mit Schießpulver zum Theil füllt, dann oben sie durch kleines fest- gestampftes Gestein verschließt und durch ein mit Schießpulver ge- fülltes, durch diese eingestampfte Bedeckung reichendes Rohr, das unten enthaltene Pulver entzündet. Die Gewalt der Explosion des Pulvers zersprengt den Stein, und, obgleich man schon hier zu der Frage geleitet werden sollte, warum denn das, in Verglei- chung gegen die ungemeine Festigkeit des Steines immer nur locker eingestampfte Gestein nicht herausgeworfen werde, ehe der Stein sich in Stücke theilt, so hat man doch diesen Erfolg als den ganz natürlichen angesehen; aber als eine wunderbare Erscheinung trat dagegen die von Jessop gemachte Erfahrung hervor, daß es des Feststampfens gar nicht bedürfe, sondern daß bei Füllung des Bohr- loches mit völlig losem Sande das Zerspringen des Steines eben so gut statt finde. Hier bietet sich die Frage, warum denn nicht die kleine Quantität locker aufgeschütteten Sandes herausgeworfen werde, ehe der Stein eine Zertrennung erleidet, so natürlich dar, daß man genöthiget war, nach ihrer Beantwortung sich umzusehen, und diese scheint mir auf folgende Art gegeben werden zu müssen. Es ist bekannt, daß selbst wenn die Kugel aus dem Schießgewehr hervorgetrieben wird, auch die Wände des Rohres einen Stoß lei- den; da aber hier die Kugel, als ein einziger fester Körper sogleich fortgeführt wird, so hat der Druck auf die Wände nicht Kraft und Dauer genug, um das Rohr oder den Stein zu sprengen; sind es dagegen einzelne Sandkörnchen, locker aufgeschüttet, oder sind es Steinstückchen, die man zusammengestampft hat, so drängt sich die erste Schichte an die zweite, diese an die dritte, und so klein der Zeitverlust uns scheint, der dadurch bewirkt wird, so reicht doch diese Verlängerung der Einwirkung hin, um die Zersprengung des Stei- nes zu Stande zu bringen, ehe der Sand herausgeworfen wird. So wie der Pfeifenstiel schon zerbrochen ist, ehe die Mittheilung der Bewegung bis zu den Aufhängepuncten an den Haaren gelangt, so ist hier der Stein in Stücke gesprengt, ehe der Sand Zeit hatte, die verschiedenen Stufen der Zusammenpressung durchzugehen. Ob- gleich ist fast besorge, zu lange bei diesem Gegenstande zu verweilen, so scheint mir folgendes Beispiel von dieser Sprengungsmethode doch zu merkwürdig, um es zu übergehen. Peluger erzählt, daß man in den Steinbrüchen bei Solothurn sehr große Stücke abzuspren-
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mit Schießpulver zum Theil fuͤllt, dann oben ſie durch kleines feſt- geſtampftes Geſtein verſchließt und durch ein mit Schießpulver ge- fuͤlltes, durch dieſe eingeſtampfte Bedeckung reichendes Rohr, das unten enthaltene Pulver entzuͤndet. Die Gewalt der Exploſion des Pulvers zerſprengt den Stein, und, obgleich man ſchon hier zu der Frage geleitet werden ſollte, warum denn das, in Verglei- chung gegen die ungemeine Feſtigkeit des Steines immer nur locker eingeſtampfte Geſtein nicht herausgeworfen werde, ehe der Stein ſich in Stuͤcke theilt, ſo hat man doch dieſen Erfolg als den ganz natuͤrlichen angeſehen; aber als eine wunderbare Erſcheinung trat dagegen die von Jeſſop gemachte Erfahrung hervor, daß es des Feſtſtampfens gar nicht beduͤrfe, ſondern daß bei Fuͤllung des Bohr- loches mit voͤllig loſem Sande das Zerſpringen des Steines eben ſo gut ſtatt finde. Hier bietet ſich die Frage, warum denn nicht die kleine Quantitaͤt locker aufgeſchuͤtteten Sandes herausgeworfen werde, ehe der Stein eine Zertrennung erleidet, ſo natuͤrlich dar, daß man genoͤthiget war, nach ihrer Beantwortung ſich umzuſehen, und dieſe ſcheint mir auf folgende Art gegeben werden zu muͤſſen. Es iſt bekannt, daß ſelbſt wenn die Kugel aus dem Schießgewehr hervorgetrieben wird, auch die Waͤnde des Rohres einen Stoß lei- den; da aber hier die Kugel, als ein einziger feſter Koͤrper ſogleich fortgefuͤhrt wird, ſo hat der Druck auf die Waͤnde nicht Kraft und Dauer genug, um das Rohr oder den Stein zu ſprengen; ſind es dagegen einzelne Sandkoͤrnchen, locker aufgeſchuͤttet, oder ſind es Steinſtuͤckchen, die man zuſammengeſtampft hat, ſo draͤngt ſich die erſte Schichte an die zweite, dieſe an die dritte, und ſo klein der Zeitverluſt uns ſcheint, der dadurch bewirkt wird, ſo reicht doch dieſe Verlaͤngerung der Einwirkung hin, um die Zerſprengung des Stei- nes zu Stande zu bringen, ehe der Sand herausgeworfen wird. So wie der Pfeifenſtiel ſchon zerbrochen iſt, ehe die Mittheilung der Bewegung bis zu den Aufhaͤngepuncten an den Haaren gelangt, ſo iſt hier der Stein in Stuͤcke geſprengt, ehe der Sand Zeit hatte, die verſchiedenen Stufen der Zuſammenpreſſung durchzugehen. Ob- gleich iſt faſt beſorge, zu lange bei dieſem Gegenſtande zu verweilen, ſo ſcheint mir folgendes Beiſpiel von dieſer Sprengungsmethode doch zu merkwuͤrdig, um es zu uͤbergehen. Peluger erzaͤhlt, daß man in den Steinbruͤchen bei Solothurn ſehr große Stuͤcke abzuſpren-
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mit Schießpulver zum Theil fuͤllt, dann oben ſie durch kleines feſt-
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fuͤlltes, durch dieſe eingeſtampfte Bedeckung reichendes Rohr, das
unten enthaltene Pulver entzuͤndet. Die Gewalt der Exploſion
des Pulvers zerſprengt den Stein, und, obgleich man ſchon hier
zu der Frage geleitet werden ſollte, warum denn das, in Verglei-
chung gegen die ungemeine Feſtigkeit des Steines immer nur locker
eingeſtampfte Geſtein nicht herausgeworfen werde, ehe der Stein
ſich in Stuͤcke theilt, ſo hat man doch dieſen Erfolg als den ganz
natuͤrlichen angeſehen; aber als eine wunderbare Erſcheinung trat
dagegen die von Jeſſop gemachte Erfahrung hervor, daß es des
Feſtſtampfens gar nicht beduͤrfe, ſondern daß bei Fuͤllung des Bohr-
loches mit voͤllig loſem Sande das Zerſpringen des Steines eben ſo
gut ſtatt finde. Hier bietet ſich die Frage, warum denn nicht die
kleine Quantitaͤt locker aufgeſchuͤtteten Sandes herausgeworfen
werde, ehe der Stein eine Zertrennung erleidet, ſo natuͤrlich dar,
daß man genoͤthiget war, nach ihrer Beantwortung ſich umzuſehen,
und dieſe ſcheint mir auf folgende Art gegeben werden zu muͤſſen.
Es iſt bekannt, daß ſelbſt wenn die Kugel aus dem Schießgewehr
hervorgetrieben wird, auch die Waͤnde des Rohres einen Stoß lei-
den; da aber hier die Kugel, als ein einziger feſter Koͤrper ſogleich
fortgefuͤhrt wird, ſo hat der Druck auf die Waͤnde nicht Kraft und
Dauer genug, um das Rohr oder den Stein zu ſprengen; ſind es
dagegen einzelne Sandkoͤrnchen, locker aufgeſchuͤttet, oder ſind es
Steinſtuͤckchen, die man zuſammengeſtampft hat, ſo draͤngt ſich die
erſte Schichte an die zweite, dieſe an die dritte, und ſo klein der
Zeitverluſt uns ſcheint, der dadurch bewirkt wird, ſo reicht doch dieſe
Verlaͤngerung der Einwirkung hin, um die Zerſprengung des Stei-
nes zu Stande zu bringen, ehe der Sand herausgeworfen wird.
So wie der Pfeifenſtiel ſchon zerbrochen iſt, ehe die Mittheilung der
Bewegung bis zu den Aufhaͤngepuncten an den Haaren gelangt, ſo
iſt hier der Stein in Stuͤcke geſprengt, ehe der Sand Zeit hatte,
die verſchiedenen Stufen der Zuſammenpreſſung durchzugehen. Ob-
gleich iſt faſt beſorge, zu lange bei dieſem Gegenſtande zu verweilen,
ſo ſcheint mir folgendes Beiſpiel von dieſer Sprengungsmethode doch
zu merkwuͤrdig, um es zu uͤbergehen. Peluger erzaͤhlt, daß man
in den Steinbruͤchen bei Solothurn ſehr große Stuͤcke abzuſpren-
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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/57>, abgerufen am 28.11.2024.
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