Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831.bei Gestirnen, die nahe am Horizonte stehen, die Refraction grö- So verhält es sich bei dem gewöhnlichen Zustande der Atmo- II. L
bei Geſtirnen, die nahe am Horizonte ſtehen, die Refraction groͤ- So verhaͤlt es ſich bei dem gewoͤhnlichen Zuſtande der Atmo- II. L
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0175" n="161"/> bei Geſtirnen, die nahe am Horizonte ſtehen, die Refraction groͤ-<lb/> ßer, als bei hoͤherem Stande, ſein wird, da, wie Sie wiſſen, die<lb/> Aenderung der Richtung des Lichtſtrahles erheblicher wird, wenn<lb/> der Winkel, welchen dieſer mit dem Einfallslothe, hier alſo mit der<lb/> Verticallinie, macht, groͤßer iſt. Die Strahlenbrechung verlaͤngert<lb/> daher das Verweilen der Sonne uͤber dem Horizonte, da ſie uns<lb/> die Sonne ſchon oberhalb des Horizontes zeigt, waͤhrend die grade<lb/> Linie zur Sonne hin noch die Erde ſchneidet, und ebenſo wird der<lb/> Untergang der Sonne durch die Strahlenbrechung verzoͤgert. Bei<lb/> dem mittleren Zuſtande der Atmoſphaͤre kann man ungefaͤhr ſagen,<lb/> daß eine nach dem oberen Sonnenrande gezogene Linie, von einem<lb/> wenig uͤber die Meeresflaͤche erhobenen Orte ausgehend, die Mee-<lb/> resflaͤche beruͤhrt, in dem Augenblicke, wo der untere Sonnenrand<lb/> ſich ſchon ſcheinbar aus dem Meere erhebt. Unſre Geſichtslinie,<lb/> der Weg, in welchem der Strahl zum Auge koͤmmt, iſt naͤmlich<lb/> eine gekruͤmmte Linie <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">FED,</hi></hi> die vom untern Sonnenrande aus-<lb/> gehend die Meeresflaͤche <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">D</hi></hi> beruͤhrt, ſtatt daß die grade Beruͤhrungs-<lb/> linie einen hoͤhern Punct traͤfe, und die grade zu dem Gegenſtande<lb/> hin gezogene Linie <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">DG</hi></hi> die Erde noch in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">D, H</hi></hi> ſchneidet. Und ſelbſt<lb/> bei Gegenſtaͤnden auf der Erde wird dieſe Kruͤmmung in erheblichen<lb/> Entfernungen merklich, ſo daß man beim Nivelliren auf erhebliche<lb/> Weiten darauf Ruͤckſicht nehmen muß.</p><lb/> <p>So verhaͤlt es ſich bei dem gewoͤhnlichen Zuſtande der Atmo-<lb/> ſphaͤre, wo die Abnahme der Waͤrme in den hoͤhern Luftſchichten<lb/> gleichmaͤßig und nicht ſo ſehr merklich in geringen Hoͤhen ſtatt fin-<lb/> det; iſt aber dieſe Abnahme der Waͤrme in den hoͤhern Luftſchichten<lb/> unregelmaͤßig, ſo bemerkt man mancherlei auffallende Phaͤnomene.<lb/> Um mit einem der bekannteſten anzufangen, deſſen Beobachtung<lb/> Ihnen gelegentlich gewiß vorkoͤmmt, will ich Sie auf den Unter-<lb/> gang der Sonne an ſchwuͤlen Tagen aufmerkſam machen. Sie<lb/> haben gewiß oft bemerkt, wie dann die Sonne als eine ganz rothe<lb/> Scheibe, aber auch zugleich als ſehr abgeplattet, ſtark von der Kreis-<lb/> form abweichend, untergeht. Wenn Sie an einem ſolchen Tage<lb/> Ihr Auge auf die Sonne zu richten anfangen, wenn ſie noch etwa<lb/> 2 Grad, 4 Sonnendurchmeſſer, uͤber dem Horizonte ſteht, ſo<lb/> bemerken Sie ſchon, daß ihr horizontaler Durchmeſſer groͤßer, als<lb/> ihr Verticaldurchmeſſer iſt, daß dieſe Ungleichheit mit jedem Augen-<lb/> <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">II.</hi></hi> L</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [161/0175]
bei Geſtirnen, die nahe am Horizonte ſtehen, die Refraction groͤ-
ßer, als bei hoͤherem Stande, ſein wird, da, wie Sie wiſſen, die
Aenderung der Richtung des Lichtſtrahles erheblicher wird, wenn
der Winkel, welchen dieſer mit dem Einfallslothe, hier alſo mit der
Verticallinie, macht, groͤßer iſt. Die Strahlenbrechung verlaͤngert
daher das Verweilen der Sonne uͤber dem Horizonte, da ſie uns
die Sonne ſchon oberhalb des Horizontes zeigt, waͤhrend die grade
Linie zur Sonne hin noch die Erde ſchneidet, und ebenſo wird der
Untergang der Sonne durch die Strahlenbrechung verzoͤgert. Bei
dem mittleren Zuſtande der Atmoſphaͤre kann man ungefaͤhr ſagen,
daß eine nach dem oberen Sonnenrande gezogene Linie, von einem
wenig uͤber die Meeresflaͤche erhobenen Orte ausgehend, die Mee-
resflaͤche beruͤhrt, in dem Augenblicke, wo der untere Sonnenrand
ſich ſchon ſcheinbar aus dem Meere erhebt. Unſre Geſichtslinie,
der Weg, in welchem der Strahl zum Auge koͤmmt, iſt naͤmlich
eine gekruͤmmte Linie FED, die vom untern Sonnenrande aus-
gehend die Meeresflaͤche D beruͤhrt, ſtatt daß die grade Beruͤhrungs-
linie einen hoͤhern Punct traͤfe, und die grade zu dem Gegenſtande
hin gezogene Linie DG die Erde noch in D, H ſchneidet. Und ſelbſt
bei Gegenſtaͤnden auf der Erde wird dieſe Kruͤmmung in erheblichen
Entfernungen merklich, ſo daß man beim Nivelliren auf erhebliche
Weiten darauf Ruͤckſicht nehmen muß.
So verhaͤlt es ſich bei dem gewoͤhnlichen Zuſtande der Atmo-
ſphaͤre, wo die Abnahme der Waͤrme in den hoͤhern Luftſchichten
gleichmaͤßig und nicht ſo ſehr merklich in geringen Hoͤhen ſtatt fin-
det; iſt aber dieſe Abnahme der Waͤrme in den hoͤhern Luftſchichten
unregelmaͤßig, ſo bemerkt man mancherlei auffallende Phaͤnomene.
Um mit einem der bekannteſten anzufangen, deſſen Beobachtung
Ihnen gelegentlich gewiß vorkoͤmmt, will ich Sie auf den Unter-
gang der Sonne an ſchwuͤlen Tagen aufmerkſam machen. Sie
haben gewiß oft bemerkt, wie dann die Sonne als eine ganz rothe
Scheibe, aber auch zugleich als ſehr abgeplattet, ſtark von der Kreis-
form abweichend, untergeht. Wenn Sie an einem ſolchen Tage
Ihr Auge auf die Sonne zu richten anfangen, wenn ſie noch etwa
2 Grad, 4 Sonnendurchmeſſer, uͤber dem Horizonte ſteht, ſo
bemerken Sie ſchon, daß ihr horizontaler Durchmeſſer groͤßer, als
ihr Verticaldurchmeſſer iſt, daß dieſe Ungleichheit mit jedem Augen-
II. L
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |