Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

für sich habende Hypothese doch ganz aufgeben müßte, führt offen-
bar die Frage herbei, ob nicht unsre Vertheidigung der Emissions-
theorie des Lichtes auf einer ebenso fehlerhaften Ansicht beruhe. --

Fortpflanzung der Undulationen im Aether. Licht-
wellen.

Die Undulationstheorie geht davon aus, eine den ganzen
Weltraum erfüllende feine Materie, die man Aether genannt hat,
anzunehmen. Diese muß freilich so fein sein, daß der Widerstand,
welchen sie der Bewegung der Planeten entgegensetzt, als unmerklich
kann angesehen werden, weil die Beobachtungen nicht gestatten,
einen für diese erheblichen Widerstand anzunehmen; indeß ist wohl
einiger Grund da, um einen die weniger dichten Cometen etwas
in ihrem Laufe aufhaltenden, und die Zurückbeugung ihres
Schweifes vermehrenden Widerstand vorauszusetzen, so daß das
Dasein eines solchen, wenn gleich überaus dünnen Aethers eher
etwas für als gegen sich hat. Indem wir nun die Entstehung
der Licht-Erscheinungen aus Vibrationen oder Undulationen dieses
Aethers, den Vibrationen der Lufttheilchen beim Schalle ent-
sprechend, erklären wollen, müssen wir dem Aether einen sehr
hohen Grad von Elasticität beilegen. Sie erinnern sich nämlich,
daß wir schon bei der Fortpflanzung des Schalles die Folgerung
theoretisch begründet fanden, daß die Geschwindigkeit des Schalles
in irgend einer Luft-Art desto größer sei, je größer die Elasticität
dieser Luft-Art in Vergleichung gegen ihre Dichtigkeit ist; und die
so sehr große Geschwindigkeit des Lichtes kann daher nur aus einem
noch viel höhern Grade von Elasticität des Aethers hervorgehen.
Werden nun die Licht-Erscheinungen durch Vibrationen der selbst-
leuchtenden Körper hervorgebracht, so werden diese Schwingungen
durch den Aether ebenso, wie die Schallvibrationen durch die Luft
fortgepflanzt und gelangen so zu unserm Auge. Was die unauf-
hörlich gleichförmigen Zitterungen bei den selbstleuchtenden Körpern
hervorbringt, das zu bestimmen, können wir wohl als außer den
Grenzen unsrer Forschungen liegend ansehen; das aber erhellt we-
nigstens, daß hier von keinem Verluste an Bestandtheilen für den
leuchtenden Körper und von keinem Zuführen neuer Theilchen für
den Licht empfangenden Körper die Rede ist; sondern jenem wird

fuͤr ſich habende Hypotheſe doch ganz aufgeben muͤßte, fuͤhrt offen-
bar die Frage herbei, ob nicht unſre Vertheidigung der Emiſſions-
theorie des Lichtes auf einer ebenſo fehlerhaften Anſicht beruhe. —

Fortpflanzung der Undulationen im Aether. Licht-
wellen.

Die Undulationstheorie geht davon aus, eine den ganzen
Weltraum erfuͤllende feine Materie, die man Aether genannt hat,
anzunehmen. Dieſe muß freilich ſo fein ſein, daß der Widerſtand,
welchen ſie der Bewegung der Planeten entgegenſetzt, als unmerklich
kann angeſehen werden, weil die Beobachtungen nicht geſtatten,
einen fuͤr dieſe erheblichen Widerſtand anzunehmen; indeß iſt wohl
einiger Grund da, um einen die weniger dichten Cometen etwas
in ihrem Laufe aufhaltenden, und die Zuruͤckbeugung ihres
Schweifes vermehrenden Widerſtand vorauszuſetzen, ſo daß das
Daſein eines ſolchen, wenn gleich uͤberaus duͤnnen Aethers eher
etwas fuͤr als gegen ſich hat. Indem wir nun die Entſtehung
der Licht-Erſcheinungen aus Vibrationen oder Undulationen dieſes
Aethers, den Vibrationen der Lufttheilchen beim Schalle ent-
ſprechend, erklaͤren wollen, muͤſſen wir dem Aether einen ſehr
hohen Grad von Elaſticitaͤt beilegen. Sie erinnern ſich naͤmlich,
daß wir ſchon bei der Fortpflanzung des Schalles die Folgerung
theoretiſch begruͤndet fanden, daß die Geſchwindigkeit des Schalles
in irgend einer Luft-Art deſto groͤßer ſei, je groͤßer die Elaſticitaͤt
dieſer Luft-Art in Vergleichung gegen ihre Dichtigkeit iſt; und die
ſo ſehr große Geſchwindigkeit des Lichtes kann daher nur aus einem
noch viel hoͤhern Grade von Elaſticitaͤt des Aethers hervorgehen.
Werden nun die Licht-Erſcheinungen durch Vibrationen der ſelbſt-
leuchtenden Koͤrper hervorgebracht, ſo werden dieſe Schwingungen
durch den Aether ebenſo, wie die Schallvibrationen durch die Luft
fortgepflanzt und gelangen ſo zu unſerm Auge. Was die unauf-
hoͤrlich gleichfoͤrmigen Zitterungen bei den ſelbſtleuchtenden Koͤrpern
hervorbringt, das zu beſtimmen, koͤnnen wir wohl als außer den
Grenzen unſrer Forſchungen liegend anſehen; das aber erhellt we-
nigſtens, daß hier von keinem Verluſte an Beſtandtheilen fuͤr den
leuchtenden Koͤrper und von keinem Zufuͤhren neuer Theilchen fuͤr
den Licht empfangenden Koͤrper die Rede iſt; ſondern jenem wird

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0259" n="245"/>
fu&#x0364;r &#x017F;ich                         habende Hypothe&#x017F;e doch ganz aufgeben mu&#x0364;ßte,                         fu&#x0364;hrt offen-<lb/>
bar die Frage herbei, ob nicht un&#x017F;re                         Vertheidigung der Emi&#x017F;&#x017F;ions-<lb/>
theorie des Lichtes                         auf einer eben&#x017F;o fehlerhaften An&#x017F;icht beruhe.                         &#x2014;</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Fortpflanzung der Undulationen im Aether</hi>. <hi rendition="#g">Licht</hi>-<lb/><hi rendition="#g">wellen</hi>.</head><lb/>
          <p>Die Undulationstheorie geht davon aus, eine den ganzen<lb/>
Weltraum                         erfu&#x0364;llende feine Materie, die man Aether genannt                         hat,<lb/>
anzunehmen. Die&#x017F;e muß freilich &#x017F;o fein                         &#x017F;ein, daß der Wider&#x017F;tand,<lb/>
welchen &#x017F;ie                         der Bewegung der Planeten entgegen&#x017F;etzt, als unmerklich<lb/>
kann                         ange&#x017F;ehen werden, weil die Beobachtungen nicht                         ge&#x017F;tatten,<lb/>
einen fu&#x0364;r die&#x017F;e erheblichen                         Wider&#x017F;tand anzunehmen; indeß i&#x017F;t wohl<lb/>
einiger                         Grund da, um einen die weniger dichten Cometen etwas<lb/>
in ihrem Laufe                         aufhaltenden, und die Zuru&#x0364;ckbeugung ihres<lb/>
Schweifes                         vermehrenden Wider&#x017F;tand vorauszu&#x017F;etzen, &#x017F;o                         daß das<lb/>
Da&#x017F;ein eines &#x017F;olchen, wenn gleich                         u&#x0364;beraus du&#x0364;nnen Aethers eher<lb/>
etwas                         fu&#x0364;r als gegen &#x017F;ich hat. Indem wir nun die                         Ent&#x017F;tehung<lb/>
der Licht-Er&#x017F;cheinungen aus Vibrationen                         oder Undulationen die&#x017F;es<lb/>
Aethers, den Vibrationen der                         Lufttheilchen beim Schalle ent-<lb/>
&#x017F;prechend,                         erkla&#x0364;ren wollen, mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en wir                         dem Aether einen &#x017F;ehr<lb/>
hohen Grad von                         Ela&#x017F;ticita&#x0364;t beilegen. Sie erinnern &#x017F;ich                         na&#x0364;mlich,<lb/>
daß wir &#x017F;chon bei der Fortpflanzung des                         Schalles die Folgerung<lb/>
theoreti&#x017F;ch begru&#x0364;ndet                         fanden, daß die Ge&#x017F;chwindigkeit des Schalles<lb/>
in irgend einer                         Luft-Art de&#x017F;to gro&#x0364;ßer &#x017F;ei, je                         gro&#x0364;ßer die                         Ela&#x017F;ticita&#x0364;t<lb/>
die&#x017F;er Luft-Art in                         Vergleichung gegen ihre Dichtigkeit i&#x017F;t; und                         die<lb/>
&#x017F;o &#x017F;ehr große Ge&#x017F;chwindigkeit des                         Lichtes kann daher nur aus einem<lb/>
noch viel ho&#x0364;hern Grade von                         Ela&#x017F;ticita&#x0364;t des Aethers hervorgehen.<lb/>
Werden nun                         die Licht-Er&#x017F;cheinungen durch Vibrationen der                         &#x017F;elb&#x017F;t-<lb/>
leuchtenden Ko&#x0364;rper                         hervorgebracht, &#x017F;o werden die&#x017F;e Schwingungen<lb/>
durch                         den Aether eben&#x017F;o, wie die Schallvibrationen durch die                         Luft<lb/>
fortgepflanzt und gelangen &#x017F;o zu un&#x017F;erm Auge.                         Was die unauf-<lb/>
ho&#x0364;rlich gleichfo&#x0364;rmigen                         Zitterungen bei den &#x017F;elb&#x017F;tleuchtenden                         Ko&#x0364;rpern<lb/>
hervorbringt, das zu be&#x017F;timmen,                         ko&#x0364;nnen wir wohl als außer den<lb/>
Grenzen un&#x017F;rer                         For&#x017F;chungen liegend an&#x017F;ehen; das aber erhellt                         we-<lb/>
nig&#x017F;tens, daß hier von keinem Verlu&#x017F;te an                         Be&#x017F;tandtheilen fu&#x0364;r den<lb/>
leuchtenden                         Ko&#x0364;rper und von keinem Zufu&#x0364;hren neuer Theilchen                         fu&#x0364;r<lb/>
den Licht empfangenden Ko&#x0364;rper die Rede                         i&#x017F;t; &#x017F;ondern jenem wird<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[245/0259] fuͤr ſich habende Hypotheſe doch ganz aufgeben muͤßte, fuͤhrt offen- bar die Frage herbei, ob nicht unſre Vertheidigung der Emiſſions- theorie des Lichtes auf einer ebenſo fehlerhaften Anſicht beruhe. — Fortpflanzung der Undulationen im Aether. Licht- wellen. Die Undulationstheorie geht davon aus, eine den ganzen Weltraum erfuͤllende feine Materie, die man Aether genannt hat, anzunehmen. Dieſe muß freilich ſo fein ſein, daß der Widerſtand, welchen ſie der Bewegung der Planeten entgegenſetzt, als unmerklich kann angeſehen werden, weil die Beobachtungen nicht geſtatten, einen fuͤr dieſe erheblichen Widerſtand anzunehmen; indeß iſt wohl einiger Grund da, um einen die weniger dichten Cometen etwas in ihrem Laufe aufhaltenden, und die Zuruͤckbeugung ihres Schweifes vermehrenden Widerſtand vorauszuſetzen, ſo daß das Daſein eines ſolchen, wenn gleich uͤberaus duͤnnen Aethers eher etwas fuͤr als gegen ſich hat. Indem wir nun die Entſtehung der Licht-Erſcheinungen aus Vibrationen oder Undulationen dieſes Aethers, den Vibrationen der Lufttheilchen beim Schalle ent- ſprechend, erklaͤren wollen, muͤſſen wir dem Aether einen ſehr hohen Grad von Elaſticitaͤt beilegen. Sie erinnern ſich naͤmlich, daß wir ſchon bei der Fortpflanzung des Schalles die Folgerung theoretiſch begruͤndet fanden, daß die Geſchwindigkeit des Schalles in irgend einer Luft-Art deſto groͤßer ſei, je groͤßer die Elaſticitaͤt dieſer Luft-Art in Vergleichung gegen ihre Dichtigkeit iſt; und die ſo ſehr große Geſchwindigkeit des Lichtes kann daher nur aus einem noch viel hoͤhern Grade von Elaſticitaͤt des Aethers hervorgehen. Werden nun die Licht-Erſcheinungen durch Vibrationen der ſelbſt- leuchtenden Koͤrper hervorgebracht, ſo werden dieſe Schwingungen durch den Aether ebenſo, wie die Schallvibrationen durch die Luft fortgepflanzt und gelangen ſo zu unſerm Auge. Was die unauf- hoͤrlich gleichfoͤrmigen Zitterungen bei den ſelbſtleuchtenden Koͤrpern hervorbringt, das zu beſtimmen, koͤnnen wir wohl als außer den Grenzen unſrer Forſchungen liegend anſehen; das aber erhellt we- nigſtens, daß hier von keinem Verluſte an Beſtandtheilen fuͤr den leuchtenden Koͤrper und von keinem Zufuͤhren neuer Theilchen fuͤr den Licht empfangenden Koͤrper die Rede iſt; ſondern jenem wird

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/259
Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/259>, abgerufen am 25.11.2024.