können angesehen werden. Diese Wellen treffen an die Grenzfläche eines Körpers an, in welchem sie, wenn wir das Glas als Beispiel nehmen, nur zwei Drittel ihrer vorigen Schnelligkeit behalten, und die in A antreffende Welle hat sich daher innerhalb nur bis R fort- gepflanzt, während sie außerhalb bis CD gelangt ist, sie hat sich nur bis S oder T fortgepflanzt, während sie außerhalb bis EF oder GH gelangt ist, und es läßt sich daher leicht übersehen, daß RC, SE, TG die im Innern fortgehenden Wellen darstellen. Da wir nun unter der Richtung des Lichtstrahles die auf die Wel- lenzüge senkrechte Richtung, oder diejenige, nach welcher die Wellen fortrücken, verstehen, so ist UA die Richtung des einfallenden, AV die Richtung des gebrochenen Strahles; und es ist VW = 2/3 UX, wenn AU = AV und AT = 2/3 GZ ist. Also wenn die Beschaffenheit des zweiten Körpers es mit sich bringt, daß die Ge- schwindigkeit des Lichtes auf zwei Drittel vermindert wird, so ist der Sinus des gebrochenen Winkels gleich zwei Dritteln vom Sinus des Einfallswinkels, und das Gesetz der Brechung, daß dieses Bre- chungsverhältniß gleich bleibt bei allen Einfallswinkeln, ist eine Folgerung, die aus den Gesetzen der Undulationstheorie hervorgeht.
Eine Schwierigkeit scheint dagegen die Undulationstheorie in Beziehung auf die vollkommene Zurückwerfung des Lichtstrahles an der Hinterfläche eines dichteren, das Licht stärker brechenden Körpers darzubieten. Sie wissen, daß diese da entsteht, wo gar kein Theil des Lichtstrahles hervordringend in den minder dichten Körper über- geht, und es scheint nicht wohl möglich, anzunehmen, daß die Undulationen sich hier durchaus nicht in jene minder dichten Aether- schichten hinüber fortpflanzen sollten. Poisson löset diesen Zwei- fel sehr richtig durch die Bemerkung, daß auch die Theorie aller- dings die Meinung von einem Entstehen von Undulationen in jenen Aetherschichten bestätige, aber zugleich zeige, daß diese Lichtwellen von einer solchen Schwäche sind, daß sie bei ihrer Verbreitung durchaus unmerklich werden. Der Umstand dagegen, daß da, wo zwei das Licht genau gleich brechende Körper sich berühren, auch keine Zurückwerfung statt findet, erklärt sich hier ohne Schwierig- keit, da die gleiche Brechung eine gleiche Elasticität des Aethers in beiden Körpern beweist, und diese Gleichheit bei aller übrigen Ver- schiedenheit ausreicht, um die Körper als ganz gleich in Beziehung
koͤnnen angeſehen werden. Dieſe Wellen treffen an die Grenzflaͤche eines Koͤrpers an, in welchem ſie, wenn wir das Glas als Beiſpiel nehmen, nur zwei Drittel ihrer vorigen Schnelligkeit behalten, und die in A antreffende Welle hat ſich daher innerhalb nur bis R fort- gepflanzt, waͤhrend ſie außerhalb bis CD gelangt iſt, ſie hat ſich nur bis S oder T fortgepflanzt, waͤhrend ſie außerhalb bis EF oder GH gelangt iſt, und es laͤßt ſich daher leicht uͤberſehen, daß RC, SE, TG die im Innern fortgehenden Wellen darſtellen. Da wir nun unter der Richtung des Lichtſtrahles die auf die Wel- lenzuͤge ſenkrechte Richtung, oder diejenige, nach welcher die Wellen fortruͤcken, verſtehen, ſo iſt UA die Richtung des einfallenden, AV die Richtung des gebrochenen Strahles; und es iſt VW = ⅔ UX, wenn AU = AV und AT = ⅔ GZ iſt. Alſo wenn die Beſchaffenheit des zweiten Koͤrpers es mit ſich bringt, daß die Ge- ſchwindigkeit des Lichtes auf zwei Drittel vermindert wird, ſo iſt der Sinus des gebrochenen Winkels gleich zwei Dritteln vom Sinus des Einfallswinkels, und das Geſetz der Brechung, daß dieſes Bre- chungsverhaͤltniß gleich bleibt bei allen Einfallswinkeln, iſt eine Folgerung, die aus den Geſetzen der Undulationstheorie hervorgeht.
Eine Schwierigkeit ſcheint dagegen die Undulationstheorie in Beziehung auf die vollkommene Zuruͤckwerfung des Lichtſtrahles an der Hinterflaͤche eines dichteren, das Licht ſtaͤrker brechenden Koͤrpers darzubieten. Sie wiſſen, daß dieſe da entſteht, wo gar kein Theil des Lichtſtrahles hervordringend in den minder dichten Koͤrper uͤber- geht, und es ſcheint nicht wohl moͤglich, anzunehmen, daß die Undulationen ſich hier durchaus nicht in jene minder dichten Aether- ſchichten hinuͤber fortpflanzen ſollten. Poiſſon loͤſet dieſen Zwei- fel ſehr richtig durch die Bemerkung, daß auch die Theorie aller- dings die Meinung von einem Entſtehen von Undulationen in jenen Aetherſchichten beſtaͤtige, aber zugleich zeige, daß dieſe Lichtwellen von einer ſolchen Schwaͤche ſind, daß ſie bei ihrer Verbreitung durchaus unmerklich werden. Der Umſtand dagegen, daß da, wo zwei das Licht genau gleich brechende Koͤrper ſich beruͤhren, auch keine Zuruͤckwerfung ſtatt findet, erklaͤrt ſich hier ohne Schwierig- keit, da die gleiche Brechung eine gleiche Elaſticitaͤt des Aethers in beiden Koͤrpern beweiſt, und dieſe Gleichheit bei aller uͤbrigen Ver- ſchiedenheit ausreicht, um die Koͤrper als ganz gleich in Beziehung
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koͤnnen angeſehen werden. Dieſe Wellen treffen an die Grenzflaͤche
eines Koͤrpers an, in welchem ſie, wenn wir das Glas als Beiſpiel
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die in A antreffende Welle hat ſich daher innerhalb nur bis R fort-
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nur bis S oder T fortgepflanzt, waͤhrend ſie außerhalb bis EF
oder GH gelangt iſt, und es laͤßt ſich daher leicht uͤberſehen, daß
RC, SE, TG die im Innern fortgehenden Wellen darſtellen.
Da wir nun unter der Richtung des Lichtſtrahles die auf die Wel-
lenzuͤge ſenkrechte Richtung, oder diejenige, nach welcher die Wellen
fortruͤcken, verſtehen, ſo iſt UA die Richtung des einfallenden,
AV die Richtung des gebrochenen Strahles; und es iſt VW =
⅔ UX, wenn AU = AV und AT = ⅔ GZ iſt. Alſo wenn die
Beſchaffenheit des zweiten Koͤrpers es mit ſich bringt, daß die Ge-
ſchwindigkeit des Lichtes auf zwei Drittel vermindert wird, ſo iſt
der Sinus des gebrochenen Winkels gleich zwei Dritteln vom Sinus
des Einfallswinkels, und das Geſetz der Brechung, daß dieſes Bre-
chungsverhaͤltniß gleich bleibt bei allen Einfallswinkeln, iſt eine
Folgerung, die aus den Geſetzen der Undulationstheorie hervorgeht.
Eine Schwierigkeit ſcheint dagegen die Undulationstheorie in
Beziehung auf die vollkommene Zuruͤckwerfung des Lichtſtrahles an
der Hinterflaͤche eines dichteren, das Licht ſtaͤrker brechenden Koͤrpers
darzubieten. Sie wiſſen, daß dieſe da entſteht, wo gar kein Theil
des Lichtſtrahles hervordringend in den minder dichten Koͤrper uͤber-
geht, und es ſcheint nicht wohl moͤglich, anzunehmen, daß die
Undulationen ſich hier durchaus nicht in jene minder dichten Aether-
ſchichten hinuͤber fortpflanzen ſollten. Poiſſon loͤſet dieſen Zwei-
fel ſehr richtig durch die Bemerkung, daß auch die Theorie aller-
dings die Meinung von einem Entſtehen von Undulationen in jenen
Aetherſchichten beſtaͤtige, aber zugleich zeige, daß dieſe Lichtwellen
von einer ſolchen Schwaͤche ſind, daß ſie bei ihrer Verbreitung
durchaus unmerklich werden. Der Umſtand dagegen, daß da, wo
zwei das Licht genau gleich brechende Koͤrper ſich beruͤhren, auch
keine Zuruͤckwerfung ſtatt findet, erklaͤrt ſich hier ohne Schwierig-
keit, da die gleiche Brechung eine gleiche Elaſticitaͤt des Aethers in
beiden Koͤrpern beweiſt, und dieſe Gleichheit bei aller uͤbrigen Ver-
ſchiedenheit ausreicht, um die Koͤrper als ganz gleich in Beziehung
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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/268>, abgerufen am 16.07.2024.
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