bringt nämlich die beiden Glasplatten einander so nahe, daß nur noch ein dünner Silberfaden zwischen ihnen Platz hat, schraubt, während die Glasplatten noch in ihrer Entfernung erhalten werden, (Fig. 2.) F nach f, zum Beispiel in einem der Versuche 41/2 Lin. (ein Centimeter) weit, läßt dann die Platte CD frei und beobach- tet die Zeit ihres ersten Pendelschwunges. Statt nun daß diese erste Schwingung 91 Secunden gebrauchte, wenn der Silberfaden die Platten in Linie Entfernung erhalten hatte, so betrug die Zeit 217 Secunden, wenn diese Entfernung nur Linie gewe- sen war, und 440 Secunden, wenn die Entfernung nur Linie betragen hatte. Stellen Sie sich nämlich in Fig. 2. diese kleinen Bewegungen stark vergrößert vor, so ist in dem Augenblicke, wo die Platte CD ihre Bewegung anfängt, der Faden Cf seitwärts abgelenkt; die Platte CD sollte also, weil sie doch um etwas we- niges specifisch schwerer als Wasser ist, eine langsame Pendelbewe- gung anfangen; aber die anziehende Kraft der Platte AB und des zwischen beiden durch die ausgeübte Anziehung verdichteten Wassers hält CD zurück, bewirkt also, daß die Zeit der ersten Oscillation länger wird. Nach Girards Beschreibung bemerkt man diese zurückgehaltene Bewegung auch an der Art, wie die Bewegung erst nach sehr langer Zeit merklich wird. War ein so sehr dünner Sil- berdrath von oder Linie dick zwischen die Platten gelegt, so schien die frei gelassene Platte sich anfangs gar nicht zu bewegen, aber nach einer erheblichen Zeit sah man doch, daß während dieser höchst langsamen Fortrückung der Abstand zugenommen hatte, und daß die noch immer durch die andre Platte zurückgezogene Platte allmählig schneller fortrückte. Erst wenn der Abstand ungefehr 1 Linie wird, scheint die Platte sich der anziehenden Kraft der andern zu entreißen und nimmt eine schnellere Bewegung an.
Diese Beobachtungen gehören wohl unstreitig zu den feinsten, die man anstellen kann, offenbar sind sie, eben dieser Feinheit wegen, auch manchen Irrthümern unterworfen; aber da Girard als ein genauer und zuverlässiger Beobachter angesehen wird, so darf man doch wohl einiges Vertrauen auf diese Behauptungen setzen, und daher annehmen, daß die Anziehungskraft theils der Platten auf einander, theils noch mehr der Platten auf das Wasser, welches dadurch in einen etwas verdichteten Zustand versetzt zu
bringt naͤmlich die beiden Glasplatten einander ſo nahe, daß nur noch ein duͤnner Silberfaden zwiſchen ihnen Platz hat, ſchraubt, waͤhrend die Glasplatten noch in ihrer Entfernung erhalten werden, (Fig. 2.) F nach f, zum Beiſpiel in einem der Verſuche 4½ Lin. (ein Centimeter) weit, laͤßt dann die Platte CD frei und beobach- tet die Zeit ihres erſten Pendelſchwunges. Statt nun daß dieſe erſte Schwingung 91 Secunden gebrauchte, wenn der Silberfaden die Platten in ⅑ Linie Entfernung erhalten hatte, ſo betrug die Zeit 217 Secunden, wenn dieſe Entfernung nur Linie gewe- ſen war, und 440 Secunden, wenn die Entfernung nur Linie betragen hatte. Stellen Sie ſich naͤmlich in Fig. 2. dieſe kleinen Bewegungen ſtark vergroͤßert vor, ſo iſt in dem Augenblicke, wo die Platte CD ihre Bewegung anfaͤngt, der Faden Cf ſeitwaͤrts abgelenkt; die Platte CD ſollte alſo, weil ſie doch um etwas we- niges ſpecifiſch ſchwerer als Waſſer iſt, eine langſame Pendelbewe- gung anfangen; aber die anziehende Kraft der Platte AB und des zwiſchen beiden durch die ausgeuͤbte Anziehung verdichteten Waſſers haͤlt CD zuruͤck, bewirkt alſo, daß die Zeit der erſten Oſcillation laͤnger wird. Nach Girards Beſchreibung bemerkt man dieſe zuruͤckgehaltene Bewegung auch an der Art, wie die Bewegung erſt nach ſehr langer Zeit merklich wird. War ein ſo ſehr duͤnner Sil- berdrath von oder Linie dick zwiſchen die Platten gelegt, ſo ſchien die frei gelaſſene Platte ſich anfangs gar nicht zu bewegen, aber nach einer erheblichen Zeit ſah man doch, daß waͤhrend dieſer hoͤchſt langſamen Fortruͤckung der Abſtand zugenommen hatte, und daß die noch immer durch die andre Platte zuruͤckgezogene Platte allmaͤhlig ſchneller fortruͤckte. Erſt wenn der Abſtand ungefehr 1 Linie wird, ſcheint die Platte ſich der anziehenden Kraft der andern zu entreißen und nimmt eine ſchnellere Bewegung an.
Dieſe Beobachtungen gehoͤren wohl unſtreitig zu den feinſten, die man anſtellen kann, offenbar ſind ſie, eben dieſer Feinheit wegen, auch manchen Irrthuͤmern unterworfen; aber da Girard als ein genauer und zuverlaͤſſiger Beobachter angeſehen wird, ſo darf man doch wohl einiges Vertrauen auf dieſe Behauptungen ſetzen, und daher annehmen, daß die Anziehungskraft theils der Platten auf einander, theils noch mehr der Platten auf das Waſſer, welches dadurch in einen etwas verdichteten Zuſtand verſetzt zu
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[4/0018]
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(Fig. 2.) F nach f, zum Beiſpiel in einem der Verſuche 4½ Lin.
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tet die Zeit ihres erſten Pendelſchwunges. Statt nun daß dieſe
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die Platte CD ihre Bewegung anfaͤngt, der Faden Cf ſeitwaͤrts
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gung anfangen; aber die anziehende Kraft der Platte AB und des
zwiſchen beiden durch die ausgeuͤbte Anziehung verdichteten Waſſers
haͤlt CD zuruͤck, bewirkt alſo, daß die Zeit der erſten Oſcillation
laͤnger wird. Nach Girards Beſchreibung bemerkt man dieſe
zuruͤckgehaltene Bewegung auch an der Art, wie die Bewegung erſt
nach ſehr langer Zeit merklich wird. War ein ſo ſehr duͤnner Sil-
berdrath von [FORMEL] oder [FORMEL] Linie dick zwiſchen die Platten gelegt, ſo
ſchien die frei gelaſſene Platte ſich anfangs gar nicht zu bewegen,
aber nach einer erheblichen Zeit ſah man doch, daß waͤhrend dieſer
hoͤchſt langſamen Fortruͤckung der Abſtand zugenommen hatte, und
daß die noch immer durch die andre Platte zuruͤckgezogene Platte
allmaͤhlig ſchneller fortruͤckte. Erſt wenn der Abſtand ungefehr 1
Linie wird, ſcheint die Platte ſich der anziehenden Kraft der andern
zu entreißen und nimmt eine ſchnellere Bewegung an.
Dieſe Beobachtungen gehoͤren wohl unſtreitig zu den feinſten,
die man anſtellen kann, offenbar ſind ſie, eben dieſer Feinheit
wegen, auch manchen Irrthuͤmern unterworfen; aber da Girard
als ein genauer und zuverlaͤſſiger Beobachter angeſehen wird, ſo
darf man doch wohl einiges Vertrauen auf dieſe Behauptungen
ſetzen, und daher annehmen, daß die Anziehungskraft theils der
Platten auf einander, theils noch mehr der Platten auf das Waſſer,
welches dadurch in einen etwas verdichteten Zuſtand verſetzt zu
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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/18>, abgerufen am 16.02.2025.
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