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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831.

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habe, erscheinen. Nahe bei der Sonne erscheint uns also der blaue
Himmel zwar vermöge der an den Dünsten und an den äußern
Seiten der Prismen reflectirten Strahlen etwas erleuchtet, aber
die im Prisma gebrochenen Strahlen fangen erst in der eben be-
stimmten Entfernung, welche die Rechnung zu 211/4 Grad für die
rothen, zu 22 Grad für die violetten Strahlen angiebt, an, zu
diesem matten Lichte beizutragen. Dies ist der Grund, warum
ein Raum von 21 Graden um die Sonne wenig glänzend und mit
einem rothen Ringe, dem die übrigen Farben sich anschließen, um-
geben erscheint. Aber in eben diesem Abstande muß sich zugleich
ein lebhafteres Licht, als in größern Entfernungen von der Sonne
zeigen. Prismen, die weiter von der Sonne abstehen, müssen
eine sehr genau bestimmte Stellung haben, wenn sie den gebroche-
nen Strahl ins Auge senden sollen, indem diejenigen, deren
Stellung nur um 1 Grad geändert ist, den Lichtstrahl schon nicht
mehr dem Auge zusenden; aber in 21 bis 22 Grad Entfernung
kann man das Eisprisma sehr erheblich drehen, ohne daß da-
durch die Richtung des ausfallenden Strahles erheblich geändert
wird, und das Auge erhält daher hier aus einer Menge von
Prismen die gebrochenen Strahlen, und sieht hier den Himmel
vorzüglich hell erleuchtet, -- einen hellen Ring um die Sonne.
Dieser sollte innen roth, außen violett sein, aber da die Farben weit
weniger als bei dem Regenbogen aus einander gebrochen werden,
so fallen die rothen vom einen Sonnenrande kommenden Strahlen
mit den violetten vom andern Rande zusammen und geben dem
Ringe die weißliche Farbe, aus welcher nur das Roth am innern
Rande noch am lebhaftesten hervortritt.

Diese schon von Mariotte angegebene, von Venturi
und Fraunhofer genauer durchgeführte Theorie des ersten Rin-
ges scheint als durchaus wohl begründet angesehen werden zu kön-
nen. Es schließt sich aber nun an diese Theorie sehr natürlich die
Frage, ob es denn nicht noch andre Lagen dieser Eisprismen gebe,
die ebenfalls etwas Merkwürdiges darbieten. Ich habe schon be-
merkt, daß Prismen, die weniger als 21 Grad scheinbaren Abstand
von der Sonne haben, gar keine gebrochenen Strahlen dem Auge
zusenden, und daß in 21 bis 22 Graden Abstand diejenigen Pris-
men liegen, die den reichsten Antheil von Strahlen zum Auge ge-

II. O

habe, erſcheinen. Nahe bei der Sonne erſcheint uns alſo der blaue
Himmel zwar vermoͤge der an den Duͤnſten und an den aͤußern
Seiten der Prismen reflectirten Strahlen etwas erleuchtet, aber
die im Prisma gebrochenen Strahlen fangen erſt in der eben be-
ſtimmten Entfernung, welche die Rechnung zu 21¼ Grad fuͤr die
rothen, zu 22 Grad fuͤr die violetten Strahlen angiebt, an, zu
dieſem matten Lichte beizutragen. Dies iſt der Grund, warum
ein Raum von 21 Graden um die Sonne wenig glaͤnzend und mit
einem rothen Ringe, dem die uͤbrigen Farben ſich anſchließen, um-
geben erſcheint. Aber in eben dieſem Abſtande muß ſich zugleich
ein lebhafteres Licht, als in groͤßern Entfernungen von der Sonne
zeigen. Prismen, die weiter von der Sonne abſtehen, muͤſſen
eine ſehr genau beſtimmte Stellung haben, wenn ſie den gebroche-
nen Strahl ins Auge ſenden ſollen, indem diejenigen, deren
Stellung nur um 1 Grad geaͤndert iſt, den Lichtſtrahl ſchon nicht
mehr dem Auge zuſenden; aber in 21 bis 22 Grad Entfernung
kann man das Eisprisma ſehr erheblich drehen, ohne daß da-
durch die Richtung des ausfallenden Strahles erheblich geaͤndert
wird, und das Auge erhaͤlt daher hier aus einer Menge von
Prismen die gebrochenen Strahlen, und ſieht hier den Himmel
vorzuͤglich hell erleuchtet, — einen hellen Ring um die Sonne.
Dieſer ſollte innen roth, außen violett ſein, aber da die Farben weit
weniger als bei dem Regenbogen aus einander gebrochen werden,
ſo fallen die rothen vom einen Sonnenrande kommenden Strahlen
mit den violetten vom andern Rande zuſammen und geben dem
Ringe die weißliche Farbe, aus welcher nur das Roth am innern
Rande noch am lebhafteſten hervortritt.

Dieſe ſchon von Mariotte angegebene, von Venturi
und Fraunhofer genauer durchgefuͤhrte Theorie des erſten Rin-
ges ſcheint als durchaus wohl begruͤndet angeſehen werden zu koͤn-
nen. Es ſchließt ſich aber nun an dieſe Theorie ſehr natuͤrlich die
Frage, ob es denn nicht noch andre Lagen dieſer Eisprismen gebe,
die ebenfalls etwas Merkwuͤrdiges darbieten. Ich habe ſchon be-
merkt, daß Prismen, die weniger als 21 Grad ſcheinbaren Abſtand
von der Sonne haben, gar keine gebrochenen Strahlen dem Auge
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men liegen, die den reichſten Antheil von Strahlen zum Auge ge-

II. O
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[209/0223] habe, erſcheinen. Nahe bei der Sonne erſcheint uns alſo der blaue Himmel zwar vermoͤge der an den Duͤnſten und an den aͤußern Seiten der Prismen reflectirten Strahlen etwas erleuchtet, aber die im Prisma gebrochenen Strahlen fangen erſt in der eben be- ſtimmten Entfernung, welche die Rechnung zu 21¼ Grad fuͤr die rothen, zu 22 Grad fuͤr die violetten Strahlen angiebt, an, zu dieſem matten Lichte beizutragen. Dies iſt der Grund, warum ein Raum von 21 Graden um die Sonne wenig glaͤnzend und mit einem rothen Ringe, dem die uͤbrigen Farben ſich anſchließen, um- geben erſcheint. Aber in eben dieſem Abſtande muß ſich zugleich ein lebhafteres Licht, als in groͤßern Entfernungen von der Sonne zeigen. Prismen, die weiter von der Sonne abſtehen, muͤſſen eine ſehr genau beſtimmte Stellung haben, wenn ſie den gebroche- nen Strahl ins Auge ſenden ſollen, indem diejenigen, deren Stellung nur um 1 Grad geaͤndert iſt, den Lichtſtrahl ſchon nicht mehr dem Auge zuſenden; aber in 21 bis 22 Grad Entfernung kann man das Eisprisma ſehr erheblich drehen, ohne daß da- durch die Richtung des ausfallenden Strahles erheblich geaͤndert wird, und das Auge erhaͤlt daher hier aus einer Menge von Prismen die gebrochenen Strahlen, und ſieht hier den Himmel vorzuͤglich hell erleuchtet, — einen hellen Ring um die Sonne. Dieſer ſollte innen roth, außen violett ſein, aber da die Farben weit weniger als bei dem Regenbogen aus einander gebrochen werden, ſo fallen die rothen vom einen Sonnenrande kommenden Strahlen mit den violetten vom andern Rande zuſammen und geben dem Ringe die weißliche Farbe, aus welcher nur das Roth am innern Rande noch am lebhafteſten hervortritt. Dieſe ſchon von Mariotte angegebene, von Venturi und Fraunhofer genauer durchgefuͤhrte Theorie des erſten Rin- ges ſcheint als durchaus wohl begruͤndet angeſehen werden zu koͤn- nen. Es ſchließt ſich aber nun an dieſe Theorie ſehr natuͤrlich die Frage, ob es denn nicht noch andre Lagen dieſer Eisprismen gebe, die ebenfalls etwas Merkwuͤrdiges darbieten. Ich habe ſchon be- merkt, daß Prismen, die weniger als 21 Grad ſcheinbaren Abſtand von der Sonne haben, gar keine gebrochenen Strahlen dem Auge zuſenden, und daß in 21 bis 22 Graden Abſtand diejenigen Pris- men liegen, die den reichſten Antheil von Strahlen zum Auge ge- II. O

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/223>, abgerufen am 22.11.2024.