf die der erſten iſt, indem die aus der erſten hervorkommenden Lichttheilchen ſaͤmmtlich diejenige Stellung haben, die um die zweite zu durch- dringen die unguͤnſtigſte iſt. Und ſo wie hier die Wirkung der zweiten Platte, ob ſie das Licht durchlaͤßt oder nicht durchlaͤßt, durch die Richtung der in der erſten Platte erlangten Polariſirung be- ſtimmt wird, ſo geſchieht es auch bei andern polariſirten Strahlen; iſt die Ebne, in welcher ſie polariſirt ſind, ſenkrecht auf die Axe, ſo werden ſie durchgelaſſen, iſt ſie mit der Axe parallel, ſo werden ſie nicht durchgelaſſen, wofern die Dicke nicht zu geringe iſt. Jene Axe der Cryſtalle iſt, wie hieraus ſchon von ſelbſt erhellt, die Axe doppelter Brechung; und wenn man in einer Turmalinplatte ihre Lage kennt, ſo dient die Platte, um ſogleich bei einem polariſirten Strahle die Richtung der Polariſation kennen zu lernen. Iſt ein Strahl nicht gaͤnzlich in einerlei Richtung polariſirt, es iſt aber doch die Anzahl der nach einer gewiſſen Richtung polariſirten Theilchen vorwaltend, ſo bemerkt man, indem man ihn durch die Turmalinplatten gehen laͤßt, waͤhrend man dieſe dreht, eine Schwaͤ- chung des Lichtes, die bei einer Stellung am bedeutendſten iſt, und eine Verſtaͤrkung des Lichtes, die in der auf jene Stellung ſenkrech- ten Stellung am beſten hervortritt. Auf dieſe Weiſe kann man daher, wie Arago es von gluͤhenden Koͤrpern gezeigt hat, nach- weiſen, wo etwas polariſirtes Licht ſich mit dem uͤbrigen Lichte miſcht.
Erklaͤrung der Polariſirung nach der Undulations- theorie.
Bei der Erklaͤrung aller Erſcheinungen, die nicht von Pola- riſation abhaͤngen, blieb die Undulationstheorie dem Grundſatze getreu, das Licht als dem Schalle analog anzuſehen, bei den Vi- brationen nicht bloß eine kugelfoͤrmige Ausbreitung der Wellen an- zunehmen, ſondern auch die Vibrationsbewegung der einzelnen Theilchen als ſenkrecht auf dieſe Wellenſchichten vorauszuſetzen. In Beziehung hierauf konnte man von einem verduͤnnten Aether in der einen Haͤlfte der Welle, von einem verdichteten in der andern Haͤlfte
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ſich nun leicht, warum die durch eine erſte Platte von nicht zu ge-
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gen, wenn die Axenrichtung der zweiten ſenkrecht auf die der erſten
iſt, indem die aus der erſten hervorkommenden Lichttheilchen
ſaͤmmtlich diejenige Stellung haben, die um die zweite zu durch-
dringen die unguͤnſtigſte iſt. Und ſo wie hier die Wirkung der
zweiten Platte, ob ſie das Licht durchlaͤßt oder nicht durchlaͤßt, durch
die Richtung der in der erſten Platte erlangten Polariſirung be-
ſtimmt wird, ſo geſchieht es auch bei andern polariſirten Strahlen;
iſt die Ebne, in welcher ſie polariſirt ſind, ſenkrecht auf die Axe,
ſo werden ſie durchgelaſſen, iſt ſie mit der Axe parallel, ſo werden
ſie nicht durchgelaſſen, wofern die Dicke nicht zu geringe iſt. Jene
Axe der Cryſtalle iſt, wie hieraus ſchon von ſelbſt erhellt, die Axe
doppelter Brechung; und wenn man in einer Turmalinplatte ihre
Lage kennt, ſo dient die Platte, um ſogleich bei einem polariſirten
Strahle die Richtung der Polariſation kennen zu lernen. Iſt ein
Strahl nicht gaͤnzlich in einerlei Richtung polariſirt, es iſt aber
doch die Anzahl der nach einer gewiſſen Richtung polariſirten
Theilchen vorwaltend, ſo bemerkt man, indem man ihn durch die
Turmalinplatten gehen laͤßt, waͤhrend man dieſe dreht, eine Schwaͤ-
chung des Lichtes, die bei einer Stellung am bedeutendſten iſt, und
eine Verſtaͤrkung des Lichtes, die in der auf jene Stellung ſenkrech-
ten Stellung am beſten hervortritt. Auf dieſe Weiſe kann man
daher, wie Arago es von gluͤhenden Koͤrpern gezeigt hat, nach-
weiſen, wo etwas polariſirtes Licht ſich mit dem uͤbrigen Lichte
miſcht.
Erklaͤrung der Polariſirung nach der Undulations-
theorie.
Bei der Erklaͤrung aller Erſcheinungen, die nicht von Pola-
riſation abhaͤngen, blieb die Undulationstheorie dem Grundſatze
getreu, das Licht als dem Schalle analog anzuſehen, bei den Vi-
brationen nicht bloß eine kugelfoͤrmige Ausbreitung der Wellen an-
zunehmen, ſondern auch die Vibrationsbewegung der einzelnen
Theilchen als ſenkrecht auf dieſe Wellenſchichten vorauszuſetzen. In
Beziehung hierauf konnte man von einem verduͤnnten Aether in der
einen Haͤlfte der Welle, von einem verdichteten in der andern Haͤlfte
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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. 332. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/346>, abgerufen am 16.07.2024.
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