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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831.

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Grund, warum man entfernte Gegenstände deutlich sieht, dann
warum man sie vergrößert sieht, näher betrachten wollen.

Um die erste Frage zu beantworten, brauche ich nur die von
einem einzigen, sehr entfernten Puncte ausgehenden Strahlen, die
parallel auf das Objectivglas bAB (Fig. 75.) fallen, zu zeichnen,
SA, sB, und Sie zu erinnern, daß diese im Brennpuncte F sich
vereinigen, und nun von ihm ausgehend das Augenglas DE so
erreichen, daß, wenn dieses seinen Brennpunct zugleich auch in F
hat, sie parallel aus dem Augenglase hervorgehen, also dem Auge O
den entfernten Punct deutlich zeigen, wenn das Auge gewohnt
ist, entfernte Gegenstände deutlich zu sehen; aber die Gegenstände
erscheinen auch vergrößert. Wenn nämlich ST einen sehr entlege-
nen Gegenstand andeutet, der einem in A stehenden Auge unter
dem Sehewinkel SAT erscheinen würde, so stellt sich von diesem
um den Brennpunct F ein solches Bild dar, das dem eben so gro-
ßen Sehewinkel FAt entspricht. Alle mit SA parallel einfallenden
Strahlen kommen in F, alle mit TA parallel einfallenden Strahlen
kommen in t zusammen, und gelangen, indem sie durch diese
Vereinigungspuncte durchgehen, auf das Augenglas DE, wo
die erstern sowohl in eine unter sich parallele Richtung gebrochen
werden, als die letztern, also die von F kommenden nach Do, FO,
Eo,
die von t kommenden nach EO, tP, fortgehen. Die erstern
Richtungen Do, FO, Eo, sind wir schon gewohnt, als mit der
Axe des Fernrohrs parallel anzusehen, indem wir, weil F der
wahre Brennpunct ist, die von ihm ausgehenden Strahlen als
der Axe des Glases parallel werdend kennen; die in t gesammelten
Strahlen erreichen ebenfalls, so weit die Größe des Augenglases es
gestattet, das Augenglas; derjenige unter ihnen, welcher durch
die Mitte des Augenglases geht, kömmt fast durchaus ungebrochen,
also in der Richtung tP an der andern Seite des Glases an,
und mit ihm parallel gehen die übrigen von t ausgehenden, durch
den Punct t als Vereinigungspunct durchgegangenen Strahlen, aus
dem Augenglase hervor. Befindet sich also ein Auge in O, so
sieht es den Punct F oder den Gegenstand S durch die Mitte des
Glases, den Punct t oder den Gegenstand T durch einen gegen den
Rand des Augenglases hin liegenden Punct E; beide Gegenstände
erscheinen deutlich, weil die von einem Puncte ausgegangenen

Grund, warum man entfernte Gegenſtaͤnde deutlich ſieht, dann
warum man ſie vergroͤßert ſieht, naͤher betrachten wollen.

Um die erſte Frage zu beantworten, brauche ich nur die von
einem einzigen, ſehr entfernten Puncte ausgehenden Strahlen, die
parallel auf das Objectivglas bAB (Fig. 75.) fallen, zu zeichnen,
SA, sB, und Sie zu erinnern, daß dieſe im Brennpuncte F ſich
vereinigen, und nun von ihm ausgehend das Augenglas DE ſo
erreichen, daß, wenn dieſes ſeinen Brennpunct zugleich auch in F
hat, ſie parallel aus dem Augenglaſe hervorgehen, alſo dem Auge O
den entfernten Punct deutlich zeigen, wenn das Auge gewohnt
iſt, entfernte Gegenſtaͤnde deutlich zu ſehen; aber die Gegenſtaͤnde
erſcheinen auch vergroͤßert. Wenn naͤmlich ST einen ſehr entlege-
nen Gegenſtand andeutet, der einem in A ſtehenden Auge unter
dem Sehewinkel SAT erſcheinen wuͤrde, ſo ſtellt ſich von dieſem
um den Brennpunct F ein ſolches Bild dar, das dem eben ſo gro-
ßen Sehewinkel FAt entſpricht. Alle mit SA parallel einfallenden
Strahlen kommen in F, alle mit TA parallel einfallenden Strahlen
kommen in t zuſammen, und gelangen, indem ſie durch dieſe
Vereinigungspuncte durchgehen, auf das Augenglas DE, wo
die erſtern ſowohl in eine unter ſich parallele Richtung gebrochen
werden, als die letztern, alſo die von F kommenden nach Do, FO,
Eo,
die von t kommenden nach EO, tP, fortgehen. Die erſtern
Richtungen Do, FO, Eo, ſind wir ſchon gewohnt, als mit der
Axe des Fernrohrs parallel anzuſehen, indem wir, weil F der
wahre Brennpunct iſt, die von ihm ausgehenden Strahlen als
der Axe des Glaſes parallel werdend kennen; die in t geſammelten
Strahlen erreichen ebenfalls, ſo weit die Groͤße des Augenglaſes es
geſtattet, das Augenglas; derjenige unter ihnen, welcher durch
die Mitte des Augenglaſes geht, koͤmmt faſt durchaus ungebrochen,
alſo in der Richtung tP an der andern Seite des Glaſes an,
und mit ihm parallel gehen die uͤbrigen von t ausgehenden, durch
den Punct t als Vereinigungspunct durchgegangenen Strahlen, aus
dem Augenglaſe hervor. Befindet ſich alſo ein Auge in O, ſo
ſieht es den Punct F oder den Gegenſtand S durch die Mitte des
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[146/0160] Grund, warum man entfernte Gegenſtaͤnde deutlich ſieht, dann warum man ſie vergroͤßert ſieht, naͤher betrachten wollen. Um die erſte Frage zu beantworten, brauche ich nur die von einem einzigen, ſehr entfernten Puncte ausgehenden Strahlen, die parallel auf das Objectivglas bAB (Fig. 75.) fallen, zu zeichnen, SA, sB, und Sie zu erinnern, daß dieſe im Brennpuncte F ſich vereinigen, und nun von ihm ausgehend das Augenglas DE ſo erreichen, daß, wenn dieſes ſeinen Brennpunct zugleich auch in F hat, ſie parallel aus dem Augenglaſe hervorgehen, alſo dem Auge O den entfernten Punct deutlich zeigen, wenn das Auge gewohnt iſt, entfernte Gegenſtaͤnde deutlich zu ſehen; aber die Gegenſtaͤnde erſcheinen auch vergroͤßert. Wenn naͤmlich ST einen ſehr entlege- nen Gegenſtand andeutet, der einem in A ſtehenden Auge unter dem Sehewinkel SAT erſcheinen wuͤrde, ſo ſtellt ſich von dieſem um den Brennpunct F ein ſolches Bild dar, das dem eben ſo gro- ßen Sehewinkel FAt entſpricht. Alle mit SA parallel einfallenden Strahlen kommen in F, alle mit TA parallel einfallenden Strahlen kommen in t zuſammen, und gelangen, indem ſie durch dieſe Vereinigungspuncte durchgehen, auf das Augenglas DE, wo die erſtern ſowohl in eine unter ſich parallele Richtung gebrochen werden, als die letztern, alſo die von F kommenden nach Do, FO, Eo, die von t kommenden nach EO, tP, fortgehen. Die erſtern Richtungen Do, FO, Eo, ſind wir ſchon gewohnt, als mit der Axe des Fernrohrs parallel anzuſehen, indem wir, weil F der wahre Brennpunct iſt, die von ihm ausgehenden Strahlen als der Axe des Glaſes parallel werdend kennen; die in t geſammelten Strahlen erreichen ebenfalls, ſo weit die Groͤße des Augenglaſes es geſtattet, das Augenglas; derjenige unter ihnen, welcher durch die Mitte des Augenglaſes geht, koͤmmt faſt durchaus ungebrochen, alſo in der Richtung tP an der andern Seite des Glaſes an, und mit ihm parallel gehen die uͤbrigen von t ausgehenden, durch den Punct t als Vereinigungspunct durchgegangenen Strahlen, aus dem Augenglaſe hervor. Befindet ſich alſo ein Auge in O, ſo ſieht es den Punct F oder den Gegenſtand S durch die Mitte des Glaſes, den Punct t oder den Gegenſtand T durch einen gegen den Rand des Augenglaſes hin liegenden Punct E; beide Gegenſtaͤnde erſcheinen deutlich, weil die von einem Puncte ausgegangenen

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/160>, abgerufen am 21.11.2024.